Der Gasthof liegt auf der gutausgebauten Straße zwischen Gurtanar und der Südstraße. Nur noch 10 Meilen sind es bis zur Südstraße. Deshalb nehmen auch Soldaten, die in Erui stationiert sind, die gut 40 Meilen auf sich, um den Gasthof zu besuchen. Denn hier finden sich auch ein paar Damen, die den Soldaten die Nachtstunden versüßen. Die Küche ist annehmbar und die Zimmer haben gute Betten.
In der Gaststube haben ungefähr vierzig Menschen Platz, aber an der Theke stehen sie meistens dicht gedrängt. Der Wirt verdient an den Schäferstunden der Frauen gut mit, ist aber ein offener und freundlicher Mann. Deshalb hat der Gaulskopf eigentlich einen guten Ruf, auch wenn das die weibliche Bevölkerung vielleicht anders sehen würde.
Es steht auch ein großer Stall zur Verfügung, wo die Besucher ihre Pferde unterstellen und verpflegen können.
Bald kamen Bardos, Ellena und Adlinn dem Haus näher und es stellte sich tatsächlich als ein Wirtshaus heraus. »Zum Gaulskopf«. Der Name klang etwas seltsam, aber auch nicht unbedingt abschreckend. Aus der Wirtsstube klang schon allerhand Lärm nach draußen, doch es hörte sich recht gemütlich an.
Bardos stieg ab und trat ein, um beim Wirt zu erfragen, ob sie hier übernachten konnten. Die Tische in der Wirtstube waren nur zum Teil besetzt. Die meisten Menschen standen um den Theke herum, wohin sich Bardos nun auch wandte. Er zog die Augenbrauen hoch, als er sah, dass hier die Männer ziemlich eindeutig mit einigen Frauen umgingen. Einen Moment überlegte er, ob er das Adlinn und vor allen Dingen seiner Schwester antun konnte. Allerdings wurde es schon langsam dämmrig und der kleine Ban brauchte bestimmt bald ein Bett.
Der Wirt sagte ihm, dass noch Zimmer frei wären und dass auch die Pferde und der Wagen Platz zum Unterstellen finden würden. Also nahm Bardos an und bestellte zwei Zimmer. Dann ging er wieder nach draußen und sagte den Frauen Bescheid. Er schickte sie und Ban schon nach drinnen, um schon etwas zu Essen zu bestellen oder sich frisch zu machen. Er würde sich um die Pferde und den Wagen kümmern.
So lenkte er zuerst den Wagen in den Hinterhof und als er gerade den Gaul ausspannen wollte, kam ein Knecht herbei und nahm ihm die Arbeit ab. Bardos zahlte ihm ein paar Kupferpfennige und holte noch Thalion herbei, von dem er das Gepäck losband und mit in die Wirtsstube nahm.
Die Frauen saßen an einem der Tische und tranken etwas. Wie sich herausstellte, hatte Bardos vergessen ihnen zu sagen, wo die Zimmer waren.
»Na da können wir gleich mal entscheiden, wer wo schläft!«, sagte Bardos noch immer stehend mit seinen Sachen in den Armen. »Ich habe zwei Zimmer bestellt. Ellena, mit wem willst du lieber in ein Zimmer? Mit mir oder Adlinn?«
In diesem Moment brabbelte Ban etwas vor sich hin und Bardos konnte nicht umhin, ihn über den Kopf zu streicheln. »Oder nehmen wir beide ein Männerzimmer, mein Kleiner?«
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Nur wer seine Rechnungen nicht bezahlt, darf hoffen, im Gedächtnis der Kaufleute weiterzuleben. (Oscar Wilde)
Ellena sah Bardos hinterher, welcher seinem Pferd die Sporen gab, um den angekündigten Hof schneller zu erreichen. Das Mädchen hatte wirklich nichts dagegen endlich den Abend ausklingen zu lassen. Sie waren schon lange unterwegs und würden noch viel länger unterwegs sein. Warum dann nicht die Gunst der Stunde nutzen, wenn dies dort wirklich eine Herberge sein sollte. Und sie fand Adlinn nicht im mindestens verwöhnt. Bardos Worte waren regelrecht gemein gegenüber ihrer Begleiterin.
Als auch der Wagen vor dem Gebäude halt machte, sahen sie, dass es sich wirklich um ein Gasthaus handelte. Merkwürdiger Name, dachte sich Ellena, als sie das Schild über dem Eingang betrachtete. Gleichzeitig fragte sich das Mädchen auch, ob Adlinn lesen konnte. Sie hatte einmal gehört, dass viele Bauern dies nicht beherrschten, da es einfach für sie nicht notwendig erschien. Vielleicht würde sie die junge Frau bei Gelegenheit einmal fragen.
Bardos betrat als erstes die Wirtsstube und die Frauen blieben derweilen auf dem Kutschbock sitzen. Es war ja gut möglich, dass keine Zimmer frei waren und sie weiterziehen mussten. Doch schnell kehrte Bardos mit guten Neuigkeiten zurück. Er half ihnen vom Wagen und schickte sie schon einmal vor, während er sich um die Pferde und den Wagen kümmern wollte.
Ellena hatte sich noch den Korb mit den Kätzchen geschnappt, bevor sie das Haus betraten. Zuvor hatte sich das Mädchen noch das Schultertuch fester um geschlungen, damit ihr geschundener Hals für keinen sichtbar war.
Schummriges Licht kam ihnen entgegen und ein Geruch, welcher auf Mahlzeiten, Alkohol und Männerschweiß hinwies. Sie suchten sich einen Tisch, welcher etwas im Abseits war. Den Korb mit den kleinen Katzen stellte Ellena neben sich auf den Boden. Schon bald kam der Wirt und fragte nach Getränken. Ellena bestellte sich einen Saft, auch wenn sie zuerst einen Tee bestellen wollte. Aber sie glaubte, dass ein kaltes Getränk ihrem Hals besser bekommen würde. Für die Kätzchen bestellte sie eine kleine Schale voll verdünnter Milch.
Endlich kam Bardos an ihren Tisch und stellte die Frage, wo Ellena zu schlafen gedachte. Das Mädchen überlegte kurz, sah kurz Adlinn und dann wieder ihren Bruder an. „Ich denke, Adlinn möchte gerne ein Zimmer für sich und Ban haben“, sprach sie heiser. Schließlich musste sie sich um ihren Sohn kümmern und war es sicher auch nicht gewohnt mit wildfremden in einem Zimmer zu schlafen. Ellena wollte anfangs schon vorschlagen, dass sich ja Bardos und Adlinn ein Zimmer teilen konnten, vermied aber schließlich. Sie wollte nicht, dass es wieder in einem Streit zwischen ihnen endete.
