Innerlich seufzend blieb Thenar stehen und musterte den jungen Mann nachdenklich. 'Vielleicht sollte ich mich doch näher mit ihm unterhalten ...' Er schaute sich nach einem geeigneten Platz zum sitzen um und entdeckte etwas entfernt einen alten Brunnen. Da es verlockend aus dieser Richtung duftete, vermutete Thenar, dass ganz in der Nähe ein Braten gegrillt wurde. In der anderen Richtung entdeckte er den Gaukler mit Meowés am Wegesrand auf einer Mauer sitzen. Sie schienen sich angeregt zu unterhalten.
" Lass uns zu dem Brunnen dort gehen, wo ich mich hinsetzen kann!" Gwaenas nickte und ging neben dem humpelnden Waldläufer.
Thenar setzte sich bequem auf den Brunnenrand; der Brunnen war schon seit langem unbenutzbar. Gwaenas blickte ihn ungeduldig an, aber Thenar ließ sich Zeit und strich sich nachdenklich über sein Kinn, das nun schon von einem Bart bewachsen war. " Möchtest du denn gerne mit nach Süd Gondor? Das wird kein Zuckerschlecken! Mit einem Übungskampf, so wie du ihn gesehen hast, wirst du das kaum vergleichen können!"
Gwaenas wartete ungeduldig auf Thenars Antwort, wusste aber, das es gar nichts bringen würde, wenn er den Älteren drängen würde! So ging er schweigend neben ihm zu dem Brunnen, wo der Verletzte sich hinsetzen und seinen Fuß entlasten konnte. Doch statt einer Antwort stellte ihn Thenar nun Fragen! Entrüstet antwortete Gwaenas: "Ich sehe diese Aufgabe als eine Herausforderung für mich. Du weißt ja dass ich ... " Er schluckte und kratzte sich nervös am Hinterkopf, ehe er weitersprach: " ... Naja ... dass ich oft nicht ernst genommen werde. Dabei steckt doch auch ein Soldat in mir! Das wäre die Chance für mich! Sicher ist ein Kampf mit den Rebellen anders als der Übungskampf von vorhin. Aber ich sollte doch auch einmal eine Chance bekommen!" setzte Gwaenas trotzig hinzu.
"Gwaenas, natürlich sollst du auch eine Chance bekommen. Doch ich denke, dass dieser Auftrag enorm wichtig ist. Nicht umsonst schickt der Truchsess seine besten Heerführer, seine beiden Söhne nach Süd Gondor. Die Männer, die sie für diesen Auftrag auswählen , müssen sich schon im Kampf bewährt haben. Da kann es kein Zaudern, Straucheln oder sonstige Unaufmerksamkeiten geben. Ich fürchte, du wirst nicht mitkommen, Gwaenas." Thenar machte eine bedauernde Geste.
Gwaenas schluckte hart bei Thenars Worten. Doch dann brauste er auf! " Das denkst du nur! Faramir hat doch auch schon gesehen, dass ich kämpfen kann! Ich bin doch nicht umsonst in seiner Truppe, den Waldläufern! Da wo es hart auf hart geht mit den Orks und dem üblen Gezücht aus Mordor! Wenn Astaldo uns nur auch mal dran ließe! Aber dieser ... dieser... wird uns ja immer vor die Nase gesetzt und erlaubt uns nicht einmal unser Können zu zeigen!"
Gwaenas machte eine Atempause. Thenar hatte ihn warnend angesehen, als er Astaldo beschimpfen wollte, denn er war ziemlich laut bei seiner Rede geworden. Einige Männer, die auf dem Wege waren , schauten sich schon verwundert nach ihm um. Doch der junge Mann beachtete sie nicht und stand mit vor die Brust verschränkten Armen da und starrte böse zu Thenar.
' Bestimmt wird unser Aufpasser mitziehen dürfen ... das ist so gemein! Immer stellt man mich als Nichtsnutz dar! Haben die denn früher nicht auch mal Fehler gemacht? Ich kann doch nichts dafür, dass ausgerechnet immer mir soviel Pech passiert! Eben noch war Gwaenas aufgebracht gewesen, doch nun überkam ihn Frustration.
Anscheinend war der Waldläufer etwas überrascht, dass Tevildo sich lieber auf die Mauer setzen wollte. ›Der sitzt anscheinend gerne auf der Straße ... Oder hat er bisher keine Stühle kennen gelernt? Vielleicht weiß er ja nicht, dass es so etwas gibt ... Man kann ja nie wissen!‹
Dann, nachdem sich die beiden auf die Mauer gesetzt hatte wollte der junge Soldat von dem Gaukler erfahren, ob Lotho das Kunststück auch bei ihm machte. Fragend blickte er Tevildo an, nachdem er ein Brotstückchen aus seiner Tasch genommen hatte. »Nur zu ... Gib Lotho aber nicht zuviel davon ... Er hatte Heute schon ein ganzes Fleischstück für sich beansprucht ... Verwöhntes Vieh!« Tevildo begann zu Lachen und beobachtete den Waldläufer dabei, wie dieser versuchte Lotho zum Springen zu bringen.
»... Ach besorg dir doch einfach eine Ratte. Meistens kriegt man die Tiere umsonst und die Verpflegung ist auch nicht teuer. Du musst nur aufpassen, dass sie nicht verschwinden! Aber sobald sie sich an dich gewöhnt haben, kommt dies nur noch selten vor. Es sei denn die Ratte heißt LÖotho und mag keine Musik.« antwortete Tevildo auf Meowes Überlegungen, auch gerne eine Ratte zu haben.
In der Nähe des Brunnens, an dem sich Thenar und Gwaenas aufhalten:
Nun… man mochte es vielleicht nicht vermuten, aber auch Astaldo pflegte sich gelegentlich zurück zu ziehen, um Ereignisse Revue passieren zu lassen, über sein Schicksal nachzudenken oder, so wie jetzt eben, einfach vor sich hin zu starren und Ruhe zu finden.
