Der Truchsess war sehr in Gedanken versunken, als er von seinen Dienern entkleidet wurde. Schließlich war ihm die Gesellschaft zu viel und er schickte seine Diener hinaus. In Ruhe wusch er sich vor einem Spiegel, der einen reichverzierten Holzrahmen hatte.
Seine Hand glitt über die lange Narbe, die sich quer über seinen Bauch erstreckte. Er dachte an Thorongil, der ihn damals geheilt hatte. Denethor hatte sofort erkannt, dass dieser Mann etwas besonderes war und dass er ein Heermeister war, der Gondor zum Sieg führen konnte. Zum Sieg über Sauron. Denethor hatte Thorongil verehrt und geliebt, wie einen Bruder.
»Bruder«, entfuhr es Denethor böse. Noch immer konnte er es Thorongil nicht verzeihen, dass er im Herzen seines Vaters an erster Stelle kam, vor ihm Ecthelions eigenen Sohn. »Ich werde auch ohne ihn Gondor retten. Ich, Denethor, Herrscher und Truchsess von Gondor«, rief er aus und starrte stolz in den Spiegel.
Noch immer war Denethor in sehr guter körperlicher Verfassung und sein Körper zeigte bis auf das weiße Haar und die häufiger gewordenen Falten im Gesicht, kaum nennenswerte Spuren des Alterns. Schließlich floss in ihm das Blut Númenors fast rein und seine Lebenserwartung war hoch.
Wieder fiel Denethors Blick auf die Narbe. »Aber heilen konnte er …«, murmelte er versonnen. »Er könnte auch Erchirion heilen, schneller als irgendein Heiler sonst. Dann hätte ich diese Sorge los …«
Doch daran war nichts zu ändern. Der Truchsess zog sich sein Nachthemd über den Kopf und ging hinüber zu seinem großen Bett. Seine letzten Gedanken vor dem Schlafen galten wie immer seinen beiden Söhnen und seiner geliebten, verstorbenen Frau Finduilas.