Erchirion fühlte, wie die Übelkeit langsam nachließ, nachdem alles erstmal draußen war. Trotzdem fühlte sich sein Magen verdammt komisch an. Doch der eklige Geschmack im Mund war fast noch schlimmer. Vor allem konnte der junge Mann gar nicht so schnell reagieren, da hatte die Alte sein Gesicht auch schon in ihre Hände genommen und betastete ihn.
Natürlich bekam er mit wie die beiden nun noch anwesenden miteinander sprachen und auch hörte er Ioreth Worte, welche gut zu ihm sprach. Doch er wollte das nicht hören. „Der Heiler ... Handir ... er hat gesagt ich werde ... heute nicht mehr belästigt!“ zische Erchirion leise und seine Augen funkelten, vor Fieber und Wut. Aus den Augenwinkeln beobachtete er wie nun auch dieser junge Mann, welcher sich gerade mit der alten Frau angelegt hatte, den Raum verließ.
Sie wollte ihn bereits einen neuen Trank anbieten. Doch Erchirion schüttelte vehement den Kopf. Von wem sprach sie? Von seiner Tante? Wen sonst konnte sie meinen? „Ihr meint ... meine Tante? ... Sie hat deine Tränke zu sich genommen? ... Darf ich daran erinnern, dass ... dass sie gestorben ist?“ Erchirion verzog das Gesicht zu einem schiefen, aber schmerzverzerrtem Grinsen. Er hatte seine Tante selbst nie kennengelernt. Finduilas war vor seiner Geburt gestorben. Doch sie war ihm durch Erzählungen, vor allem durch Imrahils Geschichten, sehr bekannt.
„Wasser! Ich will nur Wasser ...“ Er musste diesen fürchterlichen Geschmack wegbekommen. „Und jemand soll meinen Onkel holen! Ich ... ich muss ihn sprechen! Dringend!“ Erchirions Stimme war zwar schwach, aber ließ keine Widerrede zu. Er war schließlich ein Fürstensohn, hatte hier das beste Zimmer bekommen und Denethor hatte ihm versichert, dass er jederzeit nach ihm Rufen lassen konnte.
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Hinfallen, Aufstehen, Krone richten, weiter gehen ...
Ioreth blickte Meliot hinterher. Sie wollte ihn schon mit einer ihren Reden bedenken, doch da war er schon aus der Tür heraus. Deshalb musste wohl unter Übel der Prinz einiges ihres Grames über diesen Heiler ertragen. »Ruhe, davon versteht er was! Er ruht sich selbst nur aus, anstatt hier mit anzupacken. Einen fauleren Hund werdet Ihr hier nicht finden! Und von einem leeren Magen hat sich noch nie einer übergeben! Es sei denn, er hat etwas mit der Galle. Doch das ist bei Euch ja nicht der Fall …«
Ioreth holte Luft. »Wirklich nur Wasser?«, fragte sie skeptisch den jungen Mann. »Ihr sagtet vorhin, dass Euch niemand mehr belästigen sollte. Doch ihr werdet Fieber bekommen, wenn Ihr nichts dagegen unternehmt: Entweder diesen Trank zu Euch nehmen oder neue Wadenwickel alle Viertel Stunde! Ich denke, dass Ihr dann weniger Ruhe habt.«
Fieber durfte der Prinz natürlich nicht wieder bekommen, doch der Sturz aus dem Bett, das Liegen auf dem Holzfußboden und das schmerzhafte Aufstehen würden Fieber zur Folge haben. Das konnte ihm jeder Heiler sagen. Der Prinz hatte sich abermals überanstrengt, während Ruhe das Wichtigste und keine Bewegung war.
»Außerdem … Wäre es Euch lieber gewesen, ich hätte Euch da unten schlafen lassen? Dann könnten wir schon bald den Truchsess an Euer Sterbebett rufen! Ihr solltet einsehen, dass Euer Zustand sehr ernst ist! Eure Kräfte werden nicht mehr lange ausreichen, wenn Ihr Euch nicht endlich schont!«
Nun trat Duilin wieder ein. Er kam zum Bett und fragte, was geschehen sei. Als Ioreth ihm sagte, dass der Prinz den Trank wieder ausgespuckt hatte, fühlte Duilin sofort die Temperatur des Prinzen. »Er wird Fieber bekommen«, sagte er mit seiner ruhigen Stimme. Dann blickte er den Prinzen an: »Könnt Ihr wirklich nicht den Trank Ioreths trinken? Es wäre die sicherste Methode, dass Eure Temperatur nicht weiter ansteigt.«
»Er will Wasser! Und den Truchsess«, bemerkte Ioreth.
Duilin blickte fragend zu Erchirion, der seine Worte noch einmal bestätigte. Einen Moment zögerte der junge Heiler, dann nickte er und begab sich auf den Weg zur Zitadelle. Handir hatte schließlich gesagt, dass jeder Wunsch des Prinzen erfüllt werden sollte, sofern es nicht seine Gesundheit beeinträchtigte.
Ioreth goss dem Prinzen einen Becher Wasser ein und half ihm beim Trinken.
»Finduilas ist nicht an meinen Tränken gestorben …«, sagte Ioreth und ihre Stimme war weicher geworden. »Sie war eine liebe und wunderschöne junge Frau. Eine gute Mutter und eine liebevolle Gattin des Truchsess … Sie starb aus anderen Gründen, doch ist es mir nicht erlaubt, darüber zu sprechen … Doch sprecht besser nicht von ihr, wenn der Truchsess hier ist … Er leidet noch immer …«
Ioreth setzte den Becher wieder auf dem kleinen Tisch neben dem Bett ab. Dann fragte sie abermals: »Wollt Ihr es nicht doch noch einmal mit dem Chinin-Trank versuchen?«
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Trotz seines Zustandes schaffte es Erchirion übertrieben die Augen zu verdrehen, als Ioreth ihm die Alternative zu ihrem gesunden Trank aufzählte. Wadenwickel ... die kannte er von gestern Abend noch. Doch da wurde er zum Glück nach den ersten Wickeln verschont und es wurden keine weiteren mehr angelegt. Hier, in den Häusern der Heilung, würde man wahrscheinlich das ganze anders handhaben und gewissenhafter Arbeiten. Nicht dass der Heiler in Osgiliath schlecht gewesen wäre, aber dort waren einfach andere Umstände gegeben.