Iolyn freute sich so richtig auf einen guten Eintopf und ein ebenso gutes Tröpfchen Wein. Er wusste, dass er beides im ‘Gaulskopf’ bekommen würde, denn auch wenn das hier nicht sein Stammlokal war, verschlug es ihn des Öfteren hierher... auch ob der zahlreichen Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts, die sich ihm schon so manches Mal bereitwillig an den Hals geschmissen hatten.
Ein anzügliches Grinsen huschte über sein Gesicht, auch wenn er diesmal wirklich nur an den kulinarischen Genüssen interessiert war. ›Weiber gibt’s immer...‹ dachte er, als er abstieg und sein Pferd dem Knecht überließ, der ihm schon eifrig entgegengelaufen kam.
Als Iolyn die Tür zur Gaststube öffnete, bedachte ihn der Wirt sofort mit einem freundlichen Nicken und einem tiefen »Wie immer?«, während er eine Karaffe Wein schwenkte.
»Immer her damit! Und auch eine meiner Größe angemessene Portion Eintopf, wenn ich bitten darf! Ich bin hungrig...« rief er und zwängte seine imposanten 1,90 m an einen der Tische, an dem schon ein paar seiner Kameraden saßen.
Manche von ihnen hatten anscheinend schon mehr als ein Glas intus und der Geräuschpegel an dem Tisch war dementsprechend laut.
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Adlinn schreckte auf, als Bardos sie wegen der Zimmer ansprach. Sie hatte interessiert einen jungen Mann beobachtet, der sie selbst um mehrere gefühlte Meter überragen musste und nun mit großer Geste Platz bei einigen Kerlen nahm und sich einen Eintopf servieren ließ.
Er war beileibe eine auffällige Erscheinung, nur ob er ihr gefiel, dass wusste Adlinn nicht recht. Normalerweise fand sie großspurige Männer unerträglich und dieser hier schien von dieser Sorter Männer zu sein. Wenn sie sich mit ihm hätte unterhalten wollen, hätte sie ein Schemelchen gebraucht, um ihm in die Augen zu sehen.
»Mmh?«, wandte sie sich dann bei Bardos' Frage um. »Ich nehme gerne ein Zimmer für mich, wenn Ihr das wollt. Es ist in der Tat ein seltener Luxus. So bin ich auch sicher, dass ich Kind und Hunde unterkriege.... «Sie kraulte Gul das Kinn, der sich einfach mit neben Rugul unter ihrem Tisch ein Plätzchen gesucht hatte
»Allerdings wäre es vielleicht schicklicher, wenn Ellena mein Zimmer teilt - schon weil sie eine Frau ist. Was meinst du dazu, Herzchen?«, fragte sie dann Ellena.
Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Bardos. ›Jetzt ist fast jede Zimmerkonstellation gefallen, nur nicht die, dass er mit mir in einen Raum geht. Glücklicherweise, auf weiteren Streit kann ich heute verzichten. Ich bin wirklich müde.‹
Bardos stellte belustigt fest, dass Adlinn an dem augenscheinlichen Soldaten Gondors an einem Nachbartische, interessiert war. Sofort ließ er sein geübtes Auge über den jungen Mann schweifen. Er kannte die Soldaten und wusste, was es für Arten gab. Und dieser sah nicht unbedingt nach einem der treuen Männer aus. Natürlich nur, was das Verhältnis zu einer Frau anging und nicht der Treue zu seinem Vaterland Gondor.
Aber was ging ihn denn Adlinn an. Sollte sie sich ruhig diesen Mann anlachen, dann wäre er sie wenigstens los. ›Aber der wird sich auch nichts von dir sagen lassen‹, meinte Bardos in Gedanken zu Adlinn. ›Soldaten mögen solche vorlauten Frauen wie dich nicht! Es sei denn du bist gut im Bett …‹
Zum Glück lenkte Adlinn den jungen Mann von seinen Gedanken ab. Allerdings machte sie einmal mehr eine dumme Bemerkung. »Wieso sollte es unschicklich sein, wenn ich mit meiner Schwester Brunderei ein Zimmer teile«, rief Bardos nun etwas lauter als gewollt. Aber Adlinn brachte ihn manchmal rasend schnell auf die Palme, obwohl er sonst ein so ruhiger Mann war. »Ihr und Eure schmutzige Fantasie«, zischte er Adlinn erbost an.
»Ich schlafe mit meiner Schwester in einem Zimmer«, beschloss Bardos. »Hauptsache nicht mit Euch und Eurem Viehzeug. Ich kann ja dem Wirt sagen, dass Ihr auch auf Euren Ziegenbock des Nachts nicht verzichten könnt!«
Damit nahm er den Korb mit den Katzen, obwohl seine Schwester protestieren wollte, und stapfte zu einer Treppe, die zu den Zimmer führte. Seine eigenen Sachen hatte er noch immer auf dem Arm.
In einem der Zimmer
Genervt ließ Bardos seine Sachen auf das breite Bett fallen. »Dieses Weib«, knurrte er. »Was hat mich nur geritten, dass ich dieses schreckliche Weib mitgenommen habe?! Was denkt sie sich nur? Dass ich meine eigene Schwester … Noch dazu, wo sie hochschwanger ist …«
Wütend schlug er mit der Faust auf das Bett, so dass der Korb mit den Katzen umfiel. Miauend kletterten die Kleinen aus dem Korb und untersuchten das Bett und auch Bardos. Dieser ließ sich nach hinten fallen, so dass er mit dem Rücken auf dem Bett lag. Zum Glück war keine Katze unter seinem breiten Rücken.
»Was für ein Tag«, stöhnte er. »Wenn nur dieser Arvellon nicht verschwunden wäre. Der hätte bestimmt gewusst, wie man mit dieser Frau umgehen muss. Ich glaube langsam, dass ihr Mann noch lebt, aber schreiend davon gelaufen ist, weil er es mit ihr nicht ausgehalten hat. Kann ich ihm wahrlich auch nicht verdenken.«
Eine kleine Katze hatte es mittlerweile auf den Bauch Bardos geschafft und miaute hilflos. Bardos hob leicht den Kopf und streichelte dann das Tier.»Wie leicht könnte das Leben sein …« Dann nahm er das Kätzchen in die Hand und hielt es sich übers Gesicht. »Du würdest Miléndra auch gefallen«, sprach er mit der Katze. »Sie würde dir ihre Liebe schenken. Allerdings will ich die ja schon haben.«
Lächelnd strich Bardos unter dem Kinn des Kätzchens hin und her, bis es halb die Augen schloss und wohlig schnurrte. »Dich nenne ich Miléndra … und in ein paar Tagen bin ich endlich wieder bei ihr … Und wer weiß, wann sie so schnurrt …«
Bardos drückte das Kätzchen sanft an seine Brust und streichelte es weiter. In Gedanken war er weit fort von diesem Ort. In einem Dorf namens Rondaria, wo das schönste Mädchen Gondors lebte.
