Arendor nickte leicht vor sich hin. Leyron war nicht der Schwiegersohn, den er sich wünschte und er war sich auch nicht sicher, ob Aeluin ihm seine Vergangenheit – sofern Leyron ihr je mehr erzählen würde – verzeihen könnte. Doch Aeluin war ein anderer Mensch, als er selbst, immer für Überraschungen gut. ‚Und wenn sie Leyron liebt, dann verzeiht sie ihm auch.’
„Entschuldige Leyron“, sagte Arendor. „Du hast Recht, man sollte Fremden nicht zu viel von seiner Vergangenheit, seinen Gesinnungen und Gefühlen mitteilen. Zu oft ist der Gegenüber das Vertrauen nicht wert.
Doch dir verschließt nicht mangelndes Vertrauen in mich den Mund. Wahrscheinlich würde ich dich tatsächlich nach deiner Vergangenheit beurteilen. Ich bin auch nur ein Mensch und nicht besser als andere.
Und doch bereue ich nicht, dir von mir erzählt zu haben. Ich erkenne in dir einen Mann, der mein Vertrauen verdient hat. Vielleicht glaube ich auch, dass du der erste Mensch bist, dem ich seit langem begegnet bin und der meine Vergangenheit verstehen kann. Ich fürchte ehrlich gesagt den Tag, wenn sie herauskommt. Was wird meine Familie von mir denken? Wird mir Aelandra verzeihen? Oder meine kleine Aeluin?“
Arendor hielt einen Moment inne. „Du sagtest, dass du keinen Vater hattest, der gut zu dir war. Mein eigener Vater war nur selten da, auch wenn ich wusste, dass er uns Kinder alle mochte. Er starb zeitig und es gab sehr oft Zeiten, wo ich einen Vater brauchte.
Deshalb möchte ich dir anbieten, dass du – ganz egal wie deine Geschichte mit Aeluin weiter gehen wird – immer zu mir kommen kannst, wenn du einen Rat oder jemanden zum Zuhören brauchst.“
Arendor blickte Leyron geradewegs in die Augen. Er war sich nicht sicher, ob Leyron über sein Angebot begeistert sein würde. Vielleicht sah er es als weitere Einmischung in sein Leben, sein Liebensleben an. Doch das war es nicht. Er wollte Leyron tatsächlich helfen. Auch wenn er nicht ganz begriff, warum er es wollte. War es tatsächlich nur das ähnliche Wesen, was sie beide hatten?
Es war weniger das Vertrauen das Arerndor in ihn setzten, sondern das Angebot das er ihm machte, welches Leyron erstaunt aufblicken ließ. Arendors Blick fixierte den seinen. Was wollte der Mann von ihm? Er kannte ihn nicht, er wusste nur dass er offensichtlich ein Krieger war, dass er nicht bereit war über seine Vergangenheit zu sprechen und dass er Interesse an seiner Tochter bekundet hatte. Bestenfalls etwas das er duldete, aber sicher nicht guthieß. Und nun bot Arendor ihm nicht nur sein Vertrauen sondern auch einen Zufluchtsort, von dem er wohl glaubte, dass er ihn einmal würde brauchen können?
Leyron fehlten die Worte. Ein Teil von ihm wollte den Grund hinterfragen, ein weiterer deutete an das Ardendor ihn aushorchen wollte und der nächste flüsterte davon, dass er ihm etwas geben wollte was er nie besessen hatte. Doch was sollte er nur drauf antworten?
Sein Schweigen schien ihm unendlich lange zu dauern. Dann aber begann er leise eine Antwort. "Dein Angebot ehrt mich. Wenn mich auf Deinem Hof niemand loswerden will, dann werde ich solang es geht in Anthara bleiben und mich dran erinnern, dass man mir diese Art Hilfe angeboten hat. Auch wenn ich es jetzt noch nicht annehme..., trotzdem... Danke Arendor..."
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Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen.
Aeluin vergaß Leyron für den Moment. Sie erinnerte sich an den gestrigen Abend und daran, wann sie ihren Bruder das letzte Mal sah. Er wollte Pantia seine Liebe gestehen, aber scheinbar hatte sie ihn abgewiesen.
Sie setzte sich neben Areros auf’s Bett und strich ihm durch sein dunkles Haar.
Areros wollte eigentlich nicht darüber reden. Zu tief saßen der Schmerz und die Schmach, dass er Pantia an einen anderen Mann verloren hatte. Doch mit Aeluin hatte er bisher immer über alles – bis auf seine heimlichen Schwertübungen – reden können. Sie verband ein inniges Band, das vor Jahren bei jener schrecklichen Geschichte noch enger geworden war.
Er holte tief Luft und begann von seinem Versuch Pantia zu finden zu sprechen und der Entdeckung in der Mühle.
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)
Aeluin schloss für einen Moment die Augen. Diese Wendung der Geschichte hatte sie nicht erwartet. Natürlich war Pantia den Männern nicht abgeneigt, aber sie hatte für niemanden bisher ein stärkeres Interesse bekundet. Sie hatte sich Leyron an den Hals geworfen. Doch einen anderen Mann mit so einer Anziehungskraft gab es in Anthara und Umgebung nicht.
„Das tut mir leid, Areros!“ sagte Aeluin leise. „Das hätte ich nie von Pantia gedacht. Sonst hätte ich dir keine Hoffnungen gemacht.“
„Es hat halt nicht sein sollen“ , sagte Areros und wollte aufstehen. Der Raum war ihm plötzlich zu eng geworden. Doch Aeluin hielt in sanft fest.