Nun war auch der junge Heiler Duilin zurück gekehrt und bestätigte Ioreths Vermutung mit dem Fieber, welches ansteigen würde, wenn sie nichts taten. Er schien der Alten und ihren Heilkünsten zu trauen. Scheinbar arbeitete er schon länger hier.
Erchirion nickte nur, als Duilin ihn wegen des Wunsches den Truchsess zu sprechen, erstaunt ansah. Er hatte schließlich das Recht darauf. Denethor hatte es ihn versichert. Er durfte ihn jederzeit rufen lassen. Genauso wie Dergolad ... Doch Denethor hatte einfach mehr zu sagen und so würden die Heiler hier nach seiner Pfeife tanzen.
Mit sich zufrieden sah Erchirion dem Heiler hinterher, als dieser den Raum verließ und wandte dann seine Aufmerksamkeit wieder Ioreth zu. „Ich kann mir schon denken ... warum sie gestorben ist. Aber das ist nun nicht wichtig“, meinte Erchirion in Bezug auf Finduilias. Nein, mit seinem Onkel hatte er wirklich noch nie über sie gesprochen.
Dankend nahm der Prinz das Wasser an, welches ihm Ioreth darbot. Und jetzt sollte er wirklich dieses Gesöff zu sich nehmen? „Was ... wenn ich das auch nicht bei mir behalten kann?“ fragte er die Alte leise und sah auf den Becher in ihrer Hand. Er wusste ja auch nicht was das gerade war. Das Wasser machte ja auch nichts aus. Es war merkwürdig und Erchirion konnte es sich nicht wirklich erklären.
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Ioreth hatte plötzlich eine Idee. Der Prinz war schließlich hartnäckiger als sie es von einem tapferen Soldaten erwartet hätte. Wieder kramte sie in ihrer Schürtze und holte diesmal einen Löffel und eine kleine Flasche hervor.
»Eigentlich ist das ja nur für die Kinder bestimmt«, meinte sie. »Aber ich werde Euch einen Löffel dieses Zuckersirups geben, wenn Ihr brav seid und Eure Medizin nehmt. Dann werdet Ihr den bitteren Geschmack im Mund los, der Euch scheinbar diese Übelkeit bereitet.«
Ioreth blickte den Prinzen schelmisch an. Sie war sich nicht sicher, ob der Prinz ihren Vorschlag annahm. Er schien sehr eigensinnig zu sein. »Außerdem seid Ihr mich dann auch wieder los, wenn Ihr Eure Medizin nehmt. Denn Schlaf ist das wichtigste für Euch! Auch wenn Ihr gerade den Truchsess zu Euch bestellt habt … Ihr solltet trotzdem schlafen. Eurem Onkel werde ich schon klar machen, dass Ihr Ruhe braucht.«
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Erchirion zog die Augenbrauen hoch und sah die alte Frau fast schon mit einem ungläubigen Blick an. „Bitte ... für wen hältst du mich? ... Das ist eine Beleidigung! ... Schließlich bin ich kein kleines Kind!“ Ioreth machte ihn nun wirklich wütend, weil sie mit ihren Überredungskünsten ankam, welche sie normalerweise für Kinder verwendete.
„Du verschwindest, wenn ich das hier trinke, ja?“ fragte der junge Mann vorsichtshalber noch einmal. Das wollte er noch einmal bestätigt haben. „Aber den Truchsess möchte ... ich so oder so sprechen.“ Was würde Denethor nur sagen, wenn er jetzt ganz umsonst hierher käme. Schließlich hatte ihn Erchirion wegen einer, für ihn wichtigen, Angelegenheit herkommen lassen. Er hoffte natürlich schwer, dass sein Onkel diesen Ruf erhörte. Aber er hatte ihm das Angebot gemacht, jederzeit nach ihm schicken lassen zu können.
Erchirion ergriff nun schwach den Becher, den Ioreth in der Hand hielt und schüttete den Inhalt auf einmal herunter. Hoffentlich war die Alte jetzt endlich zufrieden und würde ihm seine Ruhe lassen. Doch da war auch noch eine andere Sache ... durch das viele Wasser machte sich bei Erchirion nun ein anderes Bedürfnis breit. Doch er verdrängte es vorerst. Er würde sich darum kümmern, wenn alle diesen Raum verlassen hatten. Denn das war eine Sache, die ging nur ihm ... und seinem kleinen Freund etwas an.
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Ioreth kicherte über die Worte des Prinzen. Nun hatte sie ihn in seinem Stolz gekränkt und er würde wohl seine Medizin zu sich nehmen. Damit hätte sie ihre Pflicht getan. Der Prinz würde wohl auf diese Weise vom Fieber verschont werden.
»Ja, ja. Ich werde gehen. Auch wenn ich Euch raten würde sofort zu schlafen. Euer Körper braucht Schlaf mehr, als ein Wort mit dem Truchsess zu wechseln. Gewiss könnt ihr auch morgen noch Euren Unmut beim Truchsess über die vielen störenden Heiler kundtun. Das wolltet Ihr doch tun, nicht wahr?«
Ioreth blickte den Prinzen wissend an. »Ach das macht gar nichts«, sagte Ioreth. »Die wichtigen Herren beklagen sich oft - natürlich nicht gleich beim Truchsess - wenn einmal nicht alles nach ihrem Kopf geht, sondern sie anderen Menschen Folge leisten müssen. Das machen diese Herren gar nicht gern ...«
Die alte Heilerin hielt inne: »Bevor ich gehe. Vielleicht müsst Ihr euch noch erleichtern? Es wäre gescheiter, wenn Ihr euch beim Aufstehen helfen lasst. Ihr seid noch recht wackelig auf den Beinen. Ich kann ja das Zimmer verlassen, wenn Ihr nicht wollt, dass ich dabei bin!«
Ioreth blickte den Prinzen fragend an.
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Nachdem Meliot dem Kräutermeister von den Geschehen im und beim Zimmer des Prinzen berichtet hatte, machte er sich wieder auf dem Weg zu genau diesem Raum, denn er hatte ja noch den Krug Wasser und die heiße Brühe dort abzuliefern. Insgeheim hoffte er, dass Ioreth inzwischen den Raum verlassen hatte und ihn so nicht wieder anmeckern könnte, doch war das wahrscheinlich nicht der Fall, schließlich nutzte die alte Frau jede Gelegenheit mit anderen zu reden und bei einem Prinzen konnte sie sich bestimmt nur schwer zurückhalten ...