Von seinem Platz aus konnte er den Gaukler mit Méowes an einer Mauer sehen. …aber von hier konnte er auch den Anduin erkennen und die Fluten, wie sie mit mäßiger, erhabener Geschwindigkeit unablässig dem Lebenin und schließlich dem Meer zustrebten. Wann würden diese Wellen dort vorne wohl das Nachtlager jener Verbrecher passieren, zu deren Festnahme Faramir morgen aufbrechen würde? …und mit ihm die Erfahrensten unter ihnen?
Astaldo grämte sich nicht, dass er zurück blieb. Der Heermeister hatte ihm klar sein Vertrauen ausgesprochen und das war für ihn weit mehr wert, als jeder Ruhm, den er im Kampf hätte erlangen können. Mord und Tod… wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann war das überhaupt nicht seine Welt. Die Stadtwache, Ordnung für die Menschen zu schaffen, die noch in Frieden lebten… dafür war er geboren! Der Dienst hier in Osgiliath würde ihn für eine Weile wieder daran erinnern.
Seine Gedanken schweiften ab und fanden wie aus dem Vogelflug heraus zu einem Haus in der weißen Stadt. Er war verlobt! …und seine Liebste wartete wohl ohne Zweifel in diesem Augenblick auf ihn. Sicherlich würde sich herum sprechen, dass die Waldläufer in der Stadt der Künste waren und sie würde auf ein Zeichen von ihm hoffen… Er würde ihr eines geben. …heute Abend, wenn der Trupp zur Ruhe gekommen war. Er würde ihr einen Brief schreiben.
Lauter werdende Stimmen, die Astaldo nicht unbekannt waren, rissen ihn aus seinen Gedanken. Sein Name fiel. Leise seufzend legte sich seine Stirn in Falten, als er erkannte, von wem die Worte ausgesprochen worden waren. Er stieß sich von der Wand ab, an der er lehnte und ging um die Ecke herum, die ihn von den Sprechern abgeschirmt hatte. Es lag ihm nicht daran, weiter zu lauschen. Aus Gwaenas sprach die Jugend und Unerfahrenheit. Das war nichts, was es wert war, näher zu verfolgen. Vielmehr wäre es besser, der Junge wüsste die Wahrheit über sich und seinen Stand in der Truppe. Er räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen, denn Thenar wandte ihm den Rücken zu und sollte nicht vor ihm erschrecken.
„Lass deinem Unmut nur freien Lauf, Gwaenas. Vielleicht gibt es da das ein oder andere, worüber wir einmal reden sollten. Erlaubst du, Thenar?“ mit dem Blick deutete er auf den Rand des Brunnens, an dem er nun selbst Platz nahm. Der seltsame Geruch, der aus dem eigentlichen Wasserloch drang, ließ ihn jedoch die Nase rümpfen. „Den sollte man zuschütten. …das kann doch kein Mensch mehr genießen, was da raus kommt.“ …doch dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem jungen Waldläufer zu.
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Wenn du wissen willst, wie groß du wirklich bist, dann darfst du dich nicht mit einer Messlatte messen, die kleiner ist als du!
Thenar blickte überrascht auf Astaldo, der plötzlich hinter ihm auftauchte und sich nun mit auf den Brunnenrand setzte. " Astaldo!" nickte er den nur drei Jahre jüngeren Mann zu. Forschend blickte er zu Gwaenas, der bei Astaldos Auftauchen ein wenig blass um die Nasenspitze wurde. ' Ich habe versucht, dich auf die Bekanntgabe nachher vorzubereiten ... nun habe ich hier nichts mehr suchen. Hoffentlich nimmt Astaldo dich nicht zu sehr zur Brust!'
Die leichten Bedenken hinderten Thenar aber nicht daran aufzustehen und seine Krücken zu greifen. " Nein, du störst nicht. Ich werde mal sehen, was Erchirion macht. Ich denke, wir sehen uns später wieder!" Mit einem Nicken zu Gwaenas klemmte er sich die Krücken unter die Achseln und humpelte zurück ins Lazarett.
Astaldo nickte Thenar hinterher, bedauerte den Zustand des zuverlässigen Kämpfers, erfreute sich jedoch an dem Gedanken, dass er so in der nächsten Zeit möglicherweise den ein oder anderen ruhigen Abend mit ihm verbringen konnte. "Bis später, Kamerad!" warf er ihm nach, wandte sich dann jedoch wieder aufmerksam dem jungen Schützling zu, der sich sichtlich unangenehm in seiner Haut fühlte. Er konnte kaum wissen, was ihn erwarten würde, nun da er erkannt hatte, dass seine Worte nicht ungehört geblieben waren.
Astaldo entschied, den nächsten Schritt zu tun: "Nun mein Junge? Was liegt dir auf dem Herzen?" ...aus den letzten Sätzen, die er aufgeschnappt hatte, ahnte er es schon. Doch er wollte es Gwaenas überlassen, noch einmal... und dieses Mal vielleicht die richtigen Worte für seine Frage zu finden.
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Wenn du wissen willst, wie groß du wirklich bist, dann darfst du dich nicht mit einer Messlatte messen, die kleiner ist als du!
Gwaenas erschrak, als er Astaldo aus einer Häuserflucht auftauchen und näherkommen sah.'Oweh! Natürlich kann das nur wieder mir passieren! Kaum spricht man von ihm ... ' Ein beklemmendes Gefühl ergriff ihn, als Astaldo sich nun auch noch zu Thenar auf den Brunnenrand setzte und sich anscheinend mit ihnen unterhalten wollte. ' Thenar, lass mich jetzt nicht allein mit dem Aufpasser!' flehte er innerlich! Doch es kam so, wie der junge Mann befürchtet hatte: Der Ältere hielt ihr Gespräch für beendet und erhob sich, um humpelnd mit den Gehhilfen wieder zum Lazarett zu gehen.
' Vielleicht hat Astaldo meine letzten Worte sogar gehört? Ach, das muss auch wieder mir passieren!' Gwaenas biss sich unentschlossen auf die Lippen. Doch dann überwog der Trotz und die Wut in ihm! Er würde es diesem Möchtegern- Hauptmann sagen! Aber er wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen ...