„Hey“, begann sie. „Weißt du, wer der Mann war?“
Areros schüttelte nur düster den Kopf. Dann berichtete er ihr davon, wie er weggelaufen war und später nur noch das leere Haus vorgefunden hatte.
„Ich verstehe das wirklich nicht, Areros. Pantia ist zwar nicht männerfeindlich, aber … Ich dachte nicht, dass sie für ein schnelles Abenteuer zu haben sei … Sie … Ach Areros, es tut mir so leid für dich!“
Sie umarmte ihren Bruder und versuchte ihm die Liebe zu schenken, die er jetzt brauchte.
Areros blieb sitzen. Einen Moment noch zögerte er, doch dann erzählte er Aeluin auch von seinem Besuch in dem kleinen Dorf und der Frau, die sich ihm ohne zu fragen hingeben wollte. Er schaute Aeluin an, um zu wissen, ob sie sein Handeln missbilligte. Doch zu seinem Erstaunen grinste sie ihn nur an.
„Da siehst du mal wieder, was für ein verführerischer Mann du bist!“ Aeluin musste kichern, als sie Areros sprachloses Gesicht sah.
„Ich dachte, du wärest böse auf mich, dass ich einfach so eine Frau verführen wollte. Ich weiß noch, dass du einmal gesagt hast, dass du solche Männer hasst.“
„Das habe ich?“ fragte Aeluin. Sie konnte sich nicht mehr erinnern. Allerdings sagte sie oft Sachen über Männer, die sie nicht ernst meinte.
„Na bei der Geschichte von Flanda und Trunad. Weißt du nicht mehr?“ Areros fragte sich, warum er sich daran erinnerte und Aleuin nicht.
Aeluin zog zweifelnd die Augenbraue hoch und versuchte sich zu erinnern. „Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern. Doch das war ja auch eine ganz andere Situation. Flanda hatte sich in Trunad verliebt und er hatte sie nach einer Nacht sitzen gelassen. Deine … Freundin konnte sich nun wirklich nicht in dich verliebt haben.“
Die letzten Worte sprach sie zweifelnd aus. Hatte sie sich nicht selbst Hals über Kopf in einen Mann verliebt, von dem sie rein gar nichts wusste. Allerdings wäre es ihr nie im Traum eingefallen, sich sofort von ihm verführen zu lassen. Obwohl sie den Wunsch schon mehr als einmal bei Leyron verspürt hatte.
„Woran denkst du Aeluin?“ fragte Areros seine Schwester, die plötzlich so still geworden war.
Sie ließ einen undefinierbaren Laut heraus und sagte dann: „Ihr Männer könnt manchmal sehr anziehend auf uns wirken.“ Auf ihrem Gesicht machte sich ein schiefes Lächeln breit.
„Wir reden jetzt aber nicht zufällig von einem gewissen Krieger, der seit zwei Tagen hier auf dem Hof ist?“ Areros grinste über das ganze Gesicht, bei der Vorstellung, dass seine Schwester den Wunsch verspürte, sich von Leyron verführen zu lassen. Ausgerechnet Leyron, der ein Krieger durch und durch war.
Aleuins Stöhnen ließ ihn loslachen. „Aeluin“ , rief er. „Wie kannst du dich nur innerhalb so kurzer Zeit so stark verändern?“
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)
Eine Weile noch hatte Lundor zusammen mit seinem Bruder Lendil nach dem Abendessen hinter dem Haus gesessen. Sie machten es sich auf einer Bank bequem und schauten ein paar vereinzelten Schafen beim Grasen zu. Lendil war gestern Abend noch etwas länger auf dem Fest geblieben und hatte mit ein paar anderen jungen Männern ein hier sehr beliebtes Würfelspiel gespielt und dabei über die jungen Frauen des Dorfes disskutiert, wie Lundor jetzt erfuhr. Er war froh, dass zumindest sein kleiner Bruder gestern seinen Spaß hatte.
"Lass uns ein paar Schwertschläge üben!" brachte Lendil seine Bitte vor. Nach dem arbeitsfreien Tag war er wohl nicht ausgelastet genug. Lundor hatte die Beine vor dem Körper angezogen und mit seinen Armen umschlungen. Er sah seinen Bruder von der Seite her an und antwortete ihm: "Nicht heute. Aber wenn du willst hol dein Schwert und ich geb dir ein paar Tipps." Sie hatten nur sehr alte Übungsschwerter, welche ihre besten Zeiten schon hinter sich hatten. Einem richtigen Kampf würden sie wahrscheinlich nicht standhalten.
Er grinste, natürlich konnten die beiden Jungen besser als sonst wer in der Familie mit dem blanken Eisen umgehen, aber untereinander wurde Lendil meist beim Training von Lundor geschlagen. Was vielleicht daran lag, dass Lundor schon früher mit dem Erlernen der Schwertkampf-Technik begonnen hatte als Lendil. Was aber daher rührte, dass er älter war und sich in ihm früher der Wunsch weckte Krieger zu werden. Er hatte seinen kleinen Bruder sozusagen in diesen Fanatismus mit hinein gezogen. Und er war froh einen Gleichgesinnten zu haben, welcher mittleweile seine eigene kämpferische Leistung erreichte, zumindest ansatzweise.
Lendil stürmte davon und kam mit seinem Übungsschwert und ein paar kleinen mit Sand gefüllten Säcken zurück. Diese legte er zu Lundor auf die Bank und nahm auf dem Platz vor ihm Aufstellung. Dieser nahm das erste Säckchen in die Hand und warf ihn in einem kleinen Bogen in Richtung seines Bruders. Natürlich war diese Abwehrübung nicht so effektvoll wie wenn er selbst das Eisen in die Hand genommen hätte.