Also würde er sich wohl mal wieder anhören müssen, dass alles, was er tut und lässt falsch sei und wie furchtbar er doch wäre, doch das war er ja schon gewohnt ... Eigentlich hatte er schon vom Kindesalter an mit solchen Bemerkungen zu leben und deshalb juckte es ihm inzwischen nicht mehr was andere von ihm hielten und wie sie mit oder über ihn sprachen.
Dann war er schließlich bei dem Zimmer des Patienten angekommen und langsam und grimmig dreinschauend öffnete er die Tür. Wie nicht anders zu erwarten war Ioreth noch immer da und redete auf den Prinzen ein ...
»Verzeiht mein Herr, ich habe etwas Wasser und eine Brühe, welche schon so manchem unser Patienten mundete für Euch organisiert ... Auf vollem Magen schläft es sich besser und stetiger Hunger ist auch nicht förderlich für Erkrankungen jeglicher Art! Zusammen mit der Medizin, welche Ihr hoffentlich bereits bekommen habt sollte dies genau das richtige sein!«
sagte der Heiler. Dann stellte er die Mahlzeit, wenn man das Essen denn so nennen wollte auf einen kleinen Tisch neben dem Bett des Kranken. Die Reaktion Ioreths beachtete er nicht; er interessierte sich im Grunde auch nicht für das Treiben der Greisin.
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Gerne hätte Erchirion eine wahrscheinlich nicht gerade schöne Bemerkung über Ioreths Kichern von sich gegeben. Es lag ihm bereits auf der Zunge, doch der Prinz rief sich zur Vernunft. Ständige Beleidigungen würden ihn nicht weiter bringen. Aber dieses kichernde, ständig grinsende und blabbernde Weib ging ihm wirklich langsam auf den Senkel.
„Ja ... du hast ganz recht. Der Truchsess wird davon erfahren.“ Ernst sah Erchirion die Alte an. „Aber ich denke du denkst falsch über diese 'wichtigen' Herren ... Ich habe das Recht auf Ruhe!“ Die sich Erchirion allerdings auch selbst nicht gönnte. Das wollte der junge Mann aber bisher noch nicht einsehen. Es waren die anderen, welche Schuld daran waren, dass er selbst nicht zur Ruhe kam.
Erchirions Gesichtsausdruck spiegelte wohl Überraschung wieder, als er nun die Heilerin ansah, nachdem sie wohl in seinen Gedanken gelesen hatte. Woher wusste sie sonst ... Oder war es hier in den Häusern der Heilung üblich noch einmal dieses Thema anzusprechen, bevor man sich in die Nacht verabschiedete?
„Ich schaffe das alleine!“ murrte Erchirion. Er würde sich von dieser Frau sicher nicht helfen lassen. Doch als der Fürstensohn dies sagte, betrat gerade der junge Heiler von vorhin das Zimmer. Ioreths Gesichtsausdruck sprach Bände und Erchirion konnte fühlen wie die negativen Spannungen in diesem Zimmer zunahmen.
Der junge Mann stellte einen Suppenteller auf den Nachttisch Erchirions, genau neben den Apfel, welchen ihm Elanya vorhin geschenkt hatte. Vielleicht würde er die Suppe später wirklich essen. Vielleicht würde er irgendwann Hunger bekommen. Aber die Müdigkeit war wohl stärker. Zumal er nicht wusste ob es richtig war nun so kurz vor dem Schlafen noch etwas zu sich zu nehmen. Aber dies war ein Heiler, der musste es ja wissen. Obwohl Ioreth von seinen Künsten ja nicht überzeugt zu sein schien ...
„Ihr könnt jetzt gehen ...“, murmelte Erchirion und schaute auf die Tür, welche nach außen auf den Gang führte. Er erwartete das baldige Eintreffen seines Onkels. Ob er die Suppe dann noch aß, würde sich zeigen. Und ja, das andere Problem ... er würde das schon irgendwie hinbekommen. „Vielleicht zieht man mir die Schüssel noch etwas vor ...“ Er meinte damit die Bettpfanne, welche sich sicherlich unter dem Bett befand. Diese Bitte war schon eine große Überwindung für den Prinzen gewesen.
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Ioreth verdrehte die Augen, als sie Meliots Worte hörte. Der Mann hatte einfach überhaupt keine Ahnung. Niemals würde er ein gute Heiler werden, so wenig Verstand, wie er hatte. Sah er denn nicht, dass der Prinz schlafen musste? Essen würde ihm jetzt nicht helfen. Das würde nur seinen Magen beanspruchen und dann könnte er auch nicht schlafen. Auch wenn es nur eine Suppe war …
»An Eurer Stelle würde ich jetzt nichts mehr essen, junger Prinz!«, sagte sie deshalb zu Erchirion. »Schüssel vorziehen …«, sagte sie dann kopfschüttelnd.
Sie blickte zu Meliot. »Hör zu! Der Prinz hat ein Bedürfnis und will sich von mir nicht helfen lassen. Das tust du jetzt, denn so kann er ja auch nicht in Ruhe schlafen. Pass auf, dass du ihn gut stützt und seine rechte Schulter nicht berührst. Am besten bleibt der Prinz im Bett und macht … es … im Sitzen! Er sollte sich heute so wenig wie möglich bewegen.«
Ioreth sah nun zum Prinzen und merkte, dass dieser alles andere als begeistert war. »Ihr solltet Euch helfen lassen! Meliot versteht zwar nicht viel von der Heilung, aber da kann selbst er nicht viel falsch machen … Und dann legt Euch hin und versucht zu schlafen! Der Truchsess wird schon verstehen, wenn Ihr schon eingeschlafen sein solltet.«
Ioreth drehte sich um und schlurfte zur Tür. Dort drehte sie sich noch einmal um. »Schlaft wohl, Prinz von Dol Amroth! Und vergesst nicht: Ihr macht Euch und uns Heilern das Leben hier leichter, wenn Ihr tut, was wir Heiler Euch sagen und Ihr einseht, dass Ihr Hilfe benötigt.«
Dann sagte sie noch zu Meliot: »Und du, rede nicht zu viel mit dem Prinzen! Das tut man nicht!«
Damit ging sie hinaus auf den Flur und schloss die Tür. Sie wartete jedoch draußen, denn sie würde wieder hineingehen, falls Meliot etwas anstellte oder zu lange drinnen blieb. Außerdem war sie neugierig, ob der Truchsess tatsächlich kommen würde und ob er sich Sorgen um seinen Neffen machte. ›Vielleicht … Er ist schließlich mit seiner geliebten Finduilas verwandt …‹
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Meliot hörte die Worte Ioreths und nahm sie kommentarlos auf. Er hatte bald Feierabend und keine Lust mehr noch viel zu sagen oder machen. Auf einmal merkte er, wie müde er schon war und sehnte nur noch den Moment herbei, in dem er sich in sein Bett fallen lassen konnte.
