Gespannt blickte Areros zu den Männern durch die Bäume hindurch. Um sich selbst oder Aeluin machte er sich im Moment nicht die geringsten Sorgen. Es war schwer, doch er konnte Herumors Worte zum Teil verstehen, die er Lundor sagte.
So sehr Areros bedauerte, dass Lundor Leyron verraten hatte, so leid tat es ihm auch, dass Herumor ihn nun genau da traf, wo Lundor am verletzlichsten war.
›Du bist nicht an Luins Tod Schuld, Lundor‹, rief er ihm in Gedanken zu. ›Luin lebt! Spürst du das nicht?‹
Sein Blick wanderte zu Minalcar, der sich nun Leyron zuwandte. Als seine Peitsche hob und knallen ließ, musste Areros schlucken. Er ahnte, was nun kommen würde: Leyron würde ausgepeitscht werden.
Unwillkürlich blickte Areros zu seiner Schwester. Er wusste, was das alles auslösen würde. Bei ihm, aber wohl noch mehr bei ihr … Doch sie sah nicht zu Leyron, sondern zu Lundor.
›Das ist wohl besser so‹, dachte Areros, weil er nicht sah, was gerade mit seinem Bruder geschah.
Leyron hingegen wehrte sich gegen drei Männer und Areros war erstaunt, dass er nicht die leiseste Angst aus seiner Stimme heraushören konnte. Er selbst wäre wohl niemals so tapfer gewesen, doch Leyron schien die Aussicht auf Peitschenhiebe nicht zu fürchten.
Beim ersten Schlag, der Leyron traf, zuckte Areros unwillkürlich zusammen. Er hatte das Geräusch schon einmal gehört. An seinem Geburtstag vor acht Jahren. Doch im Gegensatz zu damals, versteckte er sein Gesicht diesmal nicht im Gras, um nicht ansehen zu müssen, was er damals nur gehört hatte.
Nein, diesmal würde er nicht wegsehen. Diesmal war er kein Junge mehr, sondern ein Mann. Und er würde eingreifen und es nicht zum Schlimmsten kommen lassen.
Das war seine Absicht, aber es fiel ihm schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Immer wieder vermischte sich die Vergangenheit mit der Wirklichkeit: Er hörte innerlich die entsetzlichen Schreie des Mannes, der damals unter der Peitsche zu leiden hatte. Doch Leyron gab keinen Laut von sich. Nur die Luft atmete er lauter aus.
Als Leyron in die Knie gezwungen wurde und sich Minalcar vor ihn stellte, schaute Areros auf das Gras vor sich und atmete aus. Er glaubte, dass nun alles vorbei war. Dabei fiel sein Blick auf Aeluins Hand, die sich in das Gras gekrallt hatten. Seine Augen wanderten, um ihr Gesicht anzusehen und er bemerkte, dass ihr ganzer Körper verkrampft war. Erschrocken stellte Areros fest, dass Aeluin den selben entsetzen Ausdruck hatte, wie damals: Unbändige Angst und Schmerz standen in ihren Augen.
»Keine Angst, Luin«, sagte Areros, »Es wird nicht wie damals … Ich unternehme was …«
Entschlossen begann Areros sich leise darauf vorzubereiten.
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)
Wie unbeteiligt schaute Aeluin auf die Männer. Sie hatte ihre Angst ausgeblendet und fühlte sie nicht mehr. Lange würde der Zustand nicht anhalten, aber er war wie eine Notlösung ihres Körpers.
Die junge Frau schaute zu Lundor. Lundor ihr kleiner Bruder, den sie liebte, auch wenn sie sich öfter mit ihm stritt. Bald wären sie wieder gemeinsam auf dem Hof ihres Vaters. Sie säßen in der Küche und äßen Mutters guten Kuchen … So stellte es sich Aeluin vor.
Doch da setzte sich schon dieser grobe Kerl auf Lundors Arm und hielt kurz darauf etwas in seiner Hand. Zuerst konnte Aeluin nicht erkennen, was es war. Dann jedoch sah sie Lundors Hand bluten. Was genau passiert war, wusste sie nicht und sie dachte auch nicht darüber nach. Sie sah Lundor sich zusammenrollen und wusste, dass er traurig war. Sie konnte den Schmerz regelrecht spüren. Oder war das ihr eigener Schmerz?
Um nichts fühlen zu müssen, blickte Aeluin von Lundor weg. Ihr war fast, als würde ihr Blick direkt auf Leyron gelenkt. Nun erst vernahm sie das Geräusch der Peitschenhiebe, das Gröhlen der Männer.
Plötzlich war alles wieder da, so als wäre keine Zeit vergangen. Als lägen sie beide, Areros und sie selbst noch immer auf dem Hügel und schauten hinab auf die vielen Männer, die nach Norden marschierten. Damals war ihr Blick auch zu eben jenen beiden Männern gelenkt worden … Aeluin hatte sich oft gefragt warum. Da waren hundert Männer oder mehr und sie hatte zu den beiden geschaut.
Sie hatte sie beobachtet, gesehen, wie sie miteinander gelacht hatten. Sie schienen Freunde zu sein … Doch dann – ohne Vorwarnung, hatte der größere von beiden seine Peitsche gezogen und zugeschlagen. Aeluin wusste nicht, was das für eine Peitsche war, aber sie riss dem anderen das rechte Ohr ab.
Der Schrei des Mannes war unerträglich und hallte tausendfach in ihr wieder. Da rief jemand um Hilfe und obwohl Aeluin instinktiv wusste, dass das da unten keine guten Männer waren, regte sich in ihr das Gefühl helfen zu müssen. Denn keiner der anderen kam dem armen Mann zu Hilfe. Nein, sie marschierten einfach weiter. Manche schauten interessiert, manche lachten, manche schauten einfach gerade aus. Niemand störte, dass einer von ihnen gerade zu Tode gepeitscht wurde.
Aeluin konnte nicht helfen. Sie war vollkommen verängstigt und wollte nichts sehnlicher, als zurück nach Anthara. Ihr noch bis eben so schönes Abenteuer mit Areros wandelte sich zum Alptraum ihres Lebens. Ihr Innerstes forderte sie auf zu helfen, aber sie vermochte sich nicht zu rühren. Sie bemerkte im Augenwinkel, wie ihr Bruder Areros, der neben ihr im Gras lag, sein Gesicht auf dem Boden vergraben hatte. Sie verstand das durchaus, aber sie wollte nicht so feige sein. Also blickte sie hin und sah, wie die Peitsche wieder und wieder niederging.
Unbarmherzig war der Peiniger. Er ließ die Peitsche auf alle Körperteile niedersausen. Wieder und wieder und wieder. Am Anfang wimmerte, flehte und bettelte sein Freund um Gnade, doch bald konnte er nur noch schreien. Die Peitsche hatte seinen ganzen Oberkörper aufgerissen, sein Gesicht zerschunden, so dass es nur noch ein blutiges Etwas war.
Die Schreie verstummten und der Mann hörte nicht auf. Erst als sich die Gedärme um seine Peitschenenden wickelten und er sie seinem Opfer ausriss, wurden seine Schläge seltener. Sein Lachen als er auf die Überreste seines Freundes sah, klang abgrundtief böse. Und Aeluin hört es jedes Mal, wenn der Alptraum sie des Nachts beutelte.
Ja, die ganze Situation hier im Wald erschien ihr wie das Wahrwerden ihres Alptraumes. Der Mensch, den sie am liebsten hatte, war in den Hände eben dieses Mannes von damals und er wurde ausgepeitscht. Vor ihren Augen und sie war unfähig etwas zu tun!
