Nirion



Nirion war noch nie längere Zeit von Andirana und den Kindern getrennt gewesen. Da er nur ein einfacher Bauer war und kein Soldat, war es auch nicht nötig irgendwo hin zu gehen, wo sie nicht mit könnten.

Die Worte Arendors waren zwar einleuchtend, doch so ganz wollte er sich nicht damit zufrieden gehen. Was, wenn diese Männer jetzt durch den Wald Fandasaf zogen und zufällig an dem Lager der Frauen vorbei kamen? Nirion wollte es sich nicht ausmalen müssen.

Vor allem jetzt, da er wusste, dass Andirana wieder schwanger war, hätte er sie so gerne um sich gewusst. Er wollte sie verwöhnen und ihr jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Genauso wie er es bei den anderen Kindern auch getan hatte.

Sollte er es Arendor erzählen? Was war, wenn Andirana noch nicht wollte, dass es sonst jemand erfährt. Sie würde ihn bestimmt lynchen, wenn ihr Vater es dann doch erfuhr.
"Und … und wenn wenn wir zu ihnen reiten? Dann wären sie zumindest nicht alleine im Wald."

»Das geht leider nicht, Nirion. Falls die Männer heute Nacht noch kommen, brauche ich jeden Mann. Besonders solche, denen ich bedingungslos vertrauen kann.«

Arendor verstand Nirion, aber im Wald drohte den Frauen nur Gefahr von wilden Tieren. Doch diese würden kaum eine so große Menschengruppe angreifen.

»Du musst wohl unter Übel noch eine Nacht auf deine Frau verzichten. Doch soweit alles gut geht, wird sie morgen Abend wieder bei dir sein!«

Nirion



Arendor führte beinahe eine Freudentanz auf, als er merkte, was sein Schwiegersohn ihm damit sagen wollte.
"Ihr habt es gewusst? Ihr habt es wirklich gewusst?" Warum hatte es ihm dann vorher niemand gesagt? Er hätte es als erstes wissen sollen.

"Sie hat es mir kurz vor der Abreise erzählt. Und ich bin froh, dass sie es getan hat."

Nirion legte seine Hand auf die Schulter des älteren Mannes, welcher über das ganze Gesicht strahlte.
"Ich befürchte in deinem Haus wird es vielleicht noch ein wenig enger werden."

»Nein, wir haben es nicht gewusst. Aber Aelandra war sich sicher. Du weißt ja wie sie ist. Sie sieht immer, wer schwanger ist und was es werden wird.« Arendor zwinkerte Nirion zu.

»Es wird wohl Zeit, dass wir für euch ein eigenes Haus bauen. Wir können ja die Kinder nicht ewig bei Lugreda schlafen lassen. Auch wenn es ihr nichts ausmacht. Was hältst du davon?«

Arendor hatte schon dann und wann überlegt, dass Andirana mit ihrer Familie ein eigens Haus brauchte. Doch immer war etwas dazwischen gekommen und bisher war ja noch ausreichend Platz vorhanden.

»Wie wäre es, wenn wir das ganze bei einem Gläschen Wein besprechen? Wir müssen doch auf unseren neuen Familienzuwachs anstoßen.«

Nirion



Nirion hatte schon öfters mit dem Gedanken gespielt ein eigenes Haus für sich uns seine Familie zu bauen. Auch wenn sie gerne in Arendors Haus gesehen waren, irgendwann wurde es zu viel und sie wollten auch niemanden zur Last fallen. Außerdem, wie hieß es doch so schön: Jeder Mann sollte in seinem leben einen Baum pflanzen, ein Kind zeugen und ein Haus bauen.

Und es war ja auch nicht so, als hätte er das Thema eigenes Haus noch nie angesprochen. Doch Andirana hatte darauf immer sehr abweisend reagiert, so dass Nirion schon dachte, sie wolle einfach nicht aus ihrem Elternhaus ausziehen.