Während es in seinem Inneren tobte und Astaldo auf eine Antwort wartete, stand Gwaenas immer noch mit den Armen vor der Brust verschränkt da. " Von woher bist du denn aufgetaucht? Aus dem Brunnen jedenfalls nicht!" Gwaenas sah, wie der Ältere unwillig sein Gesicht verzog. Innerlich schimpfte er mit sich selber: ' Gwaenas, du Depp, das war auch wieder falsch! Reiß´ dich doch mal zusammen!'
Nach einem Räuspern redete er weiter: "Thenar hat sich gerade mit mir darüber unterhalten, wer mit nach Süd Gondor geht. Er meint, das ich nicht mit dabei sein werde!" Gwaenas Empörung war deutlich aus seinen Worten zu hören und sein sonst ausgeglichenes Gesicht verfinsterte sich. Dann legte er los! " Ich finde das nicht gerecht! Schließlich steht es mir auch zu, mich im Kampf zu beweisen und zu bewähren! Faramir hat mich doch nicht umsonst hier bei den Waldläufern aufgenommen! Hier ist die Elitegruppe von Gondor und ich gehöre mit dazu! Ich bin ein Teil in seiner Gruppe, ein Glied in einer Kette und es ist einfach ungerecht, wenn ich nicht mitgehen darf! " Er machte eine Atempause. Selten nur haben die Kameraden Gwaenas so unbeherrscht gesehen! Doch der junge Mann war noch nicht fertig! Wütend trat er näher an Astaldo : " Es ist ja auch kein Wunder, wenn man so wenig von meiner Kampfkraft sehen kann! Immer bist du es, der uns nach hinten drängt und nicht zum Zuge kommen lässt! Immer dürfen wir nur zugucken und uns nicht mal äußern, weil wir ja nicht am Kampf teilgenommen haben! Und immer bist du es, der uns davon abhält mitzumachen, wenn es zu einem Kampf kommt!" Gwaenas hatte sich in Rage geredet und stoppte abrupt! Erschrocken wich der junge Mann einige Schritte zurück und hielt sich mit bleichen Gesicht die Hände vor dem Mund. 'Wie konntest du es wagen! Gwaenas - das wird dein Rausschmiss sein!' Zitternd stand er vor Astaldo und erwartete sein Urteil!
Meowés war aufgeregt: ob das Kunststück auch ihm gelang? Er hob den linken Arm und lockte die Ratte mit dem Brotstück in seiner Hand. Lotho verfolgte aufmerksam seine Bewegungen, wobei ihre Barthaare zuckten. " Na komm, spring schon!" flüsterte Meowés. Und dann sprang Lotho plötzlich in die Luft, schnappte sich das Brotstück und landete wieder sicher in seiner rechten Hand.
" Es klappt also auch bei mir!" freute sich der junge Waldläufer. Dann hörte er Tevildo zu, der ihm zu einer Ratte als Gefährte riet. 'Eine Ratte? Mh ... da bekomme ich bestimmt Ärger mit meinen Kameraden! Zu einem Waldläufer passt doch besser ein Waldtier!"
Fragend schaute er den Barden an: " Kann man auch Eichhörnchen dressieren?"
Tevildo hörte aufmerksam zu, mwie sich der Waldläufer Gedanken über ein potenzielles Haustier und Freund machte. Er zog es, sehr zu Tevildos Enttäuschung (welcher gehofft hatte den Soldaten eine Ratte aufzuquatschen) in Erwägung sich ein Eichhörnchen zuzulegen. ›Ratten sind aber viel besser!‹
»Nun ... Mit Eichhörnchen habe ich keinerlei Erfahrung ... Ich habe ab und an mal welche gesehen, doch bin nie nahe an eines ran gekommen. Wahrscheinlich sind die Tiere zu scheu um sie zu dressieren ... Ich ztumindest habe noch nie davon gehört, dass man Eichhörnchen als Haustiere halten könnte. Vielleicht solltest Ihr es mal mit Mäusen, Katze oder Hunden probieren!«
Curon war zu den zehn Nachzüglern getreten, die erschöpft waren. Die Männer brauchten dringend Erfrischung und Ruhe. Curon brachte die Männer zu den Unterkünften und sorgte dafür das sie etwas früher vom Abendessen bekamen. Er blieb einen Moment stehen und betrachtete die Männer wie sie erschöpft, aber hungrig ihr Essen genossen. ›Warum wir uns an Kleinigkeiten aufhängen. Erchirion, das Leben wird Gwaenas schon zu einem Soldaten formen, leider. Und Faramir, vergiss über alle Verpflichtungen und Befürchtungen nicht, das Leben im hier und jetzt, wenn du morgen stirbst hattest du nichts davon.‹
Curon verabschiedete sich von den Männer und begab sich zu Owain, welcher sich mit dem Stallmeister zu einem Kartenspiel in die Ställe zurück gezogen hatte.
»Wer gewinnt?«
Aldor grinste ihn nur schief an und nahm dann einen Schluck Wein aus seinem Becher.
»Wissen wir nicht. Ich vermute der alte Gauner schummelt, aber ich kann ihn nicht dabei erwischen. Was gibts?« »Ich wollte mir ein Paar Sachen von dir borgen, außer einem zweiten Hemd, habe ich leider nicht mehr in meinem Bündel.« »Aha, der Herr hat sich endlich entschlossen den Dreck aus den Kleidern zu spülen. Und du meinst die halten das aus? Ich hab manchmal das Gefühl, die werden nur noch vom Schmutz zusammen gehalten.« Owain feixte Curon frech an, auch Aldor schien Schwierigkeiten zu haben das Lachen zu unterdrücken. »Haha, also hast du nun oder nicht?«Curons Gesicht zeigte gespielte Verärgerung. »Ist ja gut, ja ich habe. Bei diesem alten Gauner hier, verlier ich eh nur meinen Sold, wenn ich zu lange bleibe. Also komm mit.«
Owain brachte Curon zu den Unterkünften der Besatzung von Osgiliath. Man konnte sie nicht wirklich als Kasernen bezeichnen, bestanden einige doch eher aus provisorisch zusammengeflickten Häusern, dennoch besaßen sie ein paar mehr Annehmlichkeiten als die Waldläuferquartiere und erinnerten Curon stark an Henneth Annun, welches sie erst vor drei Tagen verlassen hatten. Zu den Annehmlichkeiten gehörten eine Kister für die Habseligkeiten eines jeden Soldaten und aus dieser kramte Owain, ein Hemd und eine Hose heraus die zwar etwas abgetragen, aber sauber waren. Curon dankte seinem Freund, der ihn nur brummelnd und lächelnd aus der Unterkunft schob.