"Denk an Leyrons Worte gestern. Erkenne das Vorhaben deines Gegners, bevor er seinen Schlag ausführt!" Lendil machte seine Sache gut und wehrte einen Großteil der Sand gefüllten Säcke mit dem Schwert ab.
Lundor nickte anerkennend. "Aber denk an deine rechte Seite, die ist zu oft ungedeckt und steht völlig frei." Wenn der Gegner dies erkannte, würde er schlecht für Lendil ausgehen.
Nachdem die jungen Männer dies öfters wiederholt hatten, ließ sich Lendil wieder neben seinem Bruder auf die Bank sinken. Er seufzte, morgen würde wieder der übliche Alltagsstress auf dem Hof und dem Feld weitergehen. Zu selten hatten sie einen ganzen freien Tag. Lundor empfand das Gleiche. Schon allein der Gedanke war erschreckend. "Ich werde mich zurückziehen für heute." Lundor erhob sich. Obwohl er den ganzen Tag nichts getan hatte, fühlte er sich gerädert und unheimlich müde.
Bei Aeluin und Areros
Er wollte sich auf direktem Wege in sein Zimmer begeben, doch machte er vor Aeluins Zimmer halt, denn die Tür stand offen und er hörte ihre und Areros Stimme von innen heraus dringen. Er konnte nichts verstehen, aber Aeluins Stimme klang gedrückt und traurig. Areros dagegen lachte gerade. Er drückte die Tür einen Spalt weiter auf und sah in die Augen seiner Schwester, welche gar nicht glücklich wirkte.
"Ist was passiert? Ist jemand krank? Gestorben?" Lundor sah von einem zum anderen und nachdem ihm nicht sofort geantwortet wurde, nahm er an, dass es ihn wohl nichts anging und die Beiden unter sich sein wollten. Darum drehte er sich wieder um und nahm er den Türgriff in die Hand um die Tür von außen wieder zu schließen.
„Aeluin ist nur verliebt, Lundor. Weiter nichts“ , rief Areros Lundor zu. „Komm doch herein und überzeuge deine Schwester, dass es kein Weltuntergang ist!“
Die Geschwister hatten unter sich kaum Geheimnisse. In einer so großen Familie war das auch kaum möglich. Zum Glück waren sich alle sehr zugetan und auch wenn sie die eine oder andere Stichelei ertragen mussten, so versuchten sie einander doch gegenseitig zu helfen.
Areros wusste nicht mehr, was er Aeluin raten sollte. Er selbst mochte Leyron gern und fand es nicht im Geringsten schlimm, dass er ein Krieger war. Allerdings konnte er auch Aeluins Furcht verstehen, dass Leyron, sobald er sich verführt hätte, das Interesse an ihr verlor.
‚Vielleicht weiß ja Lundor etwas’, überlegte Areros. ‚Obwohl er bisher auch noch nicht viele Frauen in seiner Umgebung gehabt hat. Muss wohl eine Familienkrankheit sein.’
Areros winkte Lundor ins Zimmer und deutete ihm an, sich ebenfalls auf’s Bett zu setzen, so dass sie Aeluin zwischen sich hätten.
„Oder findest du, dass Leyron kein Mann für Aeluin ist?“ fragte Areros, während Lundor eintrat.
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)
Lundor zog die Augenbrauen hoch. "Verliebt? ... In wen?" Aber die Frage brauchte überhaupt nicht beantwortet werden, denn der junge Mann ahnte schon, um wen es sich handelte. Die ausweichenden Blicke beim Abendessen hatten Bände gesprochen. Seine Schwester verliebt in einen Krieger? Das passte eigentlich überhaupt nicht.
Der Bauernsohn zögerte kurz, als Areros ihn ins Zimmer bat. Lundor sah etwas schüchtern Aeluin an. "Wenn ich darf..." Er war sich nicht so sicher, ob sie ihn nach dem gestrigen Abend überhaupt in ihrer Nähe haben wollte.
Einen kurzen Augenblick später saß er auch schon mit den beiden älteren Geschwistern auf dem Bett.
"Also ich find's toll! Leyron ist super, ... denk ich zumindest. Du bist schon viel zu lang allein, Aeluin!" Viele Frauen in ihrem Alter waren schon längst verheiratet und hatten Kinder. Natürlich war es richtig, dass Lundor noch nicht viel Erfahrungen mit Frauen gehabt hatte. Doch hier und dort hatte er doch seinen Spaß mit den Mädchen gehabt. Also ganz unerfahren war er nicht. Doch die große Liebe war ihm noch nicht über den Weg gelaufen.
Aeluin wusste nicht so recht, ob sie sich zwischen ihren beiden Brüdern wohl oder eher unwohl fühlen sollte. Sie gaben die ihrer Meinung nach falschen Antworten. Beide meinten, dass es eine gute „Entscheidung“ gewesen sei, sich in Leyron zu verlieben. Aeluin war sich jedoch gar nicht sicher. Sie wollte eher, dass ihre Brüder ihr Ratschläge gaben, wie sie Leyron wieder vergessen konnte.
„Ja“ , sagte sie finster. „Für einen kriegsbegeisterten Mann wie dich, ist Leyron ein toller Mann. Aber … Ich … Er würde nie …“ Die Verzweiflung über ihre Hilflosigkeit, die sie übermannte, ließ Aeluin ihren Kopf auf der Brust ihres Bruders Lundor vergraben.
