Bevor Bardos seine Frage beantwortete, zog er Ellena in seine Arme, um sie zu trösten. Adlinn legte ihr ebenfalls eine Hand auf den Rücken und langsam verebbten die Tränen der jungen Frau. Und auch wenn Ellena ihm immer wieder zaghaft zulächelte, schien ihr Iolyns Nähe unangenehm zu sein. Die Tatsache, dass sie vor langer Zeit ein paarmal das Bett geteilt hatten, änderte nichts daran, dass er wohl auch einer der fremden Männer war, vor denen sie nun Angst hatte...
Er fühlte sich bei diesem Gedanken ziemlich unwohl und als Bardos dann auch noch den reichen Großkotz heraushängen ließ, dachte Iolyn nur, dass er dann ja BESTENS für seine Schwester sorgen konnte... und beschloss, sich nicht länger aufzudrängen. »Ich werde mich nun langsam zurückziehen.« Mit einem entschlossenen Blick hievte er sich aus seinem Stuhl. »Morgen ist ein langer Tag und mich erwartet eine anstrengende Reise, die ich zeitig antreten möchte.«
Er deutete eine leichte Verbeugung an und verabschiedete sich mit den Worten »Wenn Euch Euer Weg über Erui führt, kann es sein, dass wir uns noch einmal begegnen. Ich hoffe, dass Ihr das dann ebenso begrüßen werdet, wie es mir eine Freude wäre...«
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Adlinn stand auf und legte die Hand auf Ellenas Schulter, die sich langsam aus Bardos' löste.
»Lass uns nach oben gehen, Ellena, solange unser Badewasser noch warm ist. «
Sie nahm Ban auf den Arm, der über die Unterhaltung eingeschlafen war und ging, von Ellena gefolgt zur Treppe.
»Ich wünsche den Herren eine gute Nacht, es war schön, Euch kennengelernt zu haben«, meinte sie, zu Iolyn gewandt, der auch im Gehen war.
Die beiden Frauen stiegen die Treppe hoch, gefolgt von den beiden Hunden, und Adlinn zeigte Ellena ihr eigenes Zimmer und das von Ellena und Bardos. Die Holzwanne stand in Adlinns Zimmer, und das Wasser dampfte noch. Der Raum war von einem herrlichen Duft erfüllt, die Magd hatte Öle zum Wasser gegeben. Adlinn seufzte und legte Ban ins Bettchen, wo er seelenruhig weiterschlief. Er hatte vorhin das Brot zu essen bekommen, das bei Adlinns Suppe beigewesen war und hatte nun einen kugelrunden kleinen Bauch. Sie windelte ihn noch neu, dann ließ sie ihn schlafen.
Dann legte sie langsam ihr Schultertuch ab und forderte Ellena auf, sich als Erste in die Wanne zu legen. Sie selbst setzte sich auf einen Stuhl, nahm ihre Handspindel aus der Tasche und begann Wolle zu spinnen, was für sie eine entspannende Tätigkeit war.
Bardos drückte das Mädchen liebevoll an sich und schaukelte sie leicht. »Hab keine Angst, Schwesterchen. Niemand tut dir etwas, wenn ich bei dir bin!«, sagte er leise zu Ellena. »Vielleicht magst du lieber hoch auf unser Zimmer gehen?«
Da sprach schon Adlinn und nahm sich Ellena an. Erst wollte Bardos schon selbst seine Schwester nach oben begleiten, aber beim Baden würde er ihr kaum helfen dürfen. Er stand auf und wischte mit den Daumen die Tränen aus Ellenas Gesicht, während er sie aufmunternd anlächelte und sagte: »Geh nur ruhig baden! Das wird dir gut tun. Ich werde bald nachkommen und dann kannst du ohne Sorge schlafen! Vergiss, was alles passiert ist. Von nun an bist du nicht mehr allein!«
Damit küsste er seine Schwester auf den Haaransatz und ließ sie nach oben gehen. Auch Adlinn sagte er gute Nacht, blickte ihr aber skeptisch nach.
Mit Iolyn
»Bleibt doch noch ein wenig«, lud Bardos Iolyn ein. Er war ein häufiger Besucher von Wirtshäusern und saß nicht gern allein da. »Ihr wollt also auch in die Hauptstadt? Zu den Feierlichkeiten an den Festtagen? Da wird wieder ein ganz schöner Rummel in der Stadt sein. Nun die Mädchen ziehen ihre besten Kleider an und putzen sich noch mal so schön wie sonst heraus! Deswegen allein könnten es ruhig mehr Feiertage in Gondor geben!«
Er grinste und prostete dem Soldaten zu. »Habt Ihr noch zu trinken? Oder soll ich den Wirt rufen?«
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Nur wer seine Rechnungen nicht bezahlt, darf hoffen, im Gedächtnis der Kaufleute weiterzuleben. (Oscar Wilde)
Langsam löste sich Ellena von Bardos. Sie versuchte ihrem Bruder ein tapferes Lächeln zu schenken, während er ihr die Tränen wegwischte. „Gut. Danke! Bis später dann.“ Das Mädchen erhob sich, die Hände an den Rücken gestemmt. Die Suppe hatte sie nicht aufgegessen. Aber Bardos würde da schon nachhelfen. „Gute Nacht Iolyn ... und danke für deine Gesellschaft.“ Etwas schüchtern nickte sie dem Soldaten zu und folgte dann Adlinn.
Mit Adlinn in den Zimmern
Ellena brauchte etwas länger die Treppe hinauf, aber schließlich war sie doch oben und sah noch einmal zurück. Wenn die die Stufen noch schmaler bauen ... Sie führte den Gedanken nicht weiter, sondern ließ sich von Adlinn erst in das Zimmer von Bardos führen. Dort schliefen die Katzen in verschiedenen Ecken und Ellena sah, dass Bardos ihnen sogar Essensreste überlassen hatte. Sie sah so, dass die Kleinen gut versorgt waren und kam mit Adlinn, als diese in das andere Zimmer ging.
