Anaaq hatte keine all zu ruhige Nacht verbracht und war, noch bevor die Sonne wirklich aufgegangen war, wieder auf den Beinen gewesen.
Es wunderte ihn kaum, dass Minalcar etwas gegen Feredirs Esel einzuwenden hatte. Aber im Augenblick war es vermutlich wirklich besser, wenn Feredir nicht durch die Krücken aufgehalten wurde.
Nachdem Minalcar die Sache mit dem Grautier geschluckt hatte durfte er sich gleich dem nächsten Problem zuwenden, als ein paar der Männer wegen der Vorräte aneinander gerieten.

Ohne zu Zögern folgte der Haradan dem Anführer in das Bauernhaus nur um die Ursache für den Streit zu erfahren. Es ging um eine fettige Seite Speck um die sich ein paar der Männer zankten.
Da er mit so fetter Nahrung nicht wirklich etwas anfangen konnte schüttelte er innerlich den Kopf.
›Um was die Kerle immer wieder streiten können. Als ob sich nicht bisher immer für jeden was gefunden hätte.‹

Auch diesmal schaffte Minalcar es, die Männer soweit zu bringen, dass es nicht zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung kam.
Da er keine Lust hatte, Minalcar noch mehr zu verärgern hielt sich Anaaq zurück. Dennoch beschloss er für sich, dass es besser wäre selbst auch noch zu sehen, was von den Vorräten überhaupt noch da war und was ihm davon taugen würde.
Als Minalcar den drei Streithähnen den unmissverständlichen Befehl gab, das Haus zu verlassen wartete der Haradan darauf, bis diese sich getrollt hatten. Erst dann wandte er sich an den Anführer.
»Ich habe keine gutes Gefühl bei den dreien. Als ob wir mit diesem Elben nicht schon genug zu tun hätten. Wobei ich mir in dem Fall -ohne den Elben- die größeren Sorgen um Marach mache. Er wird das nicht auf sich sitzen lassen...«

Er folgte Minalcar, als dieser nun ebenfalls aus dem Haus trat und hielt dabei Marach ein wenig genauer im Auge, der als letzter von den Streithähnenm gemeinsam mit ihnen das Bauernhaus verließ.
›Ich kann ich immer noch kucken, was die anderen über gelassen haben. Und wenn nichts taugliches mehr da ist, dann werd ich auch so klar kommen.‹

Minalcar war sehr verärgert, als er das Haus verließ. Dieser Streit zwischen seinen Leuten hatte ihm gerade noch gefehlt. Er konnte den Unmut der Männer einigermaßen nachvollziehen, denn sie trauerten im Grunde immer noch der fetten Beute nach, die ihnen in Anthara entgangen war. Und jetzt ließen sie ihren Ärger heraus, indem sie sich hier wegen Kleinigkeiten fast an die Kehle gingen.

»Laßt uns endlich aufbrechen!«, rief er draußen mürrisch den Männern zu.

Er blickte mißmutig auf Feredir, der sich gerade auf den Esel setzte, und zuckte seufzend mit den Achseln. Der Esel war inzwischen noch das kleinste Übel. Mit Grausen dachte er an eine mögliche Rückkehr des Elben und an eine Eskalation des Streites zwischen den Männern. Er musste Marach und die zwei Rohirrim fern voneinander halten. Daher rief er Marach zu sich.

»Du läufst in meiner Nähe, verstanden?«, herrschte er den Rothaarigen streng an.

Langsam setzte sich die kleine Truppe in Bewegung und das ausgeraubte Bauernhaus und die Schafweide verschwanden zwischen den Bäumen.

Feredir und der Esel waren längst marschbereit, als Minalcar wieder aus dem Haus kam. Was sich dort drinnen ereignet hatte, vermochte er sich lediglich in Ansätzen vorzustellen. Denn man hatte sehr wohl die lauten Stimmen gehört, jedoch hatte Feredir nicht auf das geachtet, was gesagt worden war.

Anhand der Mienen derer, die das Haus dann verließen, erkannte er dann allerdings, dass es besser wäre, nicht danach zu fragen.
Ohnehin war ihr Anführer schon allein wegen des Esels nicht besonders gut auf ihn zu sprechen.

Feredir nutzte den Holzklotz aus dem Holzschober, um auf das Tier und dessen Packsattel zu klettern. Es war hinreichend bequem ... allerdings nicht besonders. Und er begann sich zu fragen, ob es den Ärger wirklich wert war.
Nachdem Minalcar allerdings wieder ein ordentliches Marschtempo aufgenommen hatte und der Rest des Trupps ihm mehr oder minder flott folgte, da gab er sich selbst zu, dass er wirklich einfach keine andere Wahl hatte. Also ergab er sich in sein Schicksal und schloss sich den Vorauslaufenden an, denen der Esel zunächst ein wenig widerwillig, dann jedoch ergeben folgte.

