Ein freies Herz. Einmal hier einmal da tändeln, aber das Herz nicht verlieren. Irgendwie neidete sie Atalvo diese Einstellung. Sie selbst würde das als gut erzogene Tochter nicht in Betracht ziehen. Nun ja zumindest wenn es die Grenzen des Anstands nicht überschritt, gestand sie sich ein. So hob sie ebenfalls ihr Glas. „Ja, auf unsere zukünftigen Liebsten. Mögen sie Licht und Freude in unser Leben bringen.“ Der Wein schmeckt gut, aber Gondwen trank ihn bedachtsam. Schließlich wollte sie nicht nach hause torkeln.
„Nun wenn weder Béren, noch Hador auftauchen, nehme ich euer Angebot gerne an. Ich wohne nicht weit entfernt im Hause Arandirs des Händlers- meinem Vater!“ Doch es war müßig das Angebot in Anspruch zu nehmen. Denn Hador tauchte doch noch auf, was sie erstaunte. Denn sie war der Meinung gewesen, das er die gesamte Nacht mit seiner „Eroberung“ verbrachte. Aber gut, Hador war als Begleitung ebenso willkommen. Sie verabschiedete sich von Atalvo und begab sich mit ihrem Freund nach hause.
Er war schweigsam, der vergeistigte Ausdruck den er hin und wieder zeigte, quittierte sie nur mit einem Schmunzeln. Gondwen konnte sich denken, wohin seine Gedanken abschweiften. Aber sie verkniff sich wohlweislich ein Necken. Aber auch sie hatte den Abend genossen. Ihre Einkäufe, die sie zuvor noch schnell besorgt hatte, im Arm erreichten Hador und sie ihr Zuhause. Sie verabschiedete sich und schloss die Haustüre auf und drehte den Schlüssel um, als sie drinnen war. Auf Zehenspitzen- im Hause Arandirs ging man früh zu Bett und erreichte ihr Zimmer und betrat es. Wenig später schlief sie bereits tief und fest..
Hador grinste, während er Ethiels Geschichte hörte. Er fragte sich, wieviel Wahrheit drin war und was sie dazu erfand, um die Geschichte interessanter zu gestalten. Wahrscheinlich legte es die Frau darauf an, dass es genau zu solchen Verfolgungsjagden kam. Er fragte sich, warum ihre Familie nicht etwas besser auf sie aufpasste. Hatten sie keine Angst, dass Ethiel gegen ihren Willen genommen wurde? Schließlich gab es auch Männer, denen es allein um ihre Befriedigung ging und die Frauen zum Verkehr nötigten.
Aber dann fiel ihm ein, dass die junge Frau von ihren Brüdern erzählt hatte. Die hielt sie bestimmt oft genug zum Narren. In diesem Moment war Hador sehr froh, dass er keien Schwester hatte, um die er sich sorgen musste.
»Ich finde dich schon«, sagte Hador zum Abschied. Dann suchte er Gondwen und fand sie auch bald. Es war nicht schwer sie aus der Gesellschaft des jungen Mannes zu befreien, den er selbst dorthin gesetzt hatte.
Mittlerweile war Hador auch müde und die gebrochene Rippe schmerzte bei jedem Schritt. Unglücklich sah er zur Stadt hinauf, die sich in sieben Stadtringen vor ihm erhob. Und bis zum sechsten Ring musste er laufen.
Hador war froh, dass Gondwen nicht noch Liköre oder andere Dinge für ihren Vater kaufen wollte. Er sehnte sich nach einem Bett. Während er schweigsam mit Gondwen auf der Hauptstraße durch alle fünf Stadtringe ging, auf denen vereinzelt immer noch junge Paare gingen, dachte er nicht an Ethiel, sondern an Adriana. Am nächsten Tag würde er sie unbedingt sehen müssen. Die beiden Enderi standen an und er wollte Adriana groß ausführen. Die Schüchternhein, die ihn bisher immer gehemmt hatte, meinte er nun besiegt zu haben. Vielleicht würde er Ethiels Gesellschaft gar nicht noch einmal benötigen.
An Gondwens Haustür fiel ihm ein, dass er an seiner Wohnung vorbeigehen wollte, um Geld zu holen. Aber er konnte sich nicht überwinden, noch einmal in den vierten Stadtring zurück zu gehen. ›Morgen ist auch noch ein Tag‹, dachte er und ging langsam weiter, während er sich den Bauch hielt.
In den Häusern der Heilung gelang es ihm, sich unbemerkt durch die Gänge zu schleichen. Allerdings war im Zimmer gerade ein junger Heiler mit einem seiner Zimmergenossen beschäftigt. Widerwillig gab Hador zu, auf dem Fest gewesen zu sein. Der Heiler hielt ihm aber keine Strafpredigt, denn er war jung und lebenslustig. Er gab Hador sogar noch einen schmerzstillenden Trank und verband ihn noch einmal ordentlich. Hador beschloss mit dem Heiler Freundschaft zu schließen und fiel endlich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
------------------------------------------------ Hier gelobe ich Lehnstreue und Dienst für Gondor und für den Herrn und Truchsess des Reiches, zu sprechen und zu schweigen, zu tun und geschehen zu lassen, zu kommen und zu gehen, in der Not und in guten Zeiten, im Frieden oder Krieg, im Leben oder Sterben, von dieser Stunde an, bis mein Herr mich freigibt oder der Tod mich nimmt oder die Welt endet. So sage ich, Hador, Húrins Sohn, aus Gondor.