Das Mädchen musste schon wieder die Tränen zurückhalten, als sie den dampfenden Zuber sah. Zwei Schwämme und mehrere Seifen lagen bereit. Adlinn forderte sie aus, sich auszuziehen und hinein zu steigen. Während Ellena ihr altes, kaputtes Kleid, welches man sofort entsorgen konnte, vom Körper streifte, beobachtete sie, wie Adlinn den kleinen Ban windelte. Sie wollte sich jeden dieser Handgriffe einprägen. Auch wenn sie nun noch keine Muttergefühl entwickelt hatte, so wollte sie doch vorbereitet sein und sich nicht blamieren, wenn sie sowas dann selbst machen musste.
Als das Mädchen nun entkleidet war, sah man erstmal wie dürr sie, bis auf den voluminösen Bauch, eigentlich war. Irgendwie schaffte Ellena es auch in die Wanne zu steigen. Ob sie dort auch wieder raus kam, war eine andere Frage. Zum Glück hatte der Zuber eine längliche Form und so konnte sie ihre Beine ausstrecken und musste diese nicht an eng an den Bauch ziehen. Wohlig umflutete das warme Wasser Ellenas Körper und entspannte ihre Seele ein Stück weit.
Mit den Schwamm und den Seifen in der Hand versuchte sie sich so sauber wie möglich zu bekommen und auch ihre Haare zu waschen, während Adlinn mit ihrer Wolle beschäftigt war. „Darf ich dich was fragen?“ Ellena sah zu ihr herüber, während sie mit dem Schwamm über einen Arm strich. „Wenn man ein Kind hat, dann hat man keine ruhige Minute mehr, oder? Du musst doch immer wachsam sein und kannst nicht mal für fünf Minuten die Augen schließen, oder?“ Ellena sah zu Ban, welcher friedlich im Bett schlief. Aber wie lange würde dies so bleiben?
Adlinn saß auf dem Bett, die Spindel senkte sich mit dem gesponnen Faden in regelmäßigen Abständen zu Boden, wurde von Adlinn aufgewickelt und senkte sich erneut. Adlinn sah dem Faden zu, und nahm Ellenas Umrisse in der Wanne nur schemenhaft war.
Als diese ihre Frage stellte, hielt Adlinn den Faden kurz an und stützte die Spindel aufs Knie. Sie überlegte.
»Nun«, begann sie dann und ließ die Spule wieder weiterdrehen, »es ist schon manchmal schwierig, Freiräume für sich zu finden. Gerade in der ersten Zeit, wo das Kind so furchtbar unregelmäßig schläft. Aber das gibt sich, man gewöhnt sich daran dann zu schlafen, wenn das Kind schläft. Und dann kommen die Nächte, wo man wieder durchschlafen darf.... «. Sie seufzte bei der Erinnerung an diese Erlösung.
»Aber eigentlich hört man nie auf, an ihn zu denken.« Sie sah nachdenklich auf Ban hinunter. »Man schaut immer, wo er gerade hingreift, was er in den Mund steckt oder in die Nase... . «
Nachdenklich hörte Ellena die Worte der jungen Frau, während sie immer noch die Wärme des Seifenwassers genoss.
„Ab wann schläft ein Kind durch?“ Sie musste das alles wissen. Musste soviel Wissen wie möglich in sich aufsaugen, damit sie dann nicht total unterging. Sie wusste ja, dass sie ohnehin schon restlos überfordert sein würde. „Was ist, wenn man es mal irgendwo vergisst ... was wenn ich nicht weiß wie ich es stillen soll?“
Das war bestimmt für ein verheiratetes Paar schon schwierig. Wie würde es erst sein, wenn man alleine war. Doch da viel Ellena ein, dass auch Adlinn allein unterwegs war und das Mädchen hatte sie noch überhaupt nicht nach diesem Umstand gefragt. Obwohl sie sich schon Gedanken darüber gemacht hatte.
„Was ist denn ... wo ist denn ... wartet Bans Vater in Minas Tirith auf euch?“ fragte Ellena und sah zu Adlinn, welche die Arbeit mit der Spindel wieder aufgenommen hatte. Ellena selbst versuchte sich unterdessen irgendwie den Rücken einzuseifen, was ihr nicht so wirklich gelang. Sie war froh, dass sie wenigstens an ihre Beine heran kam. Aber alles andere stellte sich als aussichtsloses Unterfangen dar.
Adlinn sah Ellenas Bemühungen, sich den Rücken einzuseifen, und legte die Spindel weg. Sie ging um die Wanne herum, nahm Ellena den Schwamm ab und setzte sich hinter sie. Mit kreisenden Bewegungen seifte sie ihr den Rücken ein und wusch den Seifenschaum danach wieder gründlich ab.
W»ann ein Kind durchschläft, hängt von vielen Dingen ab, das kann ich dir nicht genau sagen. Ich weiß auch nicht mehr genau, wann Ban wieder durchgeschlafen hat. Und die Kinder melden sich schon, wenn sie Hunger haben - sie schreien so laut, dass es einem sofort einfällt, dass es Hunger sein könnte. Glaub mir.«
Adlinn lächelte verschmitzt. Sie hatte sich schon öfter mal Watte in den Ohren gewünscht.
»Weißt du, vieles läuft wie automatisch, fast ganz von selbst. Und wenn nicht, dann läufst du in den vierten Ring runter, wo meine Tante wohnt, und fragst mich schnell. Ich bin ja immer für dich da.«
Sie seufzte leise und wusch auch Ellenas Haare mit der Seife.
