Elfhelm war sehr überrascht von Denethors Reaktion auf seinen Bericht. Der Truchsess reichte ihm die Hand, die Elfhelm erst nach kurzem Zögern ergriff, denn er meinte, dass eine solche Geste der Vertraulichkeit mit dem Herren von Gondor nur König Théoden oder allenfalls noch dessen Erbe Théodred, dem Marschall der Mark, zustünde.
Nachdem Denethor zu seinen Beratern gesprochen hatte, berichtete er von Corsarenüberfällen an den Küsten Gondors und den Bergmenschen aus dem Norden.
Der Marschall war ob der Berichte von den Bergmenschen etwas verlegen.
"Du meine Güte! Herr Théodred hätte diesen Haufen besser nicht durch die Mark ziehen lassen sollen. Zu viel Mitleid hatten wir wohl mit den Fremden, nachdem sie in Kämpfe mit den Dunländern verwickelt waren."
Mit Erleichterung vernahm Elfhelm, dass der Truchsess die Besprechung dieser Angelegenheit auf den nächsten Tag verlegte und nun zum Abendessen einlud.
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"Elfhelm, führe deine Schar nach rechts, wenn wir an der Mauer vorbei sind."
Die drei Männer trennten sich für etwa eine Stunde, denn der Truchsess wollte noch ein Bad nehmen, bevor sie zu Abend aßen. Er genoss es sichtlich, den Schmutz der Straße von sich zu spülen und tief durchzuatmen. Er ließ den Tag noch einmal Revue passieren und dachte über alles Gehörte nach. Die Zeit reichte jedoch nicht, um sich ein klares Bild zu machen und Entscheidungen zu treffen.
›Ob ich den Palantír nutzen sollte?‹, fragte sich der Herr Gondors. Doch darüber würde er nach dem Essen befinden. Er brauchte seine ganze Kraft dazu und der Tag war anstrengender gewesen, als vermutet …
Nach dem Bad zog der Truchsess eine frische Hose aus weichem Wildleder an, zog ein weißes Hemd darüber und eine blaue Tunika, die mit silbernen Fäden mit filigranen Mustern durchwirkt war. Seine Stiefel waren frisch geputzt und hatten eine leichte Sohle, damit das Laufen im Palast nicht anstrengender wurde, als nötig.
Im Speisesaal
Schließlich trat der Truchsess als erster in den Speisesaal ein. Eine Vielzahl verlockender Düfte regten Denethor an und förderten seinen Appetit und seinen Hunger. Auf dem Tisch, an dem normalerweise acht Personen sitzen konnten, der jedoch auch beliebig erweiterbar war, standen gebratene Fasane, Enten und Wachteln. Daneben Platten mit Schweine- und Rinderbraten, umsäumt mit Salzkartoffeln und verschiedenerlei Gemüse: Möhren, Erbsen, junge Böhnen, Kohlrabi und Schwarzwurzel. Dazu gab es verschiedene Soßen und frisches Brot. Denethor konnte sich rühmen einen der besten Köchinnen Gondors zu haben.
Noch einmal gelang es Denethor zu schnuppern, dann meldeten Diener schon Dergolad aus Dol Amroth, Elfhelm aus Rohan und seinen engsten Berater Cormen an. Die Herren machten sich untereinander bekannt und nahmen schließlich Platz: Der Truchsess an der Stirnseite, zu seiner Rechten Elfhelm und zu seiner Linken Dergolad. Cormen hatte an Elfhelms Seite Platz genommen.
»Nun«, wandte sich Denethor schließlich an Elfhelm, als ihre Teller von Dienern gefüllt worden waren. »Was gibt es Neues im Königshause Rohans. Habt Ihr auch Erfreuliche Nachrichten mitgebracht? Wie steht es um des Königssohn Théodred? Hat er sich eine Maid aus Rohan ausgesucht, die er zu ehelichen gedenkt? Oder steht ihm der Sinn auch weiterhin nur nach Kampf, Ehre und Ruhm? Er würde meinem Sohn Boromir darin Konkurrenz machen!«
Denethor war sich sicher, dass sie am Ende wohl auf die ernsteren Themen zu sprechen kommen würden. Doch zu Beginn fand er es höflicher und auch unterhaltsamer, erst einmal über eher belanglose Dinge zu sprechen. Außerdem wollte er natürlich wissen, ob sich der zukünftige König Rohans schon vermählt hatte.
Nachdem die Audienz bei Herrn Denethor beendet war, wollte Elfhelm sich um seine Begleiter kümmern. Er erfuhr er von einem Diener, dass sie in einem Gästehaus an der Nordseite der Veste untergebracht waren. Der Marschall ließ sich dorthin geleiten. Er grüßte die drei Männer kurz, die gerade ihr Abendmahl einnahmen und ging wieder zurück zur großen Halle, wo er bereits erwartet wurde. Man führte ihm zum Speisesaal, wo gerade zwei weitere Herren eintrafen. Der eine war Cormen, der Berater Denethors, der andere Dergolad von Dol Amroth. Elfhelm begrüßte den Waffenmeister kurz, ehe sie in den Saal zum Truchsess geführt wurden.