Einen Augenblick lauschte er, wie die alte Frau den Raum verließ und die Tür schloss. Beachtlich fand er, dass er keine Schritte hörte, die sich vom Zimmer entfernten. Aber vielleicht täuschte er sich auch nur ... Es war spät und die robuste Holztür vermochte viele Geräusche abzuhalten ...
›Wahrscheinlich möchte Ioreth mich kontrollieren ... Pah! Als ob ich etwas falsch machen könnte ... ‹
»So ... Dann wollen wir mal ... Das ist aber ganz Eure Entscheidung! Ich kann Euch nur raten, die Suppe zu essen! Die hat noch keinen unserer vielen Patienten geschadet.«
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Erchirion war sichtlich verwirrt. Was sollte er nun tun? Warum konnten die Heiler hier keine klaren Anweisungen geben? Der junge Mann verlangte er solle Essen, die Alte meinte er solle es lassen. Also lag die Entscheidung nun wohl allein bei ihm. „Hier weiß niemand was er will ...“, murmelte der junge Mann, als Ioreth Anstalten machte das Zimmer zu verlassen. Endlich! Bei ihren letzten Worten verdrehte der Prinz gekonnt die Augen. Das braucht gerade sie sagen ...
Doch endlich war die Alte verschwunden und Erchirion blieb mit Meliot allein zurück. Sie hatte ihm aufgetragen dem Patienten zu helfen ... Es war Erchirion mehr als peinlich und verletzte ihn in seinem Stolz. Schließlich war er ein starker Mann und Krieger. Aber hier wurde er wie ein Kleinkind behandelt.
Meliot allerdings kam zuerst wieder auf die Suppe zu sprechen. „Ehrlich gesagt ... ich habe keinen Hunger! Ich werde nur etwas essen, wenn ... wenn dieser Handir es sagt. Hier scheint sich ja sonst keiner auszukennen.“ Soviel zum Thema Suppe. Egal was er tun würde, später hieß es dann, dass es das falsche war und er sich den Anweisungen widersetzte ... Nun, wenn man von verschiedenen Stellen unterschiedliche Anweisungen bekam, war es schwer das richtige heraus zu filtern.
„Können wir das nun ... hinter und bringen?“ fragte Erchirion genervt und meinte damit jenen Vorgang, welchen Ioreth Meliot aufgetragen hatte. Der Heiler half ihm daraufhin in eine sitzende Position, wobei Erchirion trotz allem Schwierigkeiten hatte das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Nachdem der Mann die Bettpfanne herangeholt hatte, konnte sich der Prinz endlich erleichtern, wobei er Meliot allerdings angab, dass sich dieser wegdrehen sollte.
Als Erchirion schließlich wieder richtig im Bett lag, fühlte er sich schon wohler. Der Druck war weg. Was blieb waren Schmerzen und Schwindel. Aber vielleicht würde dies morgen Früh auch schon besser sein. Und dann wollte er ohnehin hier weg ... Aber das war eine Sache, die er mit Denethor besprechen musste.
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Schulterzuckend nahm Meliot zur Kenntniss, dass der Patient nichts essen wollte. Auch wenn es wohl besser für ihn gewesen wäre ...
Dann half der Heiler dem Prinzen so gut es ging, als dieser sich erleichterte. So etwas musste man als Helier öfters machen und daher war Meliot diesbezüglich relativ routiniert. Dann half er dem jungen Mann noch beim hinlegen und wandte sich dfann ab.
Als er nahe der Tür stand drehte er sich noch einmal um und meinte:
»Die Suppe schmeckt besser wenn sie heiß ist ... Und auch das Stück Brot vertzrocknet, wenn es lange liegt! So nun wünsche ich eine angenehme Nachtruhe und verschwinde dann ... Es ist spät und ich habe keine Lust mehr auf Arbeit jeglicher Art!«
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Denethor kam mit langen Schritten und nicht zu Späßen aufgelegt beim Zimmer des Prinzen an. Vor der Tür stand Ioreth, die alte Heilerin, die Denethor gut kannte. Sie öffnete schon den Mund, um zu sprechen, doch Denethor hob abwehrend die Hand und sagte: »Nicht jetzt Ioreth!« Die alte Frau schloss enttäuscht den Mund, verließ jedoch ihren Platz nicht.
Der Heiler Duilin öffnete inzwischen wortlos die Tür und trat zur Seite, um den Truchsess einzulassen. Dort stand ein weiterer Heiler, den Duilin mit ein paar Zischlauten zur Seite schickte.
Denethor würdigte den Heiler mit kaum einem Blick, nahm jedoch wahr, dass dieser eine Bettpfanne in der Hand hatte. Schnell hatte der Truchsess die wenigen Schritte bis zum Bett genommen und blickte auf seinen Neffen hinab. Dieser sah blass aus und schien sich bisher kaum erholt zu haben. Bevor der Prinz zu sprechen begann, hob Denethor abermals einhaltend die Hand und wandte sich an den Heiler mit der Bettpfanne: »Lass uns allein. Ich möchte mit meinem Neffen allein sprechen.«
Der Heiler nickte und schloss die Tür hinter sich.
Allein mit Erchirion
»Nun Erchirion«, sagte Denethor mit strenger Stimme. »Warum hast du nach mir geschickt?«
Erchirion schüttelte die Worte, als er des Heilers Worte vernahm. Keine Lust mehr auf Arbeit ... was war denn das für eine Arbeitsmoral? Wussten die Heiler hier wie der Mann zu seinem Beruf stand? Warum führte er ihn aus, wenn es ihm doch sichtlich keinen Spaß bereitete.
