Der Truchsess Gondors ging im Thronsaal auf und ab. Eine innere Unruhe peinigte ihn.
›Irgendetwas ist passiert‹, dachte Denethor, Ecthelions Sohn. ›Ist es nun soweit? Erhebt sich der Namenlose gegen mich?‹
Denethor hielt inne: ›Aber es gab bisher noch keine Anzeichen dafür. Das Land um das Schwarze Land sind erstaunlich still und es gibt nur wenige Überfälle der Orks.‹»Das heißt, falls mir mein Sohn nicht Dinge verheimlicht.« Denethors Augen blitzten auf, wie jedes Mal, wenn er schlecht über Faramir dachte.
Die Türen des Thronsaales wurden geöffnet, die Wache trat herein und verbeugte sich tief.
„Herr Denethor. Ein Hauptmann aus Lebennin bittet dringend um Einlass.“
Denethors Herz setzte für einen Augenblick aus. War nicht sein Lieblingssohn Boromir gestern nach Lebennin geritten?
„Er soll sofort eintreten!“ rief der Truchsess eilig.
Die Wache drehte sich um, gab jemanden vor der Tür einen Wink und trat zur Seite. Rinard, ein Hauptmann aus Lebennin, trat mit raschen Schritten ein. Er verbeugte sich tief vor Denethor und rief mit wohlklingender Stimme:
„Seid gegrüßt, Herr und Truchsess von Minas Tirith und Gondor, Denethor, Ecthelions Sohn! Ich bringe Nachricht aus Lebennin.“
»Sei auch du gegrüßt Rinard, Rendors Sohn«, erwiderte Denethor höflich und dem Brauch entsprechend. »Nimm an meiner Seite Platz und iss etwas, denn ich sehe du bist heute schon weit geritten.«
„Gern nehme ich Euer Angebot an, Herr Denethor. Doch lasst mich während des Essens schon berichten, was geschehen ist. Denn es sind schlechte Nachrichten.“
„So sei es.“
Denethor ging mit festen Schritten zu seinem Thron, der unterhalb der Treppe zum Königsthron stand. Diener hatten inzwischen einen Stuhl, Wein und Speisen gebracht. Die beiden Männer nahmen Platz und tranken gemeinsam einen Schluck Wein im Gedenken an Nûmenor.
Auch wenn Denethor seine Ungeduld nur schwer bezähmen konnte, wartete er geduldig. Während Rinard etwas aß, musterte Denethor ihn unauffällig. Schon immer war es Ecthelions Sohn leicht gefallen, in den Herzen der Menschen zu lesen. Er wusste, wann sie unehrlich waren, wann sie Angst hatten oder etwas Böses vor hatten. Niemand konnte den Truchsess täuschen.
In Rinards Gesichtszügen konnte der Truchsess eine ernste Sorge entdecken. Doch schien es nicht seinen Sohn zu betreffen, sonst hätte er wohl sofort gesprochen.
„Mein Herr“, begann Rinard. „Seltsame Vorkommnisse haben sich in Lebennin zugetragen. Vor drei Tagen kam ein Fischer in großer Eile zu uns geritten. Er war vom Ritt so mitgenommen, dass er zuerst nicht berichten konnte. Ich nehme an, er ist vorher noch nie eine lange Strecke geritten.“ Rinard holte tief Luft. „Was er uns berichten konnte, als er wieder zu Kräften gekommen war, traf uns tief.
Der Fischer kam aus dem Dorf Thalath Taur, was sich am Anduin 10 Meilen nördlich von der Mündung des Erui in den Anduin befindet. Das Dorf wurde vor nunmehr fünf Tagen überfallen und weitgehend zerstört. Alle Häuser sind fast bis auf die Grundmauern abgebrannt und die Bewohner sind entweder tot oder geflohen.“
„Es ist ungewöhnlich, dass Orks so weit südlich über den Anduin kommen, um unser Land zu überfallen. Es war richtig von dir, sofort zu mir zu kommen.“ sagte Denethor und wollte aufstehen. Doch Rinard fasste ihn am Arm.
„Herr, es waren keine Orks, die das Dorf überfallen haben. Der Fischer meinte, es wären Männer gewesen. Keine Kosaren, sondern Männer aus Gondor. Der Anführer soll eindeutig aus Minas Tirith kommen. Der Fischer hat ihn an der Sprache erkannt.“
„Aus Minas Tirith?“ Denethor konnte seinen Ohren nicht trauen. „Die Männer aus Minas Tirith sind stolz und mutig. Seit Jahrhunderten kämpfen sie an vorderster Front gegen den Namenlosen. Sie würden niemals eigenes Land zerstören und ihre Landsleute töten!“
„Ich weiß, Herr Denethor. Auch ich stamme aus Minas Tirith und kann nicht glauben, dass es wahr ist. Doch der Fischer sprach sehr bestimmt.“ Rinard senkte traurig den Kopf.
Denethor stand auf. „Wache! Schickt sofort nach Boromir, meinem Sohn!“ Er wandte sich seinem Hauptmann zu und sagte: „Ich muss dich bitten zu bleiben und die Nachricht auch dem Oberheermeister von Gondor zu berichten. Er wird hoffentlich bald hier sein. Bis dahin stärke dich. Ich muss nachdenken.“ Mit diesen Worten begann er abermals im Saal auf und ab zu gehen.
Die große Tür schloss sich hinter Boromir und er trat in den Saal. Sofort sah er seinen Vater, welcher unruhig auf und ab marschierte. Ein Mann saß auf einem Stuhl, er schien einen langen Ritt hinter sich zu haben. Hatte er Nachrichten überbracht?
"Ihr habt nach mir geschickt?" sprach Boromir den Truchsess an, als er näher getreten war. "Gibt es Probleme?" In der letzten Zeit war es ungewöhnlich Still in ganz Gondor gewesen. Es war schon fast beängstigend gewesen.
Boromir blieb vor Denethor stehen und faltete die Hände hinter seinen Rücken. Mit abwartendem Blick musterte er die anderen beiden Männer. Dass er gerade noch geschlafen hatte, war für ihn recht ungewöhnlich und deswegen war sah er auch noch nicht ganz wach drein.
Denethor musterte seinen Sohn. Er sah verschlafen aus, das war ungewöhnlich für seinen Erstgeborenen. Er war wohl gestern zu lange unterwegs, dachte der Truchsess. Stände Faramir vor ihm, hätte er ihn dafür gerügt. Seinem Lieblingssohn sah er es jedoch - wie immer - nach.
