Überrascht durch Erchirions plötzlichen Ausruf und dadurch, dass dieser auf einmal noch stärker das Seil anzog, hätte Arcuen fast für einen Moment das Gleichgewicht verloren. Gezogen vom Seil machte er einen jähen Schritt nach vorn. Immerhin gelang es dem Waldläufer dabei, durch schnelles Ziehen ein zu starkes Nachgeben des eigenen Seils zu verhindern.

Offenbar war die Trage trotzdem in Schräglage geraten, den Sarion rief ihnen eilig Korrekturbefehle zu und übernahm das Zählen. Dankbar schloss Arcuen die Augen und konzentrierte sich jetzt völlig darauf, sicher stehen zu bleiben und das Tempo Erchirions zu halten.

›Es ist gleich geschafft! Nur noch ein bisschen durchhalten!‹, mahnte er sich und schickte ein Stoßgebet zu den Valar. ›Was auch immer da hinter uns im Gebüsch ist, wir müssen das jetzt durchziehen.‹ Er kam sich unheimlich wehrlos vor, da er beide Hände zum Ziehen brauchte, was allein schon seine ganze Kraft und Konzentration beanspruchte und sich kaum umschauen konnte.

Erchirion war froh darüber, dass Sarion jetzt das Zählen übernahm. Denn dies hatte nochmal zusätzlich Mühe gekostet und durch die leichte Panik, die sich in dem jungen Waldläufer gerade breit machte, wurde das ganze ohnehin zu einer Tortur. Erchirion musste sich zusammenreißen um nicht wirklich schnell anzuziehen. Er musste einfach im gleichen Tempo und Takt wie Arcuen anziehen. Sonst wäre wohl alles umsonst.

Noch etwa zwei Meter, ihr müsstet die Trage langsam sehen. Eins, zwei! ... Gute Worte aus Sarions Mund. Das letzte Stück wurde wirklich nochmal sehr waghalsig. Schließlich musste die Trage über den Klippenrand gezogen werden, ohne dabei zu kippen. Doch sobald sie in Sicht war und Erchirion sie erreichen konnte, stürzte der Waldläufer nach vorn und umklammerte mit seinen Händen die Trage und Costan. Noch ein letztes mal zog er an, dann war der Gefährte auf sicherem Boden. Erchirions Hände aber hatten die Trage noch nicht los gelassen.

„Er ist ... er ist oben!“ rief er vollkommen außer Puste. „Er ist oben!“ Erchirion warf kurz einen Blick auf Costan, welcher die Augen halb geöffnet hatte, aber noch bei Bewusstsein schien. Dann jedoch richtete sich der Waldläufer auf und zog sein Schwert aus der Scheide. Er wollte bereit sein, sollten sie wirklich angegriffen werden. „Arcuen, kümmere dich bitte um Costan. Ich helfe Sarion beim Aufstieg.“ Schließlich hatte Arcuen schon weit mehr Kletterpartien hinter sich als Erchirion und so war es nur gerecht, wenn diese letzte Anstrengung Erchirion übernahm.

„Sarion, ich werfe dir das Seil runter!“ meinte Erchirion, löste eines der Seile von der Trage und warf es hinunter. Er selbst hatte es noch sicher in der Hand. „Wenn du bereit bist, bin ich es auch!“ rief er noch hinterher.

Costan



Costan hatte die ganze Zeit versucht still zu liegen. Auch wenn es ihm ziemlich schwer fiel. Die Kanten, über welche die Trage ab und an schrammte und dann Erchirions Ruf, dass sie womöglich Besuch bekamen, machten das ganze nicht einfacher. Zumal der junge Waldläufer starke Schmerzen hatte. Am liebsten hätte er dann und wann aufgeschrien, konnte es aber verhindern indem er sich selbst in den Arm biss und sich zwang ruhig zu atmen.

Endlich erreichten sie den Klippenrand und Erchirion stürzte zu ihm und zog ihn etwa zwei Meter vom Rand weg. Zwar war Costan noch bei Bewusstsein, aber nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Mit halb offenen Augen und verschleiertem Blick sah er gen Himmel und röchelte leicht. Die Wolken hatte irgendwie etwas beruhigendes, sie tanzten geradewegs am Himmel.

Es dauerte keine Minute mehr, bis Costans Trage über der Klippe verschwand. Sarion atmete erleichtert auf und massierte sich kurz mit einer Hand den Nacken, welcher sich beim Hinaufschauen leicht verspannt hatte. Von oben erklangen Erchirions Jubelrufe, dann das Klirren, als ein Schwert aus der Scheide glitt. Sarion sah beunruhigt nach oben, doch scheinbar bereiteten sich die beiden dort nur auf einen möglichen Angriff vor.

Eine Sekunde später warf Erchirion das Seil nach unten, doch Sarion schüttelte den Kopf. »Mach das Seil an einem Baum fest! Dann schaffe ich das denke ich alleine. Außerdem kann ich dann nicht abstürzen, weil du das Seil los lässt, sollte dich etwas angreifen!«, rief der Ältere hinauf. Und wenn kein Angriff erfolgte, konnte man ihm immer noch helfen, doch so war er wenigstens auf der sicheren Seite... gut, auf der sichereren...