"Das mit dem Haus habe ich mir auch schon des Öfteren überlegt. Aber ich fürchte deine Tochter ist weniger davon begeistert. Ich kann es nicht verstehen. Sie hängt wohl zu sehr an eurem Haus, wo sie immerhin die letzten 29 Jahre verbracht hat. ... Aber ich werde sie schon noch umstimmen können. Wir wollen euch ja nicht ewig zur Last fallen."
Nirion hatte sich auf einem Strohballen niedergelassen und zwirbelte ein Stück Heu zwischen den Fingern.

"Ich kann doch auf eure Mithilfe hoffen, was den Hausbau betrifft?"
Nirion sah seinen Schwiegervater fragend an. Das war sowohl auf körperliche wie auch auf finanzielle Mithilfe bezogen. Allein die Materialkosten würden Nirions Ersparnisse wohl weit übersteigen. Er mochte es eigentlich gar nicht, sich von anderen Personen Geld zu borgen. Doch er würde es ja zurückzahlen, sobald es möglich war.

"Wein hört sich gut an", meinte er schließlich nickend. Doch sie durften nicht zu viel davon trinken, damit sie einen klaren Kopf behielten. Noch immer bestand die Möglichkeit, dass das Dorf angegriffen wurde. Wenn diese Männer dann hier lauter angetrunkene Bewohner vorfanden, hätten sie leichtes Spiel.

Arendor legte seinen Arm um die Schulter seines Schwiegersohns – im Moment sein Lieblingsschwiegersohn – und ging mit ihm in die Küche. Dann holte er aus dem Keller eine gute Flasche Rotwein und öffnete sie. Nirion hatte zwei Becher besorgt und Arendor goss jedem ein.

»Auf euren Nachwuchs«, sagte Arendor mit strahlenden Augen und stieß mit Nirion an.

»Mach dir um das Haus keine Sorgen. Es ist klar, dass ich dir helfe. Auch Andirana wirst du noch überzeugen können. Ihr müsst euch nur überlegen, ob ihr das Haus hier auf unserem Hof haben möchtet, oder ob ihr lieber einen eigenen Hof hättet. Ihr seid uns natürlich immer willkommen, doch ich kann auch verstehen, wenn ihr auf eigenen Füßen stehen wollt.«

Gemeinsam gingen sie in die Küche und Arendor kramte eine Flasche Wein aus dem Schrank hervor. Eigentlich hätten sie darauf warten sollen, bis die ganze Familie davon wusste, aber Nirion war auch nicht klar, ob Andirana es überhaupt schon erzählen wollte. Nun, ihr Vater wusste es nun schon mal. Das konnte er jetzt auch nicht mehr rückgängig machen.

Nirion



Gemeinsam gingen sie in die Küche und Arendor holte eine Flasche Wein aus dem Keller. Eigentlich hätten sie darauf warten sollen, bis die ganze Familie davon wusste, aber Nirion war auch nicht klar, ob Andirana es überhaupt schon erzählen wollte. Nun, ihr Vater wusste es nun schon mal. Das konnte er jetzt auch nicht mehr rückgängig machen.

Es war ein guter Jahrgang und die beiden Männer stießen auf das neue Baby an. „Ich weiß, ich müsste irgendwann dran gewöhnt sein, aber ich bin immer wieder von Neuem aufgeregt“, meinte Nirion dann nach einer Zeit.

„Und was den Hausbau betrifft: Ich denke wo, wann und wie, das kann ich nicht allein entscheiden. Ich will deine Tochter nicht übergehen, indem ich irgendwelche zukunftsträchtige Entscheidungen ohne sie treffe."
Auf Arendors Hof würde wahrscheinlich der Platz etwas knapp werden für ein neues Gebäude. Zumal Nirion nicht vorhatte nur eine kleine Blockhütte zu bauen. Schließlich waren sie bald zu sechst und da brauchte man auch einen gewissen Platz und Freiraum. Irgendwann würden die Kinder ihre eigenen Zimmer wollen. Arendir war ja jetzt schon der Meinung, dass er sein eigenes Reich bräuchte. Aber bisher war dies nicht möglich gewesen. Aber wenn Nirion sah, wie sich Nenia und ihr Bruder ab und an in den Haaren lagen, konnte er Arendirs Wunsch verstehen. Nenia konnte sich durchsetzen und auch wenn sie im Zimmer ihrer Tante schliefen, hatte seine Große bei den Jüngeren dort doch das Zepter in der Hand und verteidigte diese Position auch.