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Es fing schon wieder an ... Adlinn und Bardos konnten wohl keine fünf Minuten zusammen sein, ohne dass die Fetzen flogen. Ellena selbst verdrehte nur die Augen. Bardos nahm aber auch jeden kleinsten Spruch für ernst und legte ihn auf die Goldwaage. Gut, somit war zumindest die Zimmerfrage schonmal geklärt.
Bardos wollte scheinbar erstmal das Zimmer beziehen. Eigentlich wollte Ellena protestieren, als er sich den Korb mit den Katzenjungen schnappte. Doch wahrscheinlich war es ganz sinnvoll sie mit auf das Zimmer zu nehmen. Ihnen würde es hier in der lauten Wirtsstube sicher ohnehin nicht gefallen. Genauso wenig wie es Ellena gefiel. Sie war so eine Menge an Menschen einfach nicht mehr gewohnt. Am liebsten hätte sie sich zurück gezogen. Das Mädchen war müde und erschöpft.
Als Bardos sie nun verlassen hatte, wandte sich Ellena an ihre Reisebegleiterin. Dass diese zuvor noch einen Mann nahebei gemustert hatte, war ihr gar nicht aufgefallen. „Und was machen wir jetzt?“ fragte Ellena die Ältere.
Iolyn ließ sich gerade seinen Eintopf schmecken, als er hinter sich den Namen ‘Brunderei’ hörte.
›Brunderei?‹ Er erinnerte sich sehr gut an diesen ungewöhnlichen Namen... und auch an die Frau, die ihn trug. Eine dunkelhaarige Schönheit, die es FAST geschafft hätte, ihm den Kopf zu verdrehen, bis er zufällig herausbekommen hatte, dass sie nicht gerade zurückhaltend im Umgang mit Männern war - und einige seiner Kameraden schon ihre ‘Bekanntschaft’ gemacht hatten, als er sich mit ihr einließ. Er hatte ja wirklich nicht den Anspruch, bei jeder der ERSTE zu sein, aber nur einer von vielen.. das hatte er nicht nötig.
Er drehte sich um und sah an einem Tisch, nicht zu weit entfernt, zwei junge Frauen sitzen... und eine davon war tatsächlich dieselbe Brunderei, mit der er vor ein paar Jahren (so genau erinnerte er sich nicht mehr) ein kleines Techtelmechtel gehabt hatte.
Er beschloss, zumindest der Höflichkeit halber, kurz seine Aufwartung zu machen, schob seinen Eintopf beiseite und erhob sich. Dann steuerte er zielstrebig auf den Tisch zu, an dem die beiden Frauen saßen. Brunderei sah etwas verwahrlost aus, aber als er ihren gewölbten Bauch sah, dachte er nur ›... wohl immer noch kein Kind von Traurigkeit...‹ und grinste.
»Guten Abend, Brunderei. Wie ich sehe, geht es Dir gut...« er nickte in Richtung Babybauch »... das freut mich.« Dann richtete er seinen Blick sofort auf die andere Frau und sagte leise und mit einem frechen Augenzwinkern »... und wenn ich für DEIN Wohlbefinden etwas tun kann, lass es mich wissen.«
Er wollte sich schon wieder umdrehen, als er ein Babykörbchen entdeckte, das sie neben sich stehen hatte. Er schaute neugierig hinein und konnte nicht umhin, vorsichtig seinen Zeigefinger auf das kleine Bündel zuzubewegen... das ihn prompt umklammerte und Iolyn dabei fröhlich ankrähte.
»Wenn das ein Mädchen ist, hat es einen guten Geschmack!« lachte er laut und zog seine Hand langsam wieder weg. Er überlegte, ob er sich gleich wieder zurück an seinen Tisch setzen sollte (wo der Eintopf auf ihn wartete) und sein Blick wechselte kurz zwischen den beiden jungen Frauen hin und her.
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Adlinn hatte gerade zu einer Antwort für Ellena ansetzen wollen, als der Fremde, den sie vorhin beobachtet hatte, auf sie zukam. Er begrüßte Ellena flüchtig, die er wohl von früher kannte, wandte sich dann mit einer anzüglichen Bemerkung zu ihr und begann, ihr Kind zu herzen.
Adlinn machte große Augen, als sie hörte, dass der unhöfliche und aufgeblasene Kerl Ellena von früher kannte und verzichtete deshalb auf einen beißenden Kommentar, um ihn loszuwerden. Vielleicht war Ellena erfreut, jemanden von früher zu sehen und sich mit ihm über alte Zeiten unterhalten zu können. Doch als der Kerl Ellena danach ignorierte und den Finger ausstreckte um Ban zu begrapschen, plusterte Adlinn sich auf.
›Was denken sich diese Kerle eigentlich immer!‹, dachte sie wütend und stützte die Hände in die Hüften. Dabei dachte sie auch an Bardos, der ständig auf Streit aus war. ›Entweder sie hassen dich oder sie sind anzüglich!‹
»Für mein Wohlbefinden kannst du nur eines tun: Wieder an den Tisch dahinten zurückgehen und mein Kind in Frieden lassen! Wir haben es nicht nötig, uns von aufgeblasenen Kerlen anschmeicheln zu lassen - so leicht sind wir nicht zu haben, dass du das gleich weißt!«
Ihr Tonfall erzeugte bei den Hunden unter dem Tisch eine schlechte Stimmung, und diffuses Knurren ertönte von unten.
›Na los‹, dachte Adlinn erregt. ›Lass dir noch eine anzügliche Bemerkung einfallen, oder einen frechen Ton zu Ellena, und die zwei reißen dir die Eier ab!‹
Ellena zuckte zusammen, als sie jemand mit 'Guten Morgen, Brunderei' ansprach. Schnell sah sie auf und in das Gesicht eines Mannes, welcher ihr wage bekannt vor kam. Es war einer jener Soldaten, welcher vor ein paar Jahren das Vergnügen mit ihr gehabt hatte. Damals, in ihrem alten Leben. Doch dieses Leben hatte sie nach der Geburt ihres ersten Sohnes hinter sich gelassen. Sie war nicht mehr das junge Ding, welche sich mit gerade einmal sechzehn Jahren von jedem daher gelaufenen Mann verführen lassen hatte, nur weil keine Familie da war, welche sich um sie sorgte und kümmerte.
