Als Erchirion an diesem Morgen seine Augen aufschlug, war es noch stockfinster in den Höhlen von Henneth Annûn. Das Plätschern des Wasserfalls drang an sein Ohr und noch immer konnte man den Mond durch die Wasserwand schimmern sehen. Man gewöhnte sich an den Lärm, welchen die herabstürzenden Massen erzeugten.
Leicht hob er den Kopf an und ließ seinen Blick schweifen. Die meisten seiner Gefährten schienen noch tief und fest zu schlafen und auch der ein oder andere Schnarchlaut drang zu ihm herüber. Erchirion war schon immer ein Frühaufsteher gewesen und an diesem Morgen war es nicht anders. Rasch stemmte er sich auf und warf sich seinen Umhang, welchen er als Decke genutzt hatte, über die Schultern. Der junge Mann schnallte seinen Köcher und sein Schwert um. Bis auf seine Stiefel hatte er sonst am Abend nichts ausgezogen.
Um diese Tageszeit waren die Hirsche meist sehr zahlreich auf den verschiedenen Lichtungen unterwegs, was die Jagd vereinfachte. Vielleicht würde er einen schießen, wenn er nun bald aufbrach.
Langsam bahnte sich Erchirion seinen Weg über die Ausgestreckten Gliedmaßen der anderen Waldläufer. Noch war es zu früh, um sie alle zu wecken und so gab er besonders acht. Am Bogenständer wartete sein Bogen bereits sehnsüchtig darauf, seine Arbeit verrichten zu dürfen. Auch dieser wurde auf den Rücken geschnallt, nachdem er von seinem Herren ausgiebig inspiziert wurde.
Kurz vor dem Ausgang der Höhlen machte er halt und ließ sich auf einer Truhe nieder. Dort zog er seine Stiefel an, während er mit schmalen Augen seine schlafenden Gefährten musterte.
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Hinfallen, Aufstehen, Krone richten, weiter gehen ...
Gwaenas seufzte wohlig, als er in die Höhle kam. Vorsichtig sah er zu den Waldläufern, welche sich gerade reckten und streckten. Er lächelte. Wie gerne würde er sich jetzt auf sein Lager fallen lassen, aber er wusste nicht, wie Heermeister Faramirs Befehle aussahen. Er würde abwarten müssen, bis dieser aufwachte.
Daher würde er sich eine Weile auf sein Lager setzen, um ein wenig zu schnitzen. Diese Tätigkeit hatte er erst seit Kurzem entdeckt und es war ein idealer Zeitvertreib, wenn man nicht wusste, was man tun sollte. Und außerdem merkte man an seinen Schnitzwerken nichts von seiner Begabung, immer die falschen Dinge zu tun.
Lächelnd ging er auf sein Lager zu und wäre einige Male fast erneut hingefallen. Auf den harten Felsboden zu fallen, war noch unangenehmer als ins Wasser zu plumpsen. Er hörte das Kichern der anderen Waldläufer und knurrte vor sich hin.
„Wenn die wüssten, wie es ist ein Tollpatsch zu sein“, machte er verbittert und setzte sich.
Nach einigem Kramen in seinen Habseligkeiten, welche er auf seinen Streifzügen in Ithilien nicht brauchte und welche in einem Ledersack verwahrt wurden, hatte er es gefunden: Es war eie Möwe, die gerade dazu ansetzte, ihre Flügel zur Schau zu stellen. Es war noch nicht perfekt, aber Gwaenas konnte es erkennen und dieser Anblick erfüllte ihn mit etwas Stolz.
Gwaenas errötete heftig. Normalerweise mochte er es nicht sehr, wenn sich jemand für ihn einsetzte. Aber er erkannte sehr wohl, dass gerade er mit seiner Tollpatschigkeit auf solche Taten angewiesen war.
„Danke Meowés. Findest Du wirklich, dass die Arbeit erkennbar ist? Ich meine ... ich dachte, ich erkenne es als einziger, weil ich ja weiß, was es werden soll“, seufzte er und befasste sich weiter mit der Möwe.