„Lundor, tu doch was.“ Nur schwer konnte man ihre Worte verstehen. „Mach, dass ich wieder normal denken kann.“
Ein wenig überrascht war Lundor doch, als sich Aeluin ihm an die Brust warf und man sie vor lauter Verzweiflung kaum verstehen konnte. Kurz zögerte, legte dann aber seinen Arm um sie und drückte seine Schwester an sich. Er war stolz, dass sie sich persönlich an ihn wandte und seine Meinung doch wirklich gefragt war.
"Ach Lui... du solltest dich freuen, anstatt dich so gehen zu lassen." Er hauchte ihr einen Kuss auf den Kopf und entfernte ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Du kennst ihn doch kaum. Warum gibst du ihm nicht einfach eine Chance?" Lundor warf Areros einen fragenden Blick zu. Der junge Mann wusste nicht, ob er die richtigen Worte wählte und biss auf seiner Unterlippe herum.
Lundor seufzte. Irgendwie konnte er Aeluin nun gar nicht mehr böse wegen gestern Abend sein. Sie war doch seine Schwester und sie so zu sehen traf Lundor ins Herz und tat ihm weh. Da war auch so ein dummer Streit schnell vergessen. Auch wenn er immer noch enttäuscht war und sich schämte, dass er sich danach so hat gehengelassen und seinen Kummer im Alkohol ertränken wollte.
"Vor was fürchtest du dich? Dass er dir weh tut?" Lundors Stimme klang leise und einfühlsam. "Du bist viel zu schön und interessant, als dass dir ein Mann weh tun könnte. Und sollte er es doch wagen, dann hast du ja noch deine Brüder. Die zeigen dem Kerl dann schon wo der Hammer hängt. Nicht wahr?" Die letzte Frage richtete er mit Zuversicht an Areros.
Aeluin konnte nicht anders und musste über Lundors Angebot Leyron zu verprügeln, wenn er ihr weh tat, lächeln.
„Du bist wirklich lieb, Lundor!“ Aeluin beugte sich zu ihrem Bruder und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich wusste schon immer, dass es sich irgendwann mal als nützlich erweisen könnte, dass ich drei Brüder habe. Und nicht nur, um euch auseinander zu treiben, wenn ihr gerade versuchtet, euch umzubringen. Oder euch vor Mutter zu retten, wenn ihr mal wieder den Kuchen stibitzt hattet.“
Aeluin blickte von einem Bruder zum anderen und langsam breitete sich auf ihrem Gesicht ein schelmisches Lächeln aus. Denn es gab noch etwas, wofür gerade Lundor am besten geeignet war und was sie als Kinder immer sehr genossen hatten. Mittlerweile waren sie wohl zu alt.
‚Oder auch nicht?’ dachte Aeluin mit einer großen Vorfreude. ‚Ich probiere es einfach mal aus.’
Ohne Vorwarnung stürzte sie sich auf Lundor und begann ihn durchzukrabbeln. Dieser war zuerst viel zu perplex, dass er nicht auf die Idee kam sich zu wehren.
Areros nickte zustimmend, als Lundor meinte, sie würden mit Leyron ein ernstes Wörtchen reden, wenn er Aeluin weh tun würde. Im Moment schien es ihm zwar unwahrscheinlich, dass Leyron es tun könnte – zumindest nicht mit Absicht. Doch Aeluin war eine komplizierte Frau und sah oft Probleme, wo keine waren. Dabei waren schon genug offensichtliche Probleme da.
Aber er hatte Leyron versprochen, dass er ihm helfen würde. Und das nicht nur, weil er Leyron mochte. Sondern auch, weil er fand, dass er Aeluin gut tun würde. Vielleicht würde er nicht ihr Ehemann werden. Aber damit hatte Lundor auf jeden Fall recht: Aeluin war schon viel zu lange allein.
Areros wollte gerade etwas sagen, als er Aeluins Attacke auf Lundor wahrnahm und vorsichtshalber etwas Abstand nahm. Er selbst war auch kitzlig, aber kein Vergleich zu Lundor und er musste laut lachen, als er sah, wie Lundor sich vor Lachen wand.
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)
Er hatte sich nicht noch einmal nach Marach umgesehen sondern zügig den Weg weiter verfolgt den er eingeschlagen hatte. Die Angst vor Minalcar war groß und er wusste, wenn er keine ausreichenden Informationen bringen würde, dann konnte diese Aufgabe seine letzte sein. Während er unterwegs war huschte sein Blick zwischendurch immer wieder einmal zum Himmel. In der Ferne schien sich ein Unwetter anzukündigen und er hoffte, dass die anderen nicht gerade den Erui überquerten, wenn dieses sich Bahn brechen würde. Aber das hatte ihn jetzt nicht zu interessieren.
Er war eine ganze Weile unterwegs gewesen, als er in der Ferne ein Schilfdickicht entdeckte. Wo Schilf war fand sich im Normalfall auch Wasser, oder zumindest feuchtes Gelände. Meneldil beschloss vorsichtig zu sein und nachdem er noch ein gutes Stück weiter gegangen war fand er sich am Ufer eines Sees wieder, der von Schilf, Weiden und einigen Büschen umgeben war. Vorsichtig lauschte er bevor er weiter ging.