Das Mädchen schluckte. Sie hatte nicht erwartet hier jemanden Bekanntes zu treffen. Und sie trug immer noch ihr altes, schmutziges, viel zu enges Kleid. Es hatte noch nicht die Möglichkeit gegeben, dieses zu wechseln. Kurz hatte sie zwar überlegt Bardos zu folgen, um sich wenigstens umzuziehen, doch Ellena wusste auch, dass sie womöglich das Zimmer nicht mehr verlassen würde, wenn sie erstmal ein echtes, richtiges Bett vor Augen hatte. Seit fast zwei Jahren hatte sie nicht mehr in einem solchen geschlafen, sondern musste sich mit einem kleinen Strohlager zufrieden geben.
Wie ich sehe geht es dir gut ... Ja unheimlich gut. Sie hatte ja nur vor wenigen Stunden versucht sich das Leben zu nehmen, hatte einen Bastard im Bauch, war gerade aus einer fast zweijährigen Gefangenschaft und Sklaverei befreit worden und hatte nun eine unsichere Zukunft vor sich. Ellena konnte es gar nicht besser gehen ...
Ellena hatte dem Mann, dessen Namen sie vergessen hatte, noch nicht geantwortet, da wandte er sich auch schon Adlinn und dem kleinen Ban zu. Der einjährige prappelte munter drauf los. Man sieht doch, dass das ein Junge ist ... dachte sich Ellena. Nun, Adlinn hatte natürlich auch für diesen Mann gleich die richtigen Worte parat. Sie hatte wohl Talent dafür die Männerwelt zu vergraulen. Aber Ellena konnte es egal sein.
„Ich bin nicht Brunderei!“ sagte Ellena nun leise und mit heiserer Stimme. Nein, diese Brunderei, welche er gekannt hatte, gab es nicht mehr. Sie war auch damals kein fröhliches Mädchen gewesen, kurz nach dem Tod der Eltern. Aber ihre Einstellung hatte sich geändert, was die Männerwelt betraf.
Iolyn zog nur leicht die Augenbraue nach oben, als ihn die junge Frau anfuhr, als ob er in ein wahres Wespennest gestochen hätte. Wenn er etwas nicht leiden konnte, dann waren es diese keifende Zicken, die jeden Mann behandelten, als ob er kein Recht hätte, dieselbe Luft zu atmen!
Er spürte ihren giftigen Blick und als plötzlich unter dem Tisch ein lautes Knurren ertönte... machte sich ein überlegenes Lächeln auf seinem Gesicht breit. Denn WENN er etwas konnte, dann war das mit Hunden umgehen. Sein Vater hatte diese Tiere geliebt und er war mit einem Dutzend großer Jagdhunde aufgewachsen. ›Na warte, Herzchen... du wirst gleich dein blaues Wunder erleben.‹
Er grinste, ging leicht in die Hocke und sah unter dem Tisch zwei riesige Hütehunde, die ihn knurrend anstierten. Iolyn starrte herausfordernd zurück und fixierte dabei abwechselnd den einen, dann den anderen Hund... dabei bewegte er seine Hand langsam und beruhigend auf und ab. Das Knurren wurde schnell leiser und nach einer Weile begann einer der Hunde, zaghaft mit dem Schwanz zu wedeln. Auch der zweite Hund verstummte und legte schließlich mit einem ruhigen Seufzer die Schnauze auf den Boden.
Iolyn erhob sich langsam, würdigte Adlinn keines Blickes und nahm sich frech eine Stuhl, den er demonstrativ vor Ellena stellte. Somit war alles, was Adlinn noch zu sehen bekam, ein überaus breites Kreuz, das ihr komplett die Sicht versperrte...
Dann wandte Iolyn sich leise an Ellena. »Brunderei... warum lügst du? Ich hörte vorhin, wie dich jemand beim Namen nannte und ich kenne diese Augen.« Dabei sah er der jungen Frau prüfend ins Gesicht.
Er musste seinen erste Gedanken revidieren, denn bei näherer Betrachtung sah selbst ein Blinder, dass es Brunderei alles andere als gut ginge. Nicht nur ihre Kleidung war verwahrlost und schmutzig, ihr ganzes Wesen hatte etwas Hilfloses, Geschundenes an sich, das in JEDEM Mann, der ein wenig Anstand besaß, unweigerlich den Beschützerinstinkt weckte.
Iolyn war beileibe kein Kostverächter und ließ sich auch gerne von der holden Weiblichkeit umgarnen, aber das Häufchen Elend, das da vor ihm saß... das war nicht das Mädchen, in das er sich damals fast verliebt hätte. Lediglich die Hülle war dieselbe, aber ihr Blick war leer und schmerzerfüllt und sie sah aus, als ob die Last ganz Mittelerdes auf ihren Schultern lastete.
»Was tust du hier? Und wo willst du hin?«
›Und was hat man dir bloß angetan?‹ fügte er in Gedanken hinzu.
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Adlinn beobachtete argwöhnisch, wie der Mann niederkniete, ihre Hunde anstarrte und sowohl Gul als auch Rugul das Knurren einstellten und mit dem Schwanz zu wedeln begannen.
Die beiden Hunde hatten sie bis jetzt in jeder Situation beschützt, und sie fühlte sich jetzt ein wenig im Stich gelassen. Außerdem hatte sie noch nie gesehen, dass die Hunde sich so verhielten. Verdutzt setzte sie sich hin, ihr Mund klappte mehrmals auf und zu, aber sie sagte nichts. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Als sich der Fremde zwischen sie und Ellena setzte und sie nun gegen seinen breiten Rücken starrte, beschloss sie, der Sache auf den Grund zu gehen.
Während sie noch darüber nachdachte, fiel ihr ein, dass ein Mensch, der so gut mit Hunden umgehen konnte, im Grunde seines Herzens nicht schlecht sein konnte. Die Hunde wussten immer sehr schnell, wem sie trauen konnten und wem nicht. Sollten die Hunde bessere Menschenkenntnis besitzen als sie selbst?
Sie grübelte und entschied dann, dass sie - gereizt durch Bardos engstirniges Verhalten - überreagiert hatte. Sie würde sich entschuldigen und ihn fragen, wie er das mit den Hunden gemacht hatte.
Aber damit würde sie warten, bis sie wusste, wie Ellena auf den Fremden reagierte. Wenn er ein Freund war - und gerade schien er sich sehr für sie interessieren - dann würde auch Adlinn nett sein. Und wenn nicht, nun, dann würde sie sich ihre Frage verkneifen und nach Bardos schreien, damit er seine Schwester verteidigte.