„Guten Morgen, mein Sohn.“ sagte Denethor mit fester, jedoch milder Stimme. „Es gibt schlechte Nachrichten aus Lebennin!“
Der Truchsess bat Rinard seine Geschichte zu wiederholen. Boromir machte ein immer erstaunteres Gesicht.
„Nun mein Sohn, was hältst du davon?“ wandte sich Denethor abermals an seinen Sohn.
Die schlechten Nachrichten aus Lebennin hörten sich gar nicht gut an. Boromir lauschte Schweigen den Berichten des Mannes, der den weiten Weg geritten war, um die Nachrichten zu überbringen. Was er da hörte konnte er kaum glauben. "Unmöglich! ... Seit ihr euch sicher dass es Menschen waren?" Das konnte er einfach nicht begreifen. Sie mussten sich irren. Doch der Mann betonte noch einmal, dass es sich um Menschen gehandelt haben muss. Ein Fischer hatte es mit eigenen Augen gesehen. "Dann muss dieser Fischer ein ausgezeichneter Lügner sein, wenn Ihr ihm Glauben schenkt."
Verunsichert sah der Hauptmann vom Meldereiter zu seinem Vater und zurück. Er wollte es einfach nicht wahr haben. Menschen aus seinem Land waren zu so etwas fähig?
"Dann waren es niemals Männer aus Gondor! Was treibt Euch zu der Annahme. Sprecht!" Der Mann hüllte sich in Schweigen, denn Boromirs Argwohn missfiel ihm. "Verzeiht mir, Vater, aber Ihr glaubt doch nicht auch, dass Männer aus Gondor zu so etwas fähig sind? Das hier ist ein patriotisches Land, die Leute würden für ihr Land sterben!"
Boromir ließ sich auf seinem Stuhl nieder und fing an zu grübeln. "Vielleicht waren es die Südländer. Denen würde ich es zutrauen..."
Denethor erwiderte: „Rinard ist einer meiner besten Hauptmänner. Ich schenke seinen Worten Glauben. Er wird den Fischer eingehend befragt haben. Denn niemals würde ein Gondorianer einen anderen Mann aus Gondor eines solchen Verbrechens beschuldigen!“
'Manchmal frage ich mich, warum nicht auch Boromir die Fähigkeit besitzt in den Herzen der Menschen zu lesen. Doch was, wenn er es könnte. Vielleicht würde ihn erschrecken, was er da sähe. Die Angst, Verzweiflung und Not der Menschen. Boromir ist nicht der Mann, der Mitleid für einen anderen empfindet.'
Der Truchsess von Gondor räusperte sich. „Wir müssen entscheiden, was zu tun ist. Wir brauchen einen starken Heermeister, der die Überfälle in Lebennin untersucht und niederschlägt. Wen würdest du vorschlagen, Boromir?“
Denethor wusste, wie Boromirs Antwort ausfallen würde. Der Heermeister des Weißen Turms würde ohne Furcht die Feinde aufspüren und vernichten. Wären es Orks oder Südländer, wäre daran nichts auszusetzen. Doch hier waren Menschen aus Gondor am Werk. Der Truchsess von Gondor wollte wissen, warum einer seiner Untertanen seine Landsleute überfiel. Boromir würde in seiner Wut vielleicht unbedacht den Hauptmann töten.
'Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als Faramir zur Unterstützung von Boromir nach Lebennin zu schicken', überlegte Denethor. So sehr er seinen Erstgeborenen auch liebte - hier ging es um das Wohl Gondors. Gondor stand immer an erster Stelle.
„Ich will gern, dass du nach Thalath Taur reitest. Nimm deinen Bruder Faramir und einige Waldläufer als Unterstützung mit!“
Letztendlich sah es Boromir ein, dass der Reiter Recht haben könnte. Denn sein Vater wusste meist, wann jemand log und wann jemand auf voller Überzeugung und mit reinem Herzen sprach.
"Vater, es war bereits vor fünf Tagen. Niemand wird mehr dort sein. Wir sollten uns auf die Dörfer in der Umgebung konzentrieren." Normalerweise blieb es nicht bei einem Überfall, es folgten weitere...
Denethor schien zu spüren, dass Boromir diese Männer unbedingt finden wollte, zum Wohle von Gondor. Aber er wusste auch, dass sein Ältester nicht zimperlich mit ihnen Umgehen würde. Deshalb beschloss er Faramir mit seinen Waldläufern mit ihm zu schicken. Er wollte den Anführer der Bande lebend.
"Wie Ihr wünscht." Wenn er noch zuvor nach Ithilien ritt, würde es noch länger dauern, eher er das Dorf erreichte. Aber er freute sich darauf seinen Bruder wieder zu sehen. Es waren ein paar Wochen seit ihrem letzten Zusammentreffen vergangen. "Wie lauten also meine Befehle? Die Männer finden und sie für ihr Tun bezahlen lassen? Unterstützung der Dorfbevölkerung?"
Denethor zog erstaunt eine Augenbraue hoch. 'Da habe ich wohl recht gehabt. Boromir würde sich zu unvorsichtigen Taten hinziehen lassen und in seiner Wut alle Verräter töten. Es ist gut, wenn ich ihm Faramir mitschicke.' „Ich bin froh mein Sohn, dass du keinerlei Einwände mehr erhebst.“, sprach er zu seinem Sohn. „Ich möchte, dass du dich sofort reisefertig machst und deine Männer zusammen rufst. Brich nach Osgiliath auf!
So weit ich unterrichtet bin, müssten sich die Vorräte in Henneth Annûn langsam dem Ende neigen. Da es in Ithilien ruhig ist, wird dein Bruder es wagen selbst nach Osgiliath zu reisen und nur die Pflichtbesatzung vor Ort zu lassen. Dein Bruder war lange nicht mehr in Minas Tirith und wird dich sehen wollen.“
„Dich auch Vater“, warf Boromir ein.
Denethors Gesicht überzog ein schmerzhaftes Lächeln. „Dein Bruder hat ebenso wenig das Bedürfnis mich zu sehen, wie ich ihn. Allein seine Liebe zu dir, der Weißen Stadt und zu seinem Volk lässt ihn hier bleiben, anstatt anderswo sein Glück zu suchen.“
Denethor hob abwehrend die Hand, als Boromir etwas sagen wollte.