Nachdem der Prinz ihm mitgeteilt hatte, dass alles bereit war, begann er den mühsamen Aufstieg. Genau wie auf dem Hinweg wickelte er sich das Seil um den Körper und zog sich daran langsam aber beständig hinauf, wobei er feststellte, dass er lieber hoch als runter kletterte, denn so konnte man sich den Boden auf dem Weg schon einmal ansehen und Unebenheiten aus dem Weg gehen.

Dankbar, dass Erchirion Sarion beim Aufstieg assistieren würde, kniete sich Arcuen, der inzwischen ebenfalls sein Schwert gezogen hatte, neben Costan nieder. Die Waffe legte er in Reichweite neben sich und blickte sich noch einmal gründlich um.
›Es war wohl doch nur ein größeres Tier, welches durch unsere Rufe aufgeschreckt wurde...‹, dachte er.

Costans Zustand hatte sich verschlechtert. Die Klarheit, die seine Augen eine Zeit lang gewonnen hatten, war nun wieder verschwunden. Er schien teilnahmslos gen Himmel zu blicken, seine Augenlider flatterten.
»Bleib wach, Costan, hörst du?«, sagte Arcuen und schlug ihm zwei Mal locker auf die Wange.
Eilig entfernte er die Gürtel und überlegte, ob er seinen Kameraden gefahrlos in eine sitzende Haltung bringen konnte, als er ein leises Sirren vernahm.

Bevor der Waldläufer reagieren konnte, zischte ein Pfeil knapp ein seiner Schläfe vorbei und bohrte sich neben der Trage in den Boden. Er warf sich zur Seite und wurde so nur knapp von einem zweiten Pfeil verfehlt, der seinen Waffenrock an der Seite durchstieß und so an den Boden nagelte. Arcuen stieß einen Warnruf aus, da Erchirion, der sich völlig auf Sarions Aufstieg konzentrieren musste, sicherlich nichts von dem Angriff mitbekommen hatte.

Er sprang auf, wodurch ein gutes Stück des Waffenrocks riss, griff sein Schwert und warf einen rasch Blick auf die Pfeile. ›Orks! Mindestens zwei.‹, dachte er und überlegte fieberhaft, was er nun tun sollte.
›Wenn ich hier bleibe, stehe ich wie eine Zielscheibe auf dem Präsentierteller, doch wenn ich in Deckung gehe, sind die anderen völlig wehrlos und ungeschützt...‹
Erneut flogen zwei Pfeile heran. Einen konnte er mit viel Glück mit der Klinge abwehren, der andere streifte sein Schulter, richtete aber aufgrund der Lederrüstung keinen Schaden an.

Arcuen sah ein, dass er hier bald mit Pfeilen gespickt sein würde und zog sich hinter einen schmalen Baum zurück, der in der Nähe stand. Glücklicherweise konnte er dabei sogar noch Bogen und Köcher aufsammeln.
›Eine besonders gute Deckung ist das nicht. Aber wenn die Schützen nicht inzwischen ihre Position geändert haben, sollte es einen Moment gehen.‹ Routiniert spannte er den Bogen und legte einen Pfeil auf, in der Hoffnung, dass die Orks ihn momentan als größte Bedrohung ansehen und ihr Feuer nicht auf Costan richten würden.

(Costan überspringen)

Erchirion war ganz froh darüber, dass Sarion den Aufstieg ohne seine Hilfe wagen wollte. Ein Baum war zum einen stabiler und Erchirion würde nicht mehr so nah an die Klippe heran treten müssen. „In Ordnung!“ rief er nach unten und war Sarion das eine Ende vom Seil zu. Das andere befestigte er um einen recht stabilen Baum. Er traut mir nicht ... dachte Erchirion schließlich. Er hat Angst, dass ich ihn los lasse. Erchirion schüttelte den Kopf. Doch womöglich hätte er genauso wie Sarion reagiert.

Während sich Arcuen um Costan kümmerte, blieb Erchirion beim nun gespannten Seil stehen, damit er zur Not doch noch eingreifen konnte. Und so bekam er auch erst gar nichts vom Angriff mit. Erst Arcuens Schrei ließen ihn aufschrecken. Der Prinz brauchte einen Augenblick bis er die Momentanen Gegebenheiten erfassen konnte. Dann jedoch sprang er sofort hinter den Baum, an welchem das Seil befestigt war.

„Sarion, wir werden angegriffen!“ rief er laut. Es war an Sarion zu beurteilen, was er nun tun sollte. Heraufklettern und seinen Kameraden helfen? Oder unten und damit erstmal außer Schussweite bleiben? Dann jedoch bestand die Gefahr, dass er in der Falle saß, sollten Arcuen und Erchirion niedergestreckt werden.

Arcuen hatte sich ebenfalls hinter einem Baum geflüchtet. Nun lag aber Costan frei in der Schussfläche. Allerdings glaube Erchirion nicht, dass diese Orks sich zuerst um den Verwundeten kümmern würden. Wir müssen ihn trotzdem da weg holen! ... dachte Erchirion und überlegte angestrengt „Arcuen! Die Schüsse kommen aus westlicher Richtung! Lenke sie ab!“ rief er und hastete anschließend zu Costan. Er konnte nun keine Rücksicht auf dessen Verletzungen nehmen und so zog er ihn von der Trage herunter und schleifte ihn zu den nächsten Büschen. Ein, zwei Pfeile verfehlten die Beiden nur knapp, dann waren sie in Deckung.