Nirion fuhr sich von neuem über das Kinn beziehungsweise seinen Dreitage-Bart. Dabei berührte er auch die Schramme im Gesicht, welche er sich gestern Abend bei seinem Sturz über den Stein zugezogen hatte. Dies erinnerte ihn wieder daran, dass sie eigentlich nicht hier waren um zu feiern, sondern dass immer noch die Möglichkeit bestand, dass das Dorf angegriffen wurde.

„Wegen dieser Kerle, die hier die Gegend unsicher machen ... denkst du jemand hat schon Minas Tirith Alarm geschlagen und die unternehmen was? Oder müssen wir jetzt Tag ein, Tag aus mit der Angst vor einem Angriff auf unsere Familien leben?“

Arendor nahm einen Schluck Wein und dachte über Nirions Worte nach. Wahrscheinlich würden sie wohl ihren eigenen Hof haben wollen. Vielleicht nicht Andirana, welche sehr an ihren Eltern hing. Arendor hoffte, dass sie wenigstens nah beieinder bleiben würden. Diese Familie war eine so starke Einheit, dass es ihm unvorstellbar schien, dass irgend ein Teil plötzlich wegbrechen würde. Und mit Andirana würde ein sehr großer Teil wegbrechen: Sie selbst, Nirion und die vier Kinder.

Doch Nirions Frage holte ihn wieder in die Gegenwart zurück.

»So wie ich Rerlad verstanden habe, hat er in Undaria einen jungen Mann beauftragt nach Erui zu reiten, wo die nächsten Truppen Gondors stationiert sind. Die werden dann bestimmt einige Soldaten her schicken. Doch ich glaube, dass die Angriffe auf die Dörfer in Minas Tirith schon bekannt sind. Lissuin erzählte ja, dass schon mehrere Dörfer oberhalb des Erui angegriffen wurden. Das wird nicht unbemerkt für den Truchsess geblieben sein.

Es wird alles gut werden, Nirion. Das Böse wird nicht siegen. Nicht solange es tapfere und gute Menschen in Gondor gibt.«

Nirion

Die Worte Arendors waren zwar beruhigend, doch so sicher dass wirklich Hilfe kam, war Nirion dann doch nicht. Man sah hier wirklich selten Soldaten. Und wenn dann meist nur in einiger Entfernung vorbei ziehen. Würde man sie nun öfters sehen? Nirion hoffte, dass ihr ruhiges Landleben darunter nicht leiden würde.

Es war schon Abend und Nirion merkte, wie er immer müder wurde. Er hatte seit gestern sehr wenig Schlaf gefunden, fast überhaupt keinen, wenn man es genau nahm. Vielleicht würde er sich ein wenig hinlegen. Er hoffte, dass die Nacht ruhig bleiben würde. Wenn nicht, würde ihn sicher jemand wecken. Und am Morgen konnten dann die Frauen und Kinder zurück kehren. Darauf freute sich der junge Bauer besonders.

"Arendor, verzeih mir, aber ich bin erledigt. Ich zieh mich ein wenig zurück. Du sagst ja sicher bescheid, falls was sein sollte ..." Ohne Andirana im Bett schlafen. Das war reichlich ungewöhnlich und auch nicht besonders schön.

»Ja«, meinte Arendor. »Leg dich nur schlafen und ruhe dich aus. Ich denke, dass heute niemand mehr kommt, aber wir dürfen nicht sicher sein. Deshalb werde ich auch noch einmal eine Runde über die anderen Höfe drehen und den Männern sagen, dass sie trotz allem wachsam sein sollen.«

Er räumte die Becher und den Wein weg und drehte sich dann im Türrahmen noch einmal zu Nirion um.