»Geh endlich, sonst müssen wir deinen Gestank noch länger ertragen.«
Astaldo hatte die wechselnden Gesichtsausdrücke des jungen Mannes sehr wohl erkannt und ahnte schon nichts Gutes, noch bevor dieser den Mund aufgemacht hatte. Allein seine Haltung und dann diese vollkommen dumme Bemerkung statt eines ordentlichen Grußes wappneten ihn. …was auch immer da kommen mochte.
… und es kam! Augenblicklich legte sich seine Stirn in tiefe Falten. Dennoch unterbrach er Gwaenas nicht. Auch als der Bursche bedrohlich nah an ihn heran trat, duldete er dies noch. Doch sein eigenes Inneres führte einen harten Kampf um seine Beherrschung und er war sich nicht sicher, ob er ihn gewinnen würde. ´Dieser undankbare Bengel!´ Astaldo ließ Gwaenas nicht aus den Augen. Wer wusste schon, wohin den seine Unbeherrschtheit führen würde? Als der Junge jedoch einige Schritte zurück wich, erkannte der ältere Soldat, dass er nun wieder die Oberhand hatte. Augenblicklich entspannte sich etwas in ihm. … etwas, das er nur mit Mühe im Zaum gehalten hatte und er musste sich fast schon beherrschen, nicht überlegen zu lächeln. Doch jetzt fiel es im leichter seine aufgekommene Wut über Gwaenas´ Worte im Zaum zu halten. ´Verdammt, der Junge ist ein Kind, Astaldo!´ mahnte er sich selbst, ´… und eben hat er das wieder klar und deutlich bewiesen!´
Tief durchatmend und noch immer um seine eigene Beherrschung ringend, blitzte er Gwaenas an. "Setz dich!“ kam es hart und kurz angebunden aus seinem Mund und er wartete, dass der Junge dem Befehl Folge leisten würde. „Könntest du dich doch nur selbst hören, Bursche. Dann wüsstest du selbst, warum wir dich so behandeln, wie wir es tun. Sowas von dumm und unbeherrscht …“ Kopfschüttelnd sah er auf ihn herab. Nun war er es, der dem Jungen gegenüber stand und ihn mit verschränkten Armen finster anblickte.
„Ist dir eigentlich klar, dass eine ganze Menge weit erfahrenerer Waldläufer als du ebenfalls hier zurück bleiben werden? Nenn mir einen Grund, warum Faramir ausgerechnet dich mitnehmen sollte!?“ man konnte die immer noch nur mühsam beherrschte Anspannung Astaldos aus seinen Worten hören und es war auch deutlich zu erkennen, dass er noch mehr zu sagen hatte. Dennoch gab er Gwaenas diese Chance um über seine eigenen Worte nachzudenken. „Nun? Ich höre…?“ forderte er ihn erwartungsvoll auf und hoffte inständig auf eine Einsicht des Jungen. Das würde ihm die Sache erleichtern. …eine Standpauke würde es ihm jedoch nicht ersparen!
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Wenn du wissen willst, wie groß du wirklich bist, dann darfst du dich nicht mit einer Messlatte messen, die kleiner ist als du!
Gwaensa zitterte innerlich. Noch nie, wirklich nie hatte er es gewagt in solcher Weise zu seinem Vorgesetzten zu sprechen! Und es war sehr lange her, dass er so in Rage gewesen war! Während er furchtsam die Reaktion des Älteren erwartete, versuchte er sich zu beruhigen und Klarheit in seine Gedanken zu bekommen. ! Nun sieh´ zu, wie du am besten da herauskommst!' dachte er und setzte sich gehorsam auf den Brunnenrand, als Astaldo ihn mit einem knappen Befehl dazu aufforderte. ' Da steht der Möchtegern Hauptmann vor dir kleines Würstchen und du bist ganz in seiner Hand ... Auweh, wie konnte ich mich nur so gehen lassen!'
Gwaenas schluckte und wagte es kaum, den älteren Soldaten - der breitbeinig und mit verschränkten Armen vor der Brust vor ihm stand - anzusehen. ' Natürlich. Der putzt dich herunter als ob ich eine lästige Fliege wäre! Ich werde den Heermeister fragen, ob ich nicht einen anderen Vorgesetzten bekomme ... aber Astaldo geht ja sicher mit ... dann bin ich ihn los!' Dieser neue Gedanke warf einen Lichtschein in seine trüben Gedanken! Als hätte es der Ältere geahnt, redete er von den den vielen anderen Männern, die whrscheinlich ebnefalls zurückbleiben werden. ' Astaldo weiß schon, wer alles mit den Heermeistern nach Süd Gondor zieht?'fragte er sich überrascht.
Doch der Mann vor ihm hatte ihn etwas gefragt! Hastig antwortete Gwaenas: " Nun, da der Ober Heermeister Boromir den Übungskampf mit diesem Lenor hatte, dachte ich, dass noch mehr junge Soldaten geprüft werden. " Blitzschnell kam ihm ein Gedanke und er setzte hinzu: " Vielleicht wollen die Heermeister mit einer Truppe von jungen Soldaten ausziehen und die älteren Männer zurücklassen ... so dachte ich ..." Hatte er anfangs noch forsch geredet und Astaldo angesehen, wurde seine Stimme bei den letzten Worten immer leiser und Gwaenas senkte verlegen den Blick. ' Der wird dir niemals eine Chance geben ... Gwaenas du bist wieder ins ganz dicke Fettnäpfchen getreten ...' Betreten schaute der junge Mann vor sich hin.