›Gleich kommt er und fesselt mich‹, dachte Aeluin. ›So ist es doch immer … Und dann stirbt er … Leyron stirbt … Nur diesmal wache ich nicht auf!‹
In Aeluin bildete sich ein stummer Schrei der Hilflosigkeit und unbändiger Trauer. Aber nichts kam über ihre Lippen. Ihr Körper war wie ausgeschaltet, unfähig sich aus seiner Starre zu befreien. Und wie damals schien es ihr, als hielte sie eine Hand am Kinn gepackt und zwinge sie zuzusehen. Zuzusehen, wie der Mann starb, den sie liebte; dem sie nicht half und an dessen Tod sie für immer die Schuld tragen würde.
Areros Worte klangen wie aus weiter Ferne. Sie waren zu weit weg, um ihr Hoffnung zu geben. Alle Wärme des Sommers war aus Aeluin verschwunden und tiefe Kälte hatte sich in ihr ausgebreitet. Ihr Herz war wie von vielen Eiszapfen durchstochen, doch sie wusste, dass sie nicht sterben würde. Nein, das Böse würde ihr nicht die Erlösung durch den Tod schenken. Es würde sich weiter an ihrem Schmerz und ihrer Angst laben, wenn sich das Geschehen erst einmal wie ein Brandeisen in ihr verewigt hätte. Und Aeluin wusste, dass sie diese Angst und diesen Schmerz niemals besiegen konnte.
Sie hatte ja nicht einmal das Ereignis vor acht Jahren verarbeiten können. Wie sollte sie es jetzt schaffen, wenn ihr der Mann genommen wurde, der ihr Leben endlich wieder lebenswert gemacht hatte?
Während Serek dem Kundschafter folgte, wurden die Rufe immer lauter. Er hörte einen Mann aufgebracht schreien, konnte jedoch nichts verstehen. Kurz darauf ertönte das Knallen einer Peitsche, immer wieder.
›Ich habe mir einen denkbar schlechten Zeitpunkt gewählt, um denen einen Besuch abzustatten!‹, dachte der Assasine, »Ich werde meine Worte gut wählen müssen, um nicht dasselbe Schicksal wie der Gepeinigte zu erfahren!«.
Wer auch immer die Waffe schwang, sein Zorn schien keine Grenzen zu haben. Wir erklangen Schreie, doch übertönt vom Knallen der Peitschen. Der Ausgepeitschte musste eine hartgesottener Mann sein, denn zu Sereks Verwunderung konnte er keine Schmerzensscchreie aus dem wilden Gegröle heraushören. Plötzlich wurden all die Rufe von einer schmerzgepeinigten Stimme druchbrochen: Sereks Nackenhaare sträubten sich bei den Worten, mit denen der Mann einen gewissen Minalcar verfluchte. Und zwar in der schwarzen Sprache von Harad!
›Klingt, als ginge es heier gleich heiß her! Wenn ich mich recht entsinne, hat der Kundschafter gesagt, dass es sich bei Minalcar um den Anführer der Banditen handelt... Sollte ich mich zurückziehen? So wie das gerade klingt ist mit dem nicht gut Kirschen essen!‹.
Er wandte sich zu Ondil um: »Was ist hier los? Gibt es einen Streit? «
Ondil hörte die Peitschenschläge und er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Er war selbst schon einmal ausgepeitscht worden, allerdings zum Glück nicht von Minalcar. Er sah die Männer der Bande im Kreis herumstehen und er erblickte auch Minalcar, der mit hochrotem Gesicht wutentbrannt herumbrüllte und dabei auf jemanden mit der Peitsche einschlug.
Im Stillen fragte sich Ondil, wer der arme Kerl war, denn er konnte momentan niemanden sehen. Er vermutete, dass Minalcars Opfer entweder schon am Boden lag oder kniete.
Sereks Worte drangen in seine Ohren.
Er packte den Fremden fest am Arm.
"Wir sollten besser warten, bis sich Minalcar beruhigt hat, sonst lässt er vielleicht noch an uns seine Wut aus. Er ist ein unberechenbarer Mann."
Er blieb stehen und hoffte, dass Serek vernünftig blieb.
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Minalcar war erstaunt und wütend zugleich, als er Leyron in einer fremden Sprache reden hörte. Er packte Leyron grob am langen Haarschopf und zwang ihn so, ihn direkt anzusehen.
"Wer bist du und woher kommst du?", zischte er Leyron böse an.
MInalcar hasste es, wenn jemand etwas sagte, was er nicht verstand. Sicher hatte Leyron keine Komplimente verteilt, eher das Gegenteil.
Da Leyron nicht sofort sprach, sondern ihn stolz anblickte, stieß Minalcar ihn unsanft zu Boden und trat ihm ins Gesicht.
"Nun rede schon, du verdammter Dreckskerl!", schrie Minalcar ungeduldig.
Aus Leyrons Mund floss jetzt bereits Blut. Doch dem Anführer war das gleich. Er wollte noch einmal zutreten, doch da packte ihn Anaaq, der sich bisher eher im Hintergrund gehalten hatte, fest am Arm.
"Was willst du jetzt?", knurrte MInalcar ungehalten, den Blick immer noch auf den am Boden liegenden Leyron gerichtet.
"Dieser Mann könnte uns noch nützlich sein, Minalcar",raunte ihm der Haradan zu. "Sieh ihn dir an! Er hält sich immer noch wacker, und das nach so vielen Peitschenhieben. Wenn du ihn mitnehmen willst, höre jetzt besser auf."
Minalcar brummte etwas unverständliches vor sich hin und wandte sich dann an Leyron. Er verpasste dem am Boden liegenden, aber nicht bewußtlosen Mann, noch einen kräftigen Fußtritt in die Seite, wobei Staub aufwirbelte, welcher in die frischen Wunden eindrang.
"Ich möchte jetzt wissen, was du genau gesagt hast, verdammter Kerl!", fuhr Minalcar Leyron grimmig an.
Seine geschundene Haut pochte und der Druck den die Männer ausübten während sie seine Arme nach hinten pressten, ließen Leyron scharf die Luft einziehen. Er kannte seinen Körper und wusste das er nicht mehr allzu lange so würde durchhalten können, dennoch würden er niemals klein beigeben.
Die Zeit würde kommen das er Rache üben konnte an Minalcar, dessen war er sich sicher. Man begegnete sich immer zweimal im Leben, hatte ihm vor vielen Jahren ein alter Schamane gesagt. Ein Gedanken der ihn schon mehr als einmal am Leben gehalten hatte.
Minalcar reagierte, wie hätte es auch anders sein können, ungehalten und aggressiv. Sein fester, ruckartiger Griff in Leyrons Haare führte dazu dass der Schnitt am Halsansatz noch ein Stück weiter einriss und sich ein dumpfer, pochender Schmerz Leyrons Gedanken bemächtigte.
Die Frage die Minalcar ihm stellte, hörte Leyron im ersten Moment wie aus weiter Entfernung. Er schwankte, doch sein Blick war noch immer stolz und ungebrochen. Erst als Minalcar ihn erneut ansprach, realisierte Leyron was sein Peiniger von ihm wollte, doch da hatte der ältere Mann man ihn schon unsanft zu Boden gestoßen. Leyron stöhnte gequält auf als sein geschundener Rücken auf dem unebenen Boden aufkam, Dreck sich in die Wunde fraß und Minalcar sofort zutrat. Sein Stiefel erwischte Leyrons rechte Wange und ließ die Unterlippe des Kriegers aufplatzen.
