Vor dem Großen Tor befindet sich ein gepflegter, dreieckiger Platz (Spitze zum Tor weisend), der etwa ein Hektar groß ist. Mitten hindurch führt eine breite Straße, auf der drei Fuhrwerke nebeneinander fahren können. Die Ränder des Platzes sind mit teilweise Buschwerk bepflanzt, doch scheint es eher eine natürliche Hecke zu sein. Die Begrenzung wird allerdings gepflegt und regelmäßig zurückgestutzt. Auf dem Platz wächst kurzgeschnittenes Gras, nur die Straße ist eben und graslos. Sie wird täglich auf Löcher und Stolperfallen überprüft, damit der Verkehr nicht ins Wanken gerät.
Hinter der Hecke beginnt das schöne, fruchtbare Stadtland um Minas Tirith, das auf sanften, langen Hängen und Terrassen zum Anduin hinabfällt. Dort fanden sich weit bestellte Flächen und viele Obstgärten. Dazwischen Gehöfte mit Darren und Speichern, Pferchen und Ställen. Viele kleine Bäche rieselten durch das Gras, die vom Hochland zum Anduin hinabflossen.
Auf dem Platz hatten sich eine Menge junger Männer versammelt, die Denethor den Eid ablegen wollten. Sie kamen aus ganz Gondor: Aus Andrast und Anfalas, aus Belfalas und Lamedon, aus Lebenin und Lossarnach, aus Anórien und Harondor. Sie wollten nicht nur den dortigen Fürsten dienen, sondern direkt dem Truchsess und Herrscher Gondors unterstellt sein. Sie strebten die härteste Ausbildung an, die Gondor anzubieten hatte. Denn Denethor setzte seine Mannen immer an den schlimmsten Brennpunkten ein. Das waren vor allen Dingen Ithilien, Osgiliath und Cair Andros, wo Orks wieder vermehrt durch gondorianische Gebiete streiften. Hier brauchte Denethor vor allen Dingen furchtlose Soldaten, denn die Ausgeburten Mordors waren gnadenlos und vergnügten sich dabei die Gondorianer besonders grausam zu töten.
Langsam ließ der weise Denethor seinen Blick über die Männer schweifen. Er sah in den Augen Aufregung, Stolz und Mut. Doch er würde jeden einzelnen prüfen und ihm ins Herz sehen. Erst dann würde er entscheiden, ob er den Schwur annahm und ihm die Ausbildung gewährte.
Die Zeit, in der der Truchsess die Männer von seinem Pferd aus musterte, sprach keiner ein Wort. Das Schweigen des gestrengen Herrschers ließ manchen Übermut in Furcht umschwenken und insgeheim bangte wohl jeder Mann, ob er von Denethor in sein Heer aufgenommen wurde.
Endlich entließ Denethor die Männer aus seinem Blick und saß ab. Er ging zu einer kleinen Holztribüne, die eigens für diesen Anlass vor dem Tor aufgebaut worden war. Gemessenen, aber entschlossenen Schrittes stieg Ecthelions Sohn die zehn Stufen hinauf. Auch die Hauptmänner folgten ihm. Sie nahmen auf den Stühlen Platz, die für sie bereit standen.
Doch Denethor blieb am vorderen Rand der Tribüne stehen. Er würde eine Rede halten. In den vergangenen Jahren hatte er es Boromir überlassen diese Rede zu halten. Denn die Männer mochten ihn und fanden ihn bei weitem nicht so furchteinflösend, wie ihn selbst.
Auch Faramir hatte einmal eine Rede gehalten, doch darüber hatte sich Denethor nur geärgert. Denn er hatte wie ein weiser und gerechter König gesprochen. Die neuen Soldaten hatten ihn angehimmelt und seitdem hatte er noch mehr Herzen für sich gewonnen. Während Denethor mehr und mehr an Beliebtheit verlor, denn Faramir war jung und mutig, weise und gerecht. Ähnlich, wie Denethor in seiner Jugend gewesen war. Doch das wussten nur noch die Alten, aber sie erinnerten sich nicht mehr daran. Zu viele Jahre waren vergangen und zu kaltherzig war Denethor in ihren Augen geworden.
Das Volk strömte aus dem großen Tor und versammelte sich um den Platz. Die Vereidigung war immer ein großes Ereignis in Minas Tirith. Die einen wurden beruhigt, dass es wieder ausreichend neue Soldaten gab. Die anderen erzählten stolz, dass ein Vetter von ihnen auch dabei wäre. Die jungen Mädchen suchten nach den hübschesten Neuankömmlingen und die Mütter nach geeigneten Schwiegersöhnen.
Denethor hob die Hand und die Trompete gab abermals ein helles Signal. Wieder wurde es ruhig auf dem Platz, in Erwartung der Rede des Herrschers Gondors.
»Männer! Gondorianer! Vor dreitausend einhundert und fünfunddreißig Jahren gründeten Isildur und Anárion, die Söhne Elendils des Langen, Gondor!«
Das Volk und die Männer jubelten auf.
»Seit dieser Zeit war Gondor eine Feste des Guten und ein Bollwerk gegen den Namenlosen, der danach strebte die Welt unter seine Herrschaft zu bringen und jeden, der guten Willens ist zu unterdrücken und zu zerbrechen. Früh schon versuchte der Dunkle Herrscher Gondor zu zerstören, doch Isildur war siegreich und rang den Namenlosen nieder.«
Beifall von allen Seiten.
»Lange glaubten wir, wir könnten in Frieden leben und müssten uns nur gegen Übergriffe aus Harad oder von den Corsaren wehren. Doch vor fünfundsiebzig Jahren kehrte der Namenlose nach Mordor zurück und seine Macht nimmt zu.«
Denethor hielt inne. Diesmal klatschte niemand. Forschend schweifte Denethors Blick über die Massen.
»Es hat keinen Sinn, die Augen vor den Tatsachen zu verschließen, Gondorianer! Denn nur wer seinen Feind richtig einschätzt, kann ihn zum Fall bringen. Und das werden wir!«
Denethor schloss seine Finger zur Faust zusammen und schüttelte sie hoch erhoben.