»Du hast mir heute mit deiner Nachricht eine große Freude gemacht«, wieder strahlte Arendor. »Ich werde niemanden etwas davon sagen, bis Andirana selbst damit herausrückt. Aber Großvater werden ist schon etwas schönes.«

Mit einem Lächeln auf den Lippen verließ er das Haus und ging in Richtung der anderen Höfe.

Leyron war über den Angriff Areros überrascht gewesen und hatte sich zuerst auf einen ernsten Kampf eingestellt. Doch dann merkte er, dass das alles nur zum Spaß war. Er kannte diesen Umgang nicht und war überrascht, dass sich der ruhige und besonnene Areros so benahm. Als er jedoch sah und spürte, dass es Spaß machte sich mit Areros so zu kappeln, genoss er es.

›So muss es wohl sein, wenn man einen Bruder hat‹, dachte er und er bedauerte es, dass er selbst keine Geschwister hatte.

Als Areros im Begriff war aufzuhören, überwältigte ihn Leyron und wie am Tag zuvor setzte er sich wieder auf Areros Brust.

»Na mein Junge«, sagte er grinsend. »Du scheinst mir nicht für die Gewinnerrolle geboren zu sein!«

»Nicht schon wieder!«, presste Areros stöhnend hervor. »Meine Brust ist noch ganz platt von gestern!«

»Du hättest dich eben nicht mit mir anlegen sollen«, meinte Leyron. »Was sollte das eigentlich werden?«

»Ach das war doch nur Spaß. Das macht man so unter …«›Brüdern‹»… guten … hm … Freunden?«, setzte er fragend hinzu.

»So«, antwortete Leyron. »Du meinst also, dass wir gute Freunde sind?« Er freute sich über Areros Worte. Er mochte den jungen Mann auch sehr und er hatte sich gleich mit ihm gut verstanden. Ihn als Freund zu haben, war keine schlechte Aussicht. Gerade wollte er aufstehen und diese Freundschaft auch von seiner Seite bestätigen, als Arendor durch die Büsche trat und skeptisch auf die beiden jungen Männer hinabsah.

Arendor hatte sich in dieser Nacht etwas mehr Schlaf gegönnt. Doch immer wieder war er aufgestanden und hatte kontrolliert, ob die anderen Männer auf den Höfen Wachen aufgestellt hatten. Er wollte nichts dem Zufall überlassen. Die Nacht blieb jedoch genauso ruhig, wie die vorangegangene und auch die Morgendämmerung brachte keinen Angriff auf Anthara.

Nun glaubte Arendor nicht mehr, dass es noch einen Angriff geben könnte. Er war sehr erleichtert. Ihn dürstete es nicht mehr nach Heldentaten mit dem Schwert. Er wollte lieber weiter in Ruhe und Frieden mit seiner Familie leben. Einer Familie, die sich bald wieder vergrößern sollte.

Mit einem Strahlen auf dem Gesicht, ging Arendor in den Stall, wo Nirion schon die Kühe melkte. Er nahm sich einen zweiten Schemel und presste bei der anderen Kuh die Milch aus dem Euter. Zu Beginn hatte er lange gebraucht, bis seine Soldatenhände zu Bauernhänden wurden. Doch nun war er ein Meister im melken geworden und es machte ihm noch immer Freude. Deshalb übernahm er auch oft das abendliche Melken.

Arendor meinte zu Nirion, dass es wohl nun keinen Angriff mehr geben würde und es an der Zeit wäre, dass die Frauen wieder zurückkommen könnten. Er hatte sich gedacht, dass Nirion bestimmt gern diese frohe Botschaft überbringen würde und Nirion sagte natürlich sehr erfreut ja. Er würde ihn jedoch nicht allein dorthin schicken. Areros und Leyron sollten mitreiten. Falls doch noch ein Hinterhalt war, so würden die beiden ihm genügend Schutz bieten.

Sie besprachen die Sache bei einem gemütlichen Frühstück im Sonnenschein vor der Haustür. Dann packte Arendor ein paar Leckereien zusammen und ging damit zum See, um seinen Sohn und Leyron ein Frühstück zu bringen.