Der metallische Geschmack von Blut sammelte sich in Leyrons Mund als dieser ansetzte Minalcar zu antworten. Der erste Versuch misslang während das Blut vermischt mit Speichel aus seinem Mund floss. Er hörte eine tiefe, melodische Stimme mit leichtem südländischem Akzent. Der Haradan sprach für ihn und gewährte ihm etwas Zeit.
Leyron rollte sich auf die linke Seite, den Schmerz dort ignorierend und sammelte sich um Minalcar zu antworten, da trat dieser erneut zu. Leyron ächzte unter dem Schmerz und unterdrückte mit aller verbliebenen Stärke den Schmerzenschrei der sich seinen Weg hinaus bahnen wollte.
„Leyron ibn Mahir ibn Ishaq…. Umbar“ presste er heraus und würgte mit dem letzten Wort Blut hervor. Erst als sein Mund wieder frei war setzte Leyron zu einer weiteren Antwort an. Er wusste nicht in wie weit der Haradan sich aus dieser Sache heraushalten würde. Die Chancen standen gleich. Würde der Südländer ihn verraten, hatte er sein Leben sowieso schon verwirkt. Aber wenigstens Aeluin war in Sicherheit.
"Bei den Corsaren von Umbar der Feind meines Feindes ist mein Freund… ich habe dir…“ das sprechen strengte ihn an „Informationen vorenthalten nach denen du nicht gefragt hast. Das habe ich ….“ erneut würgte Leyron „zu dir gesagt.“
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Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen.
Die vier Späher gingen vorsichtig durch das Dickicht. Nach einiger Zeit stießen sie auf frische Spuren, die ihren Weg kreuzten.
"Wie es scheint, sind hier außer den Banditen noch andere Leute unterwegs", dachte Madril. "Wehe! Wenn sie der Bande in die Hände gefallen sind, dürfte es ihnen übel ergangen sein."
Er blieb stehen, um die Spuren zu begutachten und Oromendil wäre fast auf ihn gestoßen. Im nächsten Augenblick hörten sie Stimmen. Madril blickte in die Richtung, aus der sie kamen und bemerkte, dass die Banditen in Sichtweite waren. Er gab den Männern das Zeichen, vorsichtig zu sein und ging fast lautlos weiter. Hinter einem Gebüsch gab er das Zeichen zum Halten. Noch weiter zu gehen wagte er nicht, denn er wusste, dass die Späher um jeden Preis unbemerkt bleiben müssten. Sie blieben stehen und beobachteten die Banditen.
Madril sah, dass die Bande aus mindestens dreißig, vielleicht sogar vierzig Männern bestand. Offensichtlich waren einige unter ihnen nicht aus Gondor - da war der eine oder andere Ostling, Südländer oder Variag zu erkennen. Madril hielt auch Ausschau nach Gefangenen und sah, wie ein grobschlächtiger Kerl sich über einen jungen Mann beugte, dann von ihm abließ und irgendwelche höhnischen Worte ausstieß. Dann knallte auf einmal eine Peitsche - ein weiterer Gefangener wurde von zwei Männern festgehalten, während ein Dritter ihn auspeitschte und dabei wütend beschimpfte. Aus der Ferne glaubte Madril zu erkennen, dass der Mann eine Augenbinde trug.
"Der Einäugige! Das ist gewiss der Anführer der Bande!"
Angesichts der brutalen Szenen fiel es den Waldläufern schwer, sich aufs Beobachten zu beschränken, doch andererseits waren sie allesamt erfahren genug um zu wissen, dass sie nicht eingreifen konnten, ohne sich selbst in einen aussichtslosen Kampf gegen eine zehnfache Übermacht zu verwickeln und die Aufgabe der ganzen Truppe zu gefährden.
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Minalcar hörte sich an, was Leyron zu sagen hatte. Die Peitsche hatte er immer noch in der Hand. Seine Wut war noch nicht verraucht.
"So so, ein Korsar", stieß er verächtlich vor. "Gegen euereins habe ich früher mal gekämpft, als ich noch in Diensten von Gondors Heer war. Doch das ist lange her und das Blatt hat sich inzwischen gewendet. Minalcar führt man nicht hinters Licht. Es hätte schließlich sein können, dass du den kleinen Lundor befreien willst, nachdem ihr euch ja so gut kennt. Aber ich wette, du hast jetzt schlechte Karten bei seiner Familie und ihm, nachdem du das Weib getötet hast."
Minalcar lachte grimmig, nachdem er dies gesagt hatte. Jeder hätte jetzt erwartet, dass er mit dem Auspeitschen aufhörte.
Doch er holte wieder aus und begann weiter unbarmherzig auf den am Boden liegenden Leyron einzuschlagen. Die Peitsche klatschte auf Leyrons zerschundenen Rücken. Aber der Mann hielt die Bestrafung weiter tapfer aus. Blut tropft aus seinem Mund und rann aus zahlreichen Wunden an seinem Rücken.
Einige der Bande wandten sich mitleidig ab. MInalcar lachte böse.
"Ich werde dir zeigen, wie man hier mit Korsaren umgeht!"
Oromendil war neben Madril im Gebüsch verborgen. Seine Augen ruhten auf der Szene, die sich ihnen bot: Zwei Männer hielten einen Gefangenen fest, den ein Dritter auspeitschte. Als Madril bemerkte, dass dies der Anführer war, konzentrierte sich Oromendil auf den Mann mit der Augenklappe. Es stimmte, dies musste der Anführer sein, und er war es, der die Peitsche führte und dann auf den Verletzten einprügelte und schrie. Oromendil konnte rudimentäre Sprachfetzen verstehen, gerade hörte er, dass der Gefangene antwortete, ein Corsar zu sein.
In Oromendils Fingern juckte es. Zwar wusste er, dass sie gegen diese Übermacht chancenlos waren, aber es reizte ihn, seinen Bogen zu ergreifen und den Anführer zu erschießen. Und den Korsaren gleich mit, ein Feind weniger an Gondors Grenzen.
»Nur ein guter Schuss,« flüsterte er Madril zu, »dann wären sie kopflos und alles wäre einfacher!«
Er wusste aber innerlich schon, dass Madril dies nicht zulassen würde, egal, wie die Wut an Oromedil zehrte. Wahrscheinlich hielt er ihn ohnehin für übereilt.
Fest ballte er die Faust und ließ seinen Blick nicht von dem Anführer weichen. Dass er sich dabei mit den Fingernägeln in die Hand schnitt, merkte er kaum.
»Wir müssen doch etwas tun, verdammt! Lasst uns die Gefangenen da rausholen und die anderen holen!«
Mit leerem Blick sah Lundor geradeaus in den Wald hinein, während er sich am Boden ganz klein zusammengerollt hatte. Der Junge hatte einfach keine Kraft mehr um sich gegen Herumor oder Minalcar aufzulehnen. Da war einfach nur noch der körperliche und seelische Schmerz. Deshalb nahm er auch gar nichts mehr wirklich um sich herum war. Nur dumpf hörte er die Peitschenschläge, welche von Minalcar herrührten. Doch keinerlei Reize konnten zu dem Jungen durchdringen.
Das warme Blut aus seinem Stumpf am Finger tränkte seine Tunika, welche er von Minalcar bekommen hatten, nachdem sein eigenes Hemd total zerissen worden war. Doch selbst das nahm Lundor nicht wahr. Er hatte sich in sich selbst zurück gezogen, hinter seine innere Barriere. Hier war er allein und niemand konnte ihm etwas antun. Der Junge hatte ein Schloss um diese innere Barriere gelegt, damit ihm niemand mehr seelisch weh tun konnte. Denn noch mehr konnte Lundor nicht ertragen.
