Sarion nickte müde, als Arcuen fragte, ob sie nun gewonnen hatten. »Ja, haben wir wohl. Trotzdem schmeckt der Sieg bitter!«, antwortete er und sah sich um. Überall lagen Kadaver herum, denen nach und nach die Waffen abgenommen wurden. Es würde eine ganze Menge zu tragen geben! Ein Karren wäre schön, doch vermutlich würde es zu lange dauern, einen zu beschaffen.
Auf die Frage des Jüngeren hin nickte Sarion erneut. »Es geht schon«, gab er zurück, obwohl er immer noch Calderon vor sich sah, dessen Blut unaufhaltsam durch seine Finger pulsierte, egal wie fest er zudrückte. Doch würde er sich von diesem Schrecken überwältigen lassen, hätte der Feind auch etwas gewonnen.
Nicht viel später ertönte Madrils Befehl, dass sie sich bereitmachen sollten. Sarion seufzte. Er fühlte sich innerlich erschöpft und war nicht sonderlich erpicht darauf, nun noch meilenweit zu laufen. Trotzdem stand er auf und rief seine sieben Männer zu sich. Von ihnen waren zwei leicht verwundet und einer gefallen. Die verbliebenen teilten sich auf, um den toten Kameraden zurück zu tragen. »Wir sollten Tragen bauen«, meinte Sarion. Darin hatten sie ja inzwischen Übung. Die anderen bündelten inzwischen die Waffen ihrer gefallenen Gegner.
Arcuen bewunderte die Abgebrühtheit seines älteren Kameraden, der zumindest nach Außen einigermaßen gefasst wirkte. Sicherlich hatte Sarion schon einige Kämpfe erlebt, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass man sich jemals an den Anblick von Leichen gewöhnen könnte.
Die Ruhe, die für einen Moment eingekehrt war, war ihnen nicht lange vergönnt. Es gab viel zu tun! Auf den Befehl Sarions hin stand Arcuen stöhnend auf und für einen Moment drohte ihm Schwarz vor Augen zu werden. Ihm war klar, dass er fast am Ende seiner Kräfte war, doch nun war keine Zeit für Schwächeleien!
Der Dunadan half einem anderen Mann seines Trupps, der sich ihm als Pergin vorgestellt hatte, die Waffen ihrer Feinde einzusammeln und in etwas handlichere Bündel zu verschnüren. Dabei staunte er nicht schlecht, was für Zeug dieser Abschaum als Waffe mit sich führte: klobige Kurzschwerter mit schartigen Klingen, knarzende Bögen mit Pfeilen, die eher an Armbrustbolzen erinnerten und stumpfe Scimitare. Und doch reichten sie aus um zu töten. Während sie die Waffen aufklaubten, redete Pergin ununterbrochen über den Kampf und was sie wohl als nächstes tun würden - offenbar seine Art, mit der beklemmenden Situation umzugehen. Arcuen antwortete nur sporadisch und war froh, als sie endlich das letzte Paket fertig hatten.
Auf seinen Befehl zum Bereitmachen hin wurden Tragen gebaut und die Waffen der Orks zu Bündel verschnürt. Schließlich wurden die Leichen der Gefallenen auf die Tragen gelegt. Als alle bereit zum Abmarsch waren, ging Madril durch die Reihen der Männer.
"Wir gehen zum Stützpunkt zurück", sagte er. "Jede Gruppe bleibt in Sicht- und Hörweite der anderen. Wir marschieren enger zusammen als auf dem Weg hierher. Denkt auch daran, dass ihr euch beim Tragen abwechselt! Achtet darauf, dass niemand zurückfällt! Und meldet euch rechtzeitig, bevor ihr vor Erschöpfung umkippt!" Es waren einige junge Soldaten in der Truppe, die es noch nicht gerwohnt waren, nach einem harten Kampf noch lange zu marschieren, daher sprach Madril diese Worte.
Dann ging er an die Spitze der Truppe. "Abmarsch!" befahl er und ging los.