Gerade sich Erchirion schwer atmend aufrichten wollte, hörte er hinter sich ein Geräusch. Der Prinz konnte noch gerade so sein Schwert hochnehmen und schon prallte Stahl auf Stahl. Der eine Ork war zum Nahkampf herangerückt und Erchirion wäre beinahe überrascht worden. Der Waldläufer stolperte kurz zurück, beinahe über seinen verletzten Kameraden. Erchirion sah die Klinge auf sich zukommen und wandte sich gerade weit genug ab um nicht geköpft zu werden. Doch die Schwertspitze ritzte ihm diagonal über die Stirn. Eine nicht schwerwiegende Verletzung, welche aber ziemlich blutete. Dann machte der Prinz kurzen Prozess und rammte dem Ork die Klinge in die Brust, worauf hin dieser röchelnd zusammenbrach.

Sarion begann den mühseligen Aufstieg, nachdem Erchirion ihm mitgeteilt hatte, dass er alles fachgerecht befestigt hatte. Der Ältere hoffte, dass der Prinz nun nicht dachte, dass er ihm nicht trauen würde. Denn dies war keinesfalls so, Sarion dachte lediglich daran, eine potentielle Gefahr auszuschalten. Außerdem war Erchirion so nicht an ihn gebunden und konnte sich selbst verteidigen ohne dabei fürchten zu müssen, dass es seinen Kameraden das Leben kostete.

»Na, super!«, rief Sarion zurück und hielt an einer einigermaßen bequemen Stelle inne. Was sollte er tun? Blieb er hier unten, war er vorerst vielleicht sicher... zumindest wenn dort eben mit Pfeilen geschossen wurde. Sollten Arcuen und Erchirion jedoch fallen, so mussten die Angreifer lediglich das Seil kappen, um ihn in den Tod fallen zu lassen. Hier war er vollkommen wehrlos! Und das störte ihn. Mehr als jede Gefahr von fliegenden Pfeilen, die ihn dort oben erwarten konnte. Also kletterte er weiter und hielt erst vor der Klippe wieder an. »Könnt ihr mir mal zwei Sekunden Deckung geben?«, rief er ins Leere. Doch konnte er nun deutlich das Klirren von Metall hören. Einer von den Beiden musste also in einen Nahkampf verwickelt sein.

Erchirion ging ebenfalls hinter einem Baum in Deckung und rief Arcuen zu, er solle die Schützen ablenken.

Der Waldläufer duckte sich unter einem heranschwirrenden Pfeil hinweg und verließ dann seine Deckung, um so schnell wie möglich zum Gebüsch zu kommen. Hinter ihm versuchte Erchirion, Costan in Sicherheit zu bringen. ›Dass ich ihn so liegen lassen habe, werden sie mir wohl vorwerfen, wenn alles gut gegangen ist. Aber ich hatte keine andere Wahl!‹, dachte er schlechten Gewissens.

Im Dickicht meinte Arcuen, den gedrungenen Umriss eines Orks erkennen zu können. Doch wo war der zweite?
Er erreichte den Waldrand und ging erneut hinter einem Baum in Deckung. Ohne Zweifel hatte der Ork ihn auch gesehen und würde sofort schießen, wenn der Waldläufer nun seine Deckung verließ. Er schloss die Augen und rief sich die Umgebung und die Position des Gegners vor sein geistiges Auge. Da dieser wahrscheinlich nicht an exakt derselben Stelle verharrt hatte, musste sich Arcuen nun völlig auf sein Gehör verlassen.

Da war ein leises Rascheln. Blitzschnell drehte sich der Waldläufer um die eigene Achse und ließ die Sehne zurückzucken.
Dumpf schlug der Körper des Orks auf den Waldboden. Der Pfeil hatte sich durch das linke Auge gebohrt und ihn getötet, bevor hatte schießen können.

Arcuen blickte sich noch einmal nach weiteren Feinden um, dann ließ erleichtert die Waffe sinken und ging zu dem gefallenen Schützen herüber. Angewidert packte er dessen Arm und zog das Scheusal bis zur Klippe.
Erchirion hatte den zweiten Ork, der offenbar irgendwie in ihren Rücken gelangt war, getötet und Sarion war inzwischen auch bei ihnen angekommen. »Tut mir leid, dass ich Costan einfach habe liegen lassen, ich wusste in dem Moment keine andere Möglichkeit.«

Er betrachtete die beiden Leichen. »Wahrscheinlich haben sie die beiden hier gelassen um zu überprüfen, dass sie nicht verfolgt werden... Oder meint ihr, dass noch mehr in der Nähe sein könnten?«

Erchirion sah auf die Leiche hinunter, die nun stinkend vor seinen Füßen lag. Blut tropfte von seiner Stirn auf den Kadaver des Orks. Aber das war nebensächlich. Hauptsache dieses Mistvieh war tot.

Der Waldläufer wirbelte herum, als er hinter sich wieder Schritte vernahm. Doch zu seiner Erleichterung war es nur Arcuen. Und auch Sarion kam nun heran, welcher das letzte Stück der Steilwand rasch erklommen hatte. Arcuen hatte unterdessen den zweiten Ork erlegt.