Irgendwie wurde der Soldat, zu Ellenas Glück nun erstmal von Adlinn und ihren knurrenden Hunden abgelenkt. Ellena wollte schon eine Warnung aussprechen, dass man Hunden doch niemals direkt in die Augen sehen wollte, da sie dies als eine Herausforderung ansahen. Doch irgendwie schienen die beiden Rüden auf Iolyns Plan einzugehen und schon bald drangen keine knurrenden Laute mehr von unterhalb des Tisches hervor und Ellena spürte, wie eine wedelnde Rude immer wieder ihr Bein streifte.
Iolyn nahm sich nun einen Stuhl und setzte sich so vor Ellena, dass er sie geradewegs anschaute und Ellena wirklich mühe hatte ihn weiter zu ignorieren. Es gelang ihr einfach nicht. Er war ein ganz kleiner Teil ihrer Vergangenheit. Einer Vergangenheit, welche sie doch hinter sich lassen wollte. Während der junge Mann sprach, zog sich Ellena das Schultertuch noch etwas fester um den Hals. Er durfte auf keinen Fall die Striemen an ihrem Hals sehen, wo das Seil vorhin seine Spuren hinterlassen hatte.
Der Soldat wirkte nachdenklich und gar nicht aufdringlich. Irgendwie hatte Ellena dies im ersten Moment befürchtete. Denn sie kannte diese Art von Männern ja zu genüge. Als er seine letzten zwei Fragen gestellt hatte, sah die neunzehnjährige ihm direkt in die Augen. „Ich bin Ellena ... Brunderei gibt es nicht mehr.“ Sie schluckte und hoffte, dass er es einfach so hinnehmen würde. „Ich will nach Minas ... nein, ich muss nach ... ich fahre nach Minas Tirith. Mit meinem Bruder und Adlinn und Ban.“ Das sprechen strengte an und ihr Hals schmerzte anschließend immer mehr. Deshalb versuchte sie auch so wenige Worte wie möglich zu gebrauchen. Sie konnte ihm doch ohnehin nicht alles erklären. Unsicher suchte Ellena Adlinns Blick.
Iolyn bemerkte sehr wohl, dass Brunderei ihn eigentlich zum Namenlosen wünschte. Er hatte nicht vor, sich aufzudrängen, aber er wollte zumindest wissen, ob er sich getäuscht hatte.
Nach den ersten paar Worte, bemerkte er, dass ihr das Sprechen offensichtlich schwer fiel. Sie gab zwar indirekt zu, dass sie die war, für die er sie hielt, bestand aber darauf, sich – warum auch immer - ‘Ellena’ nennen zu wollen. ›Nun gut. Von mir aus...‹ dachte Iolyn und sagte dann vorsichtig »Du wirst deine Gründe haben, warum du deine Vergangenheit verleugnest, Brun...« er besann sich eines Besseren »... Ellena. Und es geht mich auch nichts an.« Das Mädchen sprach zu seinem Erstaunen weiter, gab aber nicht mehr viel preis, nur, dass sie nach Minas Tirith wollte und dass sie in Begleitung war.
»Wenn dein Bruder dich begleitet, ist das gut, aber er sollte dich nicht alleine hier in dieser Gaststube sitzen lassen.« Dann nickte er Richtung Adlinn, ohne sich jedoch umzudrehen, und fügte hinzu »Auch wenn du deine DREI Wachhunde hier dabei hast.« Er betonte die Zahl, die die zwei Hunde und das Weib, das ihn so angefahren hatte, einschloss, und blickte Ellena offen in die Augen.
Als er sah, wie das Mädchen sein Schultertuch fester zog, meinte er, an ihrem Hals eine Strieme zu sehen. ›Was ist hier bloß los?‹ fragte er sich nachdenklich und musste an seine Schwester denken, die ihn spätestens JETZT mit diesem Blick ansehen würde. "Mein Iolyn!" würde sie sagen "Mein großer Bruder mit dem noch viel größeren Herz!" Dabei würde sie ihn erst angrinsen und dann lauthals loslachen.
›Nichts da...‹ dachte er grummelnd. ›DIESMAL nicht!‹ Er würde sich die paar freien Tage, die man ihm nach einer Ewigkeit genehmigt hatte, nicht durch sein verdammtes Mitgefühl verderben lassen. Er würde nur essen, trinken und schlafen! Und seine Nase NICHT in Angelegenheiten stecken, die ihn nichts angingen!
Iolyn erhaschte den hilfesuchenden Blick, den Ellena über seine Schulter warf, und fragte sich, ob sie womöglich Angst vor ihm haben könnte. Das wollte er nicht. Die junge Frau hatte bestimmt genug durchgemacht. Mit sanfter Stimme sprach er auf sie ein »Ich will euch nicht stören oder gar verängstigen. Aber vielleicht wäre es gut, wenn du wenigstens nach deinem Bruder schicken lässt.« Dabei sah er ihr fest in die Augen, auch wenn er sich nicht sicher war, ob es gut für ihn war, wenn er weiter in ihnen lesen würde...
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Der junge Mann schien ernsthaft besorgt um Ellena, auch wenn es ihr nicht allzu recht zu sein schien. Adlinn schwankte dazwischen, ihn mit einer weiteren bissigen Bemerkung, besonders zu seinem Seitenhieb mit den "drei Wachhunden", vom Tisch zu verjagen, andererseits wollte er jemanden, der aus Ellenas Vergangenheit stammte und sie tatsächlich freundlich behandelte, nicht gleich fortlassen.
Als Ellena sich schließlich zu ihr umdrehte und sie mit einem Blick um Hilfe bat, beschloss sie deshalb, sich freundlich ins Gespräch einzubringen und über die Bemerkung des Typen hinwegzugehen.
»Ellenas Bruder ist gerade erst nach oben gegangen, um die Zimmer herzurichten«, antwortete sie deshalb zu ihm gewandt, in freundlichem Tonfall. »Verzeiht meine kurzangebundene Antwort vorhin, wir sind in den letzten Stunden mehrere Male nur knapp kniffligen Situationen entkommen und deshalb wohl ein wenig voreingenommen. Ich habe es nicht persönlich gemeint, tut mir leid.«
Sie legte Ellena die Hand auf den Arm und drückte ihn sanft. »Wir werden auch gleich nach oben gehen, damit du dich dann auch ausruhen kannst, und frischmachen, nicht wahr, Liebes?« Sie lächelte Ellena an. Dann stellte sie fest, dass Ellenas Glas leergetrunken war.
»Soll ich dir noch etwas holen? Einen Apfelsaft vielleicht? Wenn du kurz auf Ban aufpasst?«, zog sie fragend die Augenbrauen hoch und erhob sich halb. »Oder soll ich nach oben gehen und sehen, wie weit Bardos mit den Zimmern ist?«›Und wo die Zimmer überhaupt sind - das hat er uns nämlich immer noch nicht gesagt, der Kerl‹, ergänzte sie in Gedanken.