„Genug!“, rief er. „Wir haben wichtigere Dinge zu besprechen, als lästige Familienangelegenheiten. Tu, was ich dir gesagt habe. Ich werde in der Zwischenzeit einen Brief an Faramir schreiben, um ihn von der Sache zu unterrichten und ihm den Auftrag zu erteilen.“
„Rinard! Ich möchte, dass Ihr wieder zu Eurem Stützpunkt in Lebennin zurückkehrt. Sammelt so viele Männer, wie ihr könnt um Euch. Versucht so viele Informationen, wie nur möglich über weitere Überfälle zu beschaffen. Ihr wisst, so unauffällig wie möglich.“
„Jawohl, Herr Denethor“, antwortete Hauptmann Rinard, verbeugte sich tief und eilte zur Tür.
„Und haltet den Fischer bereit. Faramir wird sich mit ihm unterhalten wollen!“, rief Denethor ihm nach.
„Du mein Sohn“, wandte er sich an Boromir. „Geh nun auch. Komm bevor du abreist zu mir und empfange den Brief und meinen Segen.“
Dass Denethor Faramir überhaupt nicht sehen wollte, verursachte bei Boromir einen leichten Stich im Herzen. Er würde sich sicher nicht zwischen die beiden Männer stellen. Er liebte seinen Bruder, von ganzem Herzen. Aber, das musste er zugeben, liebte er auch seinen Vater, auch wenn dieser sehr oft komische Ansichten besaß. Wenn man es sich mal vor Augen führte, war Boromir eigentlich alles was Faramir von seiner Familie geblieben war, nach dem Tod ihrer Mutter. Wieso kann man Vater sich nicht einmal positiv zu seinem Jüngsten bekennen?
Boromir wollte noch etwas erwidern, doch der Truchsess schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. Der Hauptmann des weißen Turms hatte nun seine Befehle erhalten. Er würde zuerst nach Osgiliath reiten. Ein langer Tag stand ihm bevor und Boromir war froh, letzte Nacht wenigstens etwas erholsamen Schlaf gefunden zu haben.
Nachdem Denethor Rinard entlassen hatte, verbeugte sich Boromir schlicht und wand sich dann zum Gehen. Kurz vor der Tür drehte er sich noch einmal um und sah zu seinem Vater, welcher gerade dabei war an seinem Schreibtisch platz zu nehmen. "Vater, ich bitte Euch, schreibt in Eurem Brief an Faramir nichts, was Ihr später bereuen könntet."
„Was ich später bereuen könnte ...“, murmelte Denethor vor sich hin. Er ging zu einem Tisch, der im Seitenschiff des Saales stand. Da das Tageslicht ihn nicht erreichte, stand ein Kerzenleuchter darauf. Außerdem lagen dort einige Schriftrollen, ein Tintenfass, mehrere Federn, Pergament und Siegelwachs.
Denethor setzte sich auf einen reichverzierten Stuhl aus Eichenholz und begann ohne Zögern zu schreiben:
Mein lieber Sohn,
Ich hoffe, Du und Deine dir unterstellten Männer sind wohlauf. Die Lage in Ithilien scheint nach Deinem Bericht so weit es geht ruhig zu sein, bis auf die „alltäglichen“ Angriffe von Orks und anderem Gesindel. Leider gibt es in Gondor dafür Übergriffe, die wir nicht dulden dürfen. Heute morgen kam Hauptmann Rinard, Reros Sohn zu mir. Er berichtete, dass das Dorf Thalath Taur in Lebennin von Menschen überfallen wurde, Gondorianern! Ein Fischer aus dem Dorf hat den Anführer als einen Mann aus Minas Tirith an der Stimme erkannt.
Du weißt, was für schlechte Nachrichten das sind. Denn es gibt nichts Schlimmeres, wenn sich Landsleute gegen Landsleute auflehnen. Das muss unterbunden werden. Ich werde meinen besten Mann schicken: Boromir. Er ist der mutigste und tapferste Mann, den ich zu bieten habe. Doch er hat eine Schwäche, die auch du kennst. Er wird vor Wut nur so toben und alle Verräter töten wollen. Du musst ihn davon abhalten! Wir müssen wissen, warum Gondorianer Dörfer in Lebennin anzünden.
Finde es für mich heraus und sorge dafür, dass der Anführer lebend vor mich gebracht wird! Pass auf Deinen Bruder auf. Du weißt, nichts liegt mir mehr am Herzen, als er.
Denethor hielt für einen Moment inne: Ebenso, wie du.
Doch dann schrieb der Truchsess:
Reitet zuerst zum Stützpunkt nach Lebennin. Hauptmann Rinard wird euch bis dahin alles wichtige sagen können. Dort wirst du auch den Fischer sehen. Schau ihn dir genau an und finde heraus, ob er auch wirklich die Wahrheit sagt. Doch ich befürchte das Schlimmste. Nimm dir fünfzehn gute Männer mit und schicke den Rest zurück nach Ithilien. Es darf nicht unbewacht bleiben. Boromir bringt ebenfalls noch fünfundzwanzig Männer mit. Mit meinen Söhnen an der Spitze, wird sich ihnen niemand siegreich in den Weg stellen können.
Die Zeit ist leider zu knapp, dass Du erst die Weiße Stadt besuchen kannst. Verschiebe dies auf später, wenn Du Deinen Auftrag erfüllt hast. Die Stadt mit ihren Schönheiten wird auf Dich warten. Und die uns beiden liebste Person hast Du ja bei Dir.
Mein Segen beschütze Deinen Bruder und Dich und Eure Männer!
Denethor, Ecthelions Sohn Truchsess von Gondor
Denethor las den Brief nicht noch einmal durch, sondern rollte das Pergament zusammen und tropfte Wachs darauf. Mit dem großen Siegelring, den er am Finger trug, prägte er sein Siegel ein.
Denethor stand auf und ging mit dem Brief zurück in das Mittelschiff.
Von neuem betrat Boromir die große Zitadelle und wurde wie immer beim Betreten nicht aufgehalten.
Er war nun anders gekleidet. Boromir hatte seine Rüstung an, den Helm unter den Arm geklemmt. Er sah edel aus, genauso wie man sich einen Hauptmann von Gondor vorstellte.
Sein Vater schien seinen Brief geschrieben zu haben, denn er reichte ihn Boromir. Natürlich war er versiegelt, wie es sich gehörte. Der junge Hauptmann betrachtete das Stück Papier in seiner Hand, bevor er wieder seinen Vater ins Gesicht sah.
"Wir sind bereit aufzubrechen. ... Es könnte ein paar Tage dauern, bis Ihr wieder von mir hört."