»Mein Mann wartet nicht in Minas Tirith auf mich. Er ist vor mehr als einem Jahr bei einem Unfall gestorben, auf dem Feld.« Sie schluckte. »Ich vermisse ihn manchmal noch sehr. «
Sie wusch die Haare aus und wickelte sie in ein Handtuch. Dann half sie Ellena, sich aus der Wanne zu erheben und reichte ihr ein Handtuch, in das sich Ellena wickelte. Adlinn selbst kleidete sich aus und stieg in das noch warme Wasser. Auch für sie war es ein schönes Erlebnis nach einem staubigen Reisetag in die Wanne zu steigen.
Ellena freute es zu hören, dass sie immer zu Adlinn kommen konnte, wenn sie Fragen hatte, was das Kind betraf. Das war gut so, denn das Mädchen wusste nicht, an wen sie sich sonst hätte wenden sollen. Doch ihr Lächeln verstarb, als Adlinn ihr erzählte, dass ihr Ehemann und Bans Vater verstorben war. „Das tut mir leid. Ich hab es nicht gewusst.“
Ellena ärgerte es nun, dass sie vorhin davon gesprochen hatte, dass sie dieses Kind, auf Grund des Vaters, weil es mit Schmerz und nicht mit Liebe gezeugt worden war, wohl nicht die richtige Liebe entgegen bringen konnte. Aber Ban hatte gar keinen Vater mehr. Nun, Adlinn musste ihm die Vaterschaft zumindest später nicht verheimlichen.
Ellena schwieg, in Gedanken versunken, als Adlinn ihr half Rücken und Haare zu waschen. Am liebsten wäre sie hier noch Stunden gesessen, doch Adlinn sollte auch noch das warme Wasser genießen dürfen. Zum Glück half ihr die junge Frau auch aus dem Zuber zu steigen, wo sie kurz darauf selbst drin Platz nahm.
Ellena hatte sich unterdessen abgetrocknet und zog das Unterkleid, welches bei ihrem neuen Kleid dabei war, an. Unter normalen Umständen wäre es ihr zu groß geworden. Nun, es waren eben keine normale Umstände. Darin konnte sie zumindest gemütlich schlafen.
Während sie in einem Schaukelstuhl, welcher neben dem Kamin stand, Platz nahm, bewunderte sie Adlinns Körper, ihre schöne Figur. Sie war war zierlich, aber nicht so mager wie Ellena. Und von dem Babybauch war auch kaum mehr etwas zu sehen. Ellena hatte nach der ersten Geburt auch schnell wieder an Gewicht verloren und hoffte, dass es auch diesmal so sein würde.
„Und ... willst du wieder heiraten?“ fragte sie Adlinn, während sie leicht im Schaukelstuhl vor und zurück wippte. Langsam wurde sie ziemlich müde. Aber sie konnte nicht schlafen gehen, ehe sie wusste, wo hier der Abort war. Das Kind drückte ihr Nachts ständig auf die Blase und ohne dem Wissen, wo sie sich erleichtern konnte, würde wohl ein Unglück geschehen. Etwas, das Bardos wohl nicht gebrauchen konnte, wenn er mit ihre in Zimmer teilte.
Adlinn seifte sich langsam ein und genoss das warme Wasser. Sie begann zufrieden vor sich hinzusummen und unterbrach sich dann, um Ellena zu antworten. Die Frage machte sie nachdenklich.
»Eigentlich weiß ich es nicht genau«, antwortete sie dann leise und hielt mit dem Einseifen inne. »Ich würde schon gerne wieder heiraten, denke ich, dann hätte ich jemanden, der Ban mit erzieht und auch mich mit versorgt. «
Sie fuhr mit dem Einseifen fort und wusch sich dann auch gleich die Haare. Während sie danach seufzend aus der Wanne stieg, weil das Wasser fast erkaltet war, trocknetete sie sich ab und fuhr fort:» Aber das hat noch keine Eile. Ich müsste erstmal jemanden kennenlernen, der auch den Ärger wert ist, den er zwangläufig mit sich bringt. Aber Ban wird sich mal ein hübsches Mädchen abkriegen, wenn er groß ist. Er wird dann Soldat sein, denke ich, und eine attraktive Partie.«
Adlinn sah sich nach Ellena um, die fast auf dem Schaukelstuhl eingeschlafen war. Sie schlüpfte in ein Unterkleid aus ihrer Truhe, die nach oben gebracht worden war, und trat dann auf sie zu.
»Soll ich dich rüberbringen? Dort wartet sogar ein schönes Bett auf dich, nicht nur ein schnöder Stuhl.« Sie lächelte.
Ellena wäre wirklich beinahe eingedöst. Doch als Adlinn nun aus dem Zuber stieg und sich für die Nacht ankleidete, riss sich das junge Mädchen zusammen. „Ja gerne“, meinte sie auf Adlinns Frage hin und erhob sich aus dem Stuhl. Sie würde Bardos später fragen, wo hier der Abort war, denn momentan wollte sie sich doch einfach nur hinlegen. Das Schultertuch legte sie sich wieder um, denn man konnte auf dem Gang schließlich irgendjemanden begegnen. Das Seifenwasser hatte ein wenig in den Striemen am Hals gebrannt, aber das hatte sie für das warme Bad so hingenommen.
Da Ban friedlich dalag, ließen sie ihn auch weiter schlafen, während die beiden jungen Frauen das Zimmer wechselten. Als Ellena das große Bett gewahr wurde, welches sie sich mit Bardos teilen würde, trat sie an jenes heran und strich, in Gedanken versunken, mit der Hand über die Decke. So als hätte sie ein solches Bett noch nie genutzt oder gar gesehen. Aber es war wirklich lange her.