Die Handgriffe saßen, obwohl Areros noch niemals an einem echten Kampf teilgenommen hatte. Vor ein paar Tagen noch, hatte er gemeinsam mit Leyron am See in Anthara Wache gehalten und überlegt, wie es sein würde, wenn er einen Menschen tötete. Bald würde er wissen, was man dabei fühlte.
Mit einem Ohr versuchte Areros mitzuhören, was gesprochen wurde. Er hörte Leyron in einer fremden Sprache sprechen, aber er dachte sich nichts dabei. Leyron schien schließlich ein Mann zu sein, der weit in der Welt herumgekommen war. Warum nicht in Ländern, in denen man nicht Westron sprach? Die Reaktion Minalcars entfesselte eine unsagbare Wut in dem jungen Mann, der sonst immer ruhig und bedächtig seine Entscheidungen traf. Und der schon gar nicht Gewalt als Lösungsmittel nutzte.
›Leyron und ein Corsar!‹, lachte Areros innerlich grimmig. ›Niemals du dummer Mann! Leyron spielt dir etwas vor und du merkst es nicht einmal!‹
Areros glaubte keinen Moment, dass Leyron ein Corsar von Umbar war. Jeder der anderen Männer könnte eher einer der Corsaren sein, aber nicht Leyron, der sein Freund war. Leyron war ein guter Mann, der Anthara verteidigen wollte, ohne dass für ihn ein Grund dazu bestand. Er hatte sich ohne weiteres dazu bereit erklärt, Aeluin zu suchen und hatte nun sogar sein Leben für sie und für Lundor aufs Spiel gesetzt. Ein Corsar von Umbar hätte das nie gemacht. Allerdings fragte sich Areros, warum Leyron das sagte.
›Wahrscheinlich denkt er, dass er so eher von diesem Dreckschwein angenommen wird … Oh Lundor, was hast du nur angestellt?‹
Der Bogen, den er gemeinsam mit Rerlad gekauft hatte, war gespannt und Areros brauchte nur noch einen geeigneten Platz zum Schießen. Er warf noch einen Blick zu Aeluin, die noch immer mit großen Entsetzen auf die Szene blickte. Ihre Augen waren weit aufgerissen und blinzelten nicht einmal.
»Bleib hier Luin, was immer auch passiert. Misch dich nicht ein! Ich werde Leyron retten …«, flüsterte Areros.
Dann schlich er sich zwei Schritte nach vorn und versteckte sich hinter einem Baum. Der Pfeil lag auf der Sehne und Areros atmete noch einmal aus. Da traf die Peitsche Minalcars zum vierten Mal Leyrons Rücken.
»Noch einmal schlägst du ihn nicht«, sagte Areros grimmig, nahm Minalcar ins Visier und ließ den Pfeil singend durch die Luft sausen.
Der Pfeil flog zwischen den Bäumen hindurch, doch wurde er von einem Ast leicht abgelenkt: Er streifte nur Minalcars linken Oberarm, zischte an Belecthor vorbei und bohrte sich durch einen Oberschenkel eines Mannes, der voller Geifer zugesehen hatte, wie Leyron geschlagen wurde.
»Verdammt«, fluchte Areros leise und versteckte sich wieder hinter dem Baum. Er lehnte sich mit dem Rücken an den Stamm, atmete schnell und versuchte zu entscheiden, ob er noch einen Schuss abgeben sollte. Diesmal müsste er treffen, schließlich hatte er nur noch zwölf Pfeile.
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)
Aeluin selbst nahm die Geschehnisse unter Minalcars Band kaum wahr. Sie starrte wohl dahin, aber ihr Geist sah etwas ganz anderes. Es war nicht mehr die Vergangenheit, sondern die Zukunft, die sich vor ihrem Auge auftat: Eine dunkle und kalte Zukunft.
›Leyron wird sterben.‹ Allein dieser Gedanke, vertrieb jegliche Wärme aus ihrem Körper. Der Schmerz schnürte ihr alles ab und ein dicker Kloß entstand in ihrem Hals.
In Gedanken sah sie sich selbst, wie sie zu Leyrons Überresten ging. Es war nicht mehr viel übrig, von dem ehemals so starken Mann. Nicht sein markantes Gesicht mit der geraden Nase und den ausgeprägten Wangenknochen. Nicht seine Lippen, die ihre eigenen Mauern einfach wegküssen konnten. Ihr blieb allein sein blutverkrustetes Haar, um es noch einmal zu streicheln. Ihre Augen waren trocken und keine Träne floß über ihre Wangen. Trübsinnig starrte sie in den Wald, ohne etwas wahrzunehmen. Nichts mehr war von Bedeutung, nun da der Kopf ihres Liebsten zerschunden in ihrem Schoß lag.
Die Szene änderte sich und Aeluin sah sich allein in einem zerklüfteten Gebiet, wo nur gelbes Gras und Diesteln wuchsen. Barfus ging sie über die Steine, ihr ehemals so leuchtend grünes Kleid, war verblasst, nur die Blutspuren von Leyrons Körper leuchteten feuerrot. Aeluin ging ohne Ziel Schritt für Schritt. Ihre Eltern und Geschwister hatte sie verlassen. Jegliche Liebe und Freude war aus ihrem Leben verschwunden. Ihre einzige Hoffnung war der Tod. Doch der kam nicht. Manchmal glaubte sie ihn in der Ferne zu erspähen, doch wenn sie hinlief, verschwand er grinsend. So lief sie weiter ohne Hoffnung …
Plötzlich nahm sie Areros wieder wahr, wie er den Pfeil abschoss. Sie konnte dadurch endlich die Augen vom Geschehen abwenden und sah nun in die grünen Augen ihres Bruders, wie er am Stamm lehnte. Sie sah, dass er rasend überlegte, doch sie wusste nicht, was seine Sorgen waren. Wie sollte sie ihm helfen?
Während ihr Kopf langsam wieder klar wurde, war ihr Körper noch immer ganz versteift. Sie konnte sich nicht regen und zu ihrem Bruder laufen, der etwa zehn Schritte von ihr entfernt stand.
Herumor gefiel das Auspeitschen sehr. Er feuerte seinen Hauptmann immer wieder an und hätte gern selbst mit Hand angelegt. Er hielt sich natürlich im sicheren Abstand zu Minalcars Peitsche und war froh, dass er nicht einer der Männer war, die Leyron festhielten.
»Ein Corsar ist er?«, brüllte Herumor, »Dieses Mädchen! Das glaubst du doch selbst nicht! Lass ihn bluten für seine Lügen, Hauptmann!«
Herumor war gerade richtig in Rage, als er ein singendes Geräusch hörte. Ein Pfeil zischte ein paar Meter von ihm entfernt durch die Luft und traf einen Mann der Truppe, er nun wie am Spieß brüllte. Herumor musste hingegen lachen, weil der Pfeil mitten durch den Oberschenkel gegangen war und da nun feststeckte.
»Na du siehst ja aus, Grundas! So ein Pfeil ist schon was schönes im Bein«, lachte Herumor böse.
Dabei zog er das Schwert und blickte sich suchend um, bereit zurückzuschlagen. Denn er erwartete, dass nun ein Angriff kam.
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Minalcar schlug wütend weiter auf Leyron ein. Anaaqs Worte hatte er längst vergessen. Er verspürte unbeschreiblichen Zorn. Eigentlich nicht auf Leyron, sondern überhaupt auf alles. An diesem Tag würden sie wohl nicht mehr Pen Anaith erreichen. Er ließ seine Enttäuschung an Leyrons Körper aus.