Er hatte noch ein gutes Stück hinter sich gebracht als er von einer Baumgruppe eingefasst den ersten Hof durch das Grün erahnen konnte. Der erste Hof des Dorfes also... Meneldil hielt sich so gut er konnte in der Deckung der Büsche und wandte sich dann nach rechts um sich über den Umfang des Dorfes ein Bild machen zu können und heraus zu finden, wie viele Häuser es umfasste, wie sie lagen und wo sich eventuell die Dinge finden würden, die für sie von Wert sein würden. Je weiter er sich von dem ersten Hof entfernte umso schwieriger wurde es sich in Deckung zu halten. Nach einer ganzen Weile gab er es auf in dieser Richtung weiter zu gehen und stattdessen noch einmal das andere Ende des Dorfes zu erkunden.
Nach einer Weile war er wieder an dem Hof angelangt, an dem er seine Erkundung begonnen hatte und schlich hinter dem Gehöft vorbei um zum nächsten Haus zu gelangen. Als er sich auch aus dieser Richtung ein Bild gemacht hatte beschloss er dass das, was er gesehen hatte reichen musste um einen Plan auszuarbeiten. Er hatte nicht die geringste Lust sich selbst noch weiter der Gefahr der Entdeckung auszusetzen. Langsam um kein Aufsehen zu erregen, falls ihn doch jemand sehen sollte machte er sich wieder auf den Weg zurück zum Fluss.
_________________________________________ Der Chara für alle Fälle …
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Nach dem Abendessen hatte Nirion noch seiner Schwiegermutter beim Abwaschen geholfen. Der junge Mann half gern auf dem Hof, in welchen er hinein geheiratet hatte. Das hier war seine neue Familie und und er liebte jeden einzelnen. Natürlich vergötterte er niemanden so wie Andirana. Als sie mit dem Abwasch abgeschlossen hatten, waren die Kinder bereits frisch gewaschen und im Bett.
Als er an der Tür vorbei kam, in welchem die Kinder schliefen, sah er gerade noch, wie sich ein vor sich hin quakendes Kind selbstständig machte und aus dem kleinen Bettchen kletterte. Schnell war Nirion bei Lereda und nahm sie hoch. "Na Fräulein, wo wollen wir denn hin?" Die Zweijährige lächelte ihn an und er setzte sich mit ihr auf einen Stuhl, welcher neben dem Bettchen stand. "Noch gar nicht müde?" Er versuchte leise zu sprechen, da ihre Geschwister bereits tief und fest schliefen. "Spielen... Spielen..." sagten Lereda. Nirion musste grinsen. Für die Kleine war es wirklich Zeit zu Schlafen und der Raum war auch größtenteils abgedunkelt worden. "Heute nicht mehr..." Er sang ihr ein Schlaflied, während sie sich an ihn kuschelte und letztendlich doch die Augen wieder schloss. Langsam wiegte er sie in dem Stuhl vor und zurück, bis Lereda eingeschlafen war.
Der stolze Vater bemerkte seine Frau erst, als sie sich von hinten herangeschlichen hatte und ihre Arme um seinen Hals schlang. Ein Kuss auf seine Wange folgte. Nirion lächelte und drehte seinen Kopf ein wenig zur Seite um sie im Blickfeld zu haben. "Wie friedlich sie sind, wenn sie schlafen..." Auch Andirana musste lächeln. Sie trat nun vor ihn an das Bettchen. "Wenn du dich kurz von deiner Tochter trennen kannst, würde ich dich bitten noch ein wenig Holz von draußen zu holen." Nirion grinste sie an und übergab ihr das nun schlafende kleine Mädchen. "Ich bin gleich wieder da!" Er drückte ihr noch einen Kuss auf und ging zur Tür. "Soll das eine Drohung sein?" fragte sie hinterher. Erneut lächelte er sie an. "Wie du möchtest... Nicht weglaufen!" Mit diesen Worten war er auch schon aus dem Zimmer und schließlich aus dem Haus verschwunden.
Auf dem Hof
Als Nirion das Haus verlassen hatte, atmete erst kurz einmal tief die frische Luft ein und ging dann zur Stelle neben dem Haus, an welchem das geschlagene Holz gelagert wurde.
Gerade hatte er einen ganzen Packen auf den Arm genommen, als er durch ein Bewegung abgelenkt wurde. Irgendjemand schlich doch zwischen den Höfen herum. Nirion schaute genauer hin, vielleicht war es ja ein Bekannter, welchem man Guten Tag sagen konnte. Doch als er bemerkte, dass es ein ihm völlig unbekannter, fremder Mann war, der dort einfach auf fremden Grundstücken und sehr heimlich und leise spazieren ging, wurde er misstrauisch. Schnell legte er das Holz wieder auf die Seite und versteckte sich hinterm Scheunentor. Als der Fremde sich schließlich in Richtung Erui auf und davon machte, hielt es Nirion nicht länger und er schlich im hinterher.
Immer wieder versteckte er sich hinter Bäumen und versuchte so wenig Geräusche wie möglich zu machen. Was tut dieser Kerl hier und wer ist das...? Nirion mochte diese Geheimnistuerei nicht. Oder war das ein Junge aus dem Nachbarsdorf, der gerade ein paar Felder bestohlen hatte und nun wieder davon eilte, bevor er erwischt wurde? Nirion beschloss ihn auf jeden Fall noch eine zeitlang unaufällig zu folgen.
_________________________________________ Der Chara für alle Fälle …
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Lundor spürte, wie sich seine Schwester unter seinen Armen ein wenig entspannte. Auch konnte er durch seine Worte ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht zaubern. So gefiel sie ihm schon viel besser. Dieser traurige Blick und die Verzweiflung standen ihr nämlich gar nicht gut. Aeluin löste sich aus seinen Armen und der junge Mann konnte ein Art Blitzen in ihren Augen erkennen. Im nächsten Augenblick fiel sie mit ihren Händen auch schon über ihn her. Er war so überrascht von ihrem spontanen Stimmungswechsel, dass er nicht mehr reagieren konnte und sich nach hinten aufs Bett fallen ließ.