„Ist schon in Ordnung“, meinte Erchirion, als sich Arcuen wegen Costan entschuldigte. „Du hattest wohl erstmal wirklich keine andere Wahl.“ Im Grunde machte es jetzt keinen Sinn darüber nach zu denken, was sie in Arcuens Situation wohl getan hätten. Es war nun mal passiert und nun waren alle Waldläufer ja auch erstmal in Sicherheit. „Ich hoffe schwer, dass dies die Nachhut war. Ich vermute es aber auch. Sie haben nicht nach Verstärkung gerufen, obwohl sie in der Unterzahl waren. Von daher ...“

Es antwortete Sarion keiner, aber vermutlich hatten seine Kameraden gerade genug damit zu tun, ihr eigenes Leben zu retten und so einfach kein Ohr für seine Wünsche. Nun gut. Also musste Sarion allein zurecht kommen.

Vorsichtig linste er über die Klippe. Er konnte keinen Angreifer ausmachen, doch nicht weit vom Vorsprung entfernt befand sich ein Gebüsch. Wenn er schnell genug war, konnte er sich möglicherweise darunter flüchten, bevor ihn ein Pfeil durchbohrte. Also zog der Waldläufer den Kopf wieder ein, sammelte sich eine Sekunde und zog sich dann mit dem größten Kraftaufwand, den er noch aufbringen konnte, hinauf. Sofort rollte er sich ab und stürzte förmlich ins sichere Geäst. Dort zog er sein Schwert und hielt erneut nach Feinden Ausschau.

Da er aber immer noch keine entdecken konnte, wagte er sich schließlich vor. Er hatte sich erst wenige Meter bewegt, als Arcuen einen Ork heran schleifte, welchem ein Pfeil aus dem linken Auge stak. Der junge Mann beförderte die Bestie zum Rand der Klippe, sodass sie diesen nach eingehender Untersuchung schnellstmöglich außer Sicht und vor allem Nasenweite befördern konnten. Arcuen entschuldigte sich, dass er Costan hatte liegen lassen und Sarion blickte ihn fassungslos an. Er hatte den Verletzten zurück gelassen, welchen sie gerade sehr mühsam geborgen hatten, um seinen Hintern zu retten??!

Bevor der Ältere jedoch mit einer Standpauke beginnen konnte, trat auch Erchirion hinzu, welcher ziemlich wüst aussah. Das Blut rann ihm in Strömen übers Gesicht. Trotzdem fachsimpelte er ungerührt über Orkstrategien... »Wenn sie zu zweit waren, waren sie nicht in der Unterzahl!«, warf Sarion ein, während er zu seinem Rücksack ging und nach Verbandszeug suchte. Schließlich hatte er an der Klippe gehangen und Costan war vielleicht Beute, aber keine Gefahr! Sarion hatte eine Binde gefunden und kehrte mit einem Wasserschlauch zu den anderen zurück.

»Einer von uns sollte sich umsehen, während der andere Erchirion verarztet«, wandte er sich an Arcuen.

Während Erchirion Arcuens Erklärung einigermaßen gelassen hinnahm, schien Sarion sich daran umso mehr zu stören. Der Ältere sagte jedoch nichts dazu.

Schuldbewusst biss sich Arcuen auf die Lippen. ›Jetzt hält mich Sarion für einen Feigling, dem das eigene Leben wichtiger ist als das seiner Kameraden... Aber wenn ich stehen geblieben und getroffen worden wäre, hätten die anderen doch erst recht keine Chance gehabt.‹, dachte er, schwieg jedoch ebenfalls.
Dankbar, dass das Thema schnell gewechselt wurde, erklärte er sich bereit, nach weiteren Feinden Ausschau zu halten. »Auch um Costan sollte sich jemand kümmern, ihm geht es seit dem Aufstieg wieder wesentlich schlechter. Aber die Sicherung der Umgebung hat jetzt sicher Priorität. Zu dumm, dass meine übrigen Verbände beim Seilziehen verbraucht wurden - sie sind völlig durchgescheuert.«

Der Waldläufer schulterte den Bogen und nahm das Schwert in die Hand, dann schlug er sich ins Unterholz.
Es war unschwer zu erkennen, von wo sich die beiden Orks genähert hatten, doch den Spuren war nicht zu entnehmen, dass es mehr als zwei gewesen waren. Die Spur führte nicht weit, offenbar waren die beiden Schützen nach dem ersten Angriff, bei dem Costan gestürzt war, zurückgeblieben und hatten nach der Ankunft von Sarion, Erchirion und Arcuen auf den rechten Zeitpunkt gewartet, um zuzuschlagen.

Costan



Costan hatte zwar nicht viel vom Kampf mitbekommen, doch als Erchirion ihn von der Trage zog und zu einem Busch schleifte, wurde er wieder ein wenig wacher. Die Schmerzen waren der ausschlaggebende Grund dafür. Doch der andere Waldläufer schien keine andere Möglichkeit gehabt zu haben. Costan war mitten im Schußfeld gelegen und so konnte er Erchirion nicht böse sein.

Schnell schienen die zwei Angreifer ausgeschaltet zu sein. Der verletzte Soldat blinselte immer wieder nach oben und sah die drei anderen Männer, welche sich berieten. Erchirion blutete stark aus der Stirn. Aber zum Glück schien die Wunde trotzdem nicht all zu tief.