Gerade als Meliot das Zimmer verlassen wollte, wurde die Tür geöffnet und ein ziemlich mürrisch dreinblickender Truchsess betrat den Raum. Erchirion war froh, dass sein Onkel nicht zu viel Zeit gelassen hatte. Schließlich war es eine Unart einen Prinzen wie ihn warten zu lassen.
Erchirion wollte den Truchsess schon leise ansprechen, als Denethor die Hand hob und so hielt der junge Patient inne. Der Heiler, Meliot, wurde hinaus geschickt und so blieb der Prinz mit Denethor allein.
Der Truchsess fragt natürlich sofort nach, warum er nach ihm gerufen hatte. „Mh ... du sagtest, ich könne wenn ... ich denke ... also wenn ich brauche.“ Ziemlich verwirrende Worte, aber Erchirion wusste auch nicht wie er es formulieren sollte. „Ich will hier weg! ...“ kam es nun doch aus ihm heraus. „Die Heiler behandeln mich ... wie ein Kind! Diese Alte ... die redet in einer Tour und man lässt mich nicht schlafen! Der eine behauptet ich solle dies machen, der andere ich solle jenes machen. Kleine Kinder verirren sich in mein Zimmer ... Ständig soll ich irgendwas widerliches zu mir nehmen!“ Erchirion musste sich erstmal Luft machen, auch wenn dies sehr anstrengte.
„Ich will nach Dol Amroth verlegt werden! Spätestens Morgen! Ich halt das hier nicht aus!“ Ernst sah er seinen Onkel an. Würde er ihn verstehen? Das hier alles ging eindeutig zu weit. Auch wenn Erchirion maßlos übertrieb.
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Denethor hörte sich die Worte des Prinzen mit wachsendem Erstaunen und mit großem Unmut an. Wie konnten die Heiler es wagen, schon wieder einen seiner Befehle zu missachten? Warum wurde dem Prinzen nicht die Aufmerksamkeit und Pflege gegeben, die er, der Truchsess und Herrscher Gondors, befohlen hatte? Was dachten sich die Heiler eigentlich? Dass sie die Befehle Denethors nicht beachten mussten, weil sie keine Soldaten waren?
Denethor befahl sich innerlich tief durchzuatmen. Er war nicht der Mann, der unüberlegte Entscheidungen traf. Auch wenn die Heiler es heute wirklich auf die Spitze trieben.
›Ich sollte wohl wieder etwas härter durchgreifen und der Stadt zeigen, dass ich hier der Herrscher bin‹
Dann blickte er Erchirion in die müden und fiebrigen Augen. Neben der Schwäche und Sorge wegen seiner Krankheit, las Denethor in ihnen auch Übertreibung und Arroganz eines Menschen, der gewohnt war, dass seine Wünsche erfüllt wurden.
›Vielleicht sind wir uns ja in diesem Punkt ähnlich‹, dachte Denethor.
»Ich bin kein Heiler, Erchirion«, sagte Denethor. »Doch mir scheint, dass es dir kaum so gut geht, dass du nach Dol Amroth gebracht werden kannst. Bedenke, dass es bis Pelargir schon 140 Meilen sind und das ist nur ein kleines Stück Weg bis nach Dol Amroth.«
Denethors Blick fiel auf den Teller Suppe und das Brot daneben. Warum es dort stand und niemand dem Prinzen half es zu essen, verstand Denethor nicht. Er seufzte.
»Scheinbar ist der Kräutermeister mit deiner Pflege überfordert. Wahrscheinlich braucht er ein paar Tage Urlaub. Ich hätte es bemerken müssen, denn er meinte heute Mittag, dass ich ihn mit einem seiner Kollegen verwechselt hätte.
Bevor ich entscheide, was geschehen soll, möchte ich hören, was geschehen ist, seit ich dich verlassen habe. Deine Worte sind mehr als verwirrend. Warum sind bei dir mehrere Heiler? Kommen sie im Auftrag Handirs? Was sollst du zu dir nehmen? Dein Essen steht doch noch unangetastet hier auf dem Tisch? Und wieso kommen kleine Kinder zu dir?«
Der Truchsess unterdrückte seine eigene Müdigkeit, die durch das schwache Licht der Öllampe nur verstärkt wurde. Dies war einer der Tage, wo er es satt hatte, Gondor zu regieren. Wie sollte er den Namenlosen niederstrecken, wenn er hier wegen Banalitäten aufgehalten wurde?
Irgendwie war es Erchirion schon von vorneherein klar gewesen, dass er nicht verlegt werden würde. Man behielt ihn hier in der Stadt, bis er aus den Häusern der Heilung entlassen wurde. Doch dann konnte er zusammen mit Dergolad nach Dol Amroth aufbrechen, denn Faramir hatte ihm schließlich Heimaturlaub gewährt. Aus mehreren Gründen ... Erchirion hoffte nun sehr, dass sich der Aufenthalt hier nicht länger als nötig in die Länge ziehen würde.
Denethor schien einerseits sehr nachdenklich und anderer seits verstimmt. Dabei war nicht Handir das Problem. Diesen hatte Erchirion nicht mehr gesehen, seit Denethor sie verlassen hatte. Also traf dem Heilwart nun wirklich keine Schuld. Es waren eher die anderen Umstände, welche Erchirion ärgerten.
„Ich hab geschlafen ...“, begann er wahrheitsgemäß. „Dann bin ich aufgewacht und ein Mädchen saß dort auf den Stuhl.“ Die kleine war der netteste Mensch, den er bisher hier begegnet war. „Sie hatte sich verlaufen und ein gebrochenes Bein. Sie wollte gehen und ... ich dachte sie fällt ... da wollte ich sie auffangen.“ Erchirion hielt kurz inne und verzog den Mund leicht wehmütig. „Doch dann bin auch ich gefallen und nun ... dann lagen wir erstmal da unten.“ Bis dahin entsprach noch alles der Wahrheit.
„Wir beschlossen also auf dem Boden zu schlafen ... wir sind nicht mehr hoch gekommen. ... Dann kam irgendwann eine uralte Frau herein. Ioreth ... egal was ich sagte, die Frau gehorchte nicht und redete nur, obwohl ich ihr befahl still zu sein.“ Erchirion schüttelte müde den Kopf, als er an die Schreckschraube dachte.