Anaaq hatte sich mit den anderen gemeinsam in Bewegung gesetzt und die erste Zeit Marach, der sich wirklich an Minalcars Weisung hielt, im Auge behalten bevor er sich ein wenig zurückfallen ließ.
Bei der Laune, die ihr Anführer gerade hatte, legte der Haradan nicht unbedingt Wert darauf ihm in die Quere zu kommen.

Stattdessen war er irgendwann wieder an Feredirs Seite. "Auch wenn Minalcar über das Grautier nicht so ganz begeistert war, ich denke so ist es für Dich auf jeden Fall besser. Und im Augenblick brauchst Du Dir vermutlich keine Gedanken darüber machen, dass Minalcar es sich wegen des Esels noch einmal anders überlegt. Ein paar von den Männern sind sich im Haus wegen einer Speckseite in die Haare geraten. Das verlagt gerade viel mehr seine Aufmerksamkeit, wenn er größeren Ärger vermeiden will."

Noran:

Noran ließ Marach ebensowenig aus den Augen, wie der ihn. Immer wieder suchte er den auffälligen Rotschopf vor sich. Fjord schien schon längst wieder an etwas anderes zu denken. ...oder vielmehr... nichts zu denken. Nach Norans Meinung dachte Fjord ohnehin nicht viel. Die Frau, die er gehabt hatte, musste schon eine ordentliche Geduld mit dem Kerl gehabt haben. Immerhin wusste Noran aus erster Hand darum, wie durchschlagend Fjordds Argumente sein konnten, wenn ihm etwas zu viel wurde!


Fjord:

Wie sehr sich Noran irrte. Fjord dachte sehr wohl. ...und zwar eine ganze Menge. Und vorwiegend dachte er seit einigen Tagen darüber nach, ob er sich hier wirklich am richtigen Platz fühlte. Er hatte sich etwas anderes gewünscht. Etwas, wobei er genug Geld verdienen konnte, um sich wieder einen eigenen Hof kaufen zu können. Er würde eine neue Frau finden und noch einmal von vorne beginnen. Er hatte es schon einmal geschafft!
Doch der Mann, der ihm damals dabei geholfen hatte, war jetzt tot. Vielleicht sollte er doch wieder zurück gehen und in Rohan sein Glück versuchen. Dort, konnte er wenigstens mit den Leuten reden. Hier verstand ihn ja nur Noran. ...und Noran war wirklich kein Kerl, mit dem er sich gern abgab. Er hatte ihn noch nie leiden können. ...auch früher nicht. Aber er hatte ja im Moment keine andere Wahl...

Endlos ging dieser Weg weiter, Fjord folgte den anderen, Tag um Tag... Minalcar hatte ihnen das Trinken verboten. Fjord fühlte sich elend! Ein ganz klein wenig? ... so ein bisschen? ... ein winziger Rausch? ... der würde es ihm sehr viel leichter machen, zu vergessen, was hinter ihm lag. ...und es würde ihm die Gesellschaft Norans, die er nun tagtäglich den ganzen Tag zu ertragen hatte, etwas erleichtern.

Marach hatte es sehr eilig, die Gegend zu verlassen. Er hoffte, dass der Elb auf diese Weise die Spur der Bande verlor. Obwohl die Sonne noch nicht ihren höchsten Stand erreicht hatte, war es sehr schwül.
Die Männer ächzten und stöhnten vor sich hin. Das Wetter machte ihnen zu schaffen.

›Faule Bande! Sie sind überhaupt nichts gewohnt. Wenn ich da an meine Zeiten im Heer zurückdenke ... ‹


Als der Erui in Sicht kam, erlaubte Minalcar seinen Männern eine kurze Rast, um frisches Wasser zu trinken und um sich auszuruhen.


tbc.: Gebiete am Fluss Erui

Minalcar schien es eilig zu haben, die Gegend in der sie nicht all zu viel Erfolg gehabt hatten, hinter sich zu lassen.

Anaaq hatte keine Probleme mit dem Trupp Schritt zu halten. Auch wenn Feredirs Esel mit schöner Regelmäßigkeit versuchte nach ihm zu schnappen. Irgendwann hielt er einfach ein wenig mehr Abstand zu dem Tier.

Feredirs Meinung bezüglich des Elben traf genau seine eigene. "Also ich bin auch nicht gerade böse, wenn wir den Elben nicht mehr am Hals haben. Die Männer liegen sich, wie Du schon so schön festgestellt hast, so schon genug in den Haaren. Da braucht man keinen weiteren Unruhestifter, der dann auch noch die Männer dezimiert."

Irgendwann als es immer wärmer wurde ließ Minalcar zu einer kurzen Rast halten.

tbc: Gebiete am Erui