Im Speisesaal
Dem Marschall wurde der Platz zur Rechten Denethors zugewiesen, wo er Platz nahm.
Als der Truchsess während des Mahles nach Neuigkeiten aus dem Königshaus Rohans, insbesondere nach Théodred fragte, antwortete Elfhelm:
"Leider wird Théodred von seinen Pflichten als Marschall der Mark so sehr in Anspruch genommen, dass er noch nicht die Gelegenheit hatte, um eine Braut zu werben. Überdies ist Théodred ziemlich wählerisch - er scheint in dieser Hinsicht seinem Großvater Thengel ähnlich zu sein."
Théodens Vater hatte erst spät geheiratet - überdies keine Maid der Rohirrim, sondern ein anmutige und sehr schöne junge Dame aus Gondor, denn Thengel lebte in jener Zeit in Minas Tirith, nachdem er sich mit seinem Vater Fengel zerstritten hatte und in die Dienste von Denethors Großvater Turgon getreten war.
Elfhelm überlegte einen Moment, ob nicht auch Denethor selbst ebenfalls spät geheiratet hatte. Er war sich nicht sicher und formulierte sein Kompliment recht allgemein, als er fortfuhr:
"Manche große Herren sind bei der Wahl ihrer Gemahlin besonders sorgfältig, vermählen sich später als gewöhnliche Männer und treffen schließlich die richtige Entscheidung - wie eben Thengel, als er die junge Herrin Morwen von Lossarnach ehelichte. Gewiss wird auch Théodred die richtige Entscheidung treffen.
Kann ich Eurer Bemerkung über Euren Sohn entnehmen, dass auch Heermeister Boromir noch nicht geheiratet hat?"
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"Elfhelm, führe deine Schar nach rechts, wenn wir an der Mauer vorbei sind."
Es war ein weiser Schachzug von Denethor jedem für eine Stunde Rückzuggelegenheit zu geben bevor man sich zu erneutem Gespräch und Essen im Speisesaal traf. So war es für alle Anwesenden möglich das Gesagte zu überdenken und Ideen, als auch Fragen im Kopf zu sortieren. Denn die hier getroffenen Beschlüsse, mit denen sich Elfhelm und seine Begleiter in den kommenden Tagen zurück nach Rohan aufmachen werden, werden über die Zukunft der Menschenreiche und damit, wie Denethor schon sagte, über ganz Mittelerde entscheiden!
Was Cormen erschrack, war die Fülle der schlechten Nachrichten, die zudem noch zeitgleich aus nahezu allen Himmelsrichtungen eintrafen. Denn dies war ein Anzeichen für einen wohldurchdachten Plan der hinter all diesem Stand, Zufall war es gewiss nicht. Offensichtlich schlug der Namenlose überall zeitgleich zu, um Angst und Zwist zu sähen und dennoch schien er nirgends eindeutig greifbar. Da war es Cormen umso mehr Trost, als Denethor ihm wie aus dem Munde sprach und zu raschem Handeln und bedingungslosem Zusammenstehen aufrief, ohne dies wäre die Hoffnung schon jetzt am schwinden. Die Frage blieb nun, wo und wie man zu erst zur Tat schritt. Es gab viele Möglichkeiten, wenngleich auch die meisten davon nur das Syptom bekämpften, aber ob Rohan und Gondor noch die Stärke besaßen gegen das schwarze Tor zu ziehen? Offenbar hatte der Namenlose seine Macht gut zu verbergen gewusst und mit zahlreichen Verbündeten, die von Stunde zu Stunde zunehmen konnten, war es schon jetzt nicht mehr absehbar wie ein solcher Kampf ausgehen würde. ›Aber sind wir Menschen wirklich allein im Kampf gegen die heraufziehenden Schatten? Hoffentlich war es nicht der Hexenkönig von Angmar, der die Orks aus dem Norden sandte, das würde mit den Kosaren aus dem Süden zu viele Fronten geben, die sich nur erschöpfend halten ließen.‹
All diese Gedanken gingen dem Berater durch den Kopf, als er die Tür zu dem Speisesaal betrat. Wie es sich aus diplomatischen Gründen gehörte, saßen beide Gäste zur Rechten und Linken Denethors, denn beiden Gästen gebührte der gleiche Respekt. An den Anblick einer festlich geschmückten und bestückten Tafel musste sich Cormen jedes Mal gewöhnen, auch wenn er selbst in anderen Ländern zu Gast war. Lebte er selbst doch seit seiner Jugend recht "enthaltsam". Sicherlich war dies nicht auf einer aufgezwungenen Frömmigkeit begründet, als vielmehr auf einen Pragmatismus zurückzuführen, der entstand, wenn der Geist hungriger war als der Körper. Aber all dies ließ sich Cormen wenig anmerken, denn auch hier galt es diplomatische Formalitäten einzuhalten und beherzt zuzugreifen, damit sich der Gast wohl fühlte und der Gastgeber geehrt.