Hoffentlich hat er in seinen Brief nichts abwertendes Faramir gegenüber geschrieben...
"Solange lebt wohl, Vater."
Boromir war bereit aufzubrechen, kaum mehr was konnte ihn länger hier halten.
Denethor sah seinen Sohn an und was er erblickte erfüllte ihn mit Stolz. Vor ihm stand ein junger, starker Mann, der die besten Jahre noch vor sich hatte. Ein Mann der vor Mut nur so strotzte und alles für sein Land und seinen Vater tun würde. Seine strahlende Erscheinung gab auch dem Truchsess neuen Mut und er straffte sich.
„Boromir, mein Sohn. Ich bin unsagbar stolz auf dich.“ Denethor lächelte seinen Sohn liebevoll an. „Ich weiß, dass ich mich auf dich voll auf verlassen kann. Geh nun und erfülle deinen Auftrag. Bring meine Grüße und diesen Brief zu Faramir. Pass auf ihn auf, so wie es sich für einen großen Bruder gehört.
Mein Segen möge dich auf deinem Auftrag begleiten!“ Denethor täschelte liebevoll Boromirs Wange. „Lebe denn wohl, mein Sohn und komm gesund wieder zurück. Gebt mir Nachricht, sobald sich etwas wichtiges ereignet.“
Denethor trat einen Schritt vor und gab seinem Sohn einen Kuss auf die Stirn, wie er es seit eh und je getan hatte.
Der Abschied verlief wie die meisten zuvor. Denethor schien mächtig stolz und gab seinem Sohn den Segen, welcher auch gleichzeitig der Segen für alle Mitreisenden sein sollte. Der Kuss auf die Stirn war Tradition und Boromir mochte diese kleine Zuwendung von Seitens seines Vaters.
Pass auf ihn auf, so wie es sich für einen großen Bruder gehört... Ging es Boromir im Kopf herum. "Vater, ihr wisst, ich würde alles für Faramir tun. Und wenn es dazu kommen sollte, würde ich auch mein Leben für ihn opfern." Das war sein voller Ernst und er wusste, dass Faramir das gleiche für ihn tun würde.
Boromir wand sich ab um den Thronsaal zu verlassen. An der Tür traten die Wachen beiseite um ihn basieren zu lassen. Noch einmal wand er sich zum Truchsess um. "Lebt wohl, Vater."
Der Truchsess von Gondor saß bereits auf seinem Thron. Noch vor Sonnenaufgang hatte er ein kleines Frühstück zu sich genommen. Nun wartete er auf seine Hauptmänner, die ihm von den Geschehnissen in Südgondor berichten sollten. Denethor befürchtete, dass die Corsaren bald wieder einen Angriff auf Gondorianisches Land verüben würden.
Doch statt der erwarteten Hauptmänner bat ein junger Soldat um Einlass. Er berichtete von einer Gruppe wild aussehender Krieger, deren Hauptmann um Einlass bat. Über die Namen und den Grund des Kommens konnte der Soldat keine Auskunft geben, da die Krieger darüber nichts gesagt hatten.
Denethor runzelte die Stirn. Er fragte sich, warum er nicht eher über das Kommen dieser Männer informiert worden war. Schließlich waren sie schon länger auf gondorianischem Boden. Er würde jedoch noch darüber mit dem zuständigen Hauptmann reden.
Nun bat er den Soldaten die Männer zu sich bitten. Außerdem ordnete er an, dass sich Soldaten unauffällig in der Nähe aufhalten sollten. Schließlich war es nicht ungefährlich bewaffnete Männer in sein Haus einzulassen.
Doch nun traten auch die Hauptmänner ein, welche natürlich ihre Rüstung und ihre Waffen angelegt hatten. Und auch Denethor trug seine dunkles Kettenhemd und sein Schwert an der Seite.
Ein großer Krieger trat mit seinen ungefähr zwanzig Männern in den Thronsaal ein und kam gemessenen Schrittes zum Thron des Truchsess. Denethor bemerkte, dass die Blicke der Krieger die Größe des Saales bestaunten und innerlich lächelte er darüber. Von außen konnte man ihm jedoch keine Gefühlsregung anmerken.
Als die Männer vor seinem Thron anhielten, stand Denethor auf. In seiner linken Hand hielt er den weißen Stab des Truchsess. Er wartete darauf, dass die Fremden sich zu erkennen gaben, damit auch er sie höflich begrüßen konnte.
Als Donar und seine Begleiter auf eine Bewegung der dort postierten Wache hin in die Halle marschierten, staunte der Stammesfürst nicht schlecht. Die Halle war riesig und sollte zweifellos Neuankömmlinge beeindrucken. Diesen Zweck erfüllte sie allemal, zu beiden Seiten der Halle waren Skulpturen und Bilder früherer Herrscher. Ein riesiger Teppich war in der Halle ausgelegt und er endete erst vor einem Thron, den man allerdings nur über ein paar Stufen erreichen konnter. Zu Donars Verwunderung war dieser Thron leer."Zweifellos stammt diese Halle aus besseren Tagen, als Gondor noche eine König hatte... wie lange muss dieser Thron wohl schon leerstehen?" Ein schwarzer Stuhl stand ein wenig unterhalb von ihm und in diesem Stuhl saß ein Mann mit grauem Haar."Soso dies ist also Denethor. Ich habe ihn mir anders vorgestellt... mit kürzerem Haar."
Der Truchsess Gondors war zweifellos schon etwas in die Jahre gekommen, doch er wirkte dennoch kräftig, mit einem Kettenhemd auf dem Leib und einem prachtvollen Schwert in der Hand. Nun erhob sich Denethor, mit dem Stab des Truchsesses in der Hand um die Krieger willkommen zu heißen. Diese waren inzwischen vor dem Monarch angekommen.
Donar wusste, dass er sich jetzt niederknien müsste, doch dachte er:" Ich, Donar Anführer der Bergmenschen muss mich vor niemanden niederknien". Als Denthor den Bergmenschen aber erwartungsvoll anschaute und Donar merkte, dass die unzähligen Wachen in der Halle, die einen Anschlag auf ihren Truchsess fürchteten, sich bereit machten um ihn außer Gefecht zu setzen kniete sich Donar, wenn auch wiederwillig nieder. Seine Begleiter taten es ihm gleich.