Ellena riss sich aus ihrer Sentimentalität und ging durch das Zimmer, wo sie in den einzelnen Ecken die sieben dösenden Katzenkinder einsammelte und in den großen, geflochtenen Korb legte. „Bleibt dort drin heute Nacht. Ich glaube Bardos würde es nicht gefallen, wenn ihr Nachts Radau macht“, sprach sie zu den Kätzchen, bevor sie ein Tuch halb über den Korb legte. „Ich denke, ich komme zurecht“, meinte Ellena zu Adlinn. Sie merkte aber, wie diese zögerte. „Wirklich. Ich ... ich verspreche, dass ich einfach nur schlafen gehen werde. Wirklich1“ Als sich Adlinn zum Gehen wenden wollte und Ellena sich auf das Bett gesetzt hatte, sprach sie die junge Frau doch noch einmal an. „Adlinn? ... Danke! Ich danke dir so sehr!“ Auch wenn sich diese Gedanken, welche sich um Selbstmord drehten, noch öfters in den Vordergrund drängten, so war sie dieser Frau in diesem Moment doch einfach nur mehr als dankbar.
Adlinn hatte sich zögerlich zum Gehen gewandt, den Blick noch auf Ellena gerichtet.
Als diese sie nochmal ansprach und ihr dankte, trat sie mit schnellen Schritten nochmal auf Ellena zu und umarmte sie sehr herzlich.
»Liebes, alles wird gut werden, glaube mir! Schlaf dich mal aus und denk an nichts, du wirst sehen - morgen sieht die Welt schon viel rosiger aus. Du hast jetzt mich und Bardos, wir werden ganz doll auf dich achten!«
Sie wischte sich eine Träne weg, die ihr über die Wange gelaufen war. Sie war so ergriffen von Ellenas Dankbarkeit und ihrem ganzen Wesen, sie konnte es nicht verhindern.
Dann küsste sie Ellena auf den Scheitel und ging leise aus dem Zimmer.
In ihrem eigenen legte sie sich im Unterkleid neben Ban auf das Bett, deckte sich zu und schlief fast umgehend ein.
Ellena war ganz perplex auf Grund von Adlinns Umarmung, welche nach den Worten des Mädchens folgte. Waren das Freudenstränen oder durch Kummer entstandene, da Ellena heute nur knapp dem Tod entkommen war? Wäre Adlinn nicht gewesen, hätte sie sie nicht gefunden und hätte sie nicht so rasch, instintik und gekonnt gehandelt, würden sie hier beide nicht in einer Umarmung sitzen, welche Freundschaft versprach.
„Danke. Ich habe schon lange nicht mehr ausgeschlafen.“ Aber wahrscheinlich mussten sie Morgen auch schon wieder früh weiter. „Schlaf gut. Und ... irgendwann werde ich die Möglichkeit finden, mich erkenntlich zu ziegen. Für alles!“ Nach diesen Worten hatte Adlinn das Zimmer verlassen.
Ellena selbst legte das Schultertuch zur Seite und kroch unter die Decke des Bettes. Es war so weich und wurde von ihrer eigenen Körperwärme schnell gewärmt. Ellena lag auf dem Rücken und fuhr mit der Hand über ihren Bauch. „Geht es dir gut?“ fragte sie leise. „Es tut mir leid, was heute geschehen ist. Du kannst ja für das alles nicht. Ich hoffe es geht dir gut. Wir sind jetzt in Sicherheit ... Bitte verzeih mir!“ Ellena rollte eine Träne über die Wange. Gut möglich, dass das Kind auf Grund des Sauerstoffmangels Schaden davon getragen hatte.
Es war das erstemal, dass Ellena mit dem Ungeborenen sprach. Ab und an hatte sie es nur verflucht. Das aber aufgrund der Tatsache, dass ihr Umstand die Arbeit auf Undars Hof erschwerte und der Bauer keinen Unterschied gemacht hatte, ob sie nun schwanger war oder nicht.
Dass ihn Bardos zum Bleiben aufforderte, erstaunte Iolyn ein wenig, aber er wusste, wie öde es war, alleine an einem Tisch zu sitzen und in einen sich viel zu schnell leerenden Krug zu starren... Und wenn er Ellenas Abschiedsworte richtig deutete, war ihr seine Gegenwart DOCH nicht so unangenehm gewesen, wie es kurzzeitlich den Anschein gehabt hatte. Ein weiteres mal konnte er nur kopfschüttelnd 'interpretieren', was im Kopf einer Frau vorging. »Ich werd die Weiber nie verstehen...« murmelte er und ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen.
»Was soll's!« Mit einer eindeutigen Handbewegung auf seinen Krug machte er dem Wirt klar, dass er schnell für Nachschub sorgen sollte und wandte sich an Bardos. »Wenn Ihr darauf BESTEHT, trinke ich gerne noch einen Schluck mit Euch...«›... aber nicht so viel, dass ich morgen nicht mehr klar denken kann‹, vervollständigte er in Gedanken und war froh, dass er wusste, dass er sich an diesen Vorsatz auch halten (können) würde. Bei seinem Gegenüber hatte er da zwar gewisse Zweifel, aber da die beiden Frauen sicher in ihren Kammern waren, war es nicht an ihm, Bardos diesbezüglich zu bevormunden oder gar zu kritisieren.