Meowés fiel ein, dass Eichhörnchen einen Winterschlaf machen. Deshalb nickte er, als Tevildo ihm davon abriet, ein Eichhörnchen zu zähmen. Doch Hunde, Mäuse oder Katzen gefielen Meowés nicht. " Wisst Ihr, solche tiere kann gewiss jeder zähmen. Ich dachte eher an ein Waldtier, was mich als Waldläufer begleiten könnte ... " Grübelnd blickte er auf Lotho in seiner Hand, der sich bequem hingelegt hatte und ruhte.
Während er mit den Fingern seiner anderen Hand das Tier mechanisch streichelte überlegte er laut. " Welches Waldtier könnte man denn noch dressieren? Einen Dachs? Ein Rehkitz? Einen Marder? Ein Stinktier? " Plötzlich musste er laut lachen. Lotho fuhr erschrocken hoch und sprang in Tevildos Tasche, wo er sich versteckte.
Aber der junge Waldläufer merkte es gar nicht, weil er Tränen lachte. Aus den Augenwinkeln bekam er Tevildos fragenden Blick mit, deshalb stammelte er unter Lachen: " Ein Stinktier! ... Als Waffe gegen Feinde! ... Die Heermeister ... werden begeistert sein ..." Sein Lachanfall endete und er schaute den Barden mit großen Augen an: " Bloß : wie dressiere ich so ein Tierchen? Das wird nicht einfach werden!" Dabei prustete er schon wieder vor Lachen los.
Faramir ging ein wenig durch die Straßen, um nach dem Gespräch mit Erchirion noch etwas frische Luft zu schnappen, bevor das Abendessen fertig war.
Dabei bemerkte er im Vorübergehen, dass Astaldo und Gwaenas miteinander sprachen und der Offizier den jungen Mann streng, aber dennoch beherrscht und mit passenden Worten belehrte.
"Genau so muss man mit dem Jungen reden", dachte er, während er weiterging. "Warum schafft Erchirion das nicht und führt sich selbst wie ein dummer Junge auf? Manchmal wünschte ich mir, er wäre Elphir ähnlicher." Erchirions älterer Bruder, der in diesem Frühjahr geheiratet hatte, war zwar nur drei Jahre älter, doch weitaus reifer.
In der Nähe der Feldküche traf er auf Anborn, der berichtete, dass Boromir noch immer badete.
-------------------------------------------- "Ich bin Faramir, Heermeister von Gondor."
Astaldo sah den Heermeister nicht, der in der Nähe vorüber ging. Zu sehr war seine Aufmerksamkeit von Gwaenas eingenommen. Hätte er über etwas mehr Humor verfügt, als er es tat, hätte er jetzt vermutlich lauthals gelacht und den Jungen einfach stehen lassen. Doch mit seinem eigenen Verständnis der Welt und der Welt des Pflichtbewusstseins, konnte er jetzt nur noch den Kopf schütteln.
Mit schicksalsschwangerem Ernst in der Stimme meinte er: „Gwaenas, wenn du noch irgendwelches Interesse hast, überhaupt jemals ernst genommen zu werden, dann ist es besser, wenn du dami aufhörst solchen Unsinn von dir zu geben! Was diesen Lenor angeht, so weiß außer dem OberHeermeister wohl nur noch Éru selbst oder die Valar, was der bei einer solchen Aufgabe soll. Boromir stehen aber sicher noch ganz andere Handhabe in dieser Sache zur Verfügung, als seinem Bruder. Das begreifst du vielleicht auch einmal, wenn du Augen und Ohren gut offen hältst. Allerdings ist das kein Thema für einen gemütlichen Lagerfeuerabend.
Unser Heermeister wird nachher bekannt geben, wer von uns mitreitet und wer unter meinem Kommando hier bleibt. Und wenn dir diese Entscheidung dann nicht zusagen sollte, dann steht es dir selbstverständlich frei, dich bei ihm beschweren, wenn du dich schon wieder blamieren willst.“ Astaldo ließ eine kurze Pause im Gesagten und überlegte, ob er mit seinen nächsten Worten vielleicht warten sollte, bis die Bekanntgabe vorüber war. …doch nein! Es konnte ja wohl kaum Zweifel daran geben, dass Gwaenas, wie Meowés, auf jeden Fall hier bleiben würde!
„Wenn du allerdings so scharf darauf bist, eines Tages zu den Besten zu gehören, dann sollten wir umgehend mit einem intesiveren Training anfangen. Am besten gleich morgen früh. Wenn man über diesen Seitenweg dort vorne auf die Hauptstrasse kommt und dieser dann nach Norden folgt, … da ist nach den letzten Häusern ein Übungsplatz mit einem wirklich hervorragend gestalteten Parcours zum Zielschießen. Dort möchte ich dich von jetzt an jeden Morgen und jeden Abend wenigstens eine Stunde trainieren sehen, solange wir uns hier in der Stadt aufhalten. Ich erinnere mich mit Schauern an deine letzte Übungseinheit. Die war nicht gerade eine Glanzleistung. Stell bitte sicher, dass du niemanden gefährdest! Am besten nimmst du Meowés mit, auf den ich mich in dieser Hinsicht wohl weit besser verlassen kann.“
Astaldo atmete tief durch. Dann löste er seine verschränkten Arme und tat mit entspannterer Miene einen Schritt auf Gwaenas zu. Der Bursche war einfach noch ein Junge! Es gab junge Männer seines Alters, die sehr viel weiter entwickelt waren. Meowés würde ein solcher werden. …doch die hatten sicherlich auch nicht das erlebt, was dieser Junge erlebt hatte und es gab einfach noch zu viel, was er nachzuholen hatte.