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Als Madril ihnen befahl, sich zum Aufbruch bereit zu machen, erhoben Sarion und Arcuen sich und Sarion fasste den Jüngeren kurz am Arm, als dieser schwankte. »Trink etwas, Arcuen!«, wies er ihn an. »Und etwas im Bauch schadet auch nicht, falls du es herunter bekommst«, fügte er dann hinzu und sah ihn ernst an. Er konnte gut verstehen, wenn man im Augenblick keinen Bissen zu essen vermochte, ihm selbst ging es nicht anders. Doch sie konnten nicht noch jemanden gebrauchen, den sie tragen mussten.
Schließlich machte er sich mit einem Kameraden daran, eine Trage zu bauen, worauf sie schließlich den Gefallenen betteten. Seinen Umhang breiteten sie über ihn und ein Mann faltete ihm die Hände um das Heft seines Schwertes, während ihm stille Tränen über die Wangen rannen. Sarion legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Er hat tapfer gekämpft!«, sagte er, obwohl er wusste, dass dies den Mann kaum aufmuntern würde. Doch was sagte man einem Mann, der einen Freund verloren hatte?
Wenig später waren alle Waffen eingesammelt, alle Toten und schwer Verwundeten auf Baren gebettet und die Gruppen lauschten Madrils Befehl. Als dieser geendet und den Abmarsch befohlen hatte, nahm Sarion sein Waffenbündel auf, das er zuerst tragen würde und setzte sich mit seiner Gruppe nach Falmirs in Bewegung. Die Männer schwiegen größtenteils und versanken in ihren eigenen Gedanken und selbst diejenigen, die bisher mit vielen Worten das Erlebnis zu verdrängen versucht hatten, wurden langsam stiller.
Arcuen folgte Sarions Ratschlag und trank. Jetzt, wo sein Adrenalinspiegel sich langsam wieder dem Normalzustand näherte, merkte er wie durstig und hungrig er war. Doch Madril ließ ihnen keine Pause, was ihm auch keiner der Rekruten verübelte: Keiner wollte an diesem furchtbaren Ort bleiben!
Er schulterte eines der Waffenbündel, sammelte seine übrigen Sachen zusammen und machte sich dann mit den übrigen Männern aus Sarions Trupp auf den Weg. Sie gingen schweigend, doch diesmal war es kein gespanntes Schweigen, dass aus der Unsicherheit über das, was sie erwartete, resultierte, sondern ein gedrücktes, trauriges Schweigen. ›Daran wirst du dich gewöhnen müssen. So gut es geht...‹, sagte er sich.
Erstaunlicherweise kamen sie gut voran- bekanntermaßen dauert der Rückweg ja immer kürzer als der Hinweg. Jeder ging seinen eigenen, düsteren Gedanken nach oder konzentrierte sich allein darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Arcuen musste an Erchirion denken, der sicherlich den ganzen Tag fluchend damit verbracht hatte, das Wildschwein zu verarbeiten. Vielleicht hätte dieser Ausflug dem Prinzen mal ganz gut getan und er seine Arroganz ein Stück weit abgeschüttelt. Trotzdem huschte Arcuen bei dem Gedanken hat den gleichaltrigen Kameraden ein Lächeln über die Lippen. Er wünschte niemandem, so etwas zu erleben.
Anfangs kamen sie gut voran, während sie schweigend in westlicher Richtung durch die Wälder schritten. Die Männer wollten fort vom Ort des Kampfes, fort von den stinkenden Kadavern der Orks. Madril ging zunächst voran, doch nach einiger Zeit ließ er sich zurückfallen, um zu schauen, wie es den Männern ging und ob sie das Tragen und Marschieren nicht zu sehr anstrengte.
Mittlerweile war es ein klarer Herbsttag und man konnte sehen, wie die Sonne vom Süden allmählich in den Westen wanderte. Als Madril das Gefühl hatte, das die Truppe sich verlangsamte und die Gesichter der Waldläufer erschöpfter wirkten als zuvor, befahl er: "Halt! Wir rasten!"
Die Männer blieben stehen und stellten die Tragen ab. Madril winkte Belegor zu sich und sagte: "Geh mit fünf Mann ein Stück nach Osten zurück! Ich will sicher gehen, dass uns niemand folgt." Nachdem er den Spähtrupp losgeschickt hatte, sah Madril nach den rastenden Männern. "Wie geht es dir und deinen Männern?" fragte er Sarion.