Zwischen zwei Wimpernschlägen holte Costan tief Luft. Er hatte Angst, wollte nicht alleine sein. Aber dennoch wusste er auch, dass es wohl nicht wirklich gut um ihn stand. Und dass er seine Kollegen ebenfalls in eine große Gefahr brachte. Das hatte man ja eben sehr gut gesehen. Noch einmal holte der Mann tief Luft und hustete, bevor er sprach. "Ihr ... solltet gehen", sprach er leise und mit viel Mühe. "Bringt euch alle in ... in Sicherheit. ... Ihr solltet gehen."

Sarion, welcher ein paar Jahre älter und schon länger hier in Ithilien stationiert war, sah das ganze Maleur mit Costan scheinbar ein wenig anders als Erchirion. Deutlich zeigte es sein Gesichtsausdruck. „Ich würde gerne wissen, wie du reagiert hättest, wenn du fast von Pfeilen durchlöchert worden wärst. Und das ohne jegliche Deckung ...“, brummte Erchirion. Allerdings laut genug, dass Sarion es hören konnte.

Der Kamerad schien dann auch noch die Strategie der Orks besser zu wissen. Aber nun gut. Erchirion zuckte mit den Schultern und hörte sich den Plan an, welchen Sarion nun vorschlug. Einer sollte sich die Umgebung ansehen, während der andere sich um Erchirions Stirn kümmern sollte. „Costan ist, denke ich wichtiger!“ meinte Erchirion. Arcuen meldete sich auch gleich freiwillig um die nahe Umgebung zu erkunden.

Endlich meldet sich auch der verletzte Kamerad wieder zu Wort und was Erchirion da hörte, gefiel ihm gar nichts. „Hör auf mit dem Unsinn, Costan!“ sprach er ihn an und drückte dann sanft die Hand des Kameraden. „Es wird gut werden!“

Erchirion schien Sarions Unmut bemerkt zu haben und maulte halblaut über dessen Haltung. »Zum Beispiel die Trage als Schild genutzt!«, schlug Sarion unwillig vor. Zwar würde diese die Pfeile möglicherweise durchlassen, doch auf jeden Fall würde deren Schlagkraft gemildert sein. Außerdem musste man als Waldläufer immer damit rechnen, dass einem Pfeile um die Ohren schwirrten... obwohl es noch relativ selten vorkam. »Außerdem wusstet ihr von dem Angriff, bevor Costan hier oben ankam. Ihr hättet ihr gleich zwischen die Büsche schleifen können!«, wies er die beiden Jüngeren dann weiter zurecht. Er hatte ja nicht mit dem Thema angefangen, also mussten die nun auch mit der Kritik leben.

Sie beratschlagten kurz, was nun zu tun sei. Natürlich musste sich auch jemand um Costan kümmern, doch im Augenblick war die Sicherung einerseits der Umgebung, andererseits aber auch von Erchirions Kampfkraft wichtig. Costan würde ihnen sowieso nicht helfen können. Erchirion schon, solange er nicht zu viel Blut verlor oder ihm dieses die Sicht nahm, weil es in seien Augen rann. »Gut, sieh dich um, Arcuen. Aber pass auf dich auf! Hast du noch genug Pfeile? Sonst kannst du welche von meinen nehmen!«, stimmte Sarion zu und blickte dann dem Prinzen an. »Dich zu verarzten dauert vielleicht zwei Minuten! Und anschließend bist du wieder relativ kampftauglich. Wenn du noch mehr Blut verlierst, müssen wir dich nachher auch noch tragen!«, erklärte er und nickte zu einem Platz neben Costan, welcher inzwischen wieder einigermaßen klar, jedoch mit Schmerz verzerrtem Gesicht vor sich hin starrte.

Er war sogar in der Lage, etwas zu sagen, auch wenn die Worte stoßweise hervor kamen. Trotz seines Zustandes hielt er sich für Schuldig, dass sie in Gefahr geraden waren. Erchirion begann sofort, ihm dies auszureden und auch Sarion schüttelte den Kopf. »Wenn wir uns in Sicherheit bringen, dann kommst du schön mit!«, erklärte er und lächelte dem jungen Mann aufmunternd zu. Dass sich am Mundwinkel des Verletzten deutliche Blutspuren zeigte, die vermutlich durch das Husten hervor gekommen waren, versuchte er zu übersehen. Es war kein gutes Zeichen... aber warum sollte er Costan damit beunruhigen?!

Da offenbar von keinen weiteren Orks unmittelbare Gefahr drohte, beschloss Arcuen, sich die Spur der restlichen Ungetüme anzuschauen.
Die Schneise aus plattgetrampelten Sträuchern und Gräsern war nicht zu übersehen, allerdings war es schwer auszumachen, wie viele Orks hier hindurch getrampelt waren. Arcuen schätzte ihr Zahl auf höchstens ein Dutzend, ob sie Gefangene hatten, war nicht zu erkennen.

›Es wird Zeit, dass ich zu den anderen zurückkehre. Aber auf jeden Fall sollte jemand die Verfolgung aufnehmen, um etwas über das Schicksal der anderen Waldläufer zu erfahren. Wenn sie Gefangene dabei haben, sollten diese Scheusale nicht allzu schnell voran kommen.‹

Der Waldläufer machte sich auf den Rückweg zur Klippe, entschlossen, diesen Geschehnissen auf den Grund zu gehen und gegebenenfalls seine Kameraden zu rächen.