Mit einem leichten Seufzer legte er ihm die Hand auf die Schulter, ging jedoch nicht in die Hocke, was ihm albern vorgekommen wäre, sondern setzte sich direkt neben ihn auf den Brunnenrand. „Gwaenas“, sprach er nun in weitaus väterlicherem Tonfall, „sieh es nicht als persönliche Zurückstufung. Die Männer, die morgen in den Lebenin reiten, reiten nicht aus, um Orks zu jagen, Warge aus unseren Wäldern zu verjagen oder es mit anderen Kreaturen der Nacht aufzunehmen, was schlimm genug wäre. Sie reiten aus um Menschen zu jagen. … und zu töten, sollte es sich nicht vermeiden lassen. Glaub mir: Keiner der Soldaten, die morgen mit den Heermeistern ziehen, freut sich auf diese Aufgabe oder auf die Alpträume, die sie im Nachhinein quälen werden. Ein Mensch ist immer noch ein Mensch, egal welche Not ihn zu Taten treibt, die wir nicht verstehen können. Bist du wirklich so erpicht darauf, sie zu jagen und zu töten? Junge, das kann ich nicht glauben! Denn dann wärst du nicht besser, als die. Spar deine Jugend, deine Energie und Kampfkraft für die dunkle Bedrohung, die auf uns wartet. …sie ist da… und sie wird stärker von Jahr zu Jahr. Ich kann es spüren. Hier drinnen, weißt du…?“ dabei zeigte er auf den Bereich seiner Brust unter dem sein Herz nun wieder ruhiger schlug. So streng er mit den beiden Jungen war, so sehr waren sie ihm auch längst ans Herz gewachsen. „Ich möchte gerne, dass du dann ein Mann bist, den ich mit sicherem Vertrauten auch meinem besten Freund an die Seite stellen würde. Aber dafür müssen wir noch an einigem arbeiten, hörst du!?“
Gewiss, Gwaenas sollte für sein Alter schon wesentlich weiter sein, zumal er jetzt schon einige Zeit bei ihnen war. Doch seine Stärken lagen einfach in anderen Bereichen, als denen, die einem Waldläufer abverlangt wurden. ´Ein Speer ist nunmal keine Waffe für den Wald… Vielleicht wäre er bei der Reiterei deutlich besser aufgehoben…?´ Doch es war die Entscheidung des Heermeisters gewesen, die dem Jungen in Ithilien eine Heimat gab. …wenn man das Heimat nennen konnte…
Er stand auf und nun war er wieder der scheinbar unnahbare Aufseher. „Sobald du dann deine Trainingseinheit morgen früh beendet hast, meldest du dich bei Aldor im Pferdestall. Auch wenn die meisten Pferde wohl mit unseren Kameraden unterwegs sein werden, so wird er sicherlich eine ordentliche Arbeit für dich finden. Ich werde mit ihm reden. Dabei kannst du dann die nächsten Tage deine überschüssige Energie nützlicher verwenden, als für ungerechtfertigte Vorwürfe und über deine Worte von eben nachdenken."
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Wenn du wissen willst, wie groß du wirklich bist, dann darfst du dich nicht mit einer Messlatte messen, die kleiner ist als du!
Dem Anschein nach hatte der Soldat kein Interess an den von Tevildo vorgeschlagenen Tieren. Stattdessen kam er auf die überaus skurrile und dubiose Idee sich ein Stinktier zu besorgen. ›Na dann viel Spaß! Wenn das Vieh in meiner Nähe ist unterhalte ich mich aber nicht mehr mit dir ...‹»So, als Waffe gegen die Feinse sagt Ihr? Na ob das so wirkungsvoll wäre? Orks stinken doch ohnehin schon, den macht das doch nichts aus. Ihr könntet dann aber den Tierhasser dort hinten eine Lektion erteilen ... Dann wäre Lotho gerächt!«
Tevildo stellte sich vor, wie das Stinktier auf den schlafenden Rattenhasser kletterte, den Schwanz hob und einen unangenehmen, ja geradezu unerträglichen Geruch versprühte. ›Das wär doch was!‹
»Naja, nun aber erntsthaft: Ich glaube nicht, dass sich Waldtiere so leicht dressieren, denschweige denn einfangen lassen würden ... Das wäre ziemlich schwierig!«
"Boromir hat wohl einiges an Mist wegzuwaschen", dachte Faramir nach Anborns Meldung.
Vor der Feldküche versammelten sich einige Soldaten. Ein verführerischer Bratenduft lag in der Luft, aber noch war das Abendessen nicht fertig. Darum ging Faramir nicht hinein, sondern setzte sich auf einen Mauerrest in der Nähe. Er blickte sich um und sah in einiger Entfernung Astaldo, der auf Gwaenas einredete. An einer anderen Stelle unterhielten sich Tevildo und Meowés miteinander.
Während Faramir sich noch umschaute, gesellten sich Mablung und Damrod zu ihm.
"Ich hoffe, ihr konntet am freien Nachmittag etwas Kraft schöpfen", sagte der Heermeister zu seinen Wächtern, "denn ihr werdet sie brauchen. Ihr beide werdet morgen selbstverständlich mit nach Süden reiten."
-------------------------------------------- "Ich bin Faramir, Heermeister von Gondor."
Gwaenas wusste, dass ihn nun eine Standpauke erwartete. Natürlich hatte er sich kindisch benommen, doch das so deutlich noch einmal unter die Nase gerieben zu bekommen, war hart. Sehr hart. In gewisser Weise ähnelte Astaldo seinem Vater, der Hauptmann in Andrast war ; jedenfalls, solange er noch dort gelebt und nicht von ihm wegen seiner Tollpatschigkeit verachtet und verstoßen wurde. Traurige Gedanken kamen ihm in den Sinn, doch er verdrängte sie sofort wieder.
Stattdessen versuchte er sich auf die Worte Astaldos zu konzentrieren. 'Das möchtest du wohl gerne, dass ich mich wieder blamiere, was? Du wartest doch schon darauf mich wieder herunter zu putzen ...' dachte er frustriert. Doch dann setzte er sich alarmiert aufrechter hin: Astaldo würde hier in Osgiliath bleiben! Und er wird unter seinem Kommando hierbleiben müssen! ' Oh nein ... ich hatte es befürchtet ... dann wird Meowés bestimmt auch nicht mitkommen und hierbleiben. So ist wenigstens mein Freund bei mir!'