»Ja. Ich habe ein paar freie Tage und die Erlaubnis erhalten, meine Familie zu sehen. Es ist viel zu lange her...« Iolyn wurde fast ein bisschen wehmütig, als er an seine geliebten Eltern und an seine süße, kleine Schwester dachte, aber dieser Gedanke wich sehr schnell der Vorfreude auf den baldigen Besuch. »Und was ist mit Euch? Habt Ihr ein bestimmtes Mädchen im Auge, das sich für Euch herausputzen wird?« fragte er Bardos mit einem kleinen Augenzwinkern. »Oder bemüht Ihr Euch gar um Eure eigenwillige Begleitung?« Bei diesen Worten prostete er Bardos frech zu und war froh, dass die Unterhaltung nun wohl in eine angenehme Richtung gehen würde.
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»Ich bestehe nicht darauf, es war nur ein Angebot«, sagte Bardos und wunderte sich etwas über die seltsame Betonung des Mannes. Aber er war niemand, der sich schnell ein Bild von einem anderen machte und damit voreingenommen war. So trank er einen Schluck und vergaß diese winzige Nuance.
»Heimaturlaub ist etwas Feines«, nickte Bardos und dachte daran zurück, wie endlos ihm manchmal die Tage vorgekommen waren, als er weit weg von Minas Tirith war und wie er sehr er sich nach dieser Stadt sehnte, die er so liebte. Natürlich auch nach Brunderei und seinen Eltern. Doch Iolyns Frage holte ihn aus der Vergangenheit zurück.
»Adlinn«, prustete er los und Iolyn konnte von Glück sagen, dass Bardos den Wein gerade hintergeschluckt hatte, sonst wäre er nun sehr betröppelt gewesen. »Ich bin doch nicht irre. Gondor ist voll von schönen Frauen, dann nehme ich doch keine, die Haare auf den Zähnen hat!« Bardos schüttelte entschieden den Kopf. »Sie ist eine wahre Furie, aber bekommt das nicht einmal mit. Und wenn man ihr das zehnmal sagt.«
Er seufzte tief und meinte dann, während er seinen Becher in den Händen drehte. »Ich weiß selbst nicht, warum ich das Biest mitnehme. Ich könnte sie ja einfach hier lassen und sie mit ihrem Ziegenbock aus meinem bisher schönen Leben verbannen.«
An dieser Stelle erzählte Bardos Iolyn die Geschichte mit dem Händler und wie ein Teil seiner Ware nun auf ihrem Wagen lag. »… und dann nimmt sie dieses stinkende Vieh von einem Ziegenbock mit! Himmel - als ob wir in Minas Tirith solche Viecher brauchten!«
Natürlich gab es auch in Minas Tirith Ziegen, doch in der Nähe von Bardos Palast gab es keinen, der sich Ziegen oder andere streng riechende Tiere hielt.
»Naja. Wahrscheinlich ist es aber ganz gut, dass sie mit kommt. Brund… Ellena braucht wohl eine Frau an ihrer Seite, jetzt wo sie ein Kind erwartet. Ich bete zu den Valar, dass sie das Kind nicht gleich die nächsten Tage bekommt. Der kleine Ban ist ein ganz feiner Kerl, aber der ist ja auch schon auf der Welt und …«
So recht wusste Bardos nicht, wie er seine Furcht oder seine Bedenken gegenüber einer Geburt Ausdruck verleihen sollte. Aber Iolyn war ein Mann und würde das wahrscheinlich gut nachvollziehen können.
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Nur wer seine Rechnungen nicht bezahlt, darf hoffen, im Gedächtnis der Kaufleute weiterzuleben. (Oscar Wilde)
Iolyn störte sich nicht daran, dass Bardos seine Frage nach einem 'Liebchen' nicht beantwortete, sondern stattdessen nur über Adlinn herzog. Als ob er darauf gewartet hätte, dass er endlich seinen Frust loswerden konnte. Als er die Händlergeschichte zum besten gab und dann lautstark seinem Unmut Ausdruck verlieh, dass er jetzt diesen Ziegenbock am Hals hatte, konnte sich Iolyn ein Grinsen nicht verkneifen. Er hatte die Bilder förmlich vor Augen...
Nur das mit dem 'bisher schönen Leben' nahm er Bardos nicht ab. Der Name BARADOS, der vorhin gefallen war, war ihm durchaus ein Begriff und er hatte den Eindruck, dass sich Bardos und seine Schwester momentan nicht unbedingt auf der Sonnenseite des Lebens befanden. Bardos überspielte das, wie man das als Mann nun mal machte, aber Ellena... irgendwann würde Iolyn erfahren, was genau passiert war.
Als Bardos auf die bevorstehende Geburt zu sprechen kam (und diese konnte jederzeit losgehen, wenn man an nach den Ausmaßen von Ellenas Bauch ging!), lenkte Iolyn schnell ab. Er hatte keine Lust, jetzt tiefsinnige Gespräche zu führen. Schon gar nicht über Babys und Geburten! ›Nicht mein Metier...‹ dachte er grimmig und sagte laut, »Da können wir nun nichts tun. Nur Abwarten... Das war schon immer Frauensache... und das ist auch gut so!«
Dann nahm er einen großen Schluck aus seinem Krug und fragte unverblümt: »Ihr wart auch einmal Soldat, Bardos?«›Barados Sohn.‹
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Bardos grinste Iolyn an:»Genau! Wir Männer kümmern uns nur drum, dass die Frauen einen dicken Bauch bekommen. Den Rest sollen sie mal allein schaffen …« Das hieß natürlich nicht, dass Bardos eine junge Frau nicht unterstützen würde, die von ihm schwanger wäre - auch wenn das mehr als unwahrscheinlich wäre. Im Gegenteil. Aber Geburten waren mit Schmerz und Blut verbunden. Und da leideten keine Männer, sondern zarte Frauen, die eigentlich nicht zum Leiden geschaffen waren.
Nun schnitt Iolyn jedoch ein anderes, nicht so schönes Thema an.