Denethor Gesichtsausdruck entspannte sich, als Donar ihn begrüßte und sprach:" Mein Name ist Donar und zuammen mit meinen Begleitern begab ich mich auf den langen Weg von Angmar hierher um euch folgenden Vorschlag zu machen: Ich würde euch unterstützen das ehemalige Reich von Arnor wieder aufzubauen. Als Gegenleistung erwarte ich, dass ihr meinem Stamm vor allem durch Handel zu neuen Wohlstand verhelft. Die Tage in denen wir auf Seiten des Hexenkönigs kämpften sind vorbei und seitdem geht es meinem Volk schlecht. Verfeindete Stämme bekämpfen sich untereinander, wir sind dabei uns gegeseitig zu töten. Deshalb erbitte ich die Hilfe Gondors um neue Handelwege zwischen Angmar und Gondor herzustellen. Es wäre eine Ehre für uns an Seiten Gondors zu kämpfen um den gemeinsamen Feind, die Orks zu bekämpfen. Diese abscheulichen Kreaturen fallen nämlich über unser Land her und vernichten die Ernte, sodass wir häufig hungern müssen."
Das meiste was Donar da faselte war nicht war oder übertrieben. In Wiklichkeit dachte der Stammesführer ganz anders:"Wenn dieser Typ tatsächlich auf mein Angebot eingeh, kann ich endlich wieder ein Königreich in Angmar untermeiner Führung aufbauen. Mein Volk wird reich und einflussreich. Um die Orks aber kann sich dieses Land selbst kümmern, ich will Sauron nicht als Feind."
Gespannt schauten die Bergmenschen zu Denethor auf ( aber nur weil dieser ein paar Stufen höher stand als sie). Sein Gesichtsausdruck war unergründlich, anscheinend war er tief in Gedanken versunken und wusste nicht wie er auf Donars Angebot reagieren sollte.
Denethor war erstaunt, als er die beinahe wild aussehenden Männer aus Arnor erblickte.
‚Wie sehr haben sich unsere Völker auseinander gelebt’, dachte Denethor. ‚In Gondor ist das zivilisierte Leben erhalten geblieben und in Arnor scheinbar untergegangen. Nur verwilderte Kreaturen gibt es dort.’
Denethor hörte weiter Donars Rede an. Dieser kam also aus Angmar und er machte keinen Hehl daraus, dass sein Volk einstmals auf Seiten des Hexenkönigs gedient hatte. Warum wohl? War er etwa stolz darauf, dass seine Vorfahren gemeinsam mit dem Obersten Nazgûl das Königreich Arnor zerstört hatten? Wusste Donar nicht, dass Gondor damals eine Armee in den Norden geschickt hatte, um Arthedain zu unterstützen. Doch leider kamen sie zu spät und konnten mit Hilfe der Elben aus Lindon in der Schlacht von Fornost 1975 DZ nur noch den Hexenkönig aus Angmar vertreiben und dessen Reich zerstören.
Denethor war sehr wachsam. Er sah Donar in die Augen, als dieser geendet hatte und las in ihnen, wie in einem Buch. Es sah, dass Donar nicht die Wahrheit gesagt hatte. Sein Ziel war es einzig und allein selbst wieder zu Macht zu kommen – und er wollte Denethor damit ausnutzen.
Doch sein Wissen darüber behielt Denethor für sich. Er wollte unbedingt mehr über die Beweggründe des Nordmenschen erfahren. Er sah gefährlich aus und schien sich jedem anzuschließen, der ihm zu seinem Wunsch verhelfen konnte. Doch Denethor fürchtete Donar nicht. Schließlich hatte dieser nur wenige Männer bei sich und konnte Denethor mit seinem riesigen Heer nicht gefährlich werden. Selbst wenn er sich mit dem Namenlosen verbünden sollte, so hätte Sauron gerade einmal rund zwanzig Männer mehr auf seiner Seite. Und das waren nicht die allerbesten. Sauron hatte viel schrecklichere und grausamere Mitstreiter, denen Gondor nur schwer die Stirn bieten konnte.
„Willkommen in Gondor, Donar. Es kommt nur sehr selten vor, dass uns Menschen aus dem ehemaligen Reich Arnor besuchen. Umso mehr freut es uns natürlich, Euch hier in unserem schönen Land begrüßen zu können und Nachrichten aus dem Norden zu erfahren.
Über Euer Gesuchen an mich, Denethor, Ecthelions Sohn, Herr und Truchsess von Gondor“ Denethor erwähnte mit Absicht seinen ganzen Titel, denn er wusste, dass dieser wilde Mensch kaum Respekt vor ihm hatte. „Über Euer Gesuchen werden wir noch ausführlich reden müssen. Doch nun zwingen mich Staatsgeschäfte, Euch und Eure Männer zu entlassen. Ihr seid natürlich meine Gäste und für Euch stehen im 6. Stadtring Unterkünfte zur Verfügung.“
Diese Unterkünfte wurden immer gepflegt und bereit gehalten, sollten unerwartet hohe Besucher in Minas Tirith eintreffen. Auf Donar würden sie aber zweifellos den Eindruck machen, als seien sie in Windeseile nur für ihn und seine Männer zu recht gemacht worden.
„Ich werde nach Euch schicken, um über Euer Gesuchen zu sprechen. Bis dahin lebt wohl und genießt das Leben in unserer schönen Stadt Minas Tirith.“
Denethor blickte auf Donar und seine Männer hinab. Zwar waren die Nordmenschen groß, aber auch Denethor war ein großer Mann und hätten sie auf gleicher Höhe gestanden, so hätte Denethor trotz allem noch leicht auf Donar hinabgeschaut.
Donar war nun offiziell entlassen und Denethor wartete darauf, dass dieser sich nun zurück ziehen würde.
Die wohl überlegte Antwort Denethors überraschte Donar nicht wirklich. Im Gegenteil, er hatte fast damit gerechnet, dass der Truchsess nicht sofort Stellung zu seinem Angebot beziehen würde. Jedoch irritierte ihm, dass der Monarch ihnen gleich Unterkunft und Verpflegung bereit stellte, war dies den Bräuchen seines Volkes nach schließlich nur höher gestellten und erwarteten Gästen vorbehalten.
Mit dem Verlauf des Gespräches, welches am Ende kürzer als erwartet war, war der Stammesführer nicht zufrieden. Er ging davon aus, dass Denethor sich nicht auf ein Bündniss mit den Bergmenschen einlasse, weil er glaubte, dass der Truchsess immer noch historisch bedingte Vorurteile habe.