Plötzlich hörte er ein ihm bekanntes Geräusch: es war das unheimliches Zischen eines heimtückischen Pfeils. Minalcar spürte plötzlich einen brennenden Schmerz am linken Oberarm. Er brüllte wütend auf und ließ von Leyron nun endlich ab. Er sah einen seiner Männer, der schreiend am Boden kauerte und auf einen Pfeil zeigte, der in seinem Oberschenkel steckte.
"Fangt diese feigen Heckenschützen!", schrie Minalcar außer sich und hob die Peitsche in die Richtung seiner Männer.
Sofort stürmten vier bis fünf Mann Richtung Unterholz, um den oder die Schützen zu fangen.
Ärgerlich fluchend betrachtete Minalcar seine Oberarmwunde. Leyron war ihm jetzt egal. Der Anführer war nun mit seiner eigenen Blessur beschäftigt.
"Belecthor, du hast doch Verbandszeug!", rief Minalcar dem Mann, der sich in der Nähe Lundors aufhielt, grimmig an. "Komm und verbinde mir meine Armwunde!"
Zögernd trat Belecthor auf den Anführer zu. Er bedauerte im Stillen, dass der Pfeil Minalcar nicht getötet hatte. Er wartete, bis Minalcar seine Tunika halb abgestreift hatte und betrachtete dann die Wunde am muskulösen Oberarm des Anführers.
"Es ist nur eine harmlose Fleischwunde, Minalcar", meinte Belecthor schüchtern.
"Halt keine Maulaffen feil, sondern verbinde mir den Arm!",schrie Minalcar den Mann ungeduldig an.
Belecthor nickte erschrocken und holte mit zitternden Fingern Verbandszeug aus seinem Lederbeutel am Gürtel. Seine eigene Wunde an der Hand behinderte ihn dabei. Doch Minalcar schnaubte ungehalten und Belecthor beeilte sich mit dem Verbinden.
Leyron zitterte am ganzen Körper, seine Kräfte waren aufgezehrt. Er musste sich eingestehen dass er nicht gedacht hatte, das Minalcar bis zum äußersten gehen würde, nicht für die Worte eines Jungen der nicht einmal wirklich zu seiner Bande gehörte. Minalcar hatte vielleicht an ihm ein Exempel statuieren wollen, doch so langsam glaube Leyron eher das der Mann all seine angestaute Wut an ihm ausgelassen hatte.
Es war kein gutes Zeichen für einen Anführer, wenn seine Männer ihm nur aus Furcht und Zwang und weniger aus Respekt und freien Willen folgten. Er war seinem Instinkt gefolgt und hatte seine Herkunft preisgegeben.... an anderer Stelle hätte man ihn dafür sofort gehängt.
Als Minalcar endlich aufhörte auf ihn einzuschlagen hatte Leyron den Pfeil noch gar nicht registriert. Der Haradan reichte ihm seine Hand und Leyron ergriff sie um sich von dem vermummten Mann aufhelfen zu lassen. „Anaaq Ben Sadeek“ stellte er sich leise an Leyron gewand vor. „Leyron“ erwiderte der Krieger und wischte sich das Blut von den Lippen. „Wir wurden angegriffen, komm.“ Anaaq führte Ley von Minalcar weg der sich inzwischen von einem seiner Männer den Arm verbinden ließ. Er war also angeschossen worden. Erst jetzt bekam Leyron mit, dass einer der Männer ebenfalls von einem Pfeil getroffen worden war.
„Du bist mutig und zäh Leyron. Nur wenige überleben es Minalcar herauszufordern. Ich werde mir deine Wunden ansehen… allerdings bin ich kein Heiler.“ Anaaq reicht ihm ein Tuch, das er sich auf die Halswunde drücken konnte und stützte Leyron bis sie etwas abseits des Geschehens standen.
Leyron nickte nur. Er war dem Mann dankbar dass er es überhaupt in Erwägung zog ihm zu helfen. Die anderen waren scheinbar weit weniger bereit dazu. Oder aber zu vorsichtig. „Danke Anaaq. Vielleicht kann ich mich einmal erkenntlich zeigen.“
Der Südländer nickte und nachdem Leyron sich an einen Baum gestützt hingestellt hatte, begutachtete er die Striemen welche die Peitsche auf Leyrons Rücken hinterlassen hatte. Leyron stöhnte auf, als die warme Hand über sein geschundenes Fleisch glitt, dann übte Anaaq sanften Druck aus, damit Leyron sich umdrehte.
Jetzt begutachtete er die Wunden an Leyrons linker Seite und jene die er sich bei den letzten Schlägen über dem Bauch zugezogen hatte. Die Metallspitzen hatten das Fleisch unsauber aufgerissen und würden dafür sorgen dass ihm die Seite noch lange schmerzhaft in Erinnerung bleiben würde.
Anaaq sprach leise und ließ Leyron wissen wie seinen Wunden aussahen. Dann hielt er einen Augenblick inne und strich über die Zeichen auf Leyrons Brust ehe sich dieser auf den Boden setzte. „Mut, Ehre, Tapferkeit und Stärke“ las er „du trägst Kriegerzeichen eines alten Normadenstammes. Hast du Minalcar erneut belogen?“
Leyron zog scharf die Luft ein als sein Gegenüber die Haut neben der Nierenwunde abtastete. „Nein.. ich bin als Corsar geboren und aufgewachsen. Die Ehre jene Zeichen tragen zu dürfen gewährten mir die Khamsin erst vor wenigen Jahren. In jenem Jahr als ihre Blutsfehde beinahe ihr Ende bedeutet hat.“ Seit jenem Jahr, als er zurück nach Gondor gegangen war hatte er nie wieder in seiner Muttersprache gesprochen. Es war ein ungewohntes Gefühl mit dem allerlei Erinnerungen verbunden waren, deren erneutes hinaufkämpfen Leyron noch gar nicht bemerkte. Schon alleine das er über die Khamsin sprach hätte ihn stutzig machen sollen, doch noch bemerkte er nichts von den drohenden Schatten seiner Vergangenheit, die nur darauf warteten sich seiner zu bemächtigen.
"Die Zeichen zu erhalten, ist wahrlich eine große Ehre", antwortete Anaaq. "Selten das ein nicht Stammeszugehöriger sie zuerkannt bekommt. Sitz mal still, Krieger." Er zog ein Bündel Pflanzen aus einer Tasche, die er am Gürtel trug, zupfte eine Handvoll Blätter ab und kaute sie langsam. Dann spuckte er den Brei in die Hand und verteilte sie auf den rohen Striemen. "Brunnenkresse kennst du bestimmt. Mit mehr kann ich hier nicht dienen, hier gibt es nun mal kein Jasminum sambac. Ich hoffe, es entzündet sich nicht." Während er Leyrons Wunden versorgte wanderte sein Blick immer mal wieder in die Runde, um zu sehen ob unmittelbare Gefahr drohte.
In dem Moment als es ihn schüttelte, wusste Leyron warum Anaaq ihm gesagt hatte er solle stillsitzen. Brunnenkresse… schon bei dem Namen zog sich in Leyron alles zusammen. Kaum das der Südländer damit begonnen hatte den Brei auf den Wunden zu verteilen, spürte Leyron das alles verzehrende Brennen. „Es gibt so vieles hier nicht…“ Leyron unterdrückte ein weiteres zusammenzucken, als Anaaq die Prozedur wiederholte. „…das …“ noch einmal hielt Leyron inne und suchte dann den Blick so gut es ging über die Schulter zu Anaaq. „Du hast mich nicht verraten…“
"Nein", antwortete Anaaq. "Ich verriet dich nicht. Minalcar ist kein Mann von Ehre, sondern ein Wurm, der es nicht verdient, ehrenvoll zu sterben. Die Loyalität seiner Männer ist in Angst gegründet, nicht in Fähigkeit. Aber noch ist seine Zeit nicht gekommen, und ich bin Teil der Gruppe. Es ist nicht ehrenvoll, aber notwendig. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Zwei, drei Striemen muss ich nähen. Schaffst du das?"