Nachdem sich Cormen, wie vorher mit Denethor und der Dienerschaft vereinbart, neben Elfhelm niederließ, lauschte er den „angenehmeren Themen“, früh genug würde die Sprache auf die Gefahren an den Grenzen kommen und das köstliche Essen versalzen...
____________________________________________________ Jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt...
Denethor lächelte. »Gewiss kann ich es verstehen, dass Thengel damals eine hohe Dame Gondors zur Frau nahm. Schließlich bringt Gondor viele Schönheiten hervor, sofern Ihr das nicht selbst schon bei Euren Besuchen bemerkt habt. Doch die Frauen in Rohan sind nicht minder schön, mit ihren goldenen Haaren und dem stürmischen Wesen schneller Reiter.«
Auch ihm hatte sein Vater Ecthelion geraten, nicht nur in Gondor nach einer Frau zu suchen, sondern den Blick auch nach Rohan zu wenden. Denethor jedoch hatte wenig Sinn für Frauen und die Liebe. Seine Liebe galt einzig Gondor und dessen Bewohnern. So war es damals auch eher Finduilas gewesen, die um ihn geworben hatte.
»Mein geliebter Sohn Boromir kümmert sich bisher ebenfalls ausschließlich darum, Gondor zu schützen und Erfahrungen für die Regierung Gondors zu sammeln, für die Zeit, in der ich nicht mehr bin. Da bleibt wenig Zeit für die Suche nach einer starken Frau an seiner Seite. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich ihn immer an den brenzlichsten Stellen einsetze, denn er ist nun einmal mein bester Mann! Damit trage ich jedoch dazu bei, dass er Frauen nicht nahe kommt, sondern nur Orks und anderen Kreaturen.«
Denethor hielt kurz inne, nahm einen Bissen zu sich, bevor er fortfuhr. »Doch Boromir ist noch jung. Ich selbst habe erst mit Mitte 40 geheiratet und es hat sich herausgestellt, dass es ein Glück für mich war, nicht die erstbeste Frau zu ehelichen, die mir gefiel. An die Schönheit und die Güte meiner Gattin kommt keine andere Frau heran …«
Denethor dachte einen Moment an seine geliebte verstorbene Frau. Dann riss er sich zusammen und lächelte Elfhelm an.
Elfhelm entging nicht, dass ein Schatten des Kummers über Denethors Antlitz ging, als der Truchsess seine Gemahlin erwähnte. Dem Marschall war bekannt, dass der Herr von Mundburg früh verwitwet war - so wie auch der Herr der Mark.
Um das Gespräch in andere Bahnen zu lenken, sagte Elfhelm:
"Fürwahr, wie ich sagte: Manche große Herren vermählen sich später als andere Männer. Gewiss wird dies bei Boromir und Théodred genauso sein. Gewöhnliche Männer wie ich finden ihr Glück hingegen etwas früher. Ich bin bereits seit acht Jahren verheiratet und Vater von zwei Knaben."
Nachdem Elfhelm das Gespräch damit zu etwas belangloseren Themen gelenkt hatte (nicht belanglos für Elfhelm selbst, aber für die Beziehungen zwischen Gondor und der Mark), setzte er sein Mahl fort, merkte aber auch, dass er müde wurde. Der Abend war mittlerweile weit fortgeschritten.
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"Elfhelm, führe deine Schar nach rechts, wenn wir an der Mauer vorbei sind."
Die vier Männer unterhielten sich noch einige Stunden, während sie die köstlichen Speisen zu sich nahmen. Dann und wann kamen sie auch auf politische Themen zu sprechen, jedoch vertieften sie diese Punkte nicht. Sie würden am kommenden Tag noch ausreichend über alle wichtigen Themen diskutieren und Lösungen finden.
Schließlich waren alle gesättigt und der Truchsess bemerkte, dass sein Gast aus Rohan müde war. Auch Dergolad schien sich nach seinem Lager zu sehnen. Deshalb hob der Truchsess die Tafel auf und wünschte allen eine Gute Nacht - besonders jedoch seinen Gästen aus Rohan und Dol Amroth. Dann zog auch er sich zurück.
Nachdem im weiteren Verlaufe des Abends keine weiteren wichtigen Dinge angesprochen wurden, gab Denethor das Zeichen, dass das Mahl beendet sei und wünschte eine Gute Nacht.
Elfhelm vernahm dies mit Erleichterung, denn mittlerweile war er sehr müde.
"Ich wünsche Euch auch eine gute Nacht, Herr Denethor", sagte er und wandte sich noch kurz an Cormen und Dergolad: "Gute Nacht, meine Herren!"
Nachdem Elfhelm sich verabschiedet hatte, ging er zum Gästehaus an der Nordseite der Veste. Seine Begleiter schliefen bereits. Der Marschall ging leise in das für ihn vorgesehene Zimmer, legte seine Kleidung ab und legte sich ins Bett. Kurz darauf war er eingeschlafen.
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"Elfhelm, führe deine Schar nach rechts, wenn wir an der Mauer vorbei sind."
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