Costan



Costan schlug die Augen nieder, als die anderen beiden Waldläufer angaben, dass sie ihn sicher nicht hier zurücklassen würden. Einerseits war Costan sehr froh darüber. Andererseits wusste er auch was für eine Belastung er in seiner momentanen Verfassung darstellte. Er lag hier auf dem Boden, Erchirion hatte ihn ja von der Trage herunter gezogen, und er war nicht in der Lage sich groß zu bewegen oder gar zu helfen. Doch wenn sie ihn nun hier ließen, wäre auch seine ganze Rettungsaktion die Klippe hinauf umsonst gewesen.

Und es war natürlich nicht so, dass der verletzte junge Mann das Blut nicht schmeckte, welches sich dann und wann in seinem Mund sammelte. Doch auch er wollte seinen Kameraden hierzu nichts sagen, da auch er die anderen nicht beunruhigen wollte. Schließlich wusste Costan nicht, dass Sarion bereits bescheid wusste.

Costan sah zu Erchirion und brachte dann wieder mühsam ein paar Worte hervor: „Deine ... deine Stirn sollte ... genäht werden.“ Dass er selbst ein paar üble Wunden und auch Knochenbrüche hatte, daran dachte Costan momentan gar nicht. Denn Sarion hatte recht. Es war wichtig, dass Erchirion wieder vollkommen kampffähig war, sollte ein erneuter Angriff stattfinden.

Sarions Standpauke hatte noch nicht geendet. Außerdem wusstet ihr von dem Angriff, bevor Costan hier oben ankam. Ihr hättet ihr gleich zwischen die Büsche schleifen können! ... „Entschuldige, aber ich war nicht derjenige, der ihn hat liegen lassen! Ich habe ihn schließlich in die Büsche gezogen! ... Bei den ersten Schüßen war ich nämlich noch damit beschäftigt DIR hinauf zu helfen!“ verteidigte sich Erchirion und hob abwehrend die Hände. Jetzt konnten sie ohnehin nichts mehr tun. Arcuen hatte den Kameraden in der Schusslinie liegen lassen, aber das ließ sich jetzt nicht mehr ändern. Aber es ärgerte Erchirion sehr, dass Marion sich hier als Mann ohne Fehler auszugeben schien.

Aber jetzt setzte sich Erchirion erstmal an den Platz, zu welchem Sarion genickt hatte. Sollte er ihn doch verarzten, solange es schnell ging. Eine Narbe würde so oder so bleiben. Aber zumindest verlor er dann nicht weiter Blut, welches ihm wirklich in die Augen rann. Allerdings war Erchirion auch ein wenig besorgt darüber, dass ihn dieser Schnitt nun entstellen könnte. Schließlich war er von gutem Aussehen und nicht jede Frau fand Narben attraktiv. Schon gar nicht im Gesicht.

„Mach bitte schnell“, meinte der Prinz zu Sarion. „Und dann müssen wir schauen, wie wir weiter vorgehen.“

»Das hast du auch gut gemacht und die Kritik war auch nicht an dich allein gerichtet, trotzdem warst du ebenfalls daran beteiligt. Und mich traf dort unten keine Gefahr, folglich hättet ihr euch beide erst um Costan kümmern können!«, erklärte Sarion ruhig aber bestimmt. Wenn man auf Dauer gegen die Orks überleben wollte, dann durfte man sich eben keine schweren Fehler erlauben! Auch den Kameraden gegenüber nicht. Und Kameradschaft stand für Sarion ganz oben auf der Liste der wichtigen Eigenschaften eines Kameraden.

Erchirion setzte sich jedoch bereitwillig hin und Sarion begann zuerst das Blut von seiner Stirn zu wischen, damit er die Wunde begutachten konnte. Costan stammelte etwas, dass es wohl genäht werden müsste. »Hm, genährt würde es sicher schneller heilen und eine kleine Narbe geben. Aber heilen tut es wohl auch so. Aber wenn du etwas zum Nähen hast, kann ich es auch nähen....« Das würde er Erchirion überlassen. Schließlich war es nicht unbedingt angenehm, wenn eine Wunde genährt wurde. Und wenn der Prinz mit einer Narbe auf der Stirn leben konnte, so würde Sarion die Wunde einfach so verbinden.

„Jaja, lassen wir das Thema jetzt einfach!“ meinte Erchirion. Sarion hatte seinen Standpunkt klar und deutlich herüber gebracht. Sie alle machten Fehler. Schließlich waren sie noch alle sehr jung, waren noch nicht lange in Ithilien. Da konnte man nicht erwarten, dass alles von vorn herein ohne Fehler ablief. Auch wenn sie schon eine sehr gute und vor allem anstrengende Ausbildung hinter sich hatten.