Leyron schloss einen Moment die Augen. Er hatte viel Glück gehabt. Anaaq hätte sein Tod sein können, doch wenn er auch mit Minalcar und seinen Männern durch die Lande zog so war sein Handeln scheinbar immer noch mit Ehrgefühl verbunden. Dieser Mann folgte dem einäugigen nicht aus Furcht, oder Zwang, sondern aus seinen ganz persönlichen Gründen die Leyron zu gerne erfahren hätte. Anaaq unterschied sich nicht nur rein optisch von diesem Haufen zusammen gewürfelter Schlächter und Strauchdiebe.
„Einen ordentlichen Becher voll Haradfeuer würde ich vor dem Nähen vorziehen, aber auch das gehört wohl zu den Annehmlichkeiten die hier nicht zu finden sind. Tu was nötig ist um mich wieder zusammen zuflicken. Schmerzhafter kann es im Moment kaum mehr werden.“
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Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen.
Madril war entsetzt, als Oromendil davon sprach, den Anführer zu erschießen und etwas zu unternehmen.
"Bist du von Sinnen?" zischte der Hauptmann. "Wir müssen um jeden Preis unbemerkt bleiben! Außerdem haben wir eindeutige Befehle von den Heermeistern, den Anführer lebendig gefangen zu nehmen. Wie ziehen uns zurück!"
Madril merkte, dass dieser Befehl Oromendil gar nicht schmeckte, aber der Hauptmann war unerbittlich. Doch ehe sie sich zum Gehen wenden konnten, sahen sie, dass von links aus dem Gebüsch ein Pfeil in die Reihen der Banditen flog und einen der Männer in den Oberschenkel traf. Der Anführer der Bande brüllte und hob seine Peitsche, woraufhin mehrere Männer in die Richtung stürmten, aus der der Pfeil gekommen war.
"Was war das denn?" fragte sich Madril. "Irgendwer greift die Bande an! Los jetzt, wir müssen uns zurückziehen, ehe hier noch mehr Pfeile fliegen oder die Banditen uns entdecken!"
Leise schlichen die vier Waldläufer davon. Doch nach kurzer Zeit ließ Madril anhalten.
"Ich werde noch kurz beobachten, was dort passiert", sagte er. "Vielleicht sehe ich, wer da angreift. Belegor bleibt bei mir, Magor und Oromendil gehen zu den anderen zurück."
Dann sagte er leise nur zu Oromendil: "Du wirst den Heermeistern Bericht erstatten. Keine Widerrede, Unteroffizier! Gehe jetzt und ich werde davon absehen, bei den Heermeistern zu melden, was für einen Irrsinn du vorhattest!"
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Schnell ging Areros Atem, während er versuchte sich Rerlads Worte ins Gedächtnis zurück zu rufen. Doch keine brauchbaren Anweisungen fielen ihm ein. Areros hörte Minalcars Befehl und kniff die Augen zusammen, weil er wusste, dass er einen Fehler gemacht hatte.
Was für ein Leichtsinn einen Pfeil abzuschießen, allein - ohne Beistand. Das war Areros nun klar. Aber er hatte nicht anders gekonnt. Da war sein Freund in großer Not und da war die Schuld, die seit er fünfzehn Jahre alt war, auf ihm lastete: Er hatte nicht geholfen, sondern nur weggesehen. Dabei wollte er gern Soldat werden, ein Held Gondors.
Doch nun war keine Zeit, über seinen Fehler zu hadern. Rasche Entscheidungen waren von Nöten. Er schaute zu Aeluin und ihre Blicke kreuzten sich. »Flieh«, formulierte er mit den Lippen und er sah, dass seine Schwester sich mühte, aber sie konnte sich nicht bewegen. Zumindest nicht schnell genug, denn die Männer kamen näher.
Areros schüttelte leicht den Kopf und war sich bewusst, was er nun tun müsste. Er atmete tief durch. Er wusste, dass er nur noch wenige Minuten zu leben hatte und Furcht ergriff ihn, denn er war jung und hatte noch viel vor gehabt in seinem Leben. Das einzige, was er noch tun konnte, war, Aeluin zu retten. Er schenkte ihr ein letztes Lächeln, was sich für die vielen schönen Momente und die Liebe, die er durch Aeluin und seine ganze Familie erfahren hatte, bedanken sollte.
Dann warf er den Bogen weg und zog sein Schwert. Mit entschlossenem Blick lief er auf seine Angreifer zu. Fünf waren es und Areros wusste, dass er keine Chance hatte. Ihm fehlte die Erfahrung. Flucht wäre das einzige gewesen, was ihn hätte retten können. Aber mit Aeluin hätte er es nicht geschafft. Sein Schwert schlug klirrend gegen die Klingen seiner Angreifer. Die ersten vier Schläge konnte er noch abwehren, einen der Männer leicht am Bauch erwischen, dann schon hatten sie ihn überwältigt und entwaffnet.
Bei Minalcar
Die fünf Männer brachten ihn zu Minalcar und suchten nicht nach weiteren Verbündeten. Areros hoffte, dass Aeluin die Chance nutzte und floh. Seine Arme brutal auf dem Rücken festhaltend, stand Areros eingerahmt von zwei von Minalcars Männern vor dem Einäugigen. Er erwartete keine Gnade und bedauerte es, dass er ihn verfehlt hatte.
Ohne ein Wort zu sagen, stand Areros da und blickte in das gesunde Auge des Anführers. Er spürte dessen Wut, doch wenn Areros eines blieb, dann in Würde zu sterben. Deshalb schaute er noch immer entschlossen und tapfer, wohl wissend, dass die Angst um den Tod jederzeit hervortreten konnte.
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)
Aeluin verstand, was Areros von ihr wollte und sie bemühte sich, aber ihr Körper war ganz versteift. Sie sah schon die Männer, die Minalcar geschickt hatte und wäre sie nun aufgesprungen, hätten sie ihn gesehen. Sie drückte ihr Gesicht nach unten und versteckte sich somit hinter dem Farn. Ihr grünes Kleid tat wohl sein übriges und Areros tapferer Vorstoß. Bald war der Kampf vorbei und Aeluin wagte es durch das Farn zu spähen. Die Männer bewegtens ich in Richtung des Lagers.
So schwer es Aeluin fiel, ihren Bruder so gehen zu lassen, so sehr wollte sie auch seinen Wunsch erfüllen. Sie konnte hier nichts tun. Das war keine Welt, in der Aeluin etwas ausrichten konnte. Vorsichtig robbte sie erst ein Stück weg, und stand dann auf. Ihren Körper hatte sie wieder unter Kontrolle. So leise wie möglich lief Aeluin durch das Unterholz.
Ihr einzige Hoffnung war, dass sie Hilfe holen musste. Auch wenn sie nicht wusste wo, denn Dunthara war schließlich schon geschleift worden und Anthara war so weit weg. Doch sie würde auch bis Anthara laufen. Irgendjemand musste doch helfen. Areros durfte nicht sterben!
Nachdem Madril gesehen hatte, dass es nur ein einzelner junger Mann war, der auf die Banditen geschossen hatte und nun gefangen genommen war, gab er Belegor das Zeichen zum Rückzug.
"Dieser Junge hat ebenso tollkühn wie sinnlos geschossen", dachte er traurig. "Gewiss wird es ihm das Leben kosten."