„Das kleine Mädchen wurde weggetragen und die Alte flößte mir so ein Gesöff ein, weil sie annahm das Fieber würde steigen. Ich weiß nicht warum, ich konnte es nicht bei mir behalten. Und dann hat sie mit einem Heiler diskutiert und jeder hat mir etwas anderes gesagt und mir wird das hier echt zu viel! Die Frau hat mich beleidigt!“ Erchirions Stimme war sehr ernst geworden, auch wenn es ihn sehr anstrengte. „Sie weiß nicht mit wem sie spricht ...“
Erchirion starrte zur schön verzierten Decke und seufzte. "Sie behauptet eine gute Heilerin zu sein. Sie gab an auch meiner Tante geholfen zu haben ... doch scheinbar hatte sie bei ihr ja keinen Erfolg."
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Der Truchsess hörte sich alles mit unbewegter Miene an. Scheinbar war ein kleines Mädchen an allem Schuld. Wieso sich ein kleines Mädchen hierher verirren konnte, wenn es sogar ein gebrochenes Bein hatte, war Denethor ein weiteres Rätsel. Wieso lag ein Kind nicht im Bett, wenn es so schwer verletzt war? Denethor hatte in seiner Zeit als Soldat und Hauptmann viele Männer gesehen, deren Beine gebrochen waren und denen hatten die Heiler immer gesagt, dass sie ruhig liegen sollten.
Die Worte über Ioreth verwunderten Denethor nicht. Auch ihn hatte ihre Art schon mehr als einmal wütend gemacht, doch er schätze ihr Wissen als Heilerin. Schließlich war es nur ihr zu verdanken, dass Finduilas länger an seiner Seite war, als es ihr schwacher Körper zulassen wollte.
An den Tod seiner geliebten Frau erinnert zu werden, behagte Denethor gar nicht. Er wusste, dass auch er einen Teil an ihrem frühen Sterben beigetragen hatte. Sie hatte ihn an ihrer Seite gebraucht, doch er hatte sich weiter mit voller Kraft seiner Aufgabe Gondor zu dienen und zu leiten gewidmet …
»Auf Ioreths Worte solltest du nicht viel Wert legen, es sei denn sie betreffen heilkundige Dinge. Sie weiß, was gut für dich ist und wenn sie dir heute einen Trunk gegeben hat, so war der auch gut für dich. Am besten werde ich sie bitten, dir den Trank noch einmal zu bereiten. Du wirst ihn diesmal schon bei dir behalten.«
Auf seine Frau ging Denethor nicht ein. Er sprach kaum mit seinen Söhnen über seine geliebte Frau, warum sollte er es mit seinem Neffen tun? Weil seine Augen ihren so ähnelten?
»Ich verstehe, dass du deine Ruhe wolltest und ich werde dafür sorgen, dass du auch deine Ruhe bekommst. Doch sage mir: Warum hast du nicht nach dem Heiler gerufen oder geläutet, als du mit dem Kind auf dem Boden lagst? Du bist doch kein dummer Mensch und weißt sicher, dass du in deinem Zustand besser in deinem Bett liegen solltest!«
Denethor vermutete, dass der Stolz des Prinzen einmal mehr Überhand genommen hatte und er deshalb die Hilfe anderer nicht angenommen hatte.
Nein, auf Ioreths Worte legte Erchirion bestimmt keinen Wert. Schließlich war sie eine Frau und noch dazu eine furchtbar quasselnde, alte Hexe. Es mochte ja sein, dass sie ein wenig von der Heilkunde verstand, doch beherrschten Männer dies doch sicher viel besser. Nicht umsonst war es eine harte Ausbildung und nur die besten durften nach der Ausbildung hier in den Häusern der Heilung bleiben und die Kranken und Verletzten pflegen. „Das nochmal schlucken?“ fragte Erchirion und verzog das Gesicht. Hatte Denethor überhaupt eine Ahnung wie widerlich dieses Gesöff geschmeckt hatte? Aber irgendwie schmeckte fast alles was gesund war eigenartig. Aber gut, der Prinz war ja kein kleines Kind mehr. Mit sechsundzwanzig war man alt genug, um auch so etwas akzeptieren zu können oder eben akzeptieren zu müssen. Auch wenn Faramir behauptete er sei noch nicht erwachsen im Kopf, beziehungsweise er verhielt sich nicht so. Doch Erchirion war lange den Kinderschuhen entwachsen.
Die Frage, warum Erchirion zuvor nicht nach einem Heiler gerufen hatte, musste ja kommen. Aber eine so wirklich plausible Antwort darauf hatte er auch nicht. „Die Glocke ... hängt da über dem Bett. Da bin ich unmöglich ran gekommen. Und rufen ... ja das ganze Haus aufwecken?“ Das waren allesamt Ausreden. Doch Erchirion wollte nicht zugeben, dass er zu stolz war um von einem Heiler auf dem Boden gefunden zu werden. „Wir hatten eine Decke ...“, schloss er deshalb noch schnell ab.
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Denethor sah Erchirion streng an. Manchmal wunderte es ihn, wie starke und mutige Männer die schlimmsten Kranken waren. Sie konnten es wohl nicht ertragen geschwächt zu sein und die Hilfe anderer anzunehmen und verzögerten ihre Genesung um Tage, wenn nicht sogar Monate.
Natürlich war Denethor auch nicht ein vorbildlicher Kranker, denn er gönnte sich bei kleineren Verletzungen kaum Ruhe und heilte sich meist durch seinen festen Willen gesund zu werden selbst. Aber bei großen Verletzungen, die zum Glück in seinem bisher schon recht langen Leben selten gewesen waren, war er diszipliniert im Bett gelegen und hatte sich den Heilern anvertraut. Denn sein Verstand hatte über seinen Tatendrang gesiegt.