Ja, das war eine von Lundors Schwächen. Er reagierte extrem auf Berührungen anderer und somit war er auch besonders kitzlig. Das war schon immer so gewesen und Aeluin wusste dies natürlich auszunutzen. Im Kampf hätte ein Feind wahrscheinlich gute Chancen gegen ihn, wenn er ihn einfach tot kitzelte. Lundor war mehr als perplex, waren sie doch alle erwachsene Leute und erwachsene Leute taten so etwas doch nicht...
Lundor krümmte sich auf dem Bett, ¬versuchte zwischen den Lachkrämpfen noch ein bisschen Luft zu bekommen. "Nein.... hör auf... bitte! ... Areros... tu doch was!...." kam es stockend aus ihm heraus. Doch sein Bruder stand nur daneben und lachte laut beim Anblick der Geschwister. Lundors Bauchmuskeln schmerzten bereits vor Lachen und er hatte das Gefühl jeden Moment ersticken zu müssen.
Seinem schon reichlich überbelasteten und vom Alkohol geschädigten Magen tat das ganze auch nicht wirklich gut. Er hielt es nicht mehr aus und griff nach Aeluins Armen und hielt sie in seinen Händen fest. Seine Arme waren länger und Aeluin hatte kaum die Möglichkeit aus seinem Griff zu fliehen. Lundor standen die Tränen in den Augen und sein Gesicht war rot angelaufen. Die erste Farbe, welche sich heute in seinem blasen Gesicht abbildete. Die Arme fest um Aeluin geschlungen, so dass sie mehr oder weniger auf seinem Schoß saß und sich kaum noch rühren konnte, sah er seinen Bruder auffordernd an.
"Na los Areros, so ein Verhalten muss bestraft werden! Erst was vom großen Kummer und Schmerz vorspielen und dann Das..." Er grinste. Zwar war es nicht angenehm, dass Aeluins Ellenbogen gerade in seinen Magen drückte, aber er hatte nicht vor sie jetzt los zu lassen. "Komm, Bruder, räche mich!"
Areros hielt sich vor Lachen den Bauch. Als er Lundors Aufforderung hörte, wurde sein Lachen leiser und er nahm eine spannungsvolle Haltung ein. Über das ganze Gesicht grinsend blitzten seine grünen Augen Aeluin an.
„Das wagst du nicht Areros!“ Aeluin befand sich in einer auswegslosen Situation. Sie war nicht weniger kitzlig, als Lundor und dieser hatte sie fest im Griff und würde sie nicht so leicht wieder freigeben. Und Areros könnte sie auch nicht einwickeln, wie sie es heute Morgen mit Leyron geschafft hatte. Er war nun einmal ihr Bruder und gegen ihre weiblichen Reize resistent. Er würde auch nicht auf die Unschuldsmasche hereinfallen, denn er wusste ganz genau, dass Aeluin keine schwache Frau war.
„Ich beiße, kratze und trete dich!“ sagte sie mit drohendem Unterton.
Areros Grinsen wurde nur noch breiter. Er zwinkerte Lundor an und meinte: „Ich denke, Aeluin, darauf lasse ich es ankommen.“
Langsam streckte er seine Hände aus. Aeluin fing an zu kichern und rief: „Nein. Bitte nicht!“
Areros lachte laut: „Ich habe dich noch nicht einmal berührt! … Aber das ändere ich jetzt!“ Damit stürzte er sich auf Aeluin und begann sie durchzukrabbeln.
Aeluin hatte nicht gescherzt. Sie wehrte sich mit ihren Beinen, die Lundor nicht eingeklemmt hatte und trat nach Areros. Doch nach einem harten Tritt in dessen Oberschenkel, hielt er mit einer Hand beide Beine fest und kitzelte Aeluin mit der anderen.
Aeluin wand sich wie eine Schlange und Lundor hatte Mühe sie festzuhalten. Doch sie brauchte zu viel Kraft zum Lachen, Wimmern und Tränen vergießen, dass sie nicht genügend Kraft hatte sich aus Lundors hartem Griff zu befreien. Einmal gelang ihr fast die Flucht, als sie Lundor in den Bauch boxte, doch Areros hielt sie ja auch noch fest und Lundor hatte sie fast sofort wieder im Griff.
„Hilfe“ , rief Aeluin erschöpft. „Aufhören… bitte … bitte … ich kann … nicht … mehr!“ Aeluin war heißer und konnte nur noch japsen.
Areros hörte mit dem Krabbeln auf und fragte Lundor außer Atem: „Was meinst du, Lundor. Haben wir dich ausreichend gerächt oder verdient sie noch mehr?“
„Nein“ , fiel Aeluin ein und musste husten. „Ich … kann … wirklich nicht … mehr.“ Sie war ganz außer Atem, als wäre sie mehrere Meilen gerannt.
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)
Lundor hatte wirklich Mühe seine Schwester festzuhalten. Sie wehrte sich aber auch mit allem was sie Aufbringen konnte. Aeluin wand sich unter seinem Griff, welcher eisern stand hielt und Areros musste ein paar Tritte einstecken, bis er schließlich ihre Beine fest hielt.