»Ja. Ich war auch Soldat. Und kein schlechter«, sagte Bardos und schüttelte sich, als wolle er eine kalte Hand auf seiner Schulter abschütteln. Er starrte auf den Tisch und hing kurz seiner Erinnerung an seine Entlassung nach.»Verdammter Truchsess«, rief er aus und stellte den Becher Wein mit Klirren auf den Tisch zurück, während seine Augen böse blitzen.
Dann riss er sich zusammen. Hier waren zu viele Soldaten, die im Gegensatz zu ihm treu hinter Denethor standen. Früher wäre er einer Prügelei nicht aus dem Weg gegangen, ja, er hätte sie sogar geschätzt um seiner Wut Luft zu machen. Aber jetzt war da Ellena, für die er verantwortlich war. Und er musste sie heil nach Minas Tirith bringen.
»Und Ihr? Gefällt es Euch in Erui? Oder wollt Ihr einmal mit Boromir in den Kampf ziehen, wie jeder Soldat?«, fragte Bardos um abzulenken. »Oder wie steht es mit den Waldläufern? Da sollen die Regelungen ja auch nicht mehr so streng sein, so dass man da leichter zu Faramir kommt.«
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Als Bardos seine Frage beantwortete, schwang ein unterschwelliger Ton in seiner Stimme mit... und auch das ‘Verdammter Truchsess’ war deutlich und unmissverständlich. Anscheinend hatte Barados Sohn mit der Obrigkeit so seine Probleme, auch wenn er die Zeit als Soldat vielleicht sogar irgendwie ‘vermisste’. So klang es zumindest.
Iolyn hatte sich noch keine endgültige Meinung über den jungen Mann gebildet, konnte sich aber gut vorstellen, dass er, auch bedingt durch seine vornehme Herkunft und die damit verbundenen Privilegien, kein einfacher Soldat gewesen war - ‘einfach’ nicht im Sinne von ‘gemein’, sondern im Sinne von ‘umgänglich’ - und er musste sich ein Grinsen verkneifen, als Bardos seinen Becher mit Schwung auf den Tisch knallte.
Er versuchte auch gleich, von sich abzulenken, indem er Iolyn nach SEINEN Plänen fragte, aber der beantwortete die Fragen ehrlich und ohne lange nachdenken zu müssen. »Ich bin nicht von adeliger Herkunft, Bardos, auch wenn meine Eltern gut situiert sind. Und wahrscheinlich fehlen mir einfach die nötigen Beziehungen, die man braucht, um in der Nähe der Truchsess-Söhne kämpfen zu dürfen.
Allerdings...« er zögerte kurz, »... habe ich inzwischen den leisen Verdacht, dass mein besorgter VATER seine Finger im Spiel hatte, als es um meinen Einsatzort ging...« Iolyn seufzte etwas verständnislos und richtete seinen Blick wieder auf Bardos.
Da er immer noch neugierig war, lenkte er das Thema nochmal auf Bardos Unstimmigkeiten mit Denethor: »Darf man fragen, wieso Ihr so einen Groll hegt gegen den Truchsess?«
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Mit hochgezogener Augenbraue blickte Bardos den Soldaten an, den seine Schwester kannte. »Das sind doch alles nur Vorwürfe von den Soldaten, die einfach nicht gut genug sind!«, sagte der junge Mann mit bestimmtem Ton. »Um mit Denethors Söhnen zu kämpfen, muss man eben einer der besten sein. Das hat nichts mit Herkunft oder den Verdiensten von anderen Familienmitgliedern zu tun. Eine solche Ehre muss man sich verdienen!«
Bardos lehnte sich zurück und nippte an seinem Wein.»Sonst hätte ich schließlich auch an ihrer Seite gekämpft, denn ich habe Herkunft und Barados als Vater gehabt!«
Ein paar Momente stellte er sich vor, wie er mit Boromir in die Schlacht ritt, dann zuckte er mit den Schultern. Noch immer war Bardos nicht bereit mit dem ihm fremden Soldaten über seinen Groll gegen Denethor zu sprechen. Betont gelassen antwortete er: »Er entscheidet, wer Soldat ist und wer nicht. Also den Truchsess meine ich.«
Er winkte den Wirt heran und fragte, was er ihm schuldig sei, dabei machte er klar, dass er auch Iolyns Getränke bezahlen würde. Bardos bezahlte mit einem guten Trinkgeld und trank seinen letzten Schluck. »Ich gehe nun lieber zu meiner Schwester. Sie wird nun fertig mit baden sein und zu lange will ich sie mit dieser Adlinn nicht allein lassen. Wer weiß, was die ihr alles erzählt …«
Er stand auf und nickte Iolyn noch einmal zu. »Vielleicht sieht man sich ja noch einmal! Der Weg zur Hauptstadt ist weit. Wenn es Euch zu langweilig wird allein zu reisen, so könnt Ihr Euch uns vielleicht anschließen. Das heißt, wenn die Frauen sich nicht vor Euch fürchten. Aber die Kleine hat Euch scheinbar gleich in ihr Herz geschlossen! Ich hätte gewiss meinen Spaß daran zu sehen, wie sie versucht Euch zu gefallen!«
Grinsend blickte Bardos in Iolyns Augen. Er war sich nicht sicher, was für eine Meinung der Soldat von Adlinn hatte. Bardos war das ziemlich egal. Er würde es schon früh genug merken, dass Adlinn keine leichte Frau war.