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Schweigend stapften sie durch den Wald. Da sie nun nicht mehr so leise voran schlichen wie auf dem Hinweg, kamen sie auch recht zügig voran, obwohl natürlich die Verwundeten und Gefallenen, die getragen werden mussten, das Tempo verlangsamten. Regelmäßig wechselten die Männer sich mit dem Tragen ab, sodass niemand sich überanstrengte.
Nach einer Weile ließ Madril sie Halten und Sarion beauftragte einen seiner Männer, die Verwundeten mit Wasser zu versorgen, während er selbst seine Gruppe nach ihrem Befinden befragte. Sie waren müde, doch zäh genug, um nicht schlapp zu machen. Auch die Verwundeten waren in keiner kritischen Verfassung.
Als Sarion sich gerade gesetzt hatte, um ebenfalls einen Schluck zu trinken, kam Madril zu ihm und fragte nach ihm und seinen Männern. »Den Umständen entsprechend. Wir wollen nach Hause und freuen uns wohl auf einen guten Humpen Met und ein Stück Wildschwein«, antwortete er ehrlich und lächelte den Hauptmann müde an. Gestern hatte Erchirion ja eine Rüge für sein vorschnelles Handeln erhalten, doch heute würde er wohl einige dankbare Schläge auf die Schultern ertragen müssen!
Nach einer Weile befahl Hauptmann Madril eine kurze Rast. Arcuen wäre am liebsten einfach weitergegangen, bis sie in Henneth Annun ankamen, obwohl er völlig erschöpft war. Es fiel ihm nach den Vorfällen der letzten Tage schwer, der scheinbar gebannten Gefahr und dem damit einhergehenden kurzzeitigen Frieden zu trauen. Er legte das Waffenbündel ab und setzte sich zu Füßen eines Baumes hin, dessen Stamm ihm als Rückenlehne diente. Obwohl der Boden von Wurzeln durchzogen und die Baumrinde uneben und hart war, kam es ihm bequemer vor, als jedes Bett, in das er sich je gelegt hatte. Obwohl ihm bewusst war, dass es nicht sehr klug war, schloss Arcuen einen Moment die Augen.
Mit einem Mal musste er an seinen Vater denken. Wenn er ehrlich war, konnte er sich kaum an ihn erinnern und sah Arcuelans Gesicht nur schemenhaft vor sich - immerhin war er erst vier Jahre alt gewesen, als das Unglück passiert war. Und doch kam manchmal die Wut, die er seit diesem Tag spürte, in ihm durch. Ob es den Kindern der heute verstorbenen auch so gehen würde? Irgendwie war es wenig heldenhaft, in so einem dunklen, nassen Wald von irgendeinem Scheusal getötet zu werden.
Der Waldläufer erhob sich und lief eine Weile auf und ab, um seinen finsteren Gedanken zu entkommen. Wenn sie erst einmal zurück waren, erwartete sie ein vernünftiges Essen und ein vernünftiger Schluck zu trinken und vielleicht etwas Ablenkung von dem, was hinter ihnen lag. Sogar die Gesellschaft Erchirions war der schimpfender Verwundeter und niedergeschlagener, abgekämpfter Rekruten vorzuziehen.
Sarion ging es wie den meisten Kameraden: Sie wollten zurück nach Henneth Annûn und sich stärken. "Fürwahr", sagte Madril, "mir geht es genauso. Wir gehen in Kürze weiter." Er trank einen Schluck Wasser.
Nachdem die Späher zurückkamen und meldeten, dass auch weiterhin keine Orks in der Nähe waren, rief Madril: "Es geht weiter!"
Die Männer erhoben sich, nahmen ihre Lasten wieder auf und reihten sich in ihre Gruppen ein, um weiter zu marschieren. Sie kamen nach der Rast etwas schneller voran, während der Nachmittag verging. Als die Sonne schon tief im Westen stand, hörten sie endlich das vertraute Rauschen des Wasserfalls von Henneth Annûn. Kurz darauf kamen ihnen zwischen den Bäumen freudig zwei Wachtposten entgegen und begrüßten sie.
tbc: Höhlen
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