»Der Namenlose mag stark sein und die Ausgeburten der Hölle, die Orks und Uruk-Hai um sich scharen, doch eins weiß ich sicher: Gondor wird stand halten! Gondor hat die Kraft und die Macht sich gegen den Feind zu stellen!«
Denethors Zeigefinger zeigte über den Anduin, der sich wie ein blaues Band in der Ferne durch das grüne und fruchtbare Stadtland wand, hinüber nach Mordor, wo Sauron, der dunkle Herrscher seinen Sitz hatte.
»An Gondor werden die Armeen des Dunklen Herrschers zerschellen, die die Welle an der Brandung! Wie der Ambosshammer wird Gondor ihn zerschmettern! «
Frenetischer Applaus fegte über den Platz. Solch eine Rede des Truchsess hatte man lange nicht mehr gehört und obwohl die Aussichten nicht gut waren, machte der Herrscher Gondors den Menschen Mut und Hoffnung. Denethor, Ecthelions Sohn schien seiner Sache so sicher zu sein, dass kein Zweifel bestand, dass Gondor Sauron letztendlich besiegen würde.
»Der Weg dahin wird nicht einfach sein, aber mit eurer tapferer Hilfe, mit der Unterstützung eurer Familien und des ganzen gondorianischen Volkes, wird der Sieg unser sein!
Denn das Böse darf nie siegen – weder Gondor, noch in Mittelerde, noch in uns selbst. Auch wenn der dunkle Herrscher bestrebt ist, unser Herz mit Furcht und Sorge willenlos und schwach zu machen, so dürfen wir nicht den Kampf aufgeben!«
Denethor riss sein Schwert aus der Scheide und streckte es hoch in die Luft.
»Für Gondor!« – »Für Gondor«, riefen auch die Massen. »Für unsere Familien!« – »Für Gondor!« »Für das Gute in der Welt!« – »Für Gondor!«
Mit dem erhobenem Schwert, das in der Sonne funkelte, stand Denethor, Ecthelions Sohn, Truchsess und Herrscher Gondors auf der Tribüne: Stark und tapfer, streng und unerbittlich, weise und weitblickend. Seine königliche Gestalt, das weiße Haar und die glänzende Rüstung gaben ihm das verehrungswürdige Wesen eines Herrschers, dem seine Untertanen vertrauen.
Für einige Zeit genoss Denethor diesen Ruhm. Es kam selten genug vor, dass sich sein Volk auf diese Weise für seine kluge und weise Herrschaft bedankte. Nein, Dank bekam er selten zu hören. Selbst von seinen Hauptmännern hörte er öfter Kritik für seine – wie es oft schien – eigenmächtigen Entscheidungen. Und wenn sie sich als richtig erwiesen, sprach keiner mehr ein Wort darüber. Und wer sollte ihn sonst loben? Seine Söhne? Sie mussten am härtesten ran und die schwierigsten Missionen leiten. Denn wenn er sich auf zwei Hauptmänner bedingungslos verlassen konnte, dann auf seine beiden Söhne. Außerdem wusste er bei ihnen, dass sie seinen eigenen Mut und seine Kriegskunst geerbt hatten.
Denethor ließ das Schwert sinken und ließ seinen Blick wieder über die Menge schweifen. Er sah Mut in den Augen der Menschen, den Mut weiter zu machen, weiter zu kämpfen.
Doch Denethor kannte auch die Schattenseiten. Es würden viele in den Kämpfen fallen. Selbst wenn sie noch so tapfer und geschickt waren – ein verirrter Orkpfeil und das Leben war dahin. Oder sie würden zwar von ihren Kameraden gerettet werden, aber wären für den Rest ihres Lebens verstümmelt: Mit einem fehlenden Bein oder Arm. Das bedrückte jeden Mann, denn in ihren Herzen rief es sie zu kühnen Heldentaten. Doch sie mussten daheim bleiben – zu nichts mehr zu gebrauchen.
Andere wiederum konnten die Gräuel nicht ertragen, die sie auf den Schlachtfeldern sehen mussten: Die sterbenden Freunde und Feinde. Der penetrante Geruch des Blutes, der in den Boden sickerte. Die grauenhaften Schreie der Verletzten und Verstümmelten, die um Erlösung flehten und doch noch die Hoffnung hatten, dass alles wieder gut würde.
Nein – Soldat sein war kein Zuckerschlecken! Doch der Truchsess hatte keine andere Wahl. Er musste Männer in seine Truppen aufnehmen und sie in Schlachten schicken, die sie verändern oder gar töten würden. Es gab kein anderes Mittel, um Mittelerde vor einer zweiten Dunkelheit zu bewahren. Männer mussten in den Krieg ziehen und ihr Leben für ihren Erhalt lassen.
Vielleicht schien es manchen ungerecht, dass der Truchsess befehlen konnte, aber selbst im sicheren Minas Tirith blieb. Wenn es nach Denethor gegangen wäre, so würde er lieber in die Schlacht ziehen, dort noch Heldentaten begehen und dann glorreich in der Schlacht fallen. Doch wer sollte seinen Stuhl einnehmen? Boromir würde mit seinem temperamentvollen und kühnem Verstand in eine allzu frühe Schlacht ziehen und Gondor, ja Mittelerde würde fallen. Und Faramir … Nun Faramir hätte sowohl Verstand, als Geschick dafür. Doch würde er niemals seinem Bruder das Erbrecht streitig machen. Außerdem konnte es Denethor nicht übers Herz bringen, seinen geliebten Erstgeborenen, für seinen ungeliebten Zweitgeborenen zurückzusetzen.