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Iolyn war sich nicht sicher, wie Bardos Worte gemeint waren, denn eigentlich... konnte man ihn ja so verstehen, dass er SELBST nicht gut genug gewesen war, um in vorderster Front mitkämpfen zu dürfen? Aber da er das sicher nicht hatte sagen wollen, sondern die Schuld daran lediglich Denethor zu geben schien... nun ja. Da er jetzt keinen dummen Spruch loslassen wollte, meinte er nur, »Ich habe nicht behauptet, dass man nicht trotzdem einer der Besten sein muss, selbst WENN man von seiner Herkunft her privilegiert ist. Ich hege nur in MEINEM Falle den leisen Verdacht, dass mein Vater nicht will, dass ich zu nahe am Geschehen – sprich der GEFAHR – bin, weil er verhindern will, dass...« Er wollte hinzufügen ›... ich genauso ende wie er‹, verkniff es sich jedoch und wich aus »... mir etwas passiert.
Aber das sind Spekulationen, über die es sich nicht zu diskutieren lohnt.«
Er leerte seinen Becher und erhob sich ebenfalls, als Bardos aufstand. Mit einem Nicken bedankte er sich für die Einladung und sagte auf die Frage hin, ob er sich der kleinen Gruppe anschließen wolle: »Ich weiß nicht, ob sich Eure Begleiterinnen vor mir fürchten. Falls dem so ist, werde ich meinen Weg alleine fortsetzen.« Auf Bardos abfällige Bemerkung über Adlinn ging er nicht weiter ein und antwortete mit einem diplomatischen, aber durchaus ernst gemeinten »Keine Sorge, ich bin an keinem Eurer beiden Schützlinge mehr interessiert, als es der Anstand und, im Falle Eurer Schwester auch die Sorge, gebietet. Ihr könnt Euch also darauf konzentrieren, lediglich den WEG im Auge zu behalten.«
Iolyn hatte nichts gegen eine gemeinsame Weiterreise, aber das wollte er den Frauen überlassen, die sich jedoch hoffentlich in seiner Nähe sicher fühlten. Wahrscheinlich sicherer als mit Bardos allein? Bei diesem Gedanken grinste er und ging noch einmal kurz nach draussen, um nach seinem Pferd zu sehen.
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»Was ich im Auge habe, lasst mal meine Sorge sein«, sagte Bardos ernst und nickte Iolyn zu. »Ich denke, dass wir nicht ganz so zeitig aufbrechen, da meine Schwester bestimmt sehr geschafft von der langen Reise ist. Lasst uns beim Frühstück über Eure Mitreise sprechen!«
Damit verabschiedete sich Bardos und stieg die Treppe hinauf zu den Zimmern. Er musste grinsen, als er die Stufe erreichte, wo er Adlinn beinah geküsst hätte. ›Was für eine Frau‹, dachte er kopfschüttelnd und ging zu seinem Zimmer.
Bei Ellena auf dem Zimmer
Leise trat er ein, doch er sah, dass seine Schwester noch nicht schlief. Eine Kerze brannte auf dem Tisch und erhellte das Zimmer.
»Na Schwesterchen«, sagte Bardos im Flüsterton, »War dein Bad angenehm?«
Während ihm seine Schwester davon berichtete, zog Bardos die Stiefel und Hosen aus. Er wusch sich rasch die Füße und schlüpfte dann wieder in seine Hosen. Seine Schwester würde ihn körperlich nicht erregen, aber er wusste nicht, was für Träume er haben würde und wollte seiner Schwester eine unangenehme Überraschung am Morgen ersparen. Er zog aber sein Hemd über dem Kopf aus, nachdem er seine Weste ausgezogen hatte. Mit der Hand fuhr er sich über die zerkratzte Brust, die die Katze ihm beschert hatte.
»Dieses Biest!«, murrte er. Er legte sich zu seiner Schwester ins Bett. Und blickte sie von der Seite an. Dann drehte er sich vom Rücken auf die Seite und schaute seine Schwester nun ganz genau an. Eine Weile schwieg er, dann strich er sanft über Ellenas Oberarm. »Du weißt gar nicht, wie froh ich bin, dich wieder zu haben, Brund… Ellena. Ich habe dich sehr vermisst!«
Er beugte sich hinüber und gab Ellena einen Kuss auf ihre Wange.
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Ellena hatte die kleine Lampe auf dem Tisch brennen lassen. Einfach, da sie sich so wohler fühlte, als alleine im Dunkeln zu liegen. Noch immer strich sie sich leicht über den Bauch und versuchte mit dem Kind zu sprechen. Natürlich erwartete sie keine Antwort.
Als die Tür aufging, zuckte das Mädchen kurz zusammen. Doch als sie ihren Bruder erkannte, entspannte sich Ellena schnell wieder. Während er sich zum schlafen fertig machte, berichtete sie ihm vom angenehmen Bad im Zuber und dass man sogar Seife hinzugefügt hatte. Zwar war Ellena in einer adligen, reichen Familie aufgewachsen, doch so eine Verwöhnung war die junge Frau nicht mehr gewöhnt.
Nun, da Bardos neben ihr lag und sie sich einander anblickten, konnte Ellena sich erst so richtig entspannen. Seine Worte waren so sanft, Balsam für ihre Seele. Sie wusste, dass sie ihn enttäuscht hatte. Trotzdem ließ er sich diese Enttäuschung nicht anmerken. „Ich dachte, ich sehe dich nie wieder“, flüsterte Ellena und suchte unter der Decke nach seiner Hand. „Ich weiß, ich hätte nicht gehen dürfen. Es war falsch!“ Aber damals hatte das Mädchen keine andere Möglichkeit gesehen. „Und es tut mir auch leid, was heute ... was ich heute getan habe! Oder tun wollte ... Ich wurde von so vielen Gefühlen überrannt. Ich muss ... lernen mit ihnen zu Leben. Ich muss es versuchen.“
Ellena sah ihrem hübschen Bruder tief in die Augen, während eine Träne über ihre Wange rollte. „Bitte verzeih mir, Bardos! Bitte hilf mir! Ich schaff das nicht alleine!“ Ellena biss sich auf die Lippen, um einen Schluchzen zu vermeiden.