Sie kamen gerade zu der Stelle, wo Darandos mit den Pferden wartete, als sie hörten, dass jemand durch das Unterholz lief. Belegor griff zu seinem Bogen und Madril ergriff das Heft seines Schwertes, als sie sich umdrehten. Sie sahen eine junge Frau, die offensichtlich auf der Flucht war, aber die Waldläufer in ihrer unmittelbaren Nähe noch nicht bemerkt hatte.
Madril ließ das Heft seines Schwertes los und pfiff wie ein Vogel, so dass die Frau überrascht in seine Richtung blickte. Sofort legte er einen Finger auf den Mund, um ihr Schweigen zu gebieten und zeigte mit seiner linken Hand in die Richtung, wo die Truppe unter Führung der beiden Heermeister wartete.
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Minalcars Wunde war rasch verbunden. Der Anführer stieß Belecthor unsanft und ohne Dank beiseite und starrte in die Richtung, in welche die Männer gelaufen waren, um den oder die Heckenschützen zu verfolgen.
Kurzer Kampfeslärm war zu hören, dann raschelte es in den Büschen und die Männer kamen mit einem jungen Fremden zurück. Einer der Verfolger hatte seine Hand auf den Bauch gepresst. Er schien verwundet zu sein.
Minalcar starrte den Gefangenen wütend an, doch dieser erwiderte stolz seinen Blick.
"War es nur einer, Elúrin?", fragte MInalcar die Männer barsch.
Elúrin nickte und grinste schief.
Anschließend wandte sich MInalcar an den Gefangenen, der von mehreren Männern festgehalten wurde.
"Mich schießt niemand ungestraft an. Anscheinend bist du lebensmüde, dummer Bauernschädel. Wenn du so um den Tod bettelst, helfe ich dir gerne."
Blitschnell zog er seinen Dolch und stieß diesen dem Mann in den Bauch. MInalcar zog den Dolch ebenso rasch wieder heraus und ging beiseite, um ihn im Waldgras zu säubern.
Der Gefangene sank langsam in die Knie. Die Männer ließen ihn jetzt los und Areros sank nun zu Boden. Er war jedoch noch nicht tot. Er blieb keuchend am Boden liegen und presste die Hände auf die heftig blutende Bauchwunde.
Minalcar kümmerte sich nicht mehr um ihn, sondern betrachtete grimmig, wie Anaaq sich um Leyrons Verletzungen kümmerte. Er wollte unbedingt weitermarschieren. Die Gegend hier wurde ihm langsam zu unsicher. Andererseits wollte er Leyron mitnehmen und musste sich gedulden, bis dessen Verletzungen versorgt waren. Er bereute aber die Auspeitschung des Mannes nicht. Seiner Meinung nach konnte man so neue Bandenmitglieder besser gefügig machen.
Auf der Flucht — ein Stück vom Lager Minalcars entfernt — in der Nähe der Waldläufer
Aeluin spürte kaum, wie ihr die Zweige ins Gesicht schlugen, während sie sich durch das Unterholz kämpfte. Sie blicke ebenso entschlossen wie ihr Bruder Areros, doch hatte sie wohl noch etwas mehr Hoffnung als er. Plötzlich vernahm sie ganz nah einen Vogel und blickte unwillkürlich in die Richtung. Dort sah sie einen älteren Mann in braungrüner Kleidung. Er war bewaffnet und sah eher ungepflegt aus. Die anderen beiden sahen ähnlich aus, wenn auch etwas jünger.
Aeluins Herz setzte einen Schlag aus. ›Sie haben mich doch erwischt‹, dachte sie, denn sie hielt die drei Männer auch für Mitglieder von Minalcars Bande. Dass der eine ihr befahl ruhig zu sein, war für sie mehr ein Zeichen, dass er selbst seinen Spaß mit Aeluin haben wollte, ohne von Minalcar davon gestört zu werden.
Fieberhaft überlegte die junge Frau, was zu tun sei. Ihr blieb nur eine Lösung: Weglaufen. So rannte sie jetzt nach Süden um ihr eigenes Leben, ihrem Brüdern und Leyron würde sie nicht mehr helfen können. Es gab hier keinen Weg, so dass sie sie sich durch Büsche und Sträucher kämpfen musste. Ein falscher Schritt und es war geschehen: Aeluin war an einer Wurzel hängen geblieben und lag im Dreck. Sie konnte sich gerade noch aufrappeln, als einer der Männer schon bei ihr war.
Den Dolch von Areros hatte Aeluin zum Glück nicht verloren. Ihn streckte sie nun dem Mann entgegen und fuchtelte ihm vor dem Gesicht herum. »Lass mich gehen oder ich bringe dich um!«, zischte sie den Mann an. Nun ging es um Leben oder Tod und Aeluin würde sich nicht kampflos ergeben.
Wenn die junge Frau überrascht war, Madril zu sehen, so war der Hauptmann noch erstaunter über ihre Reaktion. Sie wandte sich nach rechts, rannte davon, stolperte und fiel hin.
Die Waldläufer folgten ihr und hatten sie sogleich eingeholt.
"Armes Weib! Hält uns wohl auch für Banditen", dachte Madril. Der Hauptmann wollte der Frau hoch helfen, doch sie stand selbst auf und drohte ihm mit einem Messer.
Der erfahrene Soldat war davon nicht beeindruckt. Mit der linken Hand entwendete er ihr das Messer und mit der rechten hielt er ihr den Mund zu, so dass sie nicht aufschrie.
"Lass das!" sagte er leise, aber entschieden. "Wir sind Soldaten und wollen dir helfen. Wenn du versprichst, nicht zu schreien, gebe ich deinen Mund frei. Versprichst du es?"
Nachdem Madril ein Nicken zu erkennen glaubte, zog er seine Hand zurück.
"Und nun komm! Wir müssen dich zu unserer Truppe in Sicherheit bringen!"
Er zog die junge Frau, die nun keinen Widerstand leistete mit sich. Nach wenigen Schritten sah er, dass die Truppe sich bereits aufteilte.
"Siehst du denn glänzend gerüsteten Mann an der Spitze? Das ist Ober-Heermeister Boromir. Zu ihm werden wir jetzt gehen!"
Enttäuscht blickte Herumor auf den Mann, der den Pfeil abgeschossen hatte: Ein junger Grünschnabel! Ein Bauernbursche, der wohl ein guter Jäger war. Oder auch ein schlechter, denn sonst hätte er Minalcar nicht verfehlt. Aber er kam ihm seltsam bekannt vor.
Minalcar machte kurzen Prozess mit ihm und rammte ihm seinen Dolch in den Bauch. Herumor schüttelte den Kopf. Der Hauptmann hatte keinen Sinn für einen guten Mord! Was man mit dem jungen, schönen Mann alles machen konnte. Dann wäre er freilich nicht mehr schön … Auf Herumors Gesicht machte sich ein böses Grinsen breit.
›Was nicht ist, kann ja noch werden‹, dachte sich der Mann.