Der Beifall ebbte langsam ab, als Denethor auf seinem Stuhl Platz nahm. Nun begann der anstrengende Teil für den alten, aber noch rüstigen Mann. Er würde nun jeden einzelnen Mann persönlich sprechen. Denethor würde ihn nach seinem Namen und nach seiner Herkunft fragen. Nach den Gründen, warum er Soldat werden wollte. Nach seiner Familie und nach seinen Träumen und Zielen. Dabei würde er jedem Mann tief in sein Herz sehen und dort lesen, zu was der Mann im Stande war. Und wenn nicht zwingende Gründe dagegen sprachen, würde Denethor den Eid des neuen Soldaten hören und ihm die alte Antwort darauf geben:
»Und das höre ich, Denethor, Ecthelions Sohn, Herr von Gondor, Truchsess des Hohen Königs, und ich werde es nicht vergessen noch versäumen, das zu vergelten, was gegeben wird: Lehnstreue mit Liebe, Tapferkeit mit Ehre, Eidbruch mit Strafe.«
Der Vormittag und auch der Mittag verging. Es waren viele junge Männer, die gern in seine Truppen eintreten wollten und für jeden nahm sich der Truchsess Zeit, prüfte ihn und seine Gesinnung. Es gab nur wenige Männer, die versuchten ihre Gedanken vor Denethor zu verstecken. Ihnen machte der Truchsess klar, dass wenn sie nicht wagten ihm in die Augen zu schauen, er davon ausgehen müsste, dass sie auch dem Blick ihrer Feinde ausweichen würden. Was zwangsläufig zu ihrem Tod führen würde. Solche Männer konnte Denethor in seinen Truppen nicht gebrauchen … So kam es, dass auch die verschlossenen Männer vom Herr Gondors geprüft wurden.
Sobald ein Anwärter vom Truchsess weggegangen war, gab Denethor dem Schreiber bekannt, in welche Ausbilungstruppe er kommen sollte. Der Truchsess konnte natürlich nur den Charakter des Anwärters einschätzen und nicht deren Talent. Danach würden die Hauptmänner dann nach den ersten Übungsstunden die jungen Männer noch einmal einteilen.
Denethor unterschied folgende Gruppen: Männer, die treu und fest zu Gondor standen und mutig und tapfer waren; Männer, die die Arbeit mit dem Schwert reizte, wobei die Treue zu Gondor zwar da war, aber nebensächlich war; Männer, deren Familien unbedingt wollten, dass sie Soldaten wurden; Männer, deren Familien keinesfalls wollten, dass sie Soldaten wurden; Männer, die der hohe Sold des Soldaten lockte; und Männer, die Soldat wurden, um Ruhm und Ehre zu erlangen.
Dabei ließ Denethor zu jedem schreiben, was für ein Mensch er war: Einzelgänger, Schaumschläger, Familienmensch, Tollpatsch, ein echter Freund, sensibel, furchtlos, großspurig, selbstlos, exzentrisch, kühn, enttäuscht (von seinem bisherigen Leben), penibel, unbeliebt, hitzköpfig, einfallsreich, dünnhäutig, intelligent, verschlossen, profilierungssüchtig, ausgeglichen, mitleidslos, flatterhaft, rücksichtslos, egozentrisch, begriffsstutzig, witzig, launisch, gerissen, leidenschaftlich, dämlich, melancholisch, zielstrebig, spöttisch, machthungrig, geschwätzig, direkt, überheblich, kompromissbereit, folgsam, verlässlich, ernsthaft, arglos, ungebildet, oberflächlich, hasserfüllt, nachdenklich, …
Zwar war es möglich, dass Denethor sich in manchen Männern irrte, aber das kam selten vor. Einem Mann, der in den Herzen anderer lesen kann, bleibt wenig verborgen und ihn zu täuschen war schwer.
Diese Voreinschätzung der neuen Soldaten machte es den Hauptmännern und Ausbildern leicht, die Männer entsprechend ihres Charakters zu richtigen Soldaten Gondors zu formen. Denn Technik und Geschick mit dem Schwert konnte jedem antrainiert werden – sofern er nicht absolut unfähig war, doch es galt auch die jungen Männer hart für den Krieg zu machen. Außerdem mussten aus ihnen Männer werden, die ihre Kameraden immer unterstützen würden, wenn der Feind sich gegen sie stellte. Nichts war schlimmer als eine zerstrittene Truppe – dann hatte der Namenlose schon halb gewonnen.
Gondors Truppen waren nur deshalb so erfolgreich, weil alle Soldaten eine gute Ausbildung genossen. Sehr gute Schwertkämpfer, Bogenschützen und Lanzenkämpfer brachten ihr Können den jungen Männern bei. Taktiker gaben Unterricht, Historiker lehrten die wichtigsten Zusammenhänge der Kriegsgründe, Unnachgiebige Männer testeten die Härte der Männer und machte ihnen klar, was für Greultaten sie erwarten würden. Und über allem wurde die Gemeinschaft innerhalb der Truppen offen und unterschwellig betont und gefördert und natürlich die Pflicht jedes Einzelnen Gondor und die darin lebenden Menschen zu schützen und zu verteidigen.
Als Denethor den letzten jungen Mann vereidigt hatte, streckte er sich so unauffällig wie möglich. Stundenlang sitzen zu müssen und konzentriert die Beweggründe jedes Einzelnen zu erforschen, war für den alten Mann anstrengend. Nun würde er mit seinen Hauptmännern im Wirtshaus im ersten Stadtring ein spätes Mittagsmahl zu sich nehmen. Dabei würden sie über die jungen Männer reden, welche Denethor besonders – im positiven wie auch negativen Sinne aufgefallen waren.
Nur sieben jungen Männern hatte Denethor die Aufnahme in die Truppen verweigert. Teils weil er gesehen hatte, dass sie unmöglich eine Schlacht überstehen würden, teils weil sie gegen ihren Willen hier waren, teils weil sie gondorfeindlich waren und auch, weil einige sich niemals in die Truppen einordnen würden und damit eher eine Gefahr, als eine Bereicherung wären.
Dieser Männer würde sich auch im Auftrag Denethors jemand annehmen. Denn die Enttäuschung oder Scham hatte schon manchen jungen Mann auf dumme Gedanken gebracht. Dann hatte er sein Schwert entweder gegen sich selbst oder gegen Denethor gerichtet.
Hador hörte damit auf, an seiner Tunika herum zu zupfen. Wenn Adriana sie ordentlich genug fand, dann war sie es vielleicht auch. Junge Frauen achteten stehts auf ihr Äußeres, obwohl Adriana während des Laufens eine Haarsträhne aus ihrer Frisur gerutscht war.
Hador konnte nicht anders und starrte diese Haarsträhne an, während er Adriana antwortete: »Weißt du nicht, dass heute die Soldaten vereidigt werden? Mehrmals im Jahr kommen viele junge Männer nach Minas Tirith, um in die Truppen Gondors aufgenommen zu werden. Manche sind natürlich länger in der Stadt, weil viele nicht wissen, wann die Vereidigungstage sind. Dann verdingen sie sich eben in der Stadt derweil ihr Geld und lernen Soldaten kennen.