"Soll die Idee einer zweiten Glanzphase Arnors und Angmars nun durch einen längst beendeten Krieg mit dem ich nie etwas zu tun hatte scheitern? Muss ich nun das Treiben meiner Ahnen verantworten?" Donar wurde wütend, doch schämte er sich seiner Vergangenheit nicht.
Er antwortete den Truchsess, der doch recht groß gewachsen war, mit den Worten:"Ihr glaubt, dass ich mit dem Feind sympathisiere, doch dem ist nicht so. Auch wenn mein Volk an Seiten des Hexenmeister kämpfte, bin ich kein Anhänger Saurons! Trotzdem schäme ich mich nicht für die Vergangenheit meines Volkes, denn es hatte großes vollbracht und meine Ahnen entschieden richtig, den Hexenmeister zu unterstützen, damit Arnor sich nicht ihrer einverleibt. Doch dies ist Geschichte und ich bitte darum, die Streitigkeiten ruhen zu lassen. Es ist Zeit für einen Neuanfang." Dies war alles was Donar zu sagen hatte.
Er verneigte sich leicht und bedankte sich für die Aufmerksamkeit des viel beschäftigten Truchsesses ihn anzuhören und Unterkunft zu gewähren. Dann wandte er sich zum gehen und ließ einen leicht irritieren Monarchen zurück. Seine Männer folgten ihm, ebenfalls sichtlich beeindruckt von der Rede ihres Anführers.
"Vielleicht denkt Denethor, Ecthelions Sohn, Herr und Truchsess von Gondor jetzt anders über mich." Er wandte einen leicht ironischen Blick zurück zum Truchsess, der sich inzwischen wieder gesetzt hatte und eine Wache zurecht wies.
Denethor sah Donar und seinen Männern nach. Er verstand dessen Worte nicht ganz, hatte der Truchsess den Fremden doch sehr höflich begrüßt. Konnte Donar etwa ebenso wie er in den Herzen der Menschen lesen? Denethor hielt es für unwahrscheinlich. Doch konnte er sich da ganz sicher sein?
Nun hatte jedoch keine Zeit, sich mit Donar auseinanderzusetzen. Er hielt mit seinen Ratsherren die vorgesehene Besprechung. Die Diskussionen wurden hitzig und es fiel allen nur schwer eine Entscheidung zu treffen. Der Truchsess hätte in diesem Moment gern seine beiden Söhne bei sich gehabt, denn Faramir traf meistens weise Entscheidungen und Boromir hatte das Gemüt sie durchzusetzen. Seine Söhne waren aber in einer anderen - nicht weniger dringlichen - Situation unterwegs und so musste Denethor selbst die weise Entscheidung treffen und durchsetzen.
Mittlerweile stand die Sonne hoch am Himmel und Denethor unterbrach die Sitzung für das Mittagsmahl. Doch gleich darauf versammelten sie sich alle wieder und Denethor kam nun auf die Neuankömmlinge in der Stadt zu sprechen.
„Nun“, sagte Denethor. „Ihr habt die Fremden gesehen und ihr Anliegen vernommen. Was meint ihr? Kann Gondor unseren Brüdern im Norden helfen? Wenn ja in welcher Art und Weise?
Aber noch wichtiger ist: Sind Donar und seine Männer vertrauenswürdig? Verdienen sie unsere Hilfe oder hängen sie noch immer der dunklen Seite an, welcher sie vor Jahren einmal zugetan waren?“
Fragend blickte Denethor in die Gesichter seiner Ratsherren. Der Truchsess von Gondor hörte sich immer die Meinungen seiner Ratgeber an. Manchmal sahen sie Dinge, die Denethor übersah. Doch die Entscheidung fällte letztendlich immer er - ob nun im Sinne seiner Ratsherren oder nicht.
Anardil, der Verwalter der Archive, meldete sich zu Wort. Er hatte am Morgen Donars Worte gehört und kam zu dem Schluss, dass dem Fremden nicht zu trauen war. Zu diesem Schluss kam Anardil, da er sich gut in den alten Überlieferungen und auch in der Geschichte von Arnor auskannte, zum anderen, weil er nicht leicht zu täuschen war.
"Herr", sagte er zu Denethor "Ich bin der Meinung, dass dieser Bursche und sein Haufen nicht vertrauenswürdig sind. Ich frage mich, ob es überhaupt stimmt, was er über seine Herkunft erzählt hat. Die Bergmenschen von Angmar waren nicht nur Feinde von Arnor, ein großer Teil von ihnen wurde bei der Zerstörung des Hexenreiches durch unsere Truppen unter dem Kommando von Earnur vernichtet. Einige entkamen über das Gebirge nach Osten, doch dort wurden sie von den Vorfahren der Rohirrim vertrieben. Es wundert mich, dass nun Nachfahren dieser Knechte Angmars überlebt haben sollen.
Verwundert hat mich auch, dass Donar davon redet, ja sich erdreistet, das Königreich Arnor wieder zu errichten. Wenn jemand das Recht dazu hätte, dann nur Menschen unserer Sippe, die Überlebenden des Volkes von Arnor und nicht diese Wilden! Aber leider wissen wir nicht, ob in Eriador überhaupt noch Dúnedain leben. Unser Wissen über diese Länder im Nordwesten ist seit dem Untergang des nördlichen Königreiches geschwunden.
Er seufzte, doch da Denethor ihn nicht unterbrach, fuhr er fort:
"Außerdem sehe ich nicht, welche Vorteile uns Donars Vorschläge bringen. Warum sollten wir unsere Leute in irgendwelche fernen Länder schicken? Wir haben uns all die Jahrhunderte nicht um das gekümmert, was in den Ländern nördlich von Rohan geschah und jetzt, da der Namenlose Feind in sein Reich zurückgekehrt ist, brauchen wir jeden Mann hier zur Verteidigung unserer Heimat und haben schon gar nicht die Männer und die Mittel für irgendwelche Abenteuer in der Ferne."
Anardil hielt inne, da ihm gerade eine Idee kam, wie mit den Fremden zu verfahren war, doch er sprach sie noch nicht aus, da der Truchsess gerade wieder das Wort ergriff.
_________________________________________ Der Chara für alle Fälle …
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Denethor saß bedächtig in seinem Stuhl und lauschte Anardils Worten. Dieser war sehr bewandert in alten Überlieferungen. Seine Ausführungen klangen in Denethors Ohren sehr weise und doch drängte es ihn, etwas zu sagen.