Wenn sie fertig war - das schwor es sich - würde er sie, statt der Muschel aus Andrast, mit herumtragen. Muscheln waren zerbrechlich, wie das Band, was ihn mit seinem Vater verband. Kurzzeitig schwelgte er in Erinnerungen. Dieses Dasein als wohlbehüteter Knabe war wunderschön gewesen. Natürlich, auch damals hatte man über ihn gelacht, aber es hatte ihn nicht gekümmert. Weil seine Mutter dagewesen war ...
Schnell schüttelte Gwaenas diesen Gedanken ab. Nein, er wollte sich nicht von diesen Erinnerungen überkommen lassen, weil er wusste, dass er dann weinen würde. Dann würden ihn alle für einen sentimentalen Schwachkopf halten. Nein, das wollte er auf keinen Fall.
Thenar hatte Nachtwache gehabt. Er war kurz nach dem ersten Morgengrauen von einem Waldläufer, der nicht mehr schlafen konnte, abgelöst worden. So hatte er sich noch ein wenig auf sein Lager in der der Höhle ausgestreckt.
Er war wohl doch eingeschlummert, als er tollpatschige Schritte hörte und sogleich wusste, dass Gwaenas in die Höhle gekommen war. Bei seinen gemurmelten Worten schlug Thenar die Augen auf und blickte zu dem frustrierten jungen Waldläufer, der aus seinem Ledersack eine Schnitzarbeit hervor zog.
Thenar erhob sich von seinem Lager, ging zu Gwaenas und setzte sich zu ihm. Mit geübten Blick erkannte er, dass der Junge Talent hatte.
Erstaunt sah Gwaenas zu Thenar hoch. Es kam selten vor, dass der ältere Waldläufer etwas sagte und noch seltener hörte man Lob aus seinem Mund. Sein Gesicht wies keinerlei Regung auf, aber Gwaenas fühlte sich richtig wohl, wie seit langem nicht mehr.
„Wenn der Meister es sagt, muss es wohl stimmen“, sagte er lächelnd und besah sich die Möwe mit kritischem Blick. Eben hatte sie ihm noch nicht so ganz gefallen, aber nun merkte er, dass es wirklich ein gelungenes Werk war.
Gwaenas sah nun zu den anderen Waldläufern herüber, die sich die Situation mit gerunzelter Stirn besahen. Aber wenigstens lachten sie nicht mehr.
Er spürte den Blick von Thenar immer noch auf sich ruhen und senkte verlegen das Haupt. Er war es gar nicht gewohnt, dass man ihn lobte. Er wünschte sich, dass endlich der Heermeister kommen möge, um ihm einen Befehl zu erteilen. Außerdem knurrte sein Magen richtig heftig. Und Gwaenas wusste, dass er mit leerem Magen zu noch schlimmeren Tollpatschigkeiten fähig war.
Am besten war es wohl, sich auf den Rücken zu legen und die Decke zu betrachten.
„Also hab ich mich doch nicht verhört. Gwaenas, du solltest dich aufwärmen. Es hängt ein Kessel mit heißem Wasser über dem Feuer“, sagte Curon zu dem jungen Waldläufer, dessen nasse Haare ihn verrieten.
„Zeig mal was du da schnitzt, Kleiner!“ Curon betrachtete den enstehenden Vogel eingehend.
„Respekt Junge! Du musst dich mit Vogelarten gut auskennen.“ Er gab Gwaenas die Schnitzerei zurück.
occ: Meowés bitte die Postreihenfolge beachten! Du warst nicht dran.
Während Erchirion gerade in seine Stiefel schlüpfte, schlichen Gwaenas und Meowés in die Höhle. Sie versuchten, so leise wie möglich zu sein, um die anderen nicht zu wecken. Da Erchirion etwas im Schatten saß, nahmen ihn die beiden jungen Waldläufer wohl nicht wahr. So hatte er die Möglichkeit, die beiden etwas zu beobachten und ihr Gespräch zu belauschen, während Gwaenas an irgendetwas schnitze.
Thenar war mittlerweile auch aufgewacht und setzte sich zu den Jüngsten. Ein Lob hatte er für Gwaenas Schnitzerei übrig und der Junge schien dies dankbar aufzunehmen.