Die junge Frau lachte, weinte und bettelte gleichzeitig. Doch ihre Brüder waren gnadenlos. Erst als es ihr wirklich zu viel wurde, lockerte Lundor seinen Griff, denn wehtun wollte er ihr ja auch nicht. Außerdem hatte sie erneut empfindlich seinen Magen getroffen.
Die Tränen standen ihr in den Augen so wie zuvor Lundor. Er schaute seine Schwester an und ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. "Geht’s dir jetzt besser?" Erneut angelte er ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
Kurz fiel sein Blick auf Areros, welcher 'noch' verschont worden war. Dann wandte sich Lundor wieder seiner Schwester zu. "Ach Aeluin, es tut mir leid wegen gestern Abend! Ich hoffe du verzeihst mir." Er hatte Dinge gesagt, welche er nicht hätte sagen dürfen und es tat ihm nun aufrichtig leid.
Aeluin kam langsam wieder zu Atem. Sie war tatsächlich aus der Übung. Früher hatte sie sich noch einigermaßen gegen ihre Brüder durchsetzen können. Im Notfall kam immer noch Lugrada oder Andirana, um ihr beizustehen. Andererseits waren ihre Brüder mittlerweile erwachsene Männer, die über deutlich mehr Muskelkraft verfügten, als sie selbst.
‚Eigentlich ungerecht!’ dachte sie.
Sie hörte Lundors Worte, die sie fragten, ob es ihr besser gehe. Sie antwortete nur mit einem Nicken, weil sie befürchtete, dass ihre Brüder abermals über sie herfallen würden, wenn sie behauptete, es wäre gar nicht schlimm gewesen – was auch eine glatte Lüge gewesen wäre.
Kaum hatte Lundor seine Entschuldigung ausgesprochen, hatte Aeluin die Krabbelgeschichte schon wieder vergessen. Sie saß noch immer auf Lundors Schoß, doch nun seitlich, so dass sie in Lundors Augen sehen konnte.
Sie legte ihre Hand sanft auf Lundors Wange, die sie gestern geschlagen hatte, und streichelt sie. Ernst blickte sie in seine Augen und sagte: „Mir tut es nicht weniger leid, was ich getan und gesagt habe. Verzeih mir!“ Sie umschlang den Hals ihres Bruders und drückte ihn fest an sich.
„Ich fürchte einfach den Tag, wenn du uns hier verlässt. Was soll ich ohne dich anfangen? Anthara wird trostlos ohne dich sein!“ sagte Aeluin und leise fügte sie hinzu: „Und ich muss mich jeden Tag um dich sorgen, ob es dir gut geht … wie du allein zurecht kommst … ob du überhaupt noch lebst.“
Sie drückte Lundor noch fester an sich, als befürchte sie, dass es sofort aufbrechen würde. „Kannst du nicht verstehen, dass ich nicht von dir getrennt sein will? Ich liebe dich, Lundor!“
Areros hatte aufgehört, seine Schwester zu krabbeln und nahm vorsichtshalber ein paar Schritte Abstand, damit er nicht das nächste Opfer wurde. Doch dann hörte er, wie sich die beiden sich bei einander entschuldigten und er überlegte, was wohl zwischen den beiden vorgefallen war. Zwar hatte Lundor gestern seine Schwester auf der Tanzfläche nicht erkennen wollen, aber Areros hatte es auf den Alkohol in seinem Blut geschoben.
Scheinbar war es wieder um das leidige Thema gegangen: Lundor wollte unbedingt Soldat werden. Aeluin versuchte ihn mit allen Mitteln, noch ein Weilchen aufzuhalten. Beide wussten genau, dass Lundor früher oder später seinen Wunsch durchsetzen würde. Sie befürchteten, dass der Tag nicht mehr fern sei.
Areros konnte Lundor verstehen. Er selbst war ein guter Kämpfer und der Umgang mit dem Schwert war eine faszinierende Sache. Doch weder Areros, noch Lundor hatten Ahnung, wie der Kampf mit dem Schwert gegen einen echten Gegner sein würde. Wenn die Frage war, wer von beiden überlebt und wer stirbt. Es war weniger die Angst, dass er selbst sterben würde, als die Angst davor, dass ein anderer durch ihn sterben würde und was er dabei fühlen würde.
Doch die Gründe vor dieser Angst lagen Jahre zurück. Lundor hingegen hatte diese Geschichte damals zum Glück nicht miterlebt. Er war einfach ein junger Mann, der im Beruf eines Soldaten ein erstrebenswertes Leben sah. Bestimmt hatte er sich noch keine großen Gedanken gemacht, was ihn da auf einem Schlachtfeld begegnen würde und wie er selbst damit umgehen würde.
‚Dann bräuchte er jemanden wie Aeluin an seiner Seite“ , überlegte Areros. ‚Doch sie ist dann weit weg, wie der Rest der Familie.’
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)
Aeluin schlang ihre Arme um seinen Hals und drückte ihn an sich. Sie entschuldigte sich ebenfalls, aber Lundor konnte ihr gar nicht mehr böse sein. Es war ja auch nicht so dramatisch gewesen, schließlich musste man bedenken, dass Aeluin nun mal wie ein Mädchen zuschlug. Aber das sagte er ihr jetzt nicht offen ins Gesicht.
"Das kann ich ja verstehen, Lui. Nur wäre es schön, wenn ihr meine Wünsche und Träume auch ab und an mal einfach respektieren und akzeptieren könntet." Lundor sah abwechselnd zu Areros und Aeluin, welche immer noch auf seinem Schoß saß. "Ihr gebt mir andauernd das Gefühl ich würde etwas falsch machen, nur wenn ich meine Wünsche äußere."