„Du hast wohl gesprochen, Anardil. Auch ich traue diesem Donar nicht über den Weg. Er hat natürlich keinerlei Anspruch auf den Thron im Nördlichen Königreich. Dieser liegt natürlich bei unserem Geschlecht, es sei denn, es gäbe noch Nachfahren Elendils im hohen Norden. Doch halte ich es für unwahrscheinlich. Sie wären gewiss schon nach Gondor gekommen und hätten den leerstehenden Thron eingenommen.“
Mit einer Handbewegung wies Denethor hinauf zum erhöhten Thron des Königs von Gondor.
„Ich habe es oft bedauert, dass wir uns nicht um die Belange des verlorenen nördlichen Reiches gekümmert haben. Doch seit der Dunkle Herrscher wieder in Mordor ist, war es unsere Pflicht Gondor zu schützen. Und jeder weiß, dass wir damit eine Menge zu tun hatten und haben.
Deshalb ist es uns natürlich unmöglich Donar in seinen Bestrebungen – seien sie gerechtfertigt oder nicht zu unterstützen. Zumal er bestimmt nicht genügend Männer aufbieten kann, um Gondor tatsächlich hilfreich zu unterstützen. Sonst wäre es ihm wohl möglich Arnor selbst wiederherzustellen. Im Norden wird es nicht viele Völker geben, die eine große Armee haben. Sonst hätten wir davon gehört.
Die Frage ist nun, wie wir mit Donar weiter verfahren. Ich befürchte, dass er sich in Mordor einen Mitstreiter suchen könnte. Doch damit würde er nur seine Seele verkaufen und nur als eine Puppe des Dunklen Herrschers regieren. Schrecken wäre die Folge für die Menschen im Norden. Auch wenn sie so weit von uns entfernt sind, so sollte uns ihr Schicksal dauern.
Deshalb möchte ich Donar nur ungern wieder aus der Stadt und Gondor jagen. Ich würde gern mehr über ihn wissen und erfahren, ob es sich lohnen würde, ihm zu helfen. Und wenn ja – in welcher Art und Weise wir ihm helfen könnten.“
Der Truchsess schaute seine Ratgeber erwartungsvoll an, doch dann sah er Anardil, der seine Stirn in Falten gezogen hatte.
„Anardil, hast du andere Vorstellungen, wie wir mit Donar verfahren sollten?“, fragte Denethor den Verwalter der Archive.
Mit einer gewissen Verwunderung hörte Anardil die Worte Denethors, dass mögliche Nachfahren Elendils aus dem Norden gekommen und Gondors leeres Thron eingenommen hätten.
"Soll ich Denethor daran erinnern, dass es sein Ahnherr, der Truchsess Pelendur war, der maßgeblich daran mitgewirkt hat, dass der Rat von Gondor Arvedui, dem späteren Letztkönig des nördlichen Reiches den Thron Gondors verweigerte? Würde der stolze Denethor nicht genauso handeln, wenn jemand von ihm die Herrschaft über Gondor verlangen würde?"
Doch er sprach diese Gedanken nicht aus und sagte leise:
"Es gab immer wieder Gerüchte, dass Nachfahren Isildurs noch irgendwo im Verborgenen leben würden. Aber genau wissen wir es nicht."
Anardil erinnerte sich jedoch in diesem Augenblick daran, dass in seiner Jugend, als noch Denethors Vater Ecthelion herrschte, aus dem Norden ein geheimnisvoller Heerführer namens Thorongil gekommen war und die Flotte Gondors zu einem großen Sieg gegen die Corsaren geführt hatte, bevor er zum allgemeinen Kummer und Erstaunen Gondor verließ, statt nach Minas Tirith zurückzukehren.
War dieser Mann vielleicht...
Aber Anardil führte seine flüchtigen Gedanken nicht zu Ende, sondern wandte sich wieder dem Thema der Beratung zu und antwortete auf Denethors Frage:
"Herr, natürlich habt Ihr recht. Wir haben keinen Grund, Donar einfach davonzujagen und ihn so in die Arme des Namenlosen zu treiben. Das Mindeste wäre, ihm ehrlich zu sagen, dass wir keine Männer in die fernen Länder im Norden schicken können und ihn wieder seiner Wege ziehen lassen.
Ich habe aber noch folgende Idee: An unserer Ostgrenze gibt es ständig Kämpfe und wir könnten jeden Mann als Verstärkung gebrauchen. Macht Donar das Angebot, dass er und seine Männer eine Weile in Osgiliath bleiben, um von dort aus in Ithilien an unserer Seite gegen den Dunklen Herrscher zu kämpfen. Natürlich wäre dies mit zwanzig Männern nur ein symbolischer Einsatz, aber es hätte für uns den Vorteil, dass Donar und seine Leute damit zu Feinden des Namenlosen würden und sich nicht mehr mit ihm verbünden könnten.
Wenn er sich im Kampf als treu erweist, könnt Ihr ihn ja mit Gold belohnen. Dafür sind diese Wilden bestimmt empfänglich und damit würden wir ihnen auch helfen.
Allerdings würde ich auch empfehlen, dass Ihr zuvor die beiden Heermeister verständigt, damit sie unsere Soldaten instruieren, nicht zu vertrauensselig zu sein. Solche geheimen Stützpunkte wie Henneth Annûn sollten vor den Fremden verborgen bleiben! Und falls Donar im Kampf Verrat begeht, sollten unsere Soldaten ihn und seine Leute sofort töten!"
Damit schloss Anardil und erwartete gespannt Denethors Antwort.
_________________________________________ Der Chara für alle Fälle …
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Doch Denethor antwortete nicht auf Anardils Vorschlag. Stattdessen hörte er sich die Ratschläge der anderen Männer an. Alle befanden Donar als nicht vertrauenswürdig. Doch um Mordor nicht einen Verbündeten mehr zu schicken, befürworteten sie, dass sich Gondor in irgendeiner Weise mit Donar zusammentat. Bessere Vorschläge als Anardil hatte keiner. Sie variierten nur im Einsatzort Donars - ob in Osgiliath, Pelagir oder Cair Andros. Überall brauchte Denethor Unterstützung, auch wenn zwanzig Mann nur der Tropfen auf den heißen Stein bedeutete.
Ruhig saß der Truchsess auf seinem Thron, während seine Ratgeber ihm die Vor- und Nachteile ihrer Vorschläge darlegten. Als Denethor merkte, dass nicht mehr bei der Ratssitzung herauskommen würde, hob er den rechten Arm. Sofort kehrte Stille ein.