Erchirion konnte mit den jungen Leuten nicht so viel anfangen. Natürlich war er selbst noch nicht besonders alt, aber er glaubte zum Beispiel nicht, dass er in Gwaenas Alter so was von unfähig war, wie dieser.
Leise stand er auf und ging auf die drei Ranger zu. Curon hatte sich mittlerweile auch zu den anderen gesellt. Erchirion steckte sich sein Messer in die Stiefel und sah dann zu ihnen herab.
„Ich bin jagen. Wird nicht lange dauern.“
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Hinfallen, Aufstehen, Krone richten, weiter gehen ...
Faramir war gerade aufgestanden und legte seine Kleidung an. Er verließ seine Schlafecke und begab sich zu den Waldäufern, die sich gerade unterhielten. Thenar, Curon, Gwaenas und Meowés sprachen über irgendeine Schnitzarbeit. Erchirion schien gerade am Weggehen zu sein.
„Guten Morgen, Männer!“ sagte der Heermeister vernehmbar.
„Gibt es hier Kunstwerke zu bewundern? Wenn ja, würde ich sie auch gerne sehen.
Außerdem wäre ich dankbar, wenn mir jemand ein Frühstück bringt. Erchirion, du möchtest schon hinaus?“
Faramirs Worte klangen herrisch, aber er lächelte freundlich.
-------------------------------------------- "Ich bin Faramir, Heermeister von Gondor."
„Kunstwerk? Ich würde dies hier nicht wirklich als großes Kunstwerk betrachten, Heermeister“, meinte Gwaenas verlegen und rieb sein Kinn an der Schulter, was er immer tat, wenn er nervös war.
Außerdem war es ungewohnt für ihn, mit dem Heermeister über etwas anderes zu sprechen, als seine Aufträge in den Wäldern Ithiliens.
„Wenn Ihr es Euch denn unbedingt ansehen wollt, dürft Ihr das selbstverständlich tun. Wie Ihr warte auch ich schon auf das Essen. Aber wenn ich es Euch holen würde, wäre Euer Magen so leer wie jetzt, da ich höchstwahrscheinlich mit dem Essen in der Hand stolpern würde.“
Auf dem Gesicht Faramirs breitete sich ein leises Schmunzeln aus, als könne er nicht glauben, dass Gwaenas wirklich so ungeschickt war, wie er sagte.
Da Gwaenas wusste, dass er dem Heermeister nun am besten die Möwe geben sollte, überreichte er sie dem Sohn des Truchsess.
„Es ist noch nicht fertig. Es soll eine Möwe werden. Aber ich fürchte, es hat mehr Ähnlichkeit mit einem plumpen Mûmak, als mit einer Möwe“, sagte er bescheiden.
„Erzähl keinen Unsinn, Kleiner! Die Möwe sieht gut aus und wenn du nicht immer so nervös und unsicher wärst, würde nicht soviel schief gehen. Ich werde das Frühstück bereitmachen, Heermeister und Gwaenas sollte sich am Feuer aufwärmen. Die Nachtwache scheint kalt gewesen zu sein“, sagte er und forderte den jungen Waldläufer auf ihm zu folgen.
„Komm schon, Gwaenas, ich mach dir einen Tee. Wollt Ihr uns nicht begleiten Heermeister?“
Curon begab sich zurück zur Feuerstelle und hoffte, dass die anderen ihm bald folgen würden.
Meowés fragte Faramir: „Herr, kann ich noch etwas für Euch tun? Ich bin stets zu Diensten.“
Meowés rätselte noch immer darüber was die Gestalt von Gwaenas´ Schnitzarbeit für eine Vogelart ist.
‚Hmm ... ein etwas größerer Vogel. Was könnte das nur sein ... Ich werde ihn aber nicht fragen, sonst ist er vielleicht entäuscht.’
Meowés freute sich wieder über die Fragen, die Gwaenas gestellt wurden. Er glaubte seine Rufe haben was gebracht. Er folgte Gwaenas und Curon zu den Feuerstellen
Eigentlich hatte sich Erchirion so früh hinaus schleichen wollen, ohne die anderen zu wecken. Doch mittlerweile waren fast alle so gut wie wach und selbst der Heermeister war zu ihnen gestoßen.