»Erchirion«, sagte der Truchsess nun, »Es hat keinen Sinn, dass du mich um Hilfe bittest, wenn du nicht deinen eigenen Teil leistest. Mein Befehl an dich war, auf die Heiler zu hören. Und sage mir nicht, dass sie dir nicht den Gebrauch der Klingel gezeigt haben oder dich gebeten haben, dich bemerkbar zu machen, wenn du Hilfe benötigst.«›Selbst, wenn ich heute den Heilern alles zutrauen kann …‹
Der Truchsess schüttelte leicht den Kopf. »Was soll ich deiner Meinung nach tun? Soll ich die Heiler für ihre Hilfe rügen? Auch wenn ihre Hilfe zur Folge hatte, dass ein Mädchen wieder in ihrem eigenen Bett schläft, genauso wie der Prinz von Dol Amroth; dass er seine Medizin bekommen hat und nun endlich schlafen könnte? … Oder soll ich einen Soldaten herschicken, der sich hier in dein Zimmer setzt und aufpasst, dass kein störender Heiler eintritt, aber auch, dass du in deinem Bett bleibst und nur das tust, was du deinem Körper zutrauen kannst — nämlich Ruhe und Schlaf. Er könnte dann fallende Kinder retten, die meines Erachtens besser im Bett liegen sollten …«
Denethor blickte auf seinen Neffen herab, dessen Stolz ihn wohl mehr in diese Situation gebracht hatte, als die Heiler, die sich um ihn gekümmert hatten.
»Sag mir Erchirion, was soll ich tun? Und was soll ich später deinem Vater berichten, wenn er hört, dass du viel länger in den Häusern der Heilung liegen musstest, als man es bei dieser Verletzung müsste?«
Denethor sah, dass Erchirion durchaus nicht gewillt war, bei seinem Vater Imrahil in einem schlechten Licht zu stehen.
»Und bedenke«, fügte Denethor vor der Antwort des Prinzen hinzu, »Ein Soldat Gondors muss dem Befehl des Truchsess gehorchen. Du weißt, welchen Eid du mir damals geleistet hast und was meine Antwort darauf war … Glaubst du wirklich, dass Imrahil einen Mann bei seinen Schwanenrittern mehr als einen Laufburschen sein lässt, wenn dieser aus Gondors Heer verstoßen wurde? Nur, weil er seinen Stolz nicht kontrollieren konnte? Weil er sich in seiner Not nicht helfen lassen wollte?
Erchirion bedenke außerdem: Wenn du meinst, du bist nicht schwer krank und brauchst die Hilfe der Heiler nicht und du möchtest, dass wir das ebenso akzeptieren … wäre es dann nicht selbstverständlich, dass ich dich wie einen gesunden Mann behandle und ich mich zu Recht wundern könnte, warum du mich nun mitten in der Nacht hast rufen lassen? Was glaubst du, würde ich dann sagen? Wie würde ich an dir handeln?«
Noch immer blickte der Truchsess streng auf seinen Neffen herab. Wäre dieser nicht mit ihm verwandt, so würde er kaum einen Gedanken an ihn verschwenden. Er war nicht wie sein Sohn Faramir, der Mitleid empfand. Nein, sein Herz fühlte eher Verachtung für Schwäche.
Natürlich wagte es Erchirion nicht den Truchsess in seiner langen Rede, welche gar kein Ende zu nehmen schien, zu unterbrechen. Denethor verstand ihn gerade ohnehin nicht. Zumindest erweckte es den Anschein. Er gab wohl mit seinen Worten zum Ausdruck, dass er dem Prinzen selbst die Schuld daran gab, dass dieser keine Ruhe bekam. Bei dieser Anschuldigung zog der junge Mann nur ab und an die Luft ein, denn so viele Worte lagen ihm auf der Zunge, welche er nicht aussprechen durfte.
Erchirion mochte seinen Onkel. Er war ein guter Herrscher und verstand allerhand von Politik. Schon als kleiner Knabe sah Erchirion zu diesem Mann auf und bewunderte ihn. Doch sein großes Vorbild war immer sein Vater gewesen. Nun, es war leider an Elphir eines Tages den Platz des Fürsten einzunehmen. Da hatte der Zweitgeborene wenig Mitspracherecht.
Erchirion ließ sich kurz Denethors Frage, was er tun sollte, durch den Kopf gehen. „Du sollst ... mir nicht anbieten jederzeit nach dir zu schicken, wenn du es nicht ernst meinst ... oder mich dann nicht ernst nimmst!“ Genauso war es doch! Denethor schien sich mit seinen absurden Vorschlägen ja geradezu über den jungen Mann lustig zu machen.
„Ein Fürstensohn ist zu weit mehr geboren als zu einem Laufburschen. Das weiß auch mein Vater.“ Erchirion schlug die Augen nieder und zwang sich selbst zur Ruhe. Auf so ein Gespräch war er nicht vorbereitet gewesen und es strengte an.
„Und ich habe meinen Eid nicht vergessen und nie habe ich ihn in Frage gestellt oder dagegen gehandelt,“ gab der junge Mann, um sicher zu gehen, dass Denethor es nicht vergessen hatte, an. Faramir würde vielleicht etwas anderes behaupten, aber Erchirion interessierte sein Vetter momentan wenig bis gar nicht.
„Ich denke du bist müde und möchtest jetzt gehen ...“, schloss Erchirion ab. Er hatte schon viel zu viel gesagt und der junge Mann sehnte sich nun danach alleine zu sein.
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Hinfallen, Aufstehen, Krone richten, weiter gehen ...
Denethor schüttelte den Kopf. »Die Frage ist, Erchirion, ob du endlich bereit bist, Hilfe anzunehmen und aufhörst zu glauben, dass das ein Zeichen der Schwäche ist.
Was würdest du deinem Kameraden sagen, mit dem du gemeinsam gegen die Orks gekämpft hast, wäre er jetzt an deiner Stelle? Würdest du ihm helfen wollen, weil du siehst, er kann z. B. den Löffel zum Suppe Essen nicht allein halten? Würdest du es ihm als Schwäche auslegen, dass er sich helfen lässt? Oder würdest du ihm nur dann Stärke bescheinigen, wenn er trotz offensichtlichem Schmerz darauf besteht, selbst den Löffel zu halten, auch wenn mehr Suppe auf seinen Wams tropft, als in seinem Mund landet?«
Eigentlich war hier nun weder Zeit noch Ort, um den Sohn des Fürsten von Dol Amroth grundlegende Dinge beizubringen. Doch wollte Denethor nicht wegen jeder Kleinigkeit gerufen werden, musste er das wohl hier und jetzt klären.