Ellena biss sich auf die Lippen, als der Soldat vor ihr meinte, sie würde schon ihre Gründe haben. Ja, sie hatte ihre Gründe. Sie wollte nicht länger als das billige Mädchen angesehen werden, welches sie einst war. Dieses Leben konnte sie nicht mehr länger ertragen. Nein, sie konnte es noch nie ertragen.
Zum Glück wurde Iolyn nicht aufdringlich, sondern war ernsthaft besorgt. Ellena schenkte ihm dafür ein schüchternes Lächeln. Sie hatte den Mann anfangs ganz falsch eingeschätzt. Iolyn befand es ohne ihren Bruder hier nicht sicher für das Mädchen und auch Adlinn schaltete sich nun ein und erklärte, warum Bardos gerade nicht hier war. Scheinbar hatte auch sie eingesehen und legte nun einen anderen Ton an den Tag, wofür Ellena ihr äußerst dankbar war.
Ellena sah die junge Frau an, während diese ihr einige Angebote unterbreitete. „Beides? Was zu trinken und du schaust nach Bardos? Aber bitte ... seid lieb zueinander.“ Ellena hatte da ja so ihre Zweifel. „Ban kann auch hier bleiben.“ Sie würde schon ein wenig alleine zurecht kommen. Auch wenn sie sich ja unter all diesen Männern schon ein wenig fürchtete. Aber Iolyn sah nicht danach aus, als ob er ihr was tun würde. Nein, viel eher würde er sich wohl für sie einsetzen, falls jemand ihr auf die Pelle rücken wollte.
Das Mädchen sah nun wieder den Soldaten an. „Ich danke dir ... es ist ... viel passiert seit ... naja seit dem. Ich will nicht mehr ... ich kann nicht mehr das Mädchen sein, dass ich einst war. Es ... ist zu viel passiert.“ Ein jeder der Männer, mit denen sie geschlafen hatte, hatte sie im Stich gelassen, nachdem sie erfuhren, dass Ellena schwanger war. Und dann nach der Geburt und dem Tod des Kindes wurde alles nur noch schlimmer.
Iolyn versuchte, sich seine Freude nicht anmerken zu lassen, als Ellena ihm tatsächlich ein kleines Lächeln schenkte. Er fühlte, dass es im Leben der jungen Frau in letzter Zeit nicht sehr viele glückliche Anlässe gegeben hatte und... das Lächeln stand ihr sehr gut. Es erhellte ihr trauriges Gesicht und auch wenn sie immer noch ernst und sehr schüchtern wirkte, hoffte er doch, dass sie ihm glaubte, dass er ihr nichts Böses, sondern nur helfen wollte. ›Ja, ich weiß...‹ grinste er, als er an Ioana, seine Schwester, dachte - die schon wieder Mühe hätte, sich das Lachen zu verkneifen!
Dann meldete sich Adlinn erneut zu Wort. Ellenas Bruder war also oben, anstatt sich um seine weiblichen Schützlinge zu kümmern? Iolyn hätte die Mädchen auf ihre Zimmer gebracht, ihnen erst ein wenig Ruhe gegönnt und wäre dann mit ihnen zusammen nach unter gegangen. Erstens, um ein Auge auf sie zu haben und sie zweitens nicht den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen... er wusste ja, wie die meisten Soldaten hier auf junge, hübsche Frauen reagierten. Und dabei nahm er sich selbst nicht aus! Nur kam IHM immer wieder sein Gewissen in die Quere.
Als sich Adlinn für ihr vorheriges Verhalten entschuldigte, murmelte er ... »’kurzangebunden’ ist wohl ziemlich milde ausgedrückt...« und warf ihr einen argwöhnischen Blick zu. Es war ihm nicht geheuer, dass Adlinn plötzlich nett zu ihm sein wollte, aber da Vorsicht in diesem Fall – und in dieser GEGEND – durchaus angebracht war, verstand er irgendwie, wieso sie sofort in Verteidigungsstellung gegangen war. Vielleicht hatte sie seine harmlose Neckerei aufgrund des Erlebten in den falschen Hals bekommen... und so beschloss er, ‘mal nicht so zu sein’. Er nickte ihr kurz zu, als sie anbot, Bardos zu holen und fragte sich, wieso Ellena so betonte, dass die beiden nett zueinander sein sollten? Sie war wohl nicht nur IHM gegenüber so kratzbürstig.
Als Ellena sich bereit erklärte, hier zu bleiben und auf den Kleinen aufzupassen, hatte Iolyn den Eindruck, dass sie sich etwas unwohl fühlten und fragte vorsichtig »Soll ich bei dir bleiben oder möchtest du, dass ich dich alleine lasse? Ich kann auch von meinem Tisch da drüben aus dafür sorgen, dass man dich in Ruhe lässt«, fügte er hinzu und bemühte sich um einen neutralen Ton, um nicht aufdringlich zu wirken.
Sie setzte erneut an, ihm ihr Verhalten zu erklären, aber Iolyn schüttelte den Kopf. »Du musst nichts sagen. Es ist gut.« Dann wandte er sich an Adlinn »Ich kümmere mich jetzt schnell um die Getränke und dann holst du ihren Bruder. Was wollt ihr?« und sah die beiden Frauen fragend an.
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Adlinn lächelte und freute sich, dass der Mann ihre Entschuldigung angenommen hatte und nun doch recht freundlich war. Außerdem brachte er Ellena zum Lächeln.
»Ich hätte auch gerne einen Apfelsaft, oder einen Apfelwein, wenn es den gibt, bitte«, bestellte sie bei ihm und reichte Ban zu Ellena rüber, die ihn aus seinem Korb hob. »Kannst ihn ruhig ein wenig auf den Boden setzen«, meinte sie und herzte Ban an der Wange. »Hier kann er ja nicht unbemerkt im Wald verschwinden, und wenn er bei dir in der Nähe bleibt, ist es ja auch gut.«Sie lächelte.
Dann stiegt sie über die Bank und blickte nach oben, wo die Zimmer lagen. Wenn der Mann mit den Getränken zurückkam, würde sie Bardos holen.
Ellena war sehr froh, dass der Soldat nicht von ihr erwartete mehr zu erzählen, als sie in der Lage war. Es war zu früh ... Sie war psychisch zu angeschlagen, zu verletzlich, als dass sie alles an die Oberfläche bringen konnte.