Sanft drückte Bardos Ellenas Hand und zog seine Schwester schließlich in seine Arme, so dass sie ihren Rücken an seine Brust drückte und er seine Arme um ihren Bauch legte.
»Hör zu mein Schatz«, sagte er und küsste Ellenas Haar, »Du bist jetzt nicht mehr allein. Und auch ich nicht. Mir ging der Tod unserer Eltern auch nah, doch ich wollte mich als Soldat beweisen. Darüber habe ich dich ganz vergessen. Es tut mir leid. Ich dachte, du bist bei Onkel und Tante gut aufgehoben.«
Einen Augenblick war Bardos in Gedanken an die Vergangenheit versunken, dann sagte er: »Du musst mir etwas versprechen, Ellena! Wenn du irgendwelche Sorgen oder Ängste hast, dann komm zu mir. Rede mit mir. Ich höre dir immer zu, Liebling.«
Für eine Weile schwieg er und spürte dann plötzlich, wie das Kind in Ellenas Bauch trat. Überrascht hob er den Arm hoch, doch dann legte er vorsichtig die Hand wieder zurück und tatsächlich: Nach einer Weile spürte er wieder eine Erhebung.
»Du. Ich freue mich auf das Kind. Der kleine Ban hat mein Herz erobert.«›Was man von seiner Mutter nicht sagen kann …‹»Ich bin richtig froh, dass ich bald ein eigenes bekomme. Also natürlich ist es deins! Aber ich werde Onkel!«
Aus Bardos Stimme konnte man ehrliche Freude heraushören.
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Nur wer seine Rechnungen nicht bezahlt, darf hoffen, im Gedächtnis der Kaufleute weiterzuleben. (Oscar Wilde)
Ellena seufzte, als Bardos sie in seine Arme zog. Auf der Seite konnte sie gerade so liegen. An eine Bauchlage, was sie eigentlich ansonsten beim Schlafen vorzog, war momentan gar nicht zu denken. Sanft spürte sie seinen Atem in ihrem Nacken. Sie war ihrem Bruder schon sehr lange nicht mehr so nah gewesen. Und sie machte sich auch keine Gedanken darüber, ob es nun richtig oder falsch war, dass Geschwister so nah beieinander lagen. Schließlich brauchte sie ihren Bruder so sehr.
Wie hatte er sie denn vergessen können? Natürlich das Leben als Soldat war sicherlich sehr zeitraubend gewesen und er hatte ja auch gedacht, dass sie gut aufgehoben war. Doch dem war nicht so gewesen. Zwar gab man ihr ein Dach über dem Kopf, Essen, Kleidung, alles was sie brauchte. Doch niemand hörte ihr zu oder beschäftigte sich viel mit dem Mädchen. Und so musste sie sich selbst um sich kümmern. Und dies war mächtig schief gegangen.
Ellena nickte tapfer, als er davon sprach, dass sie immer zu ihm kommen sollte. Ja, das hätte sie auch heute Nachmittag machen sollen. Dann wäre es nicht so weit gekommen. Aber nun war es zu spät. „In Ordnung. Ich werde es versuchen. Ich ... will dich zwar nicht ständig mit meinen Sorgen belasten, aber vielleicht werden sie auch weniger. Ich hoffe es.“
Plötzlich zog Bardos abrupt die Hand von ihrem Bauch weg, während Ellena kurz zusammen zuckte. Es kam vor, dass das Kind sehr aktiv trat, was nicht unbedingt immer angenehm war. Aber sie war froh, dass es sich bewegte und somit zeigte, dass es am Leben war. Bardos Hand fand seinen Platz wieder und erfreut fühlte er die Bewegung des Kindes in Ellenas Bauch.
„Dein Kind?“ Sie zog die Augenbrauen hoch, was Bardos natürlich nicht sehen konnte. „Ich denke ... ich denke es kann einen lieben Onkel gut gebrauchen. Ich kann doch selbst, allein keinen Vater ersetzen!“ Ellenas Worte waren immer leiser geworden. Sie war nun wirklich unheimlich müde und sehnte sich nach Schlaf. „Gute Nacht, Bardos ...“, flüsterte das Mädchen und war Sekunden später schon tief eingeschlafen.
Bevor Ellena einschlief sagte Bardos noch: »Du belastest mich nicht mit deinen Sorgen. Ich helfe dir gern und es ist leichter, wenn du mir sofort sagt, wenn dich etwas quält und nicht erst, wenn es fast zu spät ist.«
Während er den kurzen, aber ruhigen Atemzügen Ellenas lauschte, dachte Bardos nach. Seine Hand strich unwillkürlich über Ellenas Bauch, ohne dass er darüber nachdachte. Er überlegte, ob seine Schwester einen Mann finden würde oder gar keinen Mann jemals wieder wollte. Es war allgemeinhin bekannt, dass Frauen, die gegen ihren Willen genommen wurden, eher selten wieder eine feste Bindung eingingen. Zugegebenermaßen waren die meisten Männer auch nicht gerade wild darauf, eine so verletzte Frau zu nehmen, weil sie ihnen körperliche Liebe oft versagte.
›Kommt Zeit, kommt Rat‹, dachte sich Bardos und küsste Ellenas Haar. Dann gähnte er tief und schloss die Augen. »Miléndra«, seufzte er noch leise und schlief dann ruhig ein.
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Nur wer seine Rechnungen nicht bezahlt, darf hoffen, im Gedächtnis der Kaufleute weiterzuleben. (Oscar Wilde)