»Was wäre in deinen Augen »schwächer«? Wie sollte sich deiner Meinung nach in dieser Situation ein starker Mann verhalten?«
Eigentlich hatte Erchirion doch mit seinen Worten ausdrücken wollen, dass Denethor nun gehen konnte. Doch der Truchsess blieb und quälte den jungen Mann mit einer weiteren Frage. Auf Erchirions Worte hatte der Ältere gar nicht reagiert, sondern wollte nun wissen, was Erchirion tun würde, wenn Thenar nun an seiner Stelle wäre.
„Der Stärkere ... ist jener, der dem Tor nicht folgt, sondern genau das macht, was er in diesem Moment für richtig erachtet.“ Verwirrende und nicht wirklich durchdachte Worte. Doch Erchirion hasste das Thema.
„Aber darum geht es hier doch gar nicht. Ich nahm bisher alles was man mir hier gab. Frag die Alte!“ Natürlich meinte er damit Ioreth, aber Denethor würde das schon wissen.
„Musst du mir jetzt einen Vortrag halten?“ fragte Erchirion den Herrscher von Gondor. „Dafür habe ich nicht nach dir geschickt ... mir geht es nicht gut und es strengt an. Ich will nicht diskutieren, wo es nichts zu diskutieren gibt. Also bitte.“
Und außerdem nervt dieses Thema, dachte sich Erchirion. Schließlich hatte er sich nichts zu Schulden kommen lassen. Trotzdem musste er sich so etwas anhören.
„Ich tue sicher nichts, was mich hier länger halten würde als nötig. Schließlich will ich nach Hause ...“
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Hinfallen, Aufstehen, Krone richten, weiter gehen ...
Denethor seufzte. »Mir steht auch nicht der Sinn nach einer Diskussion. Besonders über ein Thema, von dem man annehmen sollte, dass es jedes kleine Kind schon kennt … Ich helfe dir, wenn du mich lässt. Aber ich bin nicht bereit meine Kraft für dich einzusetzen, wenn du dich gegen Hilfe sträubst.«
Denethor blickte Erchirion weiterhin streng an. »Du tust als nichts, was dich länger hier halten würde? Und wie erklärst du mir dann, dass du nicht um Hilfe gerufen hast, als du hilflos auf dem Boden lagst?«
Der Truchsess hielt inne und musterte seinen Neffen eine Weile. »Du hast mir noch immer nicht gesagt, was du wünscht, was ich für dich tue! Warum hast du mich rufen lassen?«
Erchirion konnte seinen Blick nicht von dem Truchsess wenden, auch wenn er es gerne wollte. Aber es war mehr als unhöflich diesen hohen Mann nicht anzusehen, wenn man mit ihm sprach. Doch Denethors Worte brachten ihn doch dazu den Blick zu senken.
„Es ... hätte mich sicher mehr angestrengt um Hilfe zu schreien, als dass ich dort unten schlief.“ Erchirion seufzte. Das alles klang so lächerlich. „Außerdem wollte ich nicht, dass das Mädchen Ärger bekommt“, fügt er noch schnell hinzu. Ja, die Kleine hatte das nicht verdient und sie schien den Prinzen ja auch wirklich gern gemocht zu haben. Auch wenn sie zuerst ein wenig Angst gehabt zu haben schien.
Nun war da schon wieder die Frage, auf welche Erchirion einfach keine Antwort hatte. Er wusste es schlichtweg wirklich nicht. Aber das konnte er Denethor ja so auch auch nicht sagen. „Ich dachte, wenn du erstmal hier bist ... dann lassen mir die Heiler auch endlich meine Ruhe ... vielleicht. Oder ich ... ach. Ich weiß es nicht!“ Erchirion sah wieder auf, in die strengen Augen Denethors. „Es tut mir leid! Ich werde nie wieder nach dir schicken!“
Erchirion hatte sich schon lange nicht mehr so einsam gefühlt, obwohl ein anderer Mensch im Raum war. Er sehnte sich so sehr nach dieser Stadt in der Ferne. Nach dem Meer und seiner Familie. Er hatte schon sehr lange nicht mehr so Heimweh gehabt. Er sehnte sich nach seiner Mutter, welche ihn immer am besten von allen verstanden hatte und ihm alles nachsah.
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Hinfallen, Aufstehen, Krone richten, weiter gehen ...
Denethor sah nun weniger streng auf den Prinzen hinab. Der Prinz schien endlich ein Einsehen zu haben. Seine Worte drücken nun deutlich weniger Stolz aus, als Unsicherheit über sein eigenes Handeln.
»Du merkst selbst, wie wenig überzeugend deine Gründe waren, nicht um Hilfe zu rufen«, sagte Denethor. Seine Stimme war nun auch weniger streng, aber trotzdem nicht sanft, denn Denethor war ein harter Mann.
»Mein Angebot bleibt bestehen, dass du jederzeit nach mir schicken darfst. Doch bitte überlege vorher, ob du das Problem nicht selbst lösen kannst, denn du bist ein Prinz von Dol Amroth und weißt dich durchzusetzen. Wenn die Heiler dir keine Ruhe lassen, so rufe Handir. Ich werde ihm noch einmal klar machen, um welchen Patienten es sich hier handelt und dass deine Heilung Vorrang vor allem hat. Es tut mir leid, dass das meine Worte bisher nicht ausgereicht haben, doch scheinbar meinen die Heiler heute, dass mein Wort nicht mehr wiegt als das eines gewöhnlichen Bauerns.«
Denethor seufzte und dachte einen Moment an die unterschiedlichen Begegnungen mit Heilern am heutigen Tag und wie sie ihn geärgert hatten. »Lass nach mir schicken. Ich hoffe, dass ich morgen ausreichend Zeit habe, denn es stehen wichtige Besprechungen mit Dergolad und Elfhelm aus Rohan an. Gondor wird von vielen Seiten bedroht und ich muss unserem Land den bestmöglichen Schutz bieten!«
Nun legte Denethor seine Hand kurz auf die seines Neffens, eine kleine Geste für jeden unbedeutenden Mann, aber eine große für den stolzen Truchsess. »Nun ruh dich aus und finde Schlaf. Solltest du nicht eher nach mir rufen, so werde ich am Abend bei dir vorbeischauen. Gute Nacht, Erchirion.«