Wenn es dann soweit ist, muss jeder einzeln vor den Truchsess treten und ihm Treue geloben. Und der Truchsess prüft jeden mit Fragen, die keiner erwartet.«
Hador schaute dabei etwas missbilligend drein. Er wollte damals Denethor schon erkären, was für ein großartiger und mutiger Soldat er sein würde, aber der Herrscher Gondors hatte ihn keine Gelegenheit gegeben ihm das zu erklären. Stattdessen hatte er sich nach seinem Vater und seiner Mutter erkundigt. Ja, die Geschichte von seiner Mutter hatte den Herrscher besonders interessiert ... Hador verdrängte die traurigen Erinnerungen an seine Mutter
»Natürlich blieb dem Truchsess nichts anderes übrig, als meinen Eid anzunehmen«, sagte Hador eingebildet. Stolz fuhr er fort. »Er hat es bestimmt auch keinen Tag bereut. Wäre ich kein Soldat geworden, hätte schließlich niemand Húrin retten können. Wie ich gehört habe, ist er ein guter Freund des Truchsess.«
Noch immer fiel Hadors Blick ab und zu auf Adrianas Haarsträhne. Schließlich konnte er nicht mehr an sich halten und sagte: »Darf ich?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm er die Haarsträhne zwischen Daumen und Zeigefinger, hielt sie an Adrianas Kopf und steckte sie mit einer Haarnadel fest. Süß stieg ihm Adrianas Duft in die Nase, ihre Augen blickten ihn groß an und leichte rote Flecken erschienen auf ihren samtenen Wangen.
Hador musste über diesen süßen Anblick lächeln und in einem Anflug von Mut, den er in Gegenwart von Frauen nie verspürte, strich er Adriana sanft über die Wangen, nahm ihr Gesicht in seine Hände und zog es langsam zu seinem.
Kurz bevor seine Lippen die ihren berühren sollten, schrie eine Stimme in ihm: ›Hador! Was um alles in der Welt tust du?‹
------------------------------------------------ Hier gelobe ich Lehnstreue und Dienst für Gondor und für den Herrn und Truchsess des Reiches, zu sprechen und zu schweigen, zu tun und geschehen zu lassen, zu kommen und zu gehen, in der Not und in guten Zeiten, im Frieden oder Krieg, im Leben oder Sterben, von dieser Stunde an, bis mein Herr mich freigibt oder der Tod mich nimmt oder die Welt endet. So sage ich, Hador, Húrins Sohn, aus Gondor.
Adriana begann sich langsam unwohl zu fühlen. Nicht, dass ihr das Gespräch keinen Spaß machte, aber Hador rückte ihr langsam entschieden zu nah. Die ganze Zeit starrte er sie mit diesem komischen Gesichtsausdruck an!
Gerade, als sie ihm antworten wollte, griff er plötzlich ohne Vorwarnung nach einer ihrer Haarsträhnen, die sich wohl von ihrem Platz gelöst hatte und steckte sie fest. Ihr Herz raste und innerhalb einer Sekunde lief sie im ganzen Gesicht rot an. Die junge Frau erstarrte förmlich, obwohl sie innerlich vollkommen aufgeregt war.
Er war jetzt ganz nahe, so nahe, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Schon berührte der seidene Stoff seiner Tunika Adrianas Hand woraufhin sie diese wie elektresiert zurück zog. Und mit einem Mal umfasste er auch noch ihr Gesicht! Der jungen Frau wurde beinahe schwindelig ... Adriana nun genau in seine Augen. Braun waren sie und in diesem Augenblick erschienen sie ihr nicht mehr so durchdringend wie zuvor, sondernd ungewohnt sanft.
Sie konnte den Blick nicht von ihm wenden, selbst wenn sie es gewollt hätte. Doch plötzlich schrie eine Stimme in ihr auf. Wollte sie das, was gleich passieren musste wirklich? Denn Hadors Absichten lagen mit einem Mal klar vor ihr, sein ganzes Verhalten, seine komischen Blicke, all das verstand die junge Heilerin auf einmal. Und dennoch schlug ihr das Herz bis zum Halse ... Seine Lippen kamen immer näher ...
Wirre Gefühle machten sich in ihr breit, die verschiedensten Gedanken rasten an ihr vorüber, während die eigentliche Situation wie in Zeitlupe zu vergehen schien ... Hador musste mit jedem seiner seltsamen Blicke nur auf diesen Moment gewartet haben, das wurde ihr plötzlich klar. Aber fühlte sie genauso? Egal ... Nur wenige Zentimeter trennten ihre Lippen jetzt noch von einander ...
Gleich musste es passieren! Aber genau in dieser Sekunde ertönte plötzlich ein markerschütternder Schrei hinter ihnen.
Nach der kurzen Verschnaufpause hatte sich Elreth tatsächlich fluchend auf den Weg gemacht. Sie sollte, so stand es auf dem Zettel, einige lederne Zubehörsachen für die Falkenjagd beim Sattler im dritten Ring abholen. Entnervt stiefelte sie somit die lange, holprige Straße nach Minas Tirith entlang. Schon nach wenigen Metern rann ihr der Schweiß über das ganze Gesicht. "Ein gräßliches Wetter!," stöhnte sie, "Dass es aber auch ausgerechnet heute so heiß sein muss!" In diesem Moment hatte sie völlig vergessen, dass sie normalerweise unentwegt über zu viel Regen meckerte und im Winter stets die Erste war, die den Sommer mit seinen warmen Temperaturen herbeisehnte ...
Wenigstens schien Orophos seinen Spaß zu haben. Seltsamerweise schien ihn die Hitze rein gar nichts auszumachen. Fröhlich flog er über dem Kopf seiner Herrin hinweg auf das große Stadttor zu. Aber sein Krächzen war heute nur wie ein Hohn in den Ohren Elreths. Wenn sie doch nur nicht so schwitzen würde! Nicht einmal der beeindruckende Anblick der weißen Stadt vermochte es in diesen Minuten ihre Laune zu verbessern.
