Serek brach noch vorm Aufgang der Sonne auf. Der Haradrim war sehr ausgeruht, sein Pferd ebenfalls und so kam er gut voran. Im Laufe des Morgens begegnete er kaum jemandem, doch mit fortschreitender Zeit traf er auf immer mehr Leute, teilweise festlich gekleidet. Zunächst wunderte er sich über diese seltsamen Aufzüge, bei einem Gespräch einiger Reisender bekam er jedoch mit, dass das Mitjahrsfest bevorstand. ›Das kommt mir eigentlich gelegen. Wenn sich viele Leute in Minas Tirith tummeln werde ich kaum auffallen und die Wachen werden kaum ein Auge für einzelne Personen übrig haben...‹.
Am frühen Nachmittag erreichte er Erui. Schon auf der Straße hatten ihn einige Passanten misstrauisch angestarrt und da er unangenehme Treffen vermeiden wollte ritt er in einem Bogen um die Stadt herum. Er ritt noch viele Stunden ohne Zwischenfälle weiter. Die Leute waren mit Vorbereitungen beschäftigt und beachteten ihn in ihrer Vorfreude kaum. So erreichte er gegen Abend den Pelennor. Entgegen seiner ursprünglichen Planung, die Nacht vor dem Rammas Echor zu verbringen, entschloss er sich, noch weiter zu reiten. ›Ich kann nur hoffen, dass die Wache nun müde sind und nicht so streng auf die Passanten blicken werden‹, dachte er und mischte sich unter eine Gruppe Reisender, die zum Fest nach Minas Tirith reisten. Tatsächlich kam er unbemerkt hindurch.
Danach ritt er nicht mehr lange, da er auch am folgenden Morgen früh aufzubrechen gedachte. Er schlug sein Lager in einer von Hecken bestandenen Mulde auf, versorgte noch Pferd und Waffen und legte sich dann schlafen. Er schlief gut und ungestört.
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Wie geplant brach er am nächsten Morgen früh auf und durchquerte eilig die reiche Felderlandschaft. Der Assasine kam an vielen Gehöften vorbei, an denen bereits gefeiert wurde und die Strassen wurden bald voller.
Gegen Mittag erreichte Serek die Weiße Stadt, zu dessen Füßen reges Treiben herrschte. Staunend blickte er die Bastei hinauf, die sieben Stadtringe, die viele Fuß in den Himmel ragten. Dahinter erhob sich das nebelumschleierte weiße Gebirge. ›Die alten Baumeister Gondors verstanden etwas von ihrem Fach, das muss man ihnen lassen.‹, dachte er und pfiff anerkennend durch die Zähne. Der Haradrim mischte sich unter die vielen Leute, die durch das große Tor in die Stadt drängten und gelangte erneut ungesehen hinein. Fasziniert beguckte er die vielen Gebäude und Statuen, die langen Treppen und die vielen Stände. Aus seinem Gepäck holte er eine zerknitterte Stadtkarte hervor. Sein Freund Smerdis hatte ein Zimmer im zweiten Stadtring und Serek wollte sich dort mit ihm treffen.
Nach einigem Suchen fand er das besagte Haus auch und es gab ein recht herzliches Wiedersehen. Beide hatten sich lange Zeit nicht gesehen und man erzählte sich allerlei. Doch bald musste sich Smerdis verabschieden. Er arbeitete in einer Schänke und musste an den Feiertagen nahezu andauernd arbeiten. Serek kam das Recht, denn er musste sowieso noch einen Bericht an den Meister schicken.
›Bericht von Serek, Isilya, 20 bis 29 Nárië 3016 DZ Mein Meister, in meinem letzten Brief berichtete ich von meinem gelungenen Attentat in Pelargir. Nach dessen Ausführung begab ich mich sofort auf die Suche nach meinem nächsten Ziel, dem Truchsesssohn Boromir. Ich fand bald heraus, dass er sich zusammen mit seinem Bruder Faramir und einer Gruppe bewaffneter nicht unweit auf der Jagd nach einigen Gesetzlosen befand und kam nach wenigen Tagen der Suche auf die richtige Spur.‹
Es folgte ein genauer Bericht der Verhandlungen, des Kampfes und der anschließenden Geschehnisse bis zu seiner Ankunft in Minas Tirith.
›Ich habe Quartier in der Unterkunft unseres Freundes und Mitkämpfers Smerdis gefunden. Wie ihr wisst, ist er angestellter in einer Schänke in Minas Tirith, die häufig von Soldaten besucht wird. Wir wollen versuchen, das Ziel dort hinzuführen und mit einem Getränk zu vergiften. Sollte das scheitern, werde ich es mit einem direkten Angriff versuchen. Zwar ist der Heerführer, wie ich hörte und während des Kampfes gegen die Banditenbande bestätigt wurde, ein schlagkräftiger Kämpfer, jedoch wird er sich innerhalb der Mauern der Weißen Stadt sicher fühlen. Ich werde versuchen, mehr über seine Gewohnheiten und seinen Tagesablauf herauszufinden und bald wieder berichten.
Serek‹
Er schrieb diesen Brief in einer komplizierten Geheimschrift aus Nummern, geometrischen Formen und Buchstaben.
Der Assasine schickte eine Breiftaube mit der Post los und studierte dann die Pläne, die Smerdis von der Stadt angefertigt hatte. Dann machte er sich selbst auf den Weg, um sich ein Bild von der Umgebung zu machen. Lange Zeit lief er umher und versuchte sich so viele Details wie möglich, passende Verstecke, mögliche Plätze für einen Hinterhalt und Fluchtwege einzuprägen.
Am Abend kehrte er zurück, ass, machte ein paar Übung um sich körperlich fit zu halten und ging dann früh zu Bett.