Nun stimmte sie aber erstmal Adlinns Vorschlag zu und begnügte sich mit einem Apfelsaft. Während Iolyn nun ging, um die Getränke zu besorgen, wandte sie sich wieder an Adlinn. Die junge Frau reichte ihr den kleinen Ban, welchen sich Ellena auf den Schoß setzte. Die ersten Berührungsängste was dieses kleine Kind betraf, hatte sie zum Glück langsam überwunden. „Nein, ich lasse ihn lieber hier sitzen. Wer weiß, wer sonst auf seine kleinen Hände tritt.“ Hier war einfach zu viel los, als dass sie den Kleinen auf Wanderschaft gehen lassen wollte. Als Iolyn nun wieder mit den Getränken zurückkehrte, verabschiedete sich Adlinn kurz, um nach Bardos zu sehen. Hoffentlich ging die ganze Sache gut.
Ellena dankte dem Soldaten mit einem Nicken. Sie hatte noch gar nicht auf seine Frage von vorhin beantwortet. „Du kannst gerne bleiben“, sagte sie mit noch immer heiserer Stimme. „Aber ... ich will dich auch nicht aufhalten, wenn du dich hier verabredet hast ... oder so.“ Sie sah dem jungen Mann in die Augen, etwas, das sie sich bei einem Mann schon lange nicht mehr getraut hatte. „Und was die anderen Männer hier angeht ... ich glaube kaum, dass ich momentan in ihr ... 'Beuteschema' passe“, fügte Ellena an und sah auf ihren Bauch, vor welchem nun momentan allerdings Ban saß.
Adlinn stieg die Treppen hinauf, wobei sie noch einen letzten Blick auf Ellena und den anderen Mann warf. Er schien immernoch freundlich zu sein, und so konzentrierte sie sich auf die Stufen, um nicht zu fallen.
Oben waren mehrere Zimmer, die Türen alle ohne Beschriftung und völlig gleich im Aussehen. Adlinn trat auf die erste Tür zu, horchte und konnte kein Geräusch wahrnehmen. Dieses Zimmer war wohl nicht bewohnt, oder der Bewohner schlief. An der nächsten Tür klopfte sie, aber auch dort kam keine Antwort.
Hinter dem nächsten Tür waren Geräusche zu hören, es klang, als ob jemand einen Stuhl hin und her schob und sich dabei das Knie anstieß, denn es ertönte ein Stöhnen. ›Aha, das Zimmer also‹, dachte Adlinn, klopfte kurz und trat nur einen Atemzug später ein.
»Bardos, wann kommt... -« Sie unterbrach sich noch mitten im Satz und erstarrte im Türrahmen. Es war nicht Bardos, den sie sah, sondern ein älterer Herr, der mit zwei jungen Frauen im Bett lag, von denen mindestens eine splitternackt und zudem sehr beschäftigt war.
Adlinn lief puterrot an und stammelte eine Entschuldigung, dann trat sie eilig den Rückzug an und schloss feste die Tür. Von außen lehnte sie sich gegen die Wand und atmete prustend aus. Sie schwankte zwischen Kichern und peinlichem Schweigen.
Dann raffte sich sich auf und horchte vorsichtig an der nächsten Tür. Es waren leise Geräusche zu hören, doch auf ihr recht leises Rufen war keine Antwort zu hören. Deshalb holte Adlinn tief Luft, immer in der Furcht, nocheinmal eine ähnlich eindeutige Situation zu erleben, klopfte kurz und trat dann ein.
Als sie Bardos sah, atmete sie wieder aus und lächelte. Er stand an der Waschschüssel, den Oberkörper entblößt und wusch sich. Da diese Situation nicht halb so peinlich war wie die vor einigen Sekunden, kam es Adlinn garnicht in den Sinn, dass ihr Eintreten Bardos peinlich sein könnte, besonders, da sie ihn schon mehrmals ohne Hemd gesehen hatte.
»Ah, schön, dass ich Euch finde«, begann sie deshalb. »Unten ist ein alter Bekannter von Ellena, und wir wollten gerne wissen, wann Ihr wieder herunterkommt und uns zu den Zimmern bringt. Ellena würde sich gerne ausruhen.«
Noch eine Weile hatte Bardos auf dem Bett gelegen und von der weichen Haut und den dunklen Augen Miléndras geträumt. Schließlich stand er auf und streckte sich. Dabei bemerkte er, dass er immer noch kein Hemd anhatte.
»Da kann ich mich eigentlich auch gleich waschen«, dachte Bardos und kramte aus seinem Gepäck ein Stück Seife hervor. Er roch daran und sein Gesicht erhellte sich. Schon immer hatte Bardos es geliebt nach einem harten Tag den Schmutz und den Schweiß von sich zu spülen. Dann fühlte er sich wie ein neuer Mensch.
Auf einer Kommode stand eine große Schüssel und daneben ein Krug mit frischem, aber kaltem Wasser. Bardos goß einen Teil des Wassers in die Schüssel und legte die Seife daneben. Dann holte er sich noch ein Tuch, mit welchem er sich abtrocknen konnte.
Schließlich tauchte er das Stück Seife in das Wasser und rieb sich damit die Hände ein. Damit wusch er sich zuerst das Gesicht, den Hals und dann die Brust. Anschließend so weit es ging den Rücken.
Er hatte gerade seine Stiefel ausgezogen und die Hose aufgeschnürt, als Adlinn herein kam. Rasch nahm Bardos das Handtuch und hielt es sich vor den Hosenbund, auch wenn er darunter noch ein Lendentuch umhatte, das alles verbarg. Trotzdem war Adlinn nicht die Frau, der er sich zeigen wollte. Sie hatte es gar nicht verdient, ihn in seiner Pracht sehen zu können.
»Von dem Wort »herein« habt Ihr auch noch nichts gehört, was?«, bemerkte Bardos. Er drehte sich um, legte das Handtuch beiseite und schnürte seine Hose wieder zu. Das Waschen konnte er ja nun vergessen.
Auf dem Bett lag sein Hemd und Bardos zog es sich über den Kopf. »Was ist das denn für ein alter Bekannter?«, fragte Bardos, während er das Hemd vorn zuschnürte und anschließend umständlich in die Hose stopfte, weil er diese nicht noch einmal öffnen wollte. Während er sich die Stiefel anzog, fügte Bardos an: »Warum will Brunderei denn schon auf das Zimmer? Ich dachte, wir essen erst einmal was! Ich habe einen Mordshunger!«
Zum Schluss zog er noch eine Weste an und hängte seinen Geldbeutel um. Die Katzen miauten aus allen Ecken des Zimmers, welches sie gerade erkundeten. Bardos stellte ihnen ein Schälchen Wasser hin und verteilte auf dem Boden Reste von seiner Verpflegung, die noch aus Minas Tirith stand. Ihm selbst würde sie eher mäßig schmecken, aber die die Kätzchen würde es reichen.
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Nur wer seine Rechnungen nicht bezahlt, darf hoffen, im Gedächtnis der Kaufleute weiterzuleben. (Oscar Wilde)
Adlinn ignorierte Bardos' Bemerkung und ging gleich auf seine anderen Fragen ein.