Als sie sich allerdings dem riesigen Stadttor näherte, erkannte sie davor eine große Bühne, vor der viele Menschen standen. Erst als sie angekommen war, wusste sie jedoch, um was es eigentlich ging. Maedhros, ihr Verlobter hatte ihr von der anstehenden Vereidigung junger Soldaten erzählt, die in diesen Tagen stattfinden sollte. Offensichtlich war sie nun mitten hinein geplatzt. Sofort beschloss sie einen Augenblick stehenzubleiben und sich umzugucken. Die junge Falknerin war eindeutig der Ansicht, dass sie sich eine Pause nach diesem anstrengenden Marsch verdient hatte. Kurz blickte sie sich um und sah in einiger Entfernung erlösenden Schatten.
Dort, unter einem großem Baum standen nur wenige Menschen. Erleichtert ließ sich die Falknerin zu Boden sinken. Die meisten Menschen standen im vorderem Bereich der Bühne, auf der jetzt aber niemand zu sehen war. Nachdem sie einen großen Schluck aus ihrer Flasche genommen hatte, musterte sie die umstehenden Leute. Es waren überwiegend junge Soldaten, die überdies auch noch ziemlich gut aussahen! Sie wirkten allerdings ziemlich aufgeregt, was die Frau jedoch gut verstehen konnte. Wann trat man schon mal dem Truchsess persönlich unter die Augen!
Müde ließ sich Elreth gegen den Baum zurück sinken. Warum war sie auf einmal so müde? Das musste an der Hitze liegen! Schläfrig schloss sie die Augen ... Jetzt setzte sich die Gruppe der Soldaten in Bewegung und gab den Blick frei auf ein verliebt aussehendes Pärchen ... Sich selbst zur Disziplin aufrufend korrigierte sie ihre Sitzposition. Zwar besaß sie manchmal so gut wie kein Schamgefühl, doch konnte sie im Dienst, während ihrer Arbeitszeit nicht so einfach schlafen, das sah selbst Elreth ein! Ausserdem interessierte sie sich für das junge Paar.
Beim genaueren Hinsehen sah sie jedoch mit Erstaunen, dass das junge Mädchen gar nicht so begeistert von den Annährungsversuchen des Mannes wirkte. Komisch. Irgentwie kam ihr die Frau bekannt vor. Ein wenig irritiert rieb sich die Falknerin erneut die Augen - Und erstarrte. Die "Fremde" war niemand geringeres als ihre Cousine! Innerhalb weniger Sekunden war Elreth auf den Beinen und stieß einen langen, hohen Schrei aus.
Hador zuckte erschrocken zusammen, als er den Schrei hörte. Seine Hände ließen Adrianas Gesicht los und instinktiv zog Hador das Schwert. Wenn jemand so markerschütternd schrie, dann war irgendwo Gefahr. Jeder durfte in Gefahr sein, nur nicht Adriana!
Schnell ließ er den Blick über den Platz streifen, um zu sehen, aus welcher Richtung die Gefahr kam. Doch die Stelle von der der Schrei gekommen zu sein schien, war leer. Zumindest befand sich dort keine Gefahr. Nur eine Frau stand dort, mit hellen geflochtenen Zöpfen und starrte in ihre Richtung. Aber von ihr konnte kaum der Schrei gekommen sein. Denn sie war ganz allein und niemand belästigte sie.
»Hab keine Angst, Adriana«, sagte Hador mit zuversichtlicher Stimme, während er sich schützend vor Adriana stellte und weiter den Platz mit den Augen absuchte.
------------------------------------------------ Hier gelobe ich Lehnstreue und Dienst für Gondor und für den Herrn und Truchsess des Reiches, zu sprechen und zu schweigen, zu tun und geschehen zu lassen, zu kommen und zu gehen, in der Not und in guten Zeiten, im Frieden oder Krieg, im Leben oder Sterben, von dieser Stunde an, bis mein Herr mich freigibt oder der Tod mich nimmt oder die Welt endet. So sage ich, Hador, Húrins Sohn, aus Gondor.
Adriana fuhr erschrocken herum, als sie den Schrei hörte. Was war passiert? Irritiert blickte sie in die Menge, während sie bemerkte, dass ein paar Soldaten sich ebenfalls umsahen. Doch sie erfasste die Ursache sofort.
"Elreth?!" stotterte sie ungläubig, während ihre Cousine auf sie zuschritt. Die junge Frau warf einen verzagten Blick auf Hador, der in aller Eile sein Schwert gezogen hatte. Fast unmerklich schüttelte sie den Kopf, um ihn zu bedeuten, dass das nun überflüssig war. Adriana wollte am liebsten im Erdboden versinken. Woher kam die Falknerin überhaupt? Musste sie nicht arbeiten? Völlig schockiert starrte sie auf Elreth, während sich eine flammende Röte über ihr ganzes Gesicht ausbreitete.
Das durfte doch nicht wahr sein! Ihre Cousine hatte sie gerade wortwörtlich dabei erwischt, wie Hador im Begriff war, sie zu küssen! Die junge Heilerin konnte sich an keine der vielen Situationen errinern, die so peinlich war, wie diese hier. Wenn Elreth nur nicht, wie so typisch für sie, eine Szene machen würde ...
Adrianas heimlicher Wunsch sollte jedoch nicht erfüllt werden. Schon schritt Elreth mit schnellen Schritten auf das augenscheinlich junge verliebte Paar zu. Sie konnte es kaum glauben. Immerhin war es schon Ewigkeiten her, dass die andere einen festen Freund hatte. Und nun sollte sie endlich jemanden gefunden haben?
"Das ist ja großartig!" rief sie laut, bevor sie den linken Arm des Soldaten packte und heftig seine Hand schüttelte. "Meine Glückwünsche! Also so etwas ..." Schon wandte sie sich ihrer Cousine zu. Diese packte sie hart an den Schultern und schüttelte sie ebenfalls genauso doll, wie die Finger des Mannes. "Warum hast du mir nichts erzählt?!" wollte sie mit gespielter Empärung in der Stimme wissen, "Wie lange seit ihr denn schon zusammen? Du wolltest es mir doch nicht wirklich verheimlichen?!"
In ihrem Eifer bemerkte Elreth gar nicht, dass sich viele der umstehenden Soldaten zu der kleinen Gruppe umdrehten und hinter vorgehaltener Hand zu tuscheln begannen. Wie immer hatte sie sehr laut gesprochen, sodass ihr nun unfreiwillige Aufmerksamkeit, die sie allerdings nicht bemerkte, sicher war.