„Mach was schneller geht!“ meinte Erchirion. Auch wenn er nicht unbedingt mit einer Narbe einverstanden war. So oder so würde allerdings etwas zurück bleiben. Aber der Prinz würde es sich nicht verzeihen können, wenn hier noch irgendwas schlimmes passierte, nur weil sie sich mit so etwas aufhielten. Es war wichtig herauszufinden, ob hier noch weitere Orks wütenden und vor allem Costan in Sicherheit zu bringen. Er bedurfte dringend der Kunst eines Heilers. Die Waldläufer hier konnten zwar erste Hilfe leisten, doch für mehr waren sie nicht ausgebildet.

Während Sarion sich nun Erchirions Stirn annahm, grübelte der Prinz. „Wie gehen wir jetzt weiter vor? Wie bringen wir Costan nach Henneth Annûn? Mit der Trage?“ fragte er Sarion, während er auf den sehr blassen Costan blickte. „Wir sollten versuchen die Brüche irgendwie zu schienen, oder?“ Costans Wunden mussten auch verbunden werden. Zumindest die äußeren, von denen sie wussten. Wie es in diesem Mann gerade aussah, darüber wollte Erchirion gerade gar nicht nachdenken.

(Costan überspringen)

Sie schoben das Streitthema zur Seite und Sarion machte sich daran, Erchirions Verletzung zu verbinden. »Schneller geht es natürlich, wenn ich es einfach nur verbinde«, erklärte er und trennte ein Stück von der Binde ab, welche er als Lappen auf den Schnitt legte, nachdem er diesen und dessen Umgebung einigermaßen vom Blut gereinigt hatte. So musste nur ein Stück Stoff ausgewechselt werden, nicht aber ständig der ganze Verband. Diesen schlang Sarion nun um den Kopf des Prinzen und knotete schließlich das Ende fest. »SO. Das sieht jetzt total schick aus, aber ich kann es nicht ändern. Vielleicht kannst du eine Weile fest auf die Wunde drücken, dann hört es schneller auf zu bluten«, meinte er dann und erhob sich.

»Ja, wir sollten uns um Costan kümmern, bis Arcuen zurück ist. Aber wir müssen wachsam sein! Wenn wir alle wieder zusammen sind und vor allem Arcuens Erkenntnisse kennen, können wir besser entscheiden, was zu tun ist, denke ich. Aber ohne Trage werden wir ihn wohl nicht transportieren können«, überlegte der Ältere laut und zog seinen Umhang aus. Daraus konnten sie Verbände schneiden, um Costan zu verarzten. »Möchtest du noch etwas trinken, Costan?«, fragte er den Verletzten.

Mit Costan



Erchirion hielt still, während Sarion seinen Kopf verband. Es sah wohl schlimmer aus als es war und die Schmerzen konnte man verkraften. Das größte Übel war, dass es so stark blutete und sie deshalb nun aufgehalten wurden. Aber immer noch besser eine solche Schnittverletzung als einen
Kopf weniger. Beinahe hätte es der Ork ja geschafft ihn zu köpfen. Doch Erchirion hatte sich gerade noch ducken können.

Als Sarion fertig war, presste sich Erchirion wie vorgeschlagen die Hand auf den Verband, damit die Blutung schneller gestillt wurde. Fürstliches Blut ... wer will nochmal, wer hat noch nicht? ... Aber nach diesen Gedanken konzentrierte sich Erchirion sofort wieder auf Sarion und vor allem auf Costan, welcher nun gefragt wurde, ob er noch etwas trinken wollte.

Costan schüttelte langsam den Kopf. "Ich ... bin so ... müde", meinte er nur leise. "Ich will nur ... schlafen." Erchirion nahm Costans Hand und zog dort kurz die Haut mit den Fingerspritzen nach oben. Als diese sich nicht sofort beim Lösen zurückzog, schüttelte daraufhin nun Erchirion
den Kopf. "Du bist ganz ausgetrocknet, Junge! Du musst trinken!" Dann sah der Prinz zu Sarion. "Haben wir irgendwelche Kräuter dabei? Etwas gegen die Schmerzen oder gegen Fieber? Entzündungshemmer?" Erchirion zuckte mit den Schultern.

Als Arcuen zurück zur Klippe kam, war Erchirion bereits fertig versorgt, man kümmerte sich jetzt um Costan.
»Ihr seht hinreißend aus, Prinz!«, sagte er grinsend und fügte dann ernster hinzu: »Die Umgebung scheint sicher zu sein. Wie viele Orks sonst hier waren, lässt sich nicht genau sagen. Ich schätze ihre Zahl auf allerhöchstens ein Dutzend. Auch wenn Costans Versorgung jetzt Vorrang hat, bin ich der Meinung, dass jemand sie verfolgen sollte. Wir können unseren anderen Kameraden doch auch nicht ihrem Schicksal überlassen!«

Von dem, was Erchirion zu Sarion gesagt hatte, bekam er nur die letzten Worte mit. Aber etwas in der Art hatte er nicht dabei und auch nicht wirklich eine Ahnung, wie man mit den einzelnen Kräutern umgehen sollte.
Der Waldläufer sammelte die beiden Teile seines Umhangs auf und verstaute sie im Gepäck. Für ein Reparatur war später Zeit.

Sarion seufzte und hockte sich dann neben den Verletzten. »Kannst du mir einen großen Gefallen tun, Costan? Kannst du versuchen nicht einzuschlafen?!«, fragte er freundlich und mit einem aufmunternden Tonfall in der Stimme. Costan brachte zwar die Ruhe, doch Sarion fürchtete ein wenig, dass er nicht mehr aufwachte, wenn er erst einmal die Besinnung wieder verloren hatte.