Verdrießlich hörte er, wie Astaldo zwei Stunden tägliche Übungseinheiten im Bogenschießen verlangte. ' Vor drei Tagen habe ich aus Versehen diesen Habicht geschossen ... Ich hasse doch den Umgang mit dem Bogen wie die Pest! Na gut, nachher habe ich ja die Scheibe getroffen! Natürlich ist das Bogenschießen wichtig , gerade für einen Waldläufer. Da werde ich mich richtig anstrengen müssen! Ob Meowés mir ein wenig helfen kann, der strengen Aufsicht von Astaldo zu entgehen?'
Zu seiner Überraschung legte der Ältere ihm seine Hand auf die Schulter und setzte sich neben ihm. Etwas verwirrt und erstaunt hörte er den ehemaligen Unterhauptmann der Turmwache zu. 'So hat der ja noch nie mit mir geredet!' Deshalb verwandelte sich seine anfängliche Wut und Abneigung erst in Interesse und dann in Einsicht. " Es mag stimmen, was Ihr sagt. Ich habe zwar schon einmal gegen die scheußlichen Orks gekämpft, aber noch nie gegen Menschen."
Ihm fiel sein Albtraum in der Höhle von Henneth Annûn ein, als der Ältere von der wachsenden Bedrohung sprach. Ein eiskalter Schauer lief ihm über dem Rücken. ' All die Unschuldigen! Nein ... '" Ihr habt recht; ich werde das nicht verkraften können ...'
'Dann werde ich doch lieber hier bleiben und versuchen, ein besserer Bogenschütze zu werden!'dachte er seufzend.
Astaldo erhob sich nun und stand ehrfurchtgebietend vor ihm. Errötend senkte Gwaenas seinen Blick und hörte verwundernd, dass er sich nach der Trainingsstunde am Morgen beim Stallmeister melden sollte. Etwas resignierend murmelte er : " Wenn Ihr meint ... "
Doch dachte er sich: ' Was hast du anderes erwartet, bei deinem Benehmen vorhin? Ich kann froh sein, dass man mir nicht schlimmere Strafarbeiten aufbrummt! Das Training kann mir nur helfen, ein besserer Schütze zu werden, auch wenn es mir nicht sonderlich gefällt.'
Gwaenas erhob sich nun auch und hoffte, gehen zu dürfen. Fragend und unsicher sah er den Älteren an.
Gwaenas´ ganze Haltung sprach von Reue. Astaldo nickte zufrieden und atmete erleichtert durch:
"Es ist in Ordnung, du kannst gehen."
Er hatte sich beruhigt und sah Gwaenas hinterher, bevor auch er sich von dem merkwürdig riechenden Brunnen abwandte. Sein Blick fiel auf Meowés, der mit diesem merkwürdigen Gaukler auf einem Mauerabsatz saß. Astaldo runzelte die Stirn. Zwar hatten alle Soldaten den restlichen Tag zur freien Verfügung und der Junge galt immerhin als Soldat. Aber dennoch gefiel ihm nicht, was er da sah. Er entschied, der Sache auf den Grund zu gehen.
Bei Tevildo und Meowés:
Die wenigen Schritte nahm Astaldo jedoch gemächlich und versuchte dabei heraus zu finden, welcher Art diese Unterhaltung war. Bei den beiden angekommen, blieb er in angemessener Entfernung stehen, unterbrach das Gespräch jedoch umgehend, ohne weiter auf dessen Inhalt zu achten.
"Meowés, du wirst dich bitte Gwaenas morgen beim Training anschließen. Er wird die nächsten Tage jeweils morgens und abends eine Stunde Schießübungen durchführen und das wird auch dir nichts schaden." Seine Worte klangen ruhig, doch erkannte man unmißverständlich den Befehl darin. Dann wandte er sich dem Tevildo zu und meinte: "Ihr setzt dem Jungen hoffentlich keine Flausen in den Kopf!? Er mag vielleicht nicht so wirken, aber er gilt als Soldat Gondors! Gebt also Acht, was Ihr sagt oder tut, Gaukler." Eine Bewegung lenkte seinen mißmutigen Blick auf die Ratte. ´Als ob es von diesen Biestern hier nicht genug gäbe. Wie kann man sich mit einem solchen Biest nur abgeben!?´
"Junge", wandte er sich Meowés in plötzlicher, dunkler Vorahnung wieder zu, "komm bloß nicht auf die Idee, selbst eines Tages so ein Vieh anzuschleppen. Sonst lasse ich es dich persönlich schlachten, häuten und essen! Mit so etwas gibt man sich nicht ab."
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Wenn du wissen willst, wie groß du wirklich bist, dann darfst du dich nicht mit einer Messlatte messen, die kleiner ist als du!
Gerade saß Tevildo mit dem Soldaten noch friedlich am Straßenrand und unterhielt sich mit diesem, als ein weiterer Mann zielstrebig auf sie zumarschierte und sich daran machte des Barden Gesprächspartner zurechtzuweisen. Eigentlich kam diese Situation dem Gaukler auch recht gelegen, hatte er keine Lust mehr das Gespräch mit dem Waldläufer fortzufahren, doch als der Neuankömmling, welcher anscheinend ganz viel von sich selbst hielt, auch den ihn in barschen Tonfall ansprach merkte Tevildo wie er, noch immer gereizt von der Zwischenfall mit dem Rattenhasser, wütend wurde. ›Kommt nun etwa schon wieder solch ein Besserwisser? Klar ... Die Heermeister haben keine Lust mehr sich mit mir abzugeben, also schicken sie jemanden! Und dieser Typ da scheint ja ganz der Mustersoldat zu sein. Aber warte nur ... Ich lasse mich nicht einfach als Depp darstellen ... Also hüte deine Zunge! Und gucke Lotho nicht so unverschämt an!‹ Versuchend ruhig zu bleiben, begann Tevildo den Störenfried anzusprechen.