Auf Faramirs Frage antworte er nicht gleich. Am liebsten hätte er ein „Ist das ein Problem?“ herausgelassen, aber er unterdrückte diesen Drang. Erchirion war zwar ein Frühaufsteher, aber trotz allem ein kleiner Morgenmuffel. So früh am Tag hatte er am liebsten seine Ruhe.
„Wir brauchen ja etwas zu essen. Und so früh am Morgen ist die Wahrscheinlichkeit auf Wild zu stoßen am größten. Ihr wisst das, Faramir.“
Thenar wollte sich ihm anschließen und Erchirion ließ seinen Blick zu dem älteren Waldläufer schweifen. „Danke, aber das ist nicht nötig.“ Aber so leicht ließ sich Thenar sicher nicht von seinem Vorhaben abbringen. Dann würde er ihn eben begleiten. Vielleicht konnte man so mehr Nahrung erbeuten.
Die anderen waren immer noch mit dem Betrachten der albernen Möwe beschäftigt.
‚Kinderkram ...’, dachte Erchirion, schnappte sich seinen Bogen und verließ die Höhle.
(occ: Gwaenas, es heißt Mûmak und nicht Olifant! --> von Denethor geändert)
‚Mein lieber Vetter ist heute morgen gut gelaunt’, dachte Faramir leise lächelnd.
Er reichte Gwaenas die geschnitze Möwe zurück und sagte: „Ja, Curon, ich komme mit zur Feuerstelle. Und ja, du hast recht, Gwaenas ist zu bescheiden. Aus dieser Möwe kann wahrlich noch ein Kunstwerk werden. Meowés, bring uns etwas Butter und Früchte! Lasst uns frühstücken!“
Thenar war es mit den gerade erwachten Kameraden zu eng in der Höhle geworden. Er hatte noch immer Probleme, sich unter vielen Menschen aufzuhalten. Besonders in geschlossenen Räumen fiel ihm schnell die Decke auf den Kopf. Dann zog er es vor, schnell hinaus zu kommen.
Ihm fiel sofort auf, dass es Erchirion nicht passte, ihn zu begleiten, aber es kümmerte ihn nicht. So folgte er schweigend dem Jüngeren, ohne auf dessen Einwand zu achten.
Als Gwaenas in die Höhle kam und sein Lager erblickte, wurde ihm erst so richtig bewusst, wie müde er eigentlich war. Das kalte Wasser hatte ihn nur kurzzeitig wach gehalten. Ganz vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, da er gerade in der Müdigkeit sehr tollpatschig war.
Seufzend legte er sich nieder und starrte an die Decke. Es tat gut, sich einfach hinzulegen. Er würde zwar nicht alle seine Sorgen, die an diesem Morgen so plötzlich auf ihn hereingeströmt waren, vergessen können. Aber er schaffte es, sich in einen Zustand tiefster Gleichgültigkeit zu versetzen, sodass er sehr bald einschlief.
„Hol bei nächster Gelegenheit dein Versäumnis nach und denke daran, dem Wächter sein Früstück zu bringen, wenn du morgens hinausgehst, Meowés“, sagte Faramir. „Heute hat sich ja Curon darum gekümmert.
Und gedulde dich ansonsten, meine weiteren Befehle erfährst du früh genug.“
Der Heermeister konnte nun endlich die Höhle verlassen. Es war etwas kühl, doch Faramir genoss die Morgenfrische.
‚Gut, das wird heute wohl ein schöner, aber kein heißer Tag’, dachte er. Er ging zum verbotenen Weiher, wo sich Curon und Astaldo gerade unterhielten.
Curon trat herein, schaute sich kurz um und ging dann näher zu Meowés.
„So, junger Waldläufer. Der Heermeister hat Training angeordnet und da Gwaenas sich nach der Nachtwache ausruhen muss, wirst du jetzt ein paar Lektionen im Schwertkampf bekommen. Lass uns die Übungschwerter aus der Waffenkammer holen und uns dann nach draußen begeben.“
Er grinste den Jungen an. Die Bewegung würde ihnen beiden gut tun. Er machte sich auf den Weg zu Waffenkammer
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