Als er durch die Büsche trat, sah er Leyron abermals auf Areros sitzen und er musste sich ein Lachen verkneifen.

»Wie geht es dir Areros?«, fragte Arendor seinen Sohn in leicht erstauntem Tonfall. »Ist das eine moderne Art um … hm … ich weiß nicht, für was das gut sein soll, wenn ein anderer Mann auf seiner Brust sitzt. Doch wenn du es unbedingt willst – ich will es dir nicht verbieten.«

Areros drückte Leyron von sich herunter und setzte sich die Brust reibend auf. »Ich hoffe, dass das Ganze zu irgendetwas gut ist. Ansonsten muss ich mir etwas ausdenken, dass Leyron sich endlich mal einen anderen Sitzplatz sucht.«

»Ich würde dir eine Bärenfalle als Kette empfehlen«, sagte Arendor lächelnd.

Auch die beiden anderen grinsten ihn an. »Ja, das könnte funktionieren!« Areros lachte sein Vater an. Dann schnupperte in die Luft und fragte: »Hast du uns etwas zu essen mitgebracht? Es ist ganz schön anstrengend, die ganze Nacht auf einem Baum zu sitzen und Leyrons Geschnarche auszuhalten!«

Leyron lachte auf. »Na besser als dein Gestöhne zu ertragen. Möchte mal wissen, von welchem holden Weib du geträumt hast!«, konterte Leyron.

Areros errötete leicht. Zwar war er im Umgang mit Frauen äußerst schüchtern, doch in seinen Träumen hielt ihn die Schüchternheit nicht zurück.

Um von seiner Verlegenheit abzulenken, riss er den Korb mit dem Frühstück an sich und begann die Lebensmittel auf einem Tischtuch auszubreiten. Dann goß er sich aus der Milchkanne einen Becher Milch ein und trank ihn genüßlich aus. Auch Leyron bediente sich und genoss das Frühstück an diesem schönen Sommermorgen.

Arendor hatte sich hinzugesetzt und fragte die beiden über die Nacht aus. Da nichts aufregendes passiert war, beschloss Arendor bei seinem Plan zu bleiben und die Frauen zurückzuholen.

»Nun glaube ich nicht mehr, dass die Angreifer noch kommen. Sie haben sich entweder anders entschieden oder haben beim auskundschaften schon gemerkt, dass es zu schwierig würde, uns anzugreifen.

Wie dem auch sei. Ich möchte die Frauen nicht noch länger in Fandasaf lassen. Der Wald ist gefährlich, zwar nicht für so eine große Gruppe, aber die Kinder laufen schnell einmal weg und sind im Wald nur schwer zu finden. Es wird Zeit, dass sie wieder zurückkommen.«

»Ja«, antwortete Areros kauend. »Es sind auch viele alte Menschen dabei, für die eine Sommernacht im Wald auch nicht angenehm ist. Ich freue mich auch darauf, endlich wieder in meinem Bett zu schlafen.«

»Ich habe Nirion versprochen, das er nach Fandasaf reiten darf. Allerdings möchte ich ihn nicht allein reiten lassen – vielleicht ist der Weg gefährlicher, als ich denke. Würdet ihr beide ihn begleiten?«, fragend blickte Arendor die jungen Männer an.

Areros blickte Leyron an. Er selbst hatte nichts dagegen in den Wald zu reiten. Besser als den ganzen Tag auf Bäumen herum zu sitzen und auf einen schönen See zu starren, aber nicht schwimmen gehen zu können. Vielleicht würde sein Vater ihn heute auch aufs Feld schicken. Schließlich lag dort auch die Arbeit seit Tagen brach.