»Ihr behauptet also ich erzählte den Jungen Flausen? Nun ich denke um eine solche Behauptung aufzustellen müsstet Ihr scho wissen über was wir redeten. Aber wenn es Euch oder den Heermeistern missfällt, dass ich mit einem Soldaten über Haustiere spreche, dann könnt Ihr das auch direkt sagen ... Ich will diesen Ort ohnehin verlassen! ... Flausen! Flausen ... Was für eine Absurdität! Aber der dumme Barde erzählt bekanntlich nur Unsinn! Beeinflußt die Soldaten negativmit Geschichten über Tiere. Hat nur Schabernack im Kopf und alle seine Geschichten erstunken und erlogen! Verirrt sich in Osgiliath und behauptet von Pelagrir in die Ruinenstadt gelaufen zu sein ... Ist doch unmöglich bei diesem Orientierungssinn! Und das er dann noch zu wissen glaubt, dass Banditen in der Nähe des Erui Unheil stiften ... Was für ein Aufschneider!
Das glaubt Ihr doch sicherlich, nicht wahr? Doch Ihr irrt ... Ich bin durchaus in der Lage allein aus der Stadt zu finden. Daher gehe ich auch nun - einmal bei der Armee und dann nie wieder! Mir reichts! Tschüss, auf Wiedersehen! ... « Tevildo nahm seinen Rucksack und wandte sich zum gehen. Etwas verwirrt schaute er sich um. Da waren so viele Straßen! ›Ist doch wahr! Die nerven langsam ... Auf nach Minas Tirith ... Aber wo ist der richtige Weg?‹
Verlegen drehte sich der Barde noch einmal zu den Soldaten um. » ... Ähm ... Kann ich Euch um einen winzigen Gefallen bitten? Könntet Ihr mir sagen welche dieser unzählbaren Straßen nach Minas Tirith führt? Leider erschließt sich mir der richtige Weg trotz meines großartigen Orientierungssinn nicht ...«
Während Faramir noch mit Mablung und Damrod plauderte, blickte er zu Astaldo, der sein Gespräch mit Gwaenas beendete und zu Meowés und Tevildo ging. Was er zu sagen hatte, missfiel Tevildo offensichtlich, denn auch aus einiger Entfernung merkte der Heermeister, dass der Gaukler wütend wurde.
"Dieser dumme Barde macht schon wieder Ärger", stöhnte Faramir, "kommt, gehen wir hin."
Als der Heermeister und seine Leibwächter herankamen, blickte sich Tevildo unsicher um und fragte, wo es nach Minas Tirith ginge. Faramir hätte beinahe laut losgelacht, weil der Gaukler dabei etwas von seinem "großartigen Orientierungssinn" faselte. Doch der Heermeister blieb ernst und sagte:
"Tevildo! Habe ich dir nicht geboten, dich nicht länger zwischen den Ruinen herumzutreiben? Du hast offensichtlich immer noch nicht begriffen, dass du dich hier auf militärischem Gelände befindest und daher unseren Anweisungen zu folgen hast! Aber gut, wenn du unbedingt heute noch nach Minas Tirith willst, sei es dir erlaubt. Die Stadt ist südwestlich von hier. Bei deinem großartigen Orientierungssinn kannst du mir anhand des Standes der Sonne gewiss sagen, wo Südwesten ist, oder?"
Faramir sprach die Frage mit spöttischem Unterton. Ehe Tevildo antworten konnte, richtete Mablung eine Frage an Faramir:
"Heermeister, sollte man den armen Kerl nicht bis zum Eingangstor des Rammas Echor geleiten? Innerhalb des Pelennor wird er die Stadt gewiss nicht verfehlen. Ich würde ihn dorthin bringen, zu mir hat ja sogar seine Ratte Zutrauen."
"Gut, wenn du willst, Mablung. Aber es sollte rasch gehen", antwortete Faramir und wandte sich wieder an den Barden:
"Kannst du reiten, Tevildo?"
-------------------------------------------- "Ich bin Faramir, Heermeister von Gondor."
Er unterhielt sich gerade mit Tevildo, da kam Astaldo.
Er erzählte etwas von Übungen. ›Oh nein, nicht schon wieder ... ‹, dachte er, aber er konnte sich nich widersetzen. »Nein ich werde mir keine Ratte zulegen«, meinte er nachdem Astaldo ein eckliges Szenario dargestellt hatte, »Obwohl, diese Tierchen sind eigentlich ganz süß. Naja ... «
Dann sprach Tevildo. Er wollte gehen.
»Aber ... bleib doch!« Doch er wollte gehen. Schade, denn Meowés hatte noch vorgehabt ein Lied zu singen. ›Schade,schade. Schon ist er wieder weg.‹, dachte er traurig nach. Er war sauer über Astaldo.
Gwaenas war froh, als Astaldo ihn endlich aus diesem schrecklichen Kreuzverhör entließ! Aber er hatte eingesehen, dass der Ältere Recht hatte. Schnell wandte er sich von ihm und den Brunnen ab.
Ihm war gerade nicht nach Gesellschaft anderer zumute. So setzte er sich auf die Stufen eines alten, zerfallenen Hauses. Das Gespräch über Töten anderer Menschen hatte ihn nachdenklich gemacht. Plötzlich überkam ihn Angst und Sehnsucht nach seiner Heimat!
Ohne es recht zu merken, hatte er die Muschel hervorgeholt, die ihn stets an seine Heimat erinnerte. ‚ Wie gut hatte ich es doch dort! Nur meine Tollpatschigkeit hatte Vater bewogen, mich weg zu schicken; sonst hätte es vielleicht noch ein schlimm enden können …. Vielleicht hat Mutter recht und ich bessere mich noch, je älter ich werde…’ Er seufzte und dachte an die einsame Zeit, als er alleine Richtung Westen unterwegs gewesen war.
Doch plötzlich stieg ihm köstlicher Bratengeruch in die Nase und sein Magen knurrte schon wieder vor Hunger. Also steckte er die Muschel wieder sorgsam weg und machte sich auf den Weg zur Feldküche.