Er drückte seine Schwester an sich. Es tat gut zu hören, dass sie ihn liebte. Aber hieß es nicht: Liebe ist, jemanden gehen lassen zu können, wenn es auch noch so schwer fällt? "Wenn ich gehe... und ich verspreche dir, dass es nicht gleich jetzt oder Morgen sein wird, bin ich ja nicht aus der Welt. Also mach dir keine Hoffnungen, dass ihr mich ganz loswerdet."
Er grinste sie an. Diese gemeinsame Zeit mit seinen Geschwistern tat ihm sehr gut und er fühlte sich auch schon körperlich ein wenig besser. Auch wenn ihn immer noch Kopfschmerzen und Übelkeit quälten. Aeluin ließ ihn gar nicht los. "Ich lauf dir schon nicht gleich weg... Also drück mich bitte nicht so fest..." Er wusste ja, dass sie es gut meinte.
Areros stand schweigend neben seinen Geschwistern und verfolgte das Schauspiel. "Was ist mir dir?... Bei dir wollt ich mich auch noch entschuldigen... Ich weiß zwar nicht mehr all zu viel, aber ich glaub ich hab dir zu verdanken, dass ich gestern heim gekommen bin. Oder?"
Aeluin konnte sich noch immer nicht von Lundors Hals freimachen. Sie hatte das Gefühl, dass wenn sie ihn erst einmal losgelassen hätte, er sofort weggehen würde.
„Lundor“, sagte sie zu ihm. „Ich … wir werden versuchen uns zu bessern und deinen Wusch Soldat zu werden zu respektieren. Aber ich wünschte, es du würdest dir einen Beruf aussuchen, wo nicht der Tod auf dich wartet – sei es dein eigener oder nur der deiner Kameraden und deiner Feinde.“ Sie machte sich von ihm frei und unterbrach gleich seinen Einwurf. „Schon gut Lundor. Ich höre schon auf. … Brüderchen.“ Sie küsste ihn auf die Stirn und schaute ihn liebvoll an.
Areros wollte eigentlich auf Lundors Frage antworten, doch Aeluin war noch immer nicht fertig. Er erinnerte sich an früher, als Aeluin immer auf Lundor aufpasste. Er war nach seiner Krankheit noch lange Zeit schwach gewesen und Aleuin hatte sich aufopfernd um ihn gekümmert. Zwischen den beiden war so ein enges Band entstanden. Die ewigen Streitereien über Lundors Wunsch Soldat zu werden, hatten es scheinbar nicht zerstören können.
Areros musste lächeln. Lundor zu liebe brauchte Aeluin dringend einen Mann, um sich um ihn zu kümmern. Sonst hätte Lundor nie eine Chance seine Träume zu verwirklichen. Schon deshalb sollte er versuchen, Leyron bei Aeluin zu helfen. Doch jetzt war Leyron nicht da, um Aeluin abzulenken, deshalb musste er seinem Bruder helfen.
„Ja“, sprach er. „Nirion und ich haben dich ins Bett gebracht. Aber noch einmal werde ich das nicht machen. Dann lasse ich dich einfach liegen. Da kannst du mir noch so oft ins Ohr säuseln, dass ich wunderschöne Augen habe.“
Areros hatte die Arme vor der Brust verschränkt und eine ablehnende Haltung eingenommen. Doch seine grünen Augen glitzerten lustig.
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)
Aeluin blickte ungläubig von Lundor zu Areros und wieder zurück. Dann brach sie ein herzerfrischendes Gelächter aus. Sie wandte sich an Lundor und fragte unter lachen: „Du hast ihm gesagt, dass er wunderschöne Augen hat?“ Sie kicherte ihn an, drehte sich wieder zu Areros, stand auf und nahm sein Kinn in ihre Hand, wie sie es am Nachmittag mit Leyrons Kinn getan hatte. Sie blickte ihm tief in die Augen und konnte nur schwer ihr Lachen unterdrücken.
„Ja“ sagte sie mit bemühter Ernsthaftigkeit. „Deine Augen sind wirklich wunderschön. Wärest du nicht mein Bruder, so würde ich mich sofort in dich verlieben – wegen dieser wunderschönen Augen.“
Aeluin betonte das „wunderschön“ besonders schmachtend und klimperte ihren Bruder mit ihren ebenso grünen Augen an.
Areros ließ Aeluins Spott geduldig über sich ergehen. Er hatte kein Problem mit seiner Augenfarbe. So oft sah er sie ja auch nicht. Und bei Aeluin sah sie wirklich ausgesprochen schön aus. Wenn es bei ihm genauso war, fand er darin keinen Makel.
Er blickte über Aeluins Schulter zu Lundor und sagte mit klagendem Ton: „Siehst du, was du angerichtet hast? Jetzt fällt es selbst den dümmsten Frauen auf, dass ich der schönste Mann in Mann in Mittelerde bin.“
Zu Aeluin gewandt sagte Areros: „Sehe ich so aus, als würde ich jedes Weib nehmen, das meine schönen Augen bemerkt? Bei meiner Schönheit nehme ich nur die besten!“
Er sah Aeluins Augen funkeln, auch wenn sie noch immer fröhlich schauten. „Für dich reicht gerade mal ein Krieger. Ich könnte dir einen empfehlen. Er wohnt nebenan im Haus und hat nichts dagegen, wenn du einwenig netter zu ihm bist!“
Seine Schwester verzog nur das Gesicht, sagte aber nichts.
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Und er tötete ihn und wurde zum Verlierer. (Koran)