"Ich freue mich ja so für dich!" kreischte die Falknerin verzückt, wobei sie spontan ihrer Cousine um den Hals fiel. Dabei registrierte überhaupt nicht, dass dieser die ganze Situation furchtbar peinlich war.
Hador wusste gar nicht, wie ihm geschah, als die junge blonde Frau ihm die Hand schüttelte. Langsam begriff er und sein Gesicht lief rot an.
›Wie bin ich nur auf die dumme Idee gekommen, Adriana küssen zu wollen. Hier und jetzt‹, schalt er sich selbst. ›Dümmer hättest du dich wohl nicht anstellen können.‹
Hador wäre am liebsten fort gelaufen. Schließlich war das sein Tag. Er sollte von Denethor für seine große Heldentat geehrt werden. Aber nun starrten ihn alle nur an und tuschelten über ihn und Adriana.
Schließlich konnte Hador nicht mehr an sich halten und brüllte die anderen an: »Was glotzt ihr so dumm?« Die Soldaten drehten sich grinsend um und tuschelten weiter.
Als Hadors wütendender Blick auf Adriana fiel, errötete er noch mehr. Zwar schien ihr die Situation genauso peinlich zu sein wie ihm, aber sein Wutausbruch schien sie zu irritieren.
»Entschuldige«, sagte Hador kleinlaut. »Ich bin wütend geworden. Sollen die sich doch um ihren eigenen Dreck kümmern.« Wieder blitzte in Hadors Augen Wut auf.
Doch diesmal schluckte er ihn hinunter und wandte sich nun an Elreth. »Es tut mir leid«, sagte er etwas gestelzt. »Ihr irrt Euch. Adriana und ich wir sind nicht ... Ich meine ...«
Nervös blickte Hador zu Adriana. »Wir sind ... nur ... Bekannte.« Fragend sah er Adriana in die Augen und versuchte zu ergründen, ob er die richtigen Worte gefunden hatte. Oder wollte sie, dass er mehr aus ihrer Bekanntschaft machte?
------------------------------------------------ Hier gelobe ich Lehnstreue und Dienst für Gondor und für den Herrn und Truchsess des Reiches, zu sprechen und zu schweigen, zu tun und geschehen zu lassen, zu kommen und zu gehen, in der Not und in guten Zeiten, im Frieden oder Krieg, im Leben oder Sterben, von dieser Stunde an, bis mein Herr mich freigibt oder der Tod mich nimmt oder die Welt endet. So sage ich, Hador, Húrins Sohn, aus Gondor.
Adriana wollte am Liebsten im Erdboden versinken! Das war wieder einmal typisch Elreth! Und das Hador auch noch die kleine Gruppe tuschelnder Soldaten anschrie, machte die Situation auch nicht viel besser ... Nun würden die bestimmt erst recht lästern!
Schnell warf sie ihm einen beschwichtigenden Blick zu und wandte sich wieder an ihre Cousine. "Genau!," bestätigte sie mit hektischer Stimme die Aussage des Soldaten, "Wir sind nur Bekannte, wirklich."
Doch die junge Frau wusste genau, dass ihre Cousine ihr niemals glauben würde. Schon allein deshalb sprach sie sofort weiter: "Wir sind eigentlich hier, weil Hador heute einen Orden verliehen bekommt." Mit hochrotem Kopf wartete Adriana auf Elreths reaktion.
"Nur Bekannte?" zitierte Elreth mit schiefgelegtem Kopf und herausfordernem Lächeln, "Das sagen sie alle!" Prüfend betrachtete sie die beiden jungen Leute. Dieser Soldat hatte eigentlich eindeutig so ausgesehen, als ob er mehr als eine simple Freundschaft im Sinn hatte. Bei Adriana war sie sich dagegen nicht so sicher ...
Wenn sie sich an die Szene eben errinerte, konnte sie ihr sogar fast glauben ... Die Falknerin seufzte laut und hob teatralisch ihre Hände in die Luft. "Ob ich wohl jemals noch erleben werde, dass du dich vermählst?"
Dann glitt ihr Blick zu Hador, den sie fachmännisch musterte. Er sah eigentlich gar nicht mal so übel aus ... Man sah sofort, dass er kein normaler Soldat war. An seiner Tunika erkannte die Falknerin sofort, dass er zur Wache der Veste gehörte und überhaupt war er sehr teuer gekleidet. Nur schien er wesentlich älter als Adriana zu sein ...
"Weshalb bekommt Ihr denn einen Orden verliehen?" wollte sie interessiert wissen.
Elreth, oder wie sie auch sonst hieß, meinte das das alle sagen würden. »Nein also ... «, wollte er sagen, aber dann fing die junge Frau wieder an zu reden. Diesmal etwas von einer Hochzeit.
Hador stöhnte leise, sodass es niemand merken konnte. ›Jaja, eigentlich wäre Hochzeit gut. Aber ohne diese Frau!‹ Für Hador redete diese Frau eindeutig zu viel. Und noch immer schauten andere Leute her, als er gerade wieder einen Satz anfangen wollte. Er guckte die einzelnen mit bösen Blicken an. Diese wendeten sich aber dann ab. Er wollte etwas fragen, aber wieder kam ihm Elreth zu vor.
»Nun, ich bekomme den Orden weil ich Húrin, den schlüsselverwahrer gerettet habe. «Er hob den Kopf an, merkte es aber nicht.
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Dieser Hador wuchs allmählich immer mehr in Elreths Ansehen. Da hatte sich ihre Cousine anscheinend einen dicken Fisch geangelt! Dumm nur, dass sie auf einmal gar nicht mehr so verliebt aussah ... Falls sie das eben wirklich gewesen war. Nun darum würde sie sich schon kümmern, beschloss die Falknerin spontan.
Und mit diesem Gedanken im Hinterkopf trat sie wieder auf Hador zu und schüttelte ihm erneut die Hand. "Ich glaube, wir haben uns noch gar nicht vorgestellt, oder? Mein Name ist Elreth, ich bin ihre Cousine." Mit der freien Hand zeigte sie vielsagend auf Adriana, während sie die andere noch immer festhielt und schüttelte.
Elreth überlegte eine Sekunde, ehe sie fortfuhr. Sie hatte über diese plötzliche Aktion völlig vergessen, weshalb sie eigentlich hier war, doch nun war es ihr mit einem Mal wieder eingefallen. "Wie wäre es, wenn wir uns heute Abend alle in einer Schänke treffen würden?," begann sie wieder an Hador gewandt zu reden, "Mein Verlobter ist heute in der Schänke "Bei Netriel" zu Gast, ich befürchte, er möchte wieder einmal ein Gelage mit seinen Kumpels starten"
Die Falknerin seufzte kurz auf, bevor sie ihren Plan genauer erläuterte: "Wisst Ihr, eigentlich gehe ich gar nicht gern in diese gräßlichen, stinkenden Kneipen, doch ich glaube, heute kann ich Ausnahme machen. Immerhin muss ich verhindern, dass sich Maedhros schon wieder betrinkt!" Vertrauensvoll drückte Elreth die Hand des Soldaten, die sie nun wenigsten nicht mehr schüttelte.
"Und ausserdem," fügte sie mit kokettem Augenaufschlag hinzu, "Wäre ein Abend mit Euch sicher sehr angenehm. Glaubt mir, ich kenne meine Cousine, sie wird sich wahnsinnig auf diesen Abend mit Euch freuen! Bei dieser Gelegenheit könnt ihr mir auch gleich erzählen, wie Ihr diesen Knecht, Turin, oder wie auch immer, gerettet habt."
Und mit diesen Worten löste Elreth endlich ihren Handgriff, strahlte Hador direkt ins Gesicht und wandte sich zum Gehen. "Also dann, ich muss leider gehen. Doch ist dieser Abschied nun ja eh` nur von kurzer Dauer, sehen wir uns doch heute Abend schon wieder. Wir treffen uns dann, vor dem Eingang der Schänke, wenn die Glocken acht mal schlagen!"
Mit einem lustigen Pfeifen auf den Lippen drehte sie sich apprupt um und war in der nächsten Sekunde schon in der Menge verschwunden. Aber weder Adriana, noch Hador konnten sehen, wie sie sich heimlich grinsend die Hände rieb.
Arvellon nickte nur knapp und bewegte die Zügel unmerklich, damit sein Pferd losging. Bereits nach den ersten chritten nebeneinander merkte der Waldläufer, dass sich die Tiere in nichts nachstanden, wenngleich das Pferd Bardos' deutlich beeindruckender aussah.
»Ich war auch von weniger Menschen ausgegangen. Nungut, so wird und wenigstens niemand wirklich beachten, wenn wir die Stadt verlassen!«, gab Arvellon schulterzuckend zurück. Vorallem, da Denethor gerade wieder auf die Bühne gekomen war. Arvellon warf einen leicht verächtlichen Blick zum Truchseß der Stadt, fing sich jedoch ofort wieder und ritt, ohne nocheinmal zur Bühne zu schauen weiter. Da er auf der linken Seite Bardos' ritt und rechts von ihnen die Bühne war, konnte der Waldläufer so Bardos anschauen, wie dieser auf den derzeitigen herrn Gondors reagierte.
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O Elbereth! Gilthoniel! We still remember, we who dwell In this far land beneath the trees, The starlight on the Western Seas
Denethor hatte gut im Gasthaus gespeist. Zum Glück war vorher nicht verabredet worden, dass der Herr Gondors im diesem Lokal speisen würde. Denn dann hätte man ihm die besten Speisen vorgesetzt. Denethor hatte es jedoch schon lange nach einem guten Schweinebraten mit Salzkartoffeln gelüstet. Nichts ausgefallenes, sondern das, was jeder guter Mann in Minas Tirith zu essen bekam.
Nun war Denethor wieder auf die Tribüne zurückgekehrt. Die Vereidigung der neuen Rekruten war vorbei, doch Denethor würde noch einige Hauptmänner und Soldaten für besondere Leistungen auszeichnen. Das war eine lange Tradition, mit welcher Denethor auch nicht brechen wollte. Es spornte die Männer an, dass sie vielleicht auch einmal einen goldenen Orden bekämen und ein Säcklein Gold dazu.
Während der Herr Gondors dem dritten Hauptmann einen Orden umgehängt hatte, glitt der Blick des Truchsess über den Platz. Er erspähte Bardos, der auf einem dunkelbraunen, sehr edel anzusehendem Ross ritt. Sein Pferd war mit einigen Päckchen versehen und Denethor vermutete, dass Bardos nicht nur für den einen Tag aus der Stadt ritt.
›Nun reitet Bardos weg‹, dachte der Herrscher Gondors. ›Er ist also doch nicht zur Vernunft gekommen. Dabei hätte ich ihn als Spion gegenüber Donar sehr gut gebrauchen können. Jetzt muss ich mir eine andere Lösung einfallen lassen.‹
Noch einen Moment lang, musterte Denethor den Begleiter Bardos, doch er war ihm völlig fremd, dann wandte er sich wieder den Männern auf der Tribüne zu.
Schließlich waren alle Männer behängt und beschenkt worden. Doch noch ein Orden war da. Forschend blickte sich Denethor um und ein Soldat lief eilig davon, um Hador, Húrins Sohn zu holen.
Nicht lange dauerte es und ein Mann mit hochrotem Gesicht kam auf Denethor zu. Der Truchsess erinnerte sich, dass er den jungen Mann schon gesehen hatte. Damals war er vor ihm auf die Knie gegangen. Ja, es war in den Häusern der Heilung gewesen. Bei dem kleinen Mädchen.
›Ich sollte sie besuchen‹, dachte Denethor für einen Moment die Situation auf dem Platz vergessend. ›Ich habe es ihr versprochen.‹
Dann wandte er sich an den jungen Mann: »Seid Ihr Hador, Húrins Sohn?«
Bardos ritt hinter Arvellon aus Minas Tirith. Vor dem Tor herrschte reges Treiben, doch mittlerweile war auch eine gewisse Ordnung zu erkennen, denn Denethor verteilte die Orden. Bardos selbst hatte nie einen erhalten, doch war er der Grund dafür gewesen, dass ein anderer ihn erhielt. Denn in einer tollkühnen Rettungsaktion befreite ihn ein Hauptmann aus den Fängen der Corsaren, obwohl wenig Aussicht bestand, dass das Unternehmen gelingen könnte. Bardos war sehr froh gewesen, denn er wusste, dass Folter bei den Corsaren ein beliebtes Spiel war, um sich an den Soldaten Gondors zu retten.