»Also ich beschütze meinen lieben Schwager doch gern«, sagte er deshalb zu seinem Vater. »Aber meinst du wirklich, dass ihm etwas auf dem Weg passieren könnte?«

»Ich weiß es nicht. Eigentlich glaube ich es nicht, aber ich möchte kein Risiko eingehen. Nirion ist ein Bauer durch und durch. Falls ihn jemand überfallen würde, hätte er weniger gute Karten. Die vergangenen Nächte haben mir gezeigt, dass die Zeiten sich verändert haben und wir auch hier mitten in Gondor vorsichtiger sein müssen.«

Arendor seufzte. Ihm gefiel es plötzlich gar nicht mehr, dass die Frauen so schutzlos im Wald waren und kaum kampffähige Männer bei sich hatten. Er wollte sie schnell wieder bei sich haben.

»Wenn du es willst, Arendor«, sagte nun auch Leyron. »So begleite ich Areros und Nirion. Doch mach dir nicht allzu viele Sorgen. Die Banditen hätten auf dem Weg zum Wald gewiss eine Menge andere Dörfer zu durchqueren, die es sich mehr lohnte zu überfallen. Sie würden gar nicht so weit laufen.«

»Leyron hat Recht Vater«, beruhigte Areros nun auch seinen Vater. »Wann sollen wir denn losreiten? Wenn ich ehrlich bin, könnte ich noch ein Weilchen schlafen. Ich will doch nicht vollkommen übernächtigt bei den Frauen ankommen.« Areros grinste.

Leyron und Areros hatten ihr Frühstück beendet. Areros sehnte sich nach seinem Bett und wollte mitgehen. Leyron hingegen lockte der See und er beschloss noch eine Runde zu schwimmen. Bald verabschiedeten sich Vater und Sohn. Leyron hingegen ging ein Stück um den See, entkleidete sich und ging in den See.

Das Wasser war angenehm – nicht zu warm und nicht zu kalt. In langen, kraftvollen Zügen schwamm Leyron eine große Runde. Nur den Seerosen kam er nicht zu nah, da er wusste, dass man sich in ihren langen Stielen leicht verheddern konnte.

Es sollte also keinen Angriff geben und die ganze Aufregung war umsonst gewesen. Nun – Leyron war die Sache eigentlich egal. Wenn es zum Kampf gekommen wäre, so hätte er gekämpft. Er machte sich nichts daraus das Schwert zu schwingen. Und da er in Anthara so freundlich aufgenommen worden war, so war es für ihn klar, dass er für die Dorfbewohner sein bestes gegeben hätte.

›Immerhin hat die Sache auch sein Gutes‹, sagte sich Leyron. ›In Areros habe ich einen guten Übungspartner gefunden.‹

Leyron zog nun auf dem Rücken seine Bahnen und ließ seine Gedanken zurück zu dem Kampf schweifen und dachte schon an kommende Übungskämpfe. Dann ließ er sich eine Weile auf dem Wasser treiben und schwamm ans Ufer.

Da er kein Tuch zum Abtrocknen hatte legte er sich in die Sonne und ließ sich von ihr bescheinen. Fast wäre er in dieser gemütlichen Lage eingeschlafen, doch ein mutiger Hase, durchbrach die Büsche und schreckte Leyron auf. Doch als sich die beiden gegenseitig in die Augen blickten, hüpfte der Hase weg, während Leyron seinen Dolch wieder wegsteckte.

Leyrons Körper war nun wieder trocken und er beschloss zu Arendors Hof zu gehen. Er schlüpfte in seine braunen Hosen und streifte sein Hemd über seinen Oberkörper. Dabei fiel sein Blick auch die vier haradischen Zeichen, die über seinem Herzen tätowiert waren.

Sanft strich er über sie und schloss die Augen. Vor sich sah er wieder die dunklen Augen und das sehr lange, lockige, schwarze Haar. Sein Herz schlug automatisch schneller und sehnte sich nach der Zeit zurück. Doch sie war unwiederbringlich dahin. Und das einzige, was ihm geblieben war, waren die Erinnerungen und die vier Zeichen, welche für Mut, Ehre, Tapferkeit und Güte standen.

Leyron öffnete wieder die Augen und drängte die Erinnerungen zurück. Sie hatte ihre Zeichen auf ihm hinterlassen, so dass er sie nie vergessen würde. Welche andere Frau, hatte ihm je etwas derartiges gegeben?