Nachdem Schagrat sich am Waldrand von Ithilien in ein Gebüsch gesetzt hatte, merkte er, dass er Hunger bekam. Er suchte in seiner Satteltasche und fand ein rohes Stück Fleisch, welches er sich von dem von Carcharoth erlegten Reh aufgehoben hatte. Der Warg schaute begierig auf das Fleischstück und schnappte nach diesem. »Nein! Du hattest Heute schon genug!« sagte Schagrat streng während er die Peitsche zückte, worauf sein Reittier zurückwich und sich wiederstandslos an einem Baum band.
›Ich glaue ich brate das Fleischstück. Das verdirbt Carcharoth den Appetitt und ist schön warm. Auch wenn das Aroma etwas verloren geht ...‹ dachte der Ork. Also entzündete er ein Feuer und brutzelte das Fleisch darin. Ihm war es egal ob man ihn von Osgiliath aus sehen konnte. ›Die Tarks schlafen sowieso. Und sekbst wenn sie Wache halten kann ich noch schnell genug weg, schließlich müssten sie vom Westufer hierüber, dass ist auch eine anständige Entfernung, auf der ich sie gewiss bemerken würde. Ich glaube ich kann ein Feuer riskieren!‹
Das gerade in diesem Augenblick Tevildo von Osgiliath aus das Feuer, welches inzwischen hell aufleuchtete, entdeckte konnte sich der Ork in seinem schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen, schließlich wäre dies skurril.
Das Fleisch, dass Schagrat in das Feuer hielt war bald gar, wenn auch für Menschen noch immer ungenießbar. Doch Carcharoth, der Warg hatte sein Interesse an dem Fleisch bereits verloren. Er mochte nur rohes Fleisch. Schnellstmöglich würgte Schagrat es herunter, schmecken tat es im nicht sonderlich. ›Hätte das Fleisch nicht rösten sollen ... Das verdirbt den Geschmack mehr als ich anfangs dachte ... Sollte nun aber das Feuer löschen, denn auch wenn ich es nicht glaube könnte man es von der Tarkstadt aus gesehen haben.‹
Der Ork schmieß hastig Erde und feuchtes Laub über das Feuer und wollte sich, als nur noch eine große Rauchwolke von dem Brand zeugte. Zufrieden wollte er sich nun zur Ruhe legen, als er glaubte in der Ferne Stimmen und Schreie zu hören. Er spitzte seine Orkohren und konnte aus der Ferne, vom Wind herübergetragen tatsächlich Stimmen hören. In Osgiliath schien es unruhig zu werden. ›Ob die Tarks das Feuer gesehen haben? Aber das ist ausgeschlossen ... Dann müsste ich wirklich großes Pech haben!‹
Er ließ seinen Blick über die Stadt schwifen. Auf der Westseite konte er mit seinen Orkaugen, die die tiefste Dunkelheit durchdringen konnte Fackelschein und Gestalten entdecken. Kein Z3weifel, sie hatte ihn entdeckt! ›Verdammt! Diese Stadt ist selbst in der Nacht bewacht; verdammt war ich leichtsinnig ... Schnell verstecken! Komm Carcharoth.‹
Schagrat eilte zu dem Warg und trennte hastig die Leine mit der er sein Rettier angebunden hatte durch. Er prüfte, ob er Sachen vergessen hatte und schwang sich dann auf dem Wolf, um sogleich im dichten Gestrüpp des Waldes zu eilen. Von seinem Rastplatz zeugte jetzt einzig die Feuerstelle und Fußabdrücke, welche im Dunkeln aber schwer zu erkennen waren.
Nachdem er einige hundert Meter ins dichte Unterholz geritten war hielt Schagrat. Er glaubte sich sicher, dass ihn hier niemand entdecken würde. Carcharoth band er erneut an einem Baum, dann ging er zurück zu seinem Lagerplatz, wo er die hinterlassenen Spuren sorgfältig mit Ästen verwischte. Im Dunkeln war es nun schwierig zu erkennen wo das Feuer gebrannt hatte, besonders wenn man nicht genau wusste wo man suchen sollte.
›Wenn die mich jetzt noch finden sind sie gut! Aber selbst wenn, ich hjabe den Vorteil, dass sie nicht wissen wo ich bin! Aber kommen sie überhaupt? Ich lege mich hier auf die Lauer ... Nur mal kurz nach Carcharoth schauen.‹ Erneut ging Schagrat zurück, diesmal zu seinem Reittier. Der Warg schlief.
Schagrat nahm seine Waffen und suchte sich eine Stelle, von der aus er die Straße und die Stadt gut sehen konnte. Er steckte mehrere Pfeile in den Boden und wartete lautlos.