Er packte den zusammengesackten Mann am Kragen und schleifte ihn grob zu Lundor. Ein Grinsen ging über sein Gesicht, als er das Stöhnen des Verletzten hörte. »Du wirst gleich noch mehr stöhnen, mein Schöner!« Herumor war stark und so prallte Areros mit dem Rücken gegen einen Baum, in dessen Nähe Lundor lag und blieb stöhnend liegen. Sein Peiniger trat Lundor in die Nieren und rief: »Los steh auf!«
Als dieser nicht gleich reagierte, zerrte er ihn hoch. »Auf habe ich gesagt« und gab Lundor ein paar kräftige Ohrfeigen, bis dieser wieder ganz klar war. »Wir haben hier ein neues Spielzeug«, sagte Herumor zu Lundor. »Nun kannst du mal zeigen, was du bisher gelernt hast! Leider hat Minalcar schon zugestochen, aber er lebt noch und wird schön brüllen …«
Dann drückte er Lundor einen seiner stumpfen Dolche in die Hand und sagte: »Los fang an! Ich werde mal besser zu Minalcar gehen und ihn fragen, ob das in Ordnung geht. Der ist heute so gereizt, dass es besser für uns ist, wenn wir nichts falsches tun!«
Damit stand er auf und lachte noch mal böse auf Areros hinab. Grübelnd blieb er noch einen Moment stehen: »Ich kenne dich irgendwo her!«, murmelte er. Irgendetwas kam ihm an dem jungen Mann vor bekannt. Dass es die selben grünen Augen wie die der Frau waren, kam ihm jedoch nicht in den Sinn.
»Daran müsstest du mich aber erinnern«, sagte Areros mit stoßweisem Atem.
»Na du wirst mich schon kennenlernen«, meinte Herumor und beugte sich Areros hinab, dann drückte er dessen Hände brutal in seine Wunde, dass dieser aufschrie. »Du wirst mich gut kennen, bevor es vorbei ist!«
Er stand auf und ging zu Minalcar hinüber.
Bei Minalcar
»Du, Hauptmann … Der Kleine kann doch etwas an dem Bauern üben oder?«, fragte Herumor fast bittend. Dann folgte er Minalcars Blick, der zu Anaaq und Leyron schaute. »Wozu wird der denn versorgt? Auf dieses Mädchen können wir gut und gerne verzichten! Der macht nur Ärger!« Herumor spuckte verächtlich aus.
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Anaaq schmunzelte, was Leyron jedoch von seiner Position aus nicht sah. Während der Südländer seine Tasche holte versuchte Leyron einen Blick darauf zu erhaschen was sich gerade bei Minalcar tat. Anscheinend hatten seine Handlanger den Bogeschützen erwischt, denn vor dem Anführer auf dem Boden lag eine zusammengekauerte Gestalt. Mehr konnte Leyron jedoch von seinem Platz aus nicht erkennen. Er versuchte noch aufzustehen, doch da kam Anaaq bereits wieder und hinderte ihn daran.
„Bleib sitzen, Krieger. Da gibt es nicht viel zu sehen. Minalacar hat den Bogenschützen erwischt und ihn niedergestochen. Wir müssen uns beeilen, die Gegend hier ist unsicher. Halte die Schale fest“ wandte sich Anaaq an Leyron und drückte ihm eine kleine Schale in die Hand in der er aus einer Phiole Alkohol zum desinfizieren goss. Zügig hatte er die Nadel weitestgehend steril gemacht und begann dann auch ohne lange Vorrede damit die erste der schlimmsten Striemen zu nähen.
Leyron zwang sich dazu stillzuhalten und dachte an den Bogenschützen den er nun, da Anaaq sich an seinem Rücken zu schaffen machte, gar nicht mehr sehen konnte. Er kam nicht im Traum darauf dass es Areros sein konnte der dort lag, glaubte er seinen Freund doch bereits mit Aeluin auf dem Weg nach Anthara.
Erst als er einen gequälten Aufschrei vernahm zuckte er zusammen und bereute diese Bewegung sofort, da sich die Nadel bereits tief in die offene Wunde bohrte. Er hörte Anaaq leise fluchen. Irgendetwas ließ die Alarmglocken in Leyron läuten während der Schmerz zischend zwischen seinen Zähnen entwich.
„Wie sieht der Bursche aus Anaaq?“ fragte Leyron. „Mhm…“ antwortete Anaaq der sich auf das Nähen konzentrierte „wie die Bauern hier halt aussehen“ fügte er dann noch an ohne von seiner Arbeit aufzublicken oder sich weiter dafür zu interessieren. Wer so waghalsig war eine Gruppe in der Größe anzugreifen, dann nicht richtig traf und sich noch dazu fangen ließ … dem war beim besten Willen nicht zu helfen.
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Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen.
Lundor hatte weder mitbekommen was weiter mit Leyron, diesem Bastard, geschah, noch dass mittlerweile eine weitere ihm bekannte Person unfreiwillig das Lager betreten hatte. Wie konnte er auch ahnen, dass sich Areros hier in der Nähe aufhielt? Er war von Aeluin schon mehr als überrascht gewesen. Einen Art Familienausflug konnte man das ja wahrlich nicht nennen. Aber Lundor wäre auch nicht in der Lage gewesen irgendetwas zu unternehmen, wenn er dass mit Areros geahnt hätte.
Den Tritt in die Seite nahm der Junge mit einem Seufzen zur Kenntniss. Trotz der Verletzungen, vor allem der gebrochenen Rippe, nahm Herumor keine Rücksicht auf ihn. Doch erst als er bereits wieder mehr oder weniger Stand und Herumor ihm ein paar kräftige Ohrfeigen versetzte, wurde sich Lundor wieder seiner Umwelt bewusst und kehrte zurück aus seinem innersten selbst, in welches er sich zurückgezogen hatte. Seit Gesicht war doch ohnehin schon nur noch eine einzige aufgeschwollene Masse, vor allem sein Auge, auf dem er nichts sah. Aber Herumor war dies sowas von egal.
Lundor spürte, wie ihm Blut die Schläfe herunterlief, denn Haut war dort durch die Spannung und der weiteren Schläge aufgeplatzt, so dass sich dort eine Platzwunde gebildet hatte. Der Junge ignorierte diesen Umstand, denn es war eines der vielen Dinge, welche ihm gerade körperlich und seelisch zu schaffen machten.
Verdutzt starrte Lundor auf das stumpfe Messer in seiner Hand. Was sollte er? Am liebsten hätte er es Herumor zwischen die Rippen gerammt, doch dieser war schon wieder auf und davon. Er faselte noch irgendetwas von Minalcar und Erlaubnis einholen und war schon verschwunden. Lundor konnte sich gerade so mit zitternden Knien auf den Beinen halten, als er seinen Blick auf den Mann schweifen ließ, welcher dort am Baum lehnte und stöhnende Geräusche von sich gab.
Nein! ... So schnell konnte man gar nicht hinschauen, da hatte sich Lundor schon bei dem Mann auf die Knie geschmissen und musterte ihn panisch. „Areros!“ rief er mit erstickender Stimme aus. Die Tränen rannen Lundor ungehalten über das Gesicht, während sie sich mit Blut mischten. Was tat er hier? Warum war Areros hier? Lundor verstand die Welt nicht mehr. Eine tiefe Messerwunde klaffte an dem Bauch seines Bruders. „Oh Vater ...“, schluchzte Lundor und packte sie Hand seines großen Bruders.
Der Knabe überlegte nicht lange und riss sich die ohnehin durch Herumor vorn aufgerissene und durch Lundors eigenes Blut getränkte Tunika vom Leib. Dann riss er Areros Hemd auseinander und drückte den Überrest der Tunika auf die Wunde, in der Hoffnung so irgendetwas zu erreichen. Doch Lundor kannte sich mit Verletzungen nunmal nicht im geringsten aus. Lundors Blut vermischte sich mit dem Blut seines Bruders, während er ihn mit zitternder Stimme ansprach. „Areros? ... Es tut mir leid! Es ...“ Lundor brach ab, denn er konnte wegen des Kloß in seinem Hals nicht weitersprechen. Er hatte seine Schwester verloren, warum nahm man ihm nun auch noch seinen Bruder?