Erchirion hatte inzwischen geprüft, ob es dem Verletzten an Wasser mangelte. Sarion nickte nur stumm und holte seinen Wasserschlauch herbei. »Komm, Costan. Wenigstens ein paar Schlucke!«, forderte er den jungen Mann auf und setzte ihm den Schlauch an die Lippen. Während Costan trank, wandte Sarion das Wort an den Prinzen. »Also ich habe nur eine Salbe dabei, die man auf frische Wunden streicht. Wir könnten versuchen, irgendwo Heilpflanzen zu finden, doch zu der Jahreszeit... und das Fieber sollten wir nur behandeln, wenn es zu stark wird. Schließlich ist es nur eine Folge, nicht aber die Ursache!«, überlegte er dann. Hätte er damit gerechnet einen Schwerverletzten zu finden, dann hätte er natürlich eine umfangreiche Heilapotheke eingepackt... doch meist waren es nur kleine Verletzungen, die man auf so einer Erkundungstour versorgen musste - wenn überhaupt!

Nach einigen Minuten kam Arcuen zurück und konnte es sich nicht nehmen, dem Prinzen ein "Kompliment" zu seinem Kopfschmuck zu geben. Sarion grinste.
Dann lauschte er dem Bericht und nickte. »Was haltet ihr davon, wenn einer von uns Verstärkung holen geht? Für eine Verfolgung sind wir meiner Meinung nach zu wenige! Außerdem muss Costan fachmännisch versorgt werden«, schlug er vor und sah von einem seiner Kameraden zum nächsten.

Mit Costan



Erchirion knurrte geradezu, als er Arcuens Kompliment vernahm. Er wusste ja, dass er albern aussah. Das musste sein Kamerad ihn nicht auf diese Weise unter die Nase reichen. „Willst du auch einen Verband?“ fragte Erchirion zurück. „Das kann ich gerne übernehmen.“ Doch Arcuen berichtete nun erstmal über die nahen Gegebenheiten. Scheinbar schien alles ruhig zu sein. Auch Feinde waren nicht mehr zu sehen. Erleichtert atmete Erchirion auf. „Das ist gut. Das sind gute Neuigkeiten, Arcuen!“

Doch wies sie der junge Mann auch darauf hin, dass ja noch zwei weitere Waldläufer verschollen waren. Diese mussten unbedingt gesucht werden. Wenn die Orks sie verschleppt hatten ... Erchirion wollte gar nicht daran denken. Machten diese Kreaturen überhaupt Gefangene?

Sarion hatte unterdessen Costan dazu gebracht, wenigstens ein paar Schluck Wasser zu sich zu nehmen. Es war sehr wichtig, damit er seine Kräfte nicht noch weiter einbüßte. Aber Erchirion konnte sich auch vorstellen, wie schlecht es dem Kameraden ging und wie wenig Lust man da auch hatte bei Bewusstsein zu bleiben, wenn einem die Schmerzen doch fast verrückt machten.

„Deine Idee finde ich nicht schlecht, Sarion. Wer von uns soll gehen?“ Da Sarion der älteste unter ihnen war, schien es irgendwie angebracht, wenn er hier die wichtigsten Entscheidungen traf. Zumindest momentan.

Leise meldete sich Costan wieder zu Wort, nachdem er ein paar Schlücke getrunken hatte. Er wirkte sehr blass und Erchirion strich ihm mit dem Finger sachte über die Hand. „Serepin ... und Septus ... sind tot“, sprach der Verletzte leise. „Sie starben ... noch bevor ich ... über die Klippe gestürzt bin ...“ Costan schlug die Augen nieder. „Ihr müsst euch ... keine Mühe machen ... die zu ... verfolgen.“ Deutlich konnte man sehen wie sehr es den jungen Mann anstrengte zu sprechen.

Ihre Überlegungen wurden relativiert, als Costan vom Tod der anderen Waldläufer berichtete. Betretene Still kehrte ein, doch Arcuen spürte plötzlich, wie der Jähzörn in ihm hochkochte. Er ballte die freie Hand zur Faust, dass die Knöchel hervortraten und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Dann warf er mit einem lauten Wutschrei das Schwert von sich.

Zitternd blieb die Klinge im feuchten Boden stecken. Wieder einmal übermannte den jungen Dunedain der Hass auf die Diener Saurons, die ebenfalls die Schuld am Tode seines Vaters trugen: »Dann gehören sie umso mehr bestraft! Ich... hol mir den Kopf von jedem einzelnen dieser schwarzhäutigen Bastarde!« Im Zorn trat er einen großen Stein die Klippe hinunter - der dadurch entstandene Schmerz und die Erschöpfung ließen ihn wieder zur Besinnung kommen.
Warum drangen Orks bis weit nach Ithlien vor, um ein paar Waldläufer anzugreifen und diese zu töten, anstatt gefangen zu nehmen um durch sie Informationen zu gewinnen? ›Das ist absurd. Aber jemand muss den Grund herausfinden, also müssen wir uns wohl oder übel aufteilen.‹

Er teilte seine Gedanken den anderen Waldläufern mit und erklärte sich bereit, selbst die Verfolgung aufzunehmen.