Tatsächlich musste Schagrat nicht lange warten, bis seine besonders in der Dunkelheit scharfen Orkaugen ein Spähtrupp der Tarks ausmachten. Der Ork zählte ungefähr zwanzig Mann. ›Ganz schön viele! Naja dann muss im Notfall eben mehr Blut fließen als geplant ... Aber ich lege es besser nicht darauf an, auch wenn ihre Augen weniger gut als meine sein mögen sind sie nicht zu unterschätzen!‹
Langsam kam der Trupp näher, immer am Waldrand entlang und nach Spuren des Feuers suchend. Doch Schagrat hatte die Feuerstelle gut versteckt und da inzwischen auch kein Rauch mehr aufstieg wäre es auch für andere Orks schwer gewesen die Brandstelle zu finden. Eine ganze Weile liefen die Tarks noch orientierungslos umher, suchend und doch nichts findend. Trotzdem hatte der Wargreiter seinen Bogen gespannt; locker hätte er im Notfall drei Menschen töten können, ohne das er entdeckt worden wäre.
›Aber es ist besser, wenn ich mich versteckt halte! Solange Carcharoth leise ist kann mir nichts passieren! Die müssten eh bald verschwinden, diese abartigen, stinkenden Tarks!‹ Besorgt schaute sich Schagrat zu seinem Warg um doch dieser schlief fest und blieb still und der Spähtrupp verschwand tatsächlich bald ohne einen Anhaltspunkt gefunden zu haben. ›Keine Gefahr mehr ... Jetzt kann ich schlafen!‹ dachte der Ork, als er zufrieden feststellte, dass die Waldläufer wieder verschwanden.
Bald war der Spähtrupp aus Osgiliath nicht mehr als solcher zu identifizieren. Selbst Schagrats scharfe Augen vermochten es nicht mehr, mehr als Schatten zu erkennen.
›Sie sind weg! Jetzt muss ich aber vorsichtiger sein ... Nochmal sollte mir so ein Missgeschick nicht passieren! ... Aber immerhin weiß ich nun, dass in der Stadt tatsächlich Tarks sind ... Würde gerne wissen , was dieser Brüllaffe Nosaak gerade treibt! Bestimmt schlemmen er und die anderen gerade vor sich hin! Doch wenn sie tatsächlich hierher wollen sollte ihnen das Lachen schon vergehen! Obwohl, was passiert mit mir, wenn ich die anderen los bin? ... Vielleicht bekomme ich statt einer Belohnung ärger von Grishnakh, weil ich die anderen verraten habe! Dann könnte ich mir eine Beförderung abschreiben! Ich glaube, dass mein Plan wirklich nicht durchdacht war! ... Besser wenn ich mich den anderen wieder anschließe und von der Gefahr berichte ... Doch dann muss ich zu den Uruks und Snagas, diese Würmern, zurück! Aber mir bleibt wohl keine Wahl ... Ich werde hier warten müssen!‹
Dann legte sich der Ork zu Boden. Er war zu müde geworden um noch über irgend etwas nachzusinnen. Heute hatte er nämlich erst wenige Stunden geschlafen und das nicht besonders gut aber nun hatte er keine edenken nicht schlafen zu können. Entdeckt zu werden brauchte er nicht mehr zu befürchten, höchstens am nächsten Tag. Doch bis dahin hatte er ja noch Zeit - eine ganze Nacht um genau zu sein.
Nur kurz währte die Freude des jungen Uruk über Nôsaaks grausame Tat an dem verwundeten Snaga, denn ihr Anführer trieb die Gruppe von 32 Orks und 10 Wargen voran. Sorgsam darauf achtend, dass die Warge nicht zu schnell, und die verletzten oder faulen Orks nicht zu langsam liefen, hielt er sie unnachbittlich unter seiner Kontrolle.
Ubûmak wunderte sich im Stillen, woher Nôsaak trotz seiner Verletzung die Kraft hernahm. ' Unser letzter Auftrag liegt noch gar nicht so weit zurück, wo der Brüllaffe den Pfeilschuß in die unteren Rippen bekommen hat ... Ach ja, an der Hand hatte er auch etwas abbekommen, genau wie ich! Man merkt ihm nichts an, diesem Sklavertreiber! Naja, vielleicht werde ich auch so abgebrüht, wenn ich älter bin!'
Die Stichwunde im Bein machte sich wieder stärker bemerkbar, wogegen er die Schußwunde im Arm weniger deutlich spürte. Der junge Uruk hatte Durst und rief seinen Ausbilder an: " He, wir könnten mal eine Trinkpause machen! Sonst vertrocknen wir noch im Laufen!" Ein Blick zu den Wargs, bestätigte ihm, dass die Tiere ebenfalls nach Wasser verlangten, denn ihre langen, roten Zungen hingen lang aus den Mäulern.