»Warum wird sie schon aufs Zimmer wollen«, fragte Adlinn und zog die Augenbrauen hoch. »Sie ist im achten oder neunten Monat schwanger - geschätzt - und ist entsprechend müde! Da trägt man ja ein riesiges Gewicht mit sich herum, die Füße sind geschwollen und der Rücken ist ein einziges Elend.«
Sie winkte ab und beobachtete amüsiert, wie er sich mit dem Hemd under Hose abquälte. Sie unterließ es, ihm anzubieten, dass sie ihm ja zur Hand gehen könnte und schmunzelte stattdessen.
»Der Mann hat sich nicht vorgestellt, erst schien er kein besonders freundlicher Typ zu sein, aber er kann gut mit meinen Hunden umgehen und ist recht freundlich. Er kennt Ellena noch als Brunderei«, ergänzte sie. »Vielleicht kennt Ihr ihn auch und könnt etwas zum Gespräch beisteuern?«
Sie hob ein Kätzchen auf, das zur Tür steuerte und drehte es in Richtung des Essens. Dann hielt sie Bardos die Tür auf, ein Inbegriff der vertauschten Rollen.
Zu den ersten Sätzen verdrehte Bardos nur die Augen. Er wusste nicht, wie sich eine schwangere Frau fühlte, aber die besserwisserische Art von Adlinn ging ihm auf die Nerven. Konnte sie nicht mal vernünftig reden?
Während Bardos durch die Tür trat und auf dem Flur auf Adlinn wartete sagte er: »Meine Güte! Wie Ihr Menschen beurteilt! Danach ob sie gut mit Euren Hunden umgehen können … Dann bin ich wohl ein besonders unliebsamer Mensch, weil ich Eure Hunde nicht mag, nachdem mir einer heute fast die Kehle durchgebissen hat?«
Unwillkürlich fuhr sich Bardos durch das Haar, als eine recht hübsche, aber eindeutig zu einem bestimmten Milieu gehörende junge Frau mit tiefem Ausschnitt an ihnen vorbei ging. Bardos war Mann genug, um die Frau reizvoll zu finden, aber er hielt nichts von solchen Abenteuern. Außerdem gab es ja Miléndra.
Er schaute auf die kleine Adlinn hinab, die nun vor ihm stand und ihn kritisch musterte. »Und? Was sagt Euch Eure Menschenkenntnis jetzt?«
Bardos verschränkte die Arme vor dem Bauch und schaute Adlinn in ihre grünen Augen.
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Nur wer seine Rechnungen nicht bezahlt, darf hoffen, im Gedächtnis der Kaufleute weiterzuleben. (Oscar Wilde)
Adlinn erwiderte seinen Blick, warf dann auf die Prostituierte, die an ihnen vorbeigegangen war, einen Blick und antwortete:
»Nun, meine Menschenkenntnis sagt mir, dass die Dame, für die Ihr Euch durchs hübsche Haar gefahren seid, trotz ihrer Jugend hier in diesem Kaff wahrscheinlich schon seit Jahren ihrer Tätigkeit nachgeht, wahrscheinlich längst Langeweile entwickelt hat und der schönen Kleider und mickrigen Gehälter überdrüssig ist. Seht nur, mit welcher angelernten Langeweile sie ihren Hintern schwenkt. Und dafür macht Ihr Euch hübsch? Da solltet Ihr mal an Euer Menschenkenntnis arbeiten. Ich dachte ja, dass Ihr ein wenig mehr Geschmack hättet - zumal Ihr Euch mit Eurem Geld sicher eine Klasse besser leisten könntet.«
Sie schnippte vor seinen Augen mit den Fingern, drehte sich auf der Ferse um und stieg vor ihm die Treppe herunter. Dabei schmunzelte sie und hoffte, dass sie ihn verwundert und vielleicht sogar beeindruckt hatte. Zumindest verwundert. Außerdem achtete sie darauf, dass ihr Hintern beim Gehen nicht hin und her wackelte. So billig war sie auch nicht.
Die kleine Frau machte ihren Standpunkt allzu deutlich. Im Grunde stimmte er ja mit ihr überein. Bis auf den letzten Teil, denn er ging bestimmt nicht in ein Freudenhaus. Aber die Dirnen mochte er nicht. Schon gar nicht, weil viele seine Schwester als solche bezeichnet hatten. Es schickte sich einfach nicht für eine Frau, einem Mann für Geld solche Dienste anzubieten.
Doch Adlinn recht zu geben, konnte er auch nicht. Dazu reizte sie ihn ständig. Er blickte auf die kleine Frau, die sich so betont sittsam gab und plötzlich spürte er den inneren Drang sie wenigstens einmal aus der Fassung zu bringen.
Er beschleunigte seinen Schritt und sprang die Treppe schneller hinab als Adlinn, dann drehte er sich rasch um, so dass sie noch auf halber Treppe zum Stehen kamen. Der Lärm der Wirtsstube war schon hörbar. Bardos setzte einen Blick auf, als würde er Adlinn verführen wollen. Er stand zwei Stufen tiefer als sie und so konnten sie sich direkt in die Augen sehen. Als hätte ihn plötzlich die Leidenschaft zu Adlinn erwischt, packte er sie und zog sie besitzergreifend in seine Arme. Seinen Blick wandte er nicht von ihr ab, sondern näherte sich ihren Lippen immer mehr.
Er spürte ein leises Kribbeln, das aber mehr von dem Gedanken herrührte, was er mit Adlinn zu tun gedachte, als von Gefühlen, die er für die junge Mutter entwickelt hatte. Adlinn wehrte sich natürlich, doch wurde sie schließlich doch schwach. ›Wahrscheinlich hat sie lange keiner mehr geküsst‹, dachte Bardos, der nun kaum mehr drei Zentimeter von ihren Lippen entfernt war. Ihre Lider begannen zu flattern und in Erwartung des Kusses schloss Adlinn halb die Augen.
Mit rauchiger Stimme sagte Bardos: »Schade, dass Ihr nicht eine Klasse besser seid!«
Genussvoll sah er, wie Adlinn die Worte nach und nach begriff und böse wurde. Bardos grinste nur und drückte Adlinn wieder in die Lage zurück, dass sie aufrecht stehen konnte. Grinsend harrte er der Strafpredigt, die jetzt kommen würde. Aber sie würde an ihm abperlen, so sehr freute er sich, dass er Adlinn einmal so richtig eins auswischen konnte.
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Nur wer seine Rechnungen nicht bezahlt, darf hoffen, im Gedächtnis der Kaufleute weiterzuleben. (Oscar Wilde)