Rasch verdrängte Bardos die dunklen Gedanken und konzentrierte sich wieder auf den Weg und auf Brunderei, seine Schwester, welche er retten wollte.
_________________________________________ Der Chara für alle Fälle …
Ihr benötigt den Nebencharakter (NPC)? Wendet euch bitte an einen Mod.
Adriana hatte gar keine Zeit, etwas auf den Redeschwall ihrer Cousine zu erwiedern, so schnell war diese auch schon in der Menge zwischen den Soldaten verschwunden. Perplex starrte sie ihr nach. Diese Elreth!
Aber die junge Frau kam gar nicht erst dazu, weiter über das eben erlebte nachzudenken, denn schon trat ein Soldat auf sie und Hador zu. Offensichtlich sollte seine Verleihung nun beginnen.
Schnell wandte sich Adriana an den Soldaten, der über Elreths Verhalten ebenfalls ein wenig verwirrt schien. "Es geht los!" bemerkte sie daher.
Hador war ziemlich aufgeregt als er die Soldaten auf der Bühne sah. Er drehte sch zu der weggehenden Cousine von Adriana, wurde aber gleich vión letzterer angesprochen. Er drehte sich wieder. Vor ihm Stand ein soldat der meinte das Hador kommen sollte.
›Jetzt kommt mein Auftritt. Soll ich Adriana diesen Orden nach der Verleihung schenken? Oder auf der Bühne. Hmm. Lieber das erste.‹, überlegte er im gehen, und stieg auf die Bühne.
Vor ihm stand Denethor, Truchseß von Gondor, in einem schönen Gwand, prächtig und adlig. Dann antwortete Hador stolz auf die Frage vom Truchseßen:
»Ja mein Herr, ich bin Hador, Húrins Sohn.«
------------------------------------------------ Hier gelobe ich Lehnstreue und Dienst für Gondor und für den Herrn und Truchsess des Reiches, zu sprechen und zu schweigen, zu tun und geschehen zu lassen, zu kommen und zu gehen, in der Not und in guten Zeiten, im Frieden oder Krieg, im Leben oder Sterben, von dieser Stunde an, bis mein Herr mich freigibt oder der Tod mich nimmt oder die Welt endet. So sage ich, Hador, Húrins Sohn, aus Gondor.
Adriana drängte sich durch die Menge, um näher an die Bühne heran zu kommen. Von hinten konnte man zwar auch einen Teil sehen, doch hatte man von Vorne eine wesentlich bessere Sicht, ohne lästige Köpfe von anderen Zuschauern davor. Nach einem schnellen Blick sah sie, dass Hador nun ebenfalls das große Gestell erreicht hatte und ein paar Worte zum Truchsess sagte.
Unter vielem Entschuldigen, weil die junge Frau ausversehen mehreren Soldaten auf die Füße getreten war, erreichte auch Adriana endlich einen Platz, von dem aus sie freie Sicht auf das Geschehen hatte. Zwar stand sie nun immer noch nicht in der Ersten Reihe, doch hatte sie sich in der darauffolgenden so hingestellt, dass sie alles erkennen konnte.
Der Truchsess musste innerlich über den stolzen Tonfall Hadors lachen, während er äußerlich gefasst und ernst wie immer aussah. ›Dieser Soldat ist aber keineswegs bescheiden!‹, sagte sich Denethor. In Gedanken versuchte er sich an die Vereidigung dieses Mannes zu erinnern, denn außergewöhnliche Männer blieben ihm meist in Erinnerung. Doch an Hador konnte er sich nicht entsinnen. Wahrscheinlich war seine Eingebildetheit das einzige hervorstechende Merkmal gewesen.
»Hador«, begann Denethor mit lauter Stimme zu sprechen. Es konnten ihn alle verstehen, wenn sie nicht gerade mit ihren Nachbarn tuschelten. »Ihr habt unserer Stadt einen großen Dienst erwiesen. Mit Eurer Hilfe wurde ein Brand im Sechsten Stadtring schnell entdeckt und konnte gelöscht werden, bevor es auf andere Häuser übergreifen konnte. Doch habt Ihr nicht nur deine Katastrophe für viele Menschen in Minas Tirith verhindert, sondern Ihr habt auch Familien glücklich gemacht. Denn Ihr rettetet Klandas, Kleros Sohn und Adriana, Tulkas Tochter vor herunterstürzenden Balken.«
Denethor zeigte auf den kleinen Jungen, dem Hador das Leben gerettet hatte. Er war mit seinen Eltern gekommen und starrte ehrfurchtsvoll zu den beiden Soldaten hinauf. Auch auf Adriana ruhte kurz Denethors Blick, denn man hatte ihm berichtet, dass auch sie anwesend sei.
»Doch auch mir habt Ihr einen großen Dienst erwiesen, Hador, Húrins Sohn«, sprach der Truchsess weiter. »Denn Ihr habt, ohne auf Euer eigenes Leben zu achten, auch dem Schlüsselverwahrer von Fen Hollen, Hurin aus seinem brennenden Haus gerettet. Nicht nur, weil er ein sehr ehrenwertes, wichtiges Amt in unserer Stadt inne hat, ist es so erfreulich, dass Hurin nichts geschehen ist. Nein, Hador. Ihr habt einen Freund von mir gerettet, deshalb bin ich Euch noch einmal so dankbar.«
Denethor legte bei den letzten Worten Hador die Hand auf die Schulter und schaute ihm in die braune Augen.
»Ich danke Euch von Herzen«, sagte Denethor. Dann nahm er den goldenen Orden, den ein Soldat ihm reichte, in die Hand und hängte ihn Hador um. Nun prangte auf dessen Brust ein goldener Kreis, auf dessen Mitte der Baum Gondors eingeprägt war. Sonst stand nichts darauf, doch jeder in Gondor verstand die Bedeutung dieses Ordens.
Schließlich drückte Denethor Hador auch noch einen gut gefüllten Sack mit Goldstücken in die Hand. Beifall brandete auf und Denethor musste über den eitlen Blick Hadors lächeln.