Während Ubûmak noch auf die Antwort wartete, schätzte er die Zeit ein. " Es muss jetzt kurz vor Mitternacht sein ... wo sind wir denn jetzt? Kommen wir bald zu dieser verfluchten Tarkstadt?" Er hatte keine Ahnung, war er doch erst das zweite Mal auf so einer großen Expedition unterwegs.
Genervt trieb Nôsaak seine Truppe durch die dunkle Nacht voran. Viele von ihnen stöhnten obgleich des Tempos, das er einschlug, doch der Uruk kümmerte sich nicht darum. Allmählich mussten sie wirklich zusehen, das sie ihr Ziel bald erreichten!
Seine Wunde schmerzte unaufhörlich, aber er ließ sich nichts anmerken. Er würde sich auf keinen Fall vor den anderen eine blöße geben! Auch wenn die nun lautstark protestierten und die Warge vor Erschöpfung keuchten, hielt er nicht an ... Sie mussten sich beeilen!
So erwiederte er nichts auf die Einwände Ubûmaks, sondern grunzte nur auf seine Frage: "Wenn wir weiterhin so schlecht vorankommen, überhaupt nicht!" Auch wenn dieser Satz nur die halbe Wahrheit war ...
Schagrat war gerade im Begriff einzuschlafen,doch auf einmal begann der Himmel seine Schleusen zu öffnen und der Ork schreckte, obgleich des kühlen Regens, der auf ihn tropfte hoch. ›Mistwetter! Hier kann ich nicht mehr schlafen ... Carcharoth winsekt auch schon, er braqucht Bewegung ... Den ganzen Tag herumliegen, dass mag er nicht! Und ich im übrigen auch nicht ... Ich könnte den Maden entgegenlaufen, sie müccten schon in diesen Wäldern sein ... Wahrscheinlich sogar auf der Straße! Es sei denn die armen plagen sich mit ihren Verletzungen ... Pah wiederliche Maden! Aber mir bleibt wohl keine Wahl ... Die Tarks werde ich wohl kaum auf sie hetzen können ohne selbst erschöagen zu werden ... Schließe ich mich den anderen an! Ist sicherer ... ‹
Der Ork erhob sich und ging zu Carcharoth. Der Warg lag wach auf dem Boden und verschaffte sich durch Winseln und wütendes Knurren gehör. Das Tier mochte es nicht, an einem Baum gekettet zu sein. Schagrat befreite sein reittier nun von der Kette und stieg auf. Mit einem sanften Klaps gab er dem Tier zu verstehen, schnell zu verschwinden. Bald waren sie aus dem Dickicht heraus auf die Straße gelangt, wo sie sich von der Tarksstadt und dem großen Strom abwandten. Der Regen prasselte nun, sintflutartig und plötzlich, daher waren Schagrat und sein Warg schnell durchnässt. Auch die Straße war in einem sichtlich schlechten Zustand, doch geschickt vermied es Carcharoth in irgendwelche Pfützen zu treten. So kamen die beiden zügig vorran und kammen stetig immer näher zu den anderen.
Ubûmak fluchte schimpfend vor sich hin: Ihr Antreiber verwehrte ihnen eine Trinkpause! " Bei der gefrässigen Kankra! Ich werde Grishnâk davon erzählen, wie du uns hier behandelst!" Der Ältere lachte höhnisch als Antwort.
So fügte sich der junge Uruk seinem Schicksal und lief weiter. Der Himmel hatte sich seit einiger Zeit bezogen und so war es nicht verwunderlich, als bald die ersten Tropfen fielen. Gierig streckte Ubûmak seine Zunge heraus um einige Tropfen aufzufangen. Wie er taten es auch die Tiere und Snagas. Bald wurde der Regen stärker, doch sie hetzten weiter ungesehen durch die Nacht, vorbei am Scheideweg in Richtung Osgiliath.
Unerbittlich trieb der Anführer die Snaga durch die Nacht voran. Mittlerweile hatte es begonnen zu regnen, große, schwere Tropfen fielen vom Himmel. Es war jetzt so dunkel, dass man nur noch Schemenhaft die Umgebung erkennen konnte. Trotzdem ließ sich Nôsaak nicht beirren. Er hatte gute Augen und Ohren und ihn kümmerte weder der Dauerregen, noch das Gemurre der Orks hinter sich. Diese kleinen Würmer ... Kaum sollten sie sich bewegen, meckerten sie! Entnervt beschleunigte der Anführer nochmals sein Tempo.
Er wusste irgendwann nicht mehr, wie lange sie schon gelaufen waren ... Seine Haut war vollkommen durchnässt und seine Felle waren so mit Wasser vollgesogen, dass sie bei jedem Schritt schwerer wurden ... Jedenfalls kam es Nôsaak so vor. Aber schließlich zeichnete sich mit einem Mal ein schwaches Licht über den Baumwipfeln ab. Ein neuer Tag hatte begonnen.