„Ich danke euch allen für eure Vorschläge. Ich werde sie bei meiner Entscheidung berücksichtigen. Doch vorerst möchte ich mich nicht festlegen. Stattdessen möchte ich mehr über Donar und seine Absichtigen erfahren. Seine wahren Absichten.
Natürlich werde ich selbst mit ihm sprechen und viel aus seinen Worten herauslesen können, was er nicht beabsichtigt, mir zu sagen. Doch ich hätte gern noch einen anderen Mann, der mit Donar spricht und ihm seine Geheimnisse entlocken kann. Faramir wäre für diese Aufgabe sehr geeignet. Doch er ist in einer dringlicheren Mission unterwegs und ich möchte ihn davon nicht abziehen.
Anardil, wen können wir für meinen neuen Auftrag ausschicken? Wer könnte sich deiner Meinung nach leicht mit einem Mann wie Donar befreunden und ihn unauffällig aushorchen?“
Fragend blickte der Herr Gondors zu seinem Ratgeber.
Als Anardil Denethors Frage hörte, ahnte er, worauf es hinauslaufen würde.
Oh weh! Der Truchsess hat mich wohl gefragt, weil er mir diese Aufgabe übertragen möchte. Dabei habe ich wenig Lust, mich mit diesen Ausländern abzugeben. Aber ich muss es wohl machen.
"Herr", sagte er schließlich, "wenn Ihr mich so fragt, wäre ich bereit, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. Immerhin weiß ich einiges über Donars Heimat und sein Volk und überdies höre auch ich manchmal in Gesprächen mehr heraus, als offen gesagt wurde - auch wenn ich keineswegs über soviel Scharfsinn verfüge wie der jüngere Heermeister."
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Der Truchsess musste schmunzeln. Er konnte im Gesicht seines Ratgebers die Abneigung gegen diese Aufgabe sehen. Doch sein Pflichtbewusstsein ließ ihn die Mission annehmen.
Denethor richtete sein Wort an Arnadil: „Du hast mich missverstanden. Ich brauche keinen - mit Verlaub - alten Mann für diese Aufgabe. Donar wird dir nicht mehr erzählen, als ich ebenfalls aus ihm herausbekommen werde.
Wir brauchen einen jungen Mann, vielleicht einen noch jüngeren Mann als Donar, der einen schlechten Ruf hat, jedoch treu zu Gondor steht. Besonders trinkfest muss er sein. Kritisch gegenüber allem, aber von einnehmenden Wesen. Schlau und gewitzt.
Ich erinnere mich da an diesen Soldaten, welchen ich im letzten Sommer aus meinen Truppen entlassen musste, weil er Prügeleien mit seinen Kameraden angefangen hatte. Es ging wohl um seine Schwester. Seitdem sind wohl die Wirtshäuser sein bevorzugter Aufenthaltsort, wie ich von verschiedenen Seiten gehört habe. Trotzdem schien er mir ein sehr aufgeweckter junger Mann zu sein. Er scheint für die Aufgabe prädestiniert zu sein.“
In den Augen seiner Ratgeber konnte der Truchsess erkennen, dass sich manche sehr wohl an den jungen Mann erinnerten, aber ihn für nicht geeignet empfanden. Doch der Herr Gondors hatte sich bereits entschieden und stand auf, als Zeichen, dass die Ratssitzung beendet war.
Einem seiner Soldaten rief er zu: „Finde heraus, wo sich der ehemalige Soldat Bardos befindet. Jedoch so, dass er nichts davon bemerkt. Schick ihm eine Botschaft, dass er sich heute Nacht in seinem Hause aufhalten soll. So, dass er da sein wird. Aber nicht, dass er weiß, wer sein Besuch sein wird.“ Der Soldat nickte knapp und verließ eilig den Thronsaal.
„Ich werde heute Nacht selbst in die Stadt gehen und mit dem jungen Mann über seine Aufgabe sprechen.“
Denethor beendete die Ratssitzung und entließ die Herren aus dem Saal. Als er sich wieder um liegengebliebene Dokumente kümmern wollte, meldete ihm ein Mann, dass der Elb, welchen sie schon seit Tagen in Gondor bemerkt hatten, Minas Tirith nun nahe sei. Denethor nickte und befahl, dass man den Erstgeborenen ohne Hindernisse in die Stadt lassen sollte und die Unterkünfte für ihn vorbeireiten sollte. Sobald der Elb dort angekommen sei, sollte man ihn bitten, zum Truchsess zu kommen.
Den Nachmittag über las Denethor Briefe aus verschiedenen Landesteilen und beantwortete sie. Doch zum Brief an seinen Schwager Imrahil in Dol Amroth kam er wieder nicht. Denn ihm wurde gemeldet, dass der Elb nun die Unterkünfte betreten hätte und dann wohl zum Truchsess kommen würde.
Denethor legte die Feder beiseite, trank einen Schluck Wein aus dem silberen Becher, der neben ihm stand und setzte sich dann auf seinen Thron. Bald darauf trat der Elb ein.
Innerlich staunend sah Denethor den Elben an: Anmutig war er, sein dunkles Haar fiel seidig über seine Schultern. Seine blauen Augen musterten den Saal, doch unaufdringlich. Doch Denethor wusste, dass die scharfsichtigen Augen mehr sahen, als je ein Besucher im Thronsaal wahrgenommen hatte. Mit leichten Schritten lief der Elb - fast so, als berührten seine Füße den Boden nicht - geradewegs auf den Truchsess zu.
Denethor hatte sich erhoben und den weißen Stab auf die Stuhllehne gelegt. Er legte die Hände auf seine Brust und neigte leicht sein Haupt. Selten hatte der Herr von Gondor auf diese Art der Begrüßung einen Gast willkommen geheißen. Denn er war stolz und er war der Herrscher eines großen Landes. Doch vor dem Herrn Gondors stand nun einer der Erstgeborenen, erhabener als er selbst, obwohl doch in seinen Adern das Blut Nummenors fast unverfälscht floß.
Seine Stimme war voller als sonst, als er den Elben in elbisch ansprach:
»Seid willkommen, Elb. Lange ist es her, dass ein Erstgeborener unsere Stadt betrat.« Seine dunklen, tiefgründigen Augen blickten dem Elben geradewegs in die Augen. Doch selbst die scharfsichtigen Augen des Elben konnten nicht in die Gedankenwelt Denethors eintauchen. »Was führt